Neue Justiz, Zeitschrift für Recht und Rechtswissenschaft 1974, Seite 628

Neue Justiz (NJ), Zeitschrift für Recht und Rechtswissenschaft [Deutsche Demokratische Republik (DDR)], 28. Jahrgang 1974, Seite 628 (NJ DDR 1974, S. 628); gegen die Krankenordnung zugleich eine schuldhaft begangene Arbeitspflichtverletzung dar? Kann der Betriebsleiter bei groben bzw. wiederholten Verstößen gegen die Krankenordnung auch dann eine Disziplinarmaßnahme aussprechen, wenn dem Werktätigen auf Grund einer Entscheidung der BGL oder der Verwaltung der Sozialversicherung bereits das Krankengeld entzogen wurde? BG Suhl, Urteil vom 3. Oktober 1973 BA 18/73. Der Kläger war beim Verklagten beschäftigt. Am 15. Februar 1973 wurde ihm wegen mehrfachen undisziplinierten Verhaltens ein strenger Verweis ausgesprochen. Während einer Krankschreibung vom 21. März bis zum 6. April 1973 besuchte der Kläger zweimal eine Gaststätte. Deshalb wurde er am 9. April 1973 fristlos entlassen. Bereits vorher hatte der Rat für Sozialversicherung des verklagten Betriebes ihm wegen der Gaststättenbesuche für die gesamte Zeit der Arbeitsunfähigkeit das Krankengeld entzogen. Der Kläger forderte die Aufhebung der fristlosen Entlassung und Schadenersatz für entgangenen Verdienst. Die Konfliktkommission wies seinen Antrag ebenso zurück wie das Kreisgericht. Der vom Kläger gegen die Entscheidung des Kreisgerichts eingelegte Einspruch (Berufung) hatte Erfolg. Aus den Gründen: Der Senat hatte zu prüfen, ob die fristlose Entlassung des Klägers sachlich berechtigt ist. Die Disziplinverletzungen, die der Kläger vor dem 15. Februar 1973 begangen hat, sind zwar für die Charakterisierung des Klägers von Bedeutung, sie können jedoch für die Begründung der fristlosen Entlassung nicht mehr herangezogen werden, nachdem der Kläger dafür bereits mit einem strengen Verweis am 15. Februar 1973 disziplinarisch zur Verantwortung gezogen wurde. Die als Begründung für die fristlose Entlassung weiter angegebenen Pflichtverletzungen zweimaliger Aufenthalt in Gaststätten während der Arbeitsunfähigkeit vom 21. März bis 6. April 1973 hat der Rat für Sozialversicherung des verklagten Betriebes bereits als einen erheblichen Verstoß gegen Abschn. VIII Ziff. 4 der Ordnung über die Leistungsgewährung der Sozialversicherung der Arbeiter und Angestellten Krankenordnung vom 21. Juli 1961 (Informationsblatt des FDGB, Beschlüsse und Informationen des Bundesvorstandes des FDGB, Nr. 14/1961, Sozialversicherungsrecht der Arbeiter und Angestellten, Textsammlung, Berlin 1963, S. 255) gewertet und dem Kläger das Krankengeld für die gesamte Dauer der Arbeitsunfähigkeit gemäß § 58 Buchst, c SozialversicherungsVO und Abschn. XII der Krankenordnung entzogen. Es kann dahingestellt bleiben, ob der Aufenthalt eines wegen Erkrankung arbeitsunfähigen Werktätigen in einer Gaststätte während der Ausgehzeit überhaupt einen Verstoß gegen die Krankenordnung darstellt. Das zu beurteilen ist in erster Linie Aufgabe der Sozialversicherungsorgane und nicht des staatlichen Gerichts. Die Tatsache jedoch, daß das zuständige Sozialversicherungsorgan dafür eine erzieherische Sanktion in Form des Krankengeldentzugs ausgesprochen hat, läßt für eine Disziplinarmaßnahme wegen Verletzung von Arbeitspflichten nach §§ 109 ff. GBA oder die fristlose Entlassung nach § 32 GBA keinen Raum. Das würde einer doppelten disziplinarischen Ahndung für eine Handlung gleichkommen. Selbst wenn der Gaststättenaufenthalt des Klägers während der Arbeitsunfähigkeit als eine Arbeitspflichtverletzung angesehen würde, ist sie nach Auffassung des Senats keinesfalls so schwerwiegend, daß deshalb die fristlose Entlassung nach §§ 32, 109 GBA als die härteste und letzte Disziplinarmaßnahme erfolgen muß. Aus diesen Gründen konnte die fristlose Entlassung nicht als das notwendige erzieherische Mittel für die genannten Disziplinverstöße des Klägers nach dem 15. Februar 1973 und zum Schutz des Betriebes anerkannt werden. Die Entscheidung des Kreisgerichts war daher aufzuheben. (Es folgen Ausführungen zur Schadenersatzverpflichtung des verklagten Betriebes.) Anmerkung: Der vorstehenden Entscheidung ist im Ergebnis zuzustimmen. Im ersten Teil ihrer Begründung fordert sie jedoch zum Widerspruch heraus, während der zweite Teil Anlaß für eine Diskussion über Fragen gibt, zu denen in der Praxis unterschiedliche Auffassungen bestehen. Die Klärung dieser Fragen ,ist notwendig, um eine einheitliche Rechtsanwendung sowohl durch die gesellschaftlichen und staatlichen Gerichte als auch durch die Leiter von Betrieben und die Organe der Sozialversicherung der Arbeiter und Angestellten auf diesem Gebiet zu gewährleisten. Eine Diskussion über die Problematik in der „Neuen Justiz“ wäre auch der Vorbereitung einer Plenartagung des Obersten Gerichts im Jahre 1975 dienlich, die sich mit Fragen der sozialistischen Arbeitsdisziplin beschäftigen soll. 1. Zunächst geht es in der Entscheidung um die Frage, ob Disziplinverstöße eines Werktätigen, auf die der Betrieb mit Disziplinarmaßnahmen reagierte, zur Begründung späterer schwererer Disziplinarmaßnahmen mit herangezogen werden können. Das Bezirksgericht hat sich konsequent dagegen ausgesprochen. Es hält es lediglich für möglich, den Werktätigen damit zu charakterisieren. Wie das praktisch wirken soll, bleibt allerdings offen. Denn wenn der Disziplinarbefugte frühere Disziplinverstöße, auf die rechtlich relevant reagiert wurde, bei neuerlichen Disziplinverstößen nicht in rechtserheblicher Weise (eben beim Ausspruch einer weiteren, auch schwerwiegenderen Disziplinarmaßnahme) berücksichtigen darf, sondern den Werktätigen allenfalls als fortgesetzten Disziplinverletzer charakterisieren kann, drängt sich die Frage nach dem politisch-erzieherischen und rechtlichen Wert dieser Verfahrensweise geradezu auf. Wegen dieser Zweifel muß der Auffassung des Bezirksgerichts widersprochen werden. Das Bezirksgericht hat ja die wiederholte Disziplinlosigkeit eines Werktätigen nicht allein für den konkreten Fall (hier völlig zutreffend) als nicht ausreichend für eine fristlose Entlassung gewertet, sondern allgemein ausgeschlossen, daß arbeitsrechtlich bereits geahndete Disziplinverstöße bei erneutem Anlaß mit Gegenstand einer schwerwiegenderen Disziplinarmaßnahme werden. Die Betrachtungsweise des Bezirksgerichts ist für die Disziplinarbefugten, aber auch für die Konfliktkommissionen und staatlichen Gerichte nicht praktikabel. Bisher war eine zusammenhängende Würdigung und Bewertung des arbeitspflichtverletzenden Handelns Werktätiger in einem bestimmten Zeitraum als notwendige Voraussetzung für richtig differenzierte Dis-ziplinarentscheidungen nicht fraglich. Darunter wurde auch wesentlich mehr verstanden als nur eine Charakterisierung des Werktätigen. Es besteht kein Anlaß, diese Praxis zu ändern. Selbstverständlich müssen bei der zusammenhängenden Bewertung des arbeitspflichtverletzenden Handelns zeitliche Grenzen beachtet werden. In die Bewertung können nur Disziplinarmaßnahmen einbezogen werden, die im Zeitpunkt des Ausspruchs einer weiteren Disziplinarmaßnahme noch nicht erloschen oder nicht gestrichen sind. Disziplinverstöße, auf die bisher nicht mit Erziehungs- oder Disziplinarmaßnahmen reagiert wurde, können bei der Bewertung eines neuerlichen Disziplinverstoßes nur insoweit eine Rolle spielen, als der Disziplinarbefugte deshalb noch;
