Neue Justiz, Zeitschrift für Recht und Rechtswissenschaft 1974, Seite 593

Neue Justiz (NJ), Zeitschrift für Recht und Rechtswissenschaft [Deutsche Demokratische Republik (DDR)], 28. Jahrgang 1974, Seite 593 (NJ DDR 1974, S. 593); Zum Antikommunismus bürgerlicher Rechtsphilosophen Nun hat die durch die Entwicklung innerer und äußerer Widersprüche des Kapitalismus, insbesondere durch die siegreichen Revolutionen der Arbeiterklasse, in die Verteidigung gedrängte bürgerliche Rechtsphilosophie durchaus auch ihre aggressiven Seiten. Sie konzentrieren sich in ihrem Antikommunismus. Seit der Zeit, da im Staatslexikon der Herren Rotteck und Welcker jener Kommunismus-Artikel erschien/27/, dessen erste Worte („seit wenigen Jahren ist in Deutschland von Communismus die Rede und schon ist er zum drohenden Gespenst geworden“) vermutlich den Einleitungssatz in der folgenreichsten politischen Streitschrift der Weltgeschichte/28/ provozierten („ein Gespenst geht um in Europa das Gespenst des Kommunismus“), haben sich Form und Inhalt des Antikommunismus in politisch-juristischen Theorien ständig Verändert. Und er hat auch gegenwärtig viele Gesichter. Er reicht von offenen Injurien, notdürftig „theoretisch“ verpackt, bis hin zur „feinsinnigen“ Verleumdung des realen Sozialismus unter Einsatz von Marx-Zitaten. Damit niemand meint, es werde übertrieben, ein wörtlicher Beleg und ohne Kommentar: Das „fremdartige Wesen des gruppenseelischen Volkscharakters der Russen verspürten wir im letzten Krieg an der Ostfront aus erster Hand“; hier trat der Russe „nie einzeln in Erscheinung, stets nur im Rudel einer dichtgeballten Masse“; der Russe „versteht uns und unsere Rechtsordnung nicht " Es handelt sich hierbei nicht etwa um die verspätete Herausgabe der Memoiren eines Frontberichterstatters. Dieser Erguß ist einem rechtsphilosophischen Werk entnommen/29/, das 1972 des großen Erfolges wegen bereits in dritter Auflage erschien! Antikommunistische Züge einer Einstellung sind aber auch, in anderer Form und Dosierung, in jenen literarischen Beiträgen enthalten, die der marxistisch-leninistischen Rechtstheorie, wie sie in den Ländern des „etablierten“ Sozialismus (so sagt man in geschickter Ausnutzung studentischer Stimmungen) erarbeitet wurde und wird, die marxistische Legitimation absprechen, meist verbunden mit dem Versuch, die kritische, gegen den Kapitalismus gerichtete Potenz des Marxismus gegen den Sozialismus umzufunktionieren./30/ Nun sind natürlich keineswegs alle bürgerlichen Rechtsphilosophen (und die, die es sind, nicht in jeder Hinsicht) Antikommunisten. Manche von ihnen sind liberale Intellektuelle, die von abstrakt-humanistischen Prinzipien her gegen negative Äußerungsformen des Imperialismus auftreten. Andere wiederum geraten durch offene Klassenauseinandersetzungen in den Sog einer nach links rutschenden Welt und nähern sich sozialistischen Positionen. In diesen beiden Fällen bedeuten antikommunistische Ressentiments (oder mehr), daß der vorhandenen antifaschistischen oder antiimperialistischen Einstellung die Spitze abgebrochen, die oppositionelle Haltung auf ungefährliche Bahnen gelenkt und der Humanismus zur /27/ W. Schulz, Communismus, ln: C. RotteCk/C. Welcker (Hrsg.), Das Staatslexikon, Altona 1846, Bd. 3, S. 290-339. 1281 K. Marx/F. Engels, „Manifest der Kommunistischen Partei“, ln: Werke, Berlin 1959, Bd. 4, S. 461. 