Neue Justiz, Zeitschrift für Recht und Rechtswissenschaft 1974, Seite 554

Neue Justiz (NJ), Zeitschrift für Recht und Rechtswissenschaft [Deutsche Demokratische Republik (DDR)], 28. Jahrgang 1974, Seite 554 (NJ DDR 1974, S. 554); begrenzt, dem die verletzte Norm zugeordnet ist. Dasselbe Verhalten kann nicht nach den Normen eines Rechtsgebiets rechtswidrig, nach den Normen eines anderen aber rechtmäßig sein. Zwar lösen nur bestimmte Pflichtverletzungen etwa strafrechtliche, arbeitsrechtliche, zivilrechtliche oder verwaltungsrechtliche Folgen aus; jedoch kann hierbei nicht ausschlaggebend sein, ob die verletzten Normen demselben Rechtszweig angehören, dessen Sanktionen zum Zuge kommen, wenn auch die Sanktion, insbesondere die strafrechtliche, für die Pflichtverletzung zuvor gesetzlich fixiert sein muß. So kann z. B. die Verletzung einer Brandschutz- oder Verkehrsbestimmung, die verwaltungsrechtlichen Charakter trägt, ebenso strafrechtliche, arbeitsrechtliche, disziplinarische oder zivilrechtliche Sanktionen auslösen. Gebietet z. B. eine verwaltungsrechtliche Norm (Orts-satzung)/17/ den Straßenanliegern, im Bedarfsfall ab 6 Uhr morgens zu streuen, so ist ihre Verletzung straf- , rechtlich und zivilrechtlich von Belang, wenn hierdurch eine Körperverletzung verursacht wird. Entscheidend ist, daß überhaupt eine Rechtspflichtverletzung ursächlich war. Weder unter dem Gesichtspunkt des Zivilrechts noch dem des Strafrechts würde im gegebenen Fall jedoch gefordert werden können, daß bei starker Glatteisbildung und starkem Verkehr der Anlieger bereits vor 6 Uhr zu streuen habe, auch wenn eine solche Erwartung moralisch gerechtfertigt erscheinen mag. So wenig es einen ausschließlich zivilrechtlichen, strafrechtlichen oder arbeitsrechtlichen Charakter der Verletzung einer Rechtspflicht gibt, so wenig kann es eine isolierte zivilrechtliche, arbeitsrechtliche, strafrechtliche Feststellung rechtswidrigen Verhaltens geben. So verschieden auch die Rechtsfolgen sind, knüpfen doch die rechtlichen Sanktionen an die Verletzungen von Rechtspflichten an, die vor allem als Verletzungen der sozialistischen Rechtsordnung und nicht lediglich ihrer Teilgebiete zu sehen und zu werten sind. Da es demnach keine nur auf einen 'feilbereich der sozialistischen Rechtsordnung begrenzte Wirkung der Feststellung von Rechtspflichtverletzungen geben kann, sollte auch der Vorwurf für die Pfichtverletzung innerhalb der sozialistischen Rechtsordnung nicht teilbar sein./18/ Ebenso wie ein und dasselbe Verhalten nicht von der Warte eines Rechtszweigs aus als rechtswidrig, von der Warte eines anderen dagegen als rechtmäßig erscheinen kann, steht es der Einheit der sozialistischen Rechtsordnung auch entgegen, wenn dieses Verhalten von den verschiedenen Bereichen der Rechtsordnung widersprüchlich mißbilligt wird. Dem Bürger als Adressaten der Rechtsnormen muß es völlig unverständlich bleiben, wenn ein und dieselbe Pflichtverletzung z. B. auf Grund zivilrechtlicher Normen mit dem Vorwurf des Verschuldens (infolge einer Verschuldenspräsumtion) belegt wird, dagegen strafrehtlich/19/ (wegen nicht erwiesener Schuld) als nicht schuldhaft gewertet wird oder umgekehrt. UV Soweit sog. AnliegäSpflichten, wie etwa die Streupflicht, in verwaltungsrechtllchen Bestimmungen normiert sind, wäre es verfehlt, dar&us ahledien zu wollen, daß bei einer Verletzung diesier Pflichten nur verwaltungsrechtliche, nicht aber auch zivilrechtliche Sanktionen heran gezogen werden könnten, wie es in der umfangreichen Diskussion zu E. Duckwitz/H.-D. Mo-schütz (Aufgaben der Straßenverwaltung und -rednigung sowie Anliegerpflichten ihre Regelung in Ortssatzungen und Rechtsfragen ihrer Verletzung, NJ 1971 S. 77 ff. und NJ 1972 S. 95 ff.) zuweilen erscheinen mußte (vgl. dazu auch J. Göh-ring, „Staatlich-rechtliche Leitung zur Überwindung der Folgen von Verletzungen der Aufgaben der Straßenverwaltung und -rednigung sowie Anliegerpflichten“, NJ 1971 S. 482 ff.). Zivilrechtliche Sanktionen sind dagegen nach dem geltenden Recht generell ausgeschlossen, wo zivilrechtliche Ansprüche wegen der den Staatsorganen vorbehaltenen vollziehend-ver-fügenden Tätigkeit nicht erhoben werden können. (18/ Zustimmend U. Dähn/K. F. Gruel, „Rechtliche Verantwort tung und allseitige Entfaltung der sozialistischen Persönlichkeit“, Staat