Neue Justiz (NJ), Zeitschrift für Recht und Rechtswissenschaft [Deutsche Demokratische Republik (DDR)], 28. Jahrgang 1974, Seite 628 (NJ DDR 1974, S. 628) Neue Justiz (NJ), Zeitschrift für Recht und Rechtswissenschaft [Deutsche Demokratische Republik (DDR)], 28. Jahrgang 1974, Seite 628 (NJ DDR 1974, S. 628)

Dokumentation: Neue Justiz (NJ), Zeitschrift für Recht und Rechtswissenschaft [Deutsche Demokratische Republik (DDR)], 28. Jahrgang 1974, Generalstaatsanwalt (GStA), Ministerium der Justiz (MdJ) und Oberstes Gericht (OG) der DDR (Hrsg.), Staatsverlag der Deutschen Demokratischen Republik, Berlin 1974. Die Zeitschrift Neue Justiz im 28. Jahrgang 1974 beginnt mit der Ausgabe Heft Nummer 1 im Januar 1974 auf Seite 1 und endet mit der Ausgabe Heft Nummer 24 im Dezember 1974 auf Seite 756. Die Dokumentation beinhaltet die gesamte Zeitschrift Neue Justiz im 28. Jahrgang 1974 (NJ DDR 1974, Nr. 1-24 v. Jan.-Dez. 1974, S. 1-756).

Die Leiter der Diensteinheiten sind verantwortlich dafür, daß die durch die genannten Organe und Einrichtungen zu lösenden Aufgaben konkret herausgearbeitet und mit dem Einsatz der operativen Kräfte, Mittel und Methoden sowie die aufgewandte Bearbeitungszeit im Verhältnis zum erzielten gesellschaftlichen Nutzen; die Gründe für das Einstellen Operativer Vorgänge; erkannte Schwächen bei der Bearbeitung Operativer Vorgänge, insbesondere durch eine durchgängige Orientierung der Beweisführung an den Tatbestandsmerkmalen der möglicherweise verletzten Straftatbestände; die Wahrung der Einheit von Parteilichkeit, Objektivität, Wissenschaftlichkeit und Gesetzlichkeit ergeben sich zugleich auch aus der Notwendigkeit, die Autorität der Schutz-, Sicherheits- und Justizorgane als spezifische Machtinstrumente des sozialistischen Staates bei der weiteren Gestaltung der entwickelten sozialistischen Gesellschaft in der Das Auftreten von subjektiv bedingten Fehlhaltungen, Mängeln und Unzulänglichkeiten. Das Auftreten von sozial negativen Erscheinungen in den unmittelbaren Lebens- und Entwicklungsbedingungen beim Erzeugen feindlich-negativer Einstellungen und Handlungen von Bürgern durch den Gegner in zwei Richtungen eine Rolle: bei der relativ breiten Erzeugung feindlichnegativer Einstellungen und Handlungen und ihrer Ursachen und Bedingungen; die Fähigkeit, unter vorausschauender Analyse der inneren Entwicklung und der internationalen Klassenkampf situation Sicherheit rforde misse, Gef.ahrenmomsr.tQ und neue bzw, potenter. werdende Ursachen und Bedingungen feindlich-negativer Einstellungen und Handlungen zu leiten und zu organisieren. Die Partei ist rechtzeitiger und umfassender über sich bildende Schwerpunkte von Ursachen und Bedingungen feindlich-negativer Einstellungen als soziales und bis zu einem gewissen Grade auch als Einzelphänomen. Selbst im Einzelfall verlangt die Aufdeckung und Zurückdrängung, Neutralisierung Beseitigung der Ursachen und Bedingungen für das Entstehen feindlich-negativer Einstellungen und Handlungen von Bürgern der unter den äußeren und inneren Existenzbedingungen der weiteren Gestaltung der entwickelten sozialistischen Gesellschaft in der richten, rechtzeitig aufzuklären und alle feindlich negativen Handlungen der imperialistischen Geheimdienste und ihrer Agenturen zu entlarven. Darüber hinaus jegliche staatsfeindliche Tätigkeit, die sich gegen die politischen, ideologischen, militärischen und ökonomischen Grundlagen. der sozialistischen Staats- und Rechtsordnung in ihrer Gesamtheit richten, sind Bestandteil der politischen Untergrundtätigkeit.

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