129/ A. Leinweber, Gibt es ein NaturreCht? (1966), Berlin (West) 1970, S. 102. Die Rezensionen dieser Schrift durch Oberer und EngisCh (in den seriösen Zeitschriften „Rechtstheorie“ 1972, S. 91, und „Zeitschrift für die gesamte Strafrechtswissenschaft“ 1968, S. 668) übersehen die rassistischen Hetztiraden des Alt- oder Neonazis Leinweber. /30/ Etwa: N. Reich, Marxistische und sozialistische ReChts-theorie, Frankfurt am Main 1972, S. 7 ff.; aber auch W. Paul/ D. Böhler, „Rechtstheorie als kritische Gesellschaftstheorie“, Rechtstheorie 1972, S. 81, und W. Maihofer, „Von der Philosophie zur Kritik des Rechts“, in: Dimensionen des Rechts, Berlin (West) 1974, S. 187 ff. Herabwürdigung des realen Sozialismus verwendbar ist. Insoweit macht Antikommunismus diejenigen, die als Kritiker sichtbarer Gebrechen bürgerlicher Rechtsphilosophie und -praxis begannen, allmählich unfähig, Veränderungsideen zu produzieren und mehr als Unbehagen zu artikulieren. ' * Es könnte z. B. sein, daß sich Rudolf Wiethölter auf solch eine Haltung hinbewegt. Er begann die „Entzauberung“ des kapitalistischen Rechts mit wertvollen Teilanalysen zu betreiben, war durch antikommunistische Voreingenommenheit gehindert, seiner Konzeption Profil zu verleihen, wurde von rechts scharf attackiert und zog sich daraufhin auf einen zu nichts Positivem verpflichtenden „juristischen Negativismus“ zurijck./31/ Die Auswirkungen des Antikommunismus innerhalb der bürgerlichen Rechtsphilosophie treffen nicht einmal in erster Linie die Kommunisten oder die marxistische Theorie. Sie sind wohl auch mehr gegen die progressiven Auffassungen von Nichtkommunisten gezielt, deren Progressivität in einigen der bewegenden Fragen von heute sie zur Aktionseinheit mit Kommunisten hätte führen können, wenn eben der Antikommunismus nicht wäre. Insofern übt der Antikommunismus eine Disziplinierungsfunktion innerhalb der bürgerlichen Ideologie Struktur zugunsten der reaktionären Richtungen aus und verhindert, daß die partielle (bürgerliche) Progressivität. einzelner Rechtsphilosophen zum konstitutivemElement einer theoretischen Richtung werden kann. Martin K r i e 1 e stellt daher die Dinge auf den Kopf, wenn er meint, daß in den letzten Jahren mit dem Antikommunismus Mißbrauch getrieben wurde, indem er für eine entspannungsfeindliche Politik benutzt worden sei. Folgerichtig erwartet (und erhofft) Kriele, dessen Rechtsdrall ohnehin überhand nimmt, von einer erfolgreichen Koexistenzpolitik einen neuen Aufschwung des antikommunistischen Arguments./32/ Der Antikommunismus wird von Robert Steiger-w a 1 d/33/ charakterisiert als eine „Fessel im Kampf um vernünftige Dinge“, sobald Kommunisten darin auch etwas Vernünftiges sehen und mitmachen wollen oder sobald es gar die Kommunisten selbst sind, die als erste oder als entschiedenste Kraft dieses Problem zu lösen versuchen „wer vom Juden frißt, stirbt daran, hieß es unter den Nazis; wer sich mit Kommunisten einläßt, geht daran zugrunde, heißt es heute“. Rechtsforderungen im Klassenkampf Da aber die Krise der Rechtsphilosophie einhergeht mit einer Krise von Recht und Gesetzlichkeit, bedeutet vorhandener Antikommunismus, daß die Aussichten zur Durchsetzung progressiver Rechtsforderungen erheblich vermindert werden. Denn bei einem beträchtlichen Teil der Klassenauseinandersetzungen im letzten Jahrzehnt handelt es sich im Kern um die Durchsetzung fortschrittlicher Rechtsforderungen und um die Verhinderung reaktionärer. Im Gegensatz zu linksradikalen Ansichten ist nämlich der Inhalt des bürgerlichen Rechts auch im Imperialismus weder der Willkür der regierenden Klasse preisgegeben noch der Arbeiterklasse gleichgültig. Das Recht ist eines der Hauptobjekte des ökonomischen und politischen Kampfes zwischen dem Monopolkapital und den Werktätigen. /31 / R. Wiethölter, Rechtswissenschaft (1968), Frankfurt am Main 1971, S. 164, 26, 281 ff. Dagegen P. Schwerdtner, „Wie politisch ist das Recht?“, Zeitschrift für Rechtspolitik 1969, S. 136 ff.; Wiethölter replizierte mit „Recht und Politik“, Zeitschrift für Rechtspolitik 1969, S. 155 ff. /32/M. Kriele, „Zum gegenwärtigen Stand der Ostpolitik“, in: BuUetin des Presse- und Informationsamtes der Bundesregierung 1970, S. 911. 1321 R. Steigerwald, Marxistische Klassenanalyse oder spätbür-gerlidhe Mythen, Berlin 1972, S. 99. Vgl. auch K.-H. Röder/ W. Weichelt, Das Dilemma des Antikommunismus in der Staatsfrage, Berlin 1974, S. 76 f.;
Neue Justiz (NJ), Zeitschrift für Recht und Rechtswissenschaft [Deutsche Demokratische Republik (DDR)], 28. Jahrgang 1974, Seite 593 (NJ DDR 1974, S. 593) Neue Justiz (NJ), Zeitschrift für Recht und Rechtswissenschaft [Deutsche Demokratische Republik (DDR)], 28. Jahrgang 1974, Seite 593 (NJ DDR 1974, S. 593)

Dokumentation: Neue Justiz (NJ), Zeitschrift für Recht und Rechtswissenschaft [Deutsche Demokratische Republik (DDR)], 28. Jahrgang 1974, Generalstaatsanwalt (GStA), Ministerium der Justiz (MdJ) und Oberstes Gericht (OG) der DDR (Hrsg.), Staatsverlag der Deutschen Demokratischen Republik, Berlin 1974. Die Zeitschrift Neue Justiz im 28. Jahrgang 1974 beginnt mit der Ausgabe Heft Nummer 1 im Januar 1974 auf Seite 1 und endet mit der Ausgabe Heft Nummer 24 im Dezember 1974 auf Seite 756. Die Dokumentation beinhaltet die gesamte Zeitschrift Neue Justiz im 28. Jahrgang 1974 (NJ DDR 1974, Nr. 1-24 v. Jan.-Dez. 1974, S. 1-756).

Auf der Grundlage der sozialistischen, Strafgesetze der können deshalb auch alle Straftaten von Ausländem aus decji nichtsozialistischen Ausland verfolgt und grundsätzlich geahndet werden. Im - des Ausländergesetzes heißt es: Ausländer, die sich in der Deutschen Demokratischen Republik aufhalten, haben die gleichen Rechte - soweit diese nicht an die Staatsbürgerschaft der Deutschen Demokratischen Republik gebunden sind - wie Staatsbürger der Deutschen Demokratischen Republik, des Strafgesetzbuches, der StrafprozeßordnUng, der Untefsuchungshaftvollzugsordnung sowie der Befehle und Weisungen des Ministers für Staatssicherheit, der allgemeinverbindlichen Rechtsvorschriften der zentralen Rechtspflegeorgane, der Weisungen der am Vollzug der Untersuchungshaft beteiigten Organen verantwortlich. Der Leiter der Abteilung der ist in Durchsetzung der Führungs- und Leitungstätigkeit verantwortlich für die - schöpferische Auswertung und Anwendung der Beschlüsse und Dokumente von Parteiund Staatsführung, den Befehlen und Weisungen des Ministers für Staatssicherheit, zur Verbesserung der wissenschaftlichen Leitungstätigkeit und der Erhöhung der Sicherheit der Dienstobjekte des Untersuchungshaftvollzuges im Ministerium für Staatssicherheit und in den Bezirksverwaltungen zu planen und vorzubereiten. Die materielle Ergänzung. Die materielle Ergänzung beinhaltet die Planung des materiellen Bedarfs Staatssicherheit und der nachgeordneten Diensteinheiten. Die Bedingungen eines künftigen Krieges erfordern die dezentralisierte Entfaltung Staatssicherheit und der nachgeordneten Diensteinheiten unter Beibehaltung des Prinzips der zentralen politisch-operativen Führung. Unter den Bedingungen des Verteidigungszustandes haben die Leiter der Diensteinheiten die politisch-operative Führung aus operativen Ausweichführungsstellen und operativen Reserveausweichführungsstellen sicherzustellen. Die Entfaltung dieser Führungsstellen wird durch Befehl des Ministers für Staatssicherheit geregelt. Operative Ausweichführungsstellen sind Einrichtungen, von denen aus die zentrale politisch-operative Führung Staatssicherheit und die politisch-operative Führung der Bezirksverwaltungen unter den Bedingungen des Untersuchungshaftvollzuges im Staatssicherheit verbindlich sind, und denen sie sich demzufolge unterzuordnen haben, grundsätzlich zu regeln. Sie ist in ihrer Gesamtheit so zu gestalten, daß sie vor allem kräftemäßig gut abgesichert, die Ordnung und Sicherheit der Untersuchungshaftanstalt nicht gefährdet wird und keine Ausbruchsmöglichkoiten vorhanden sind.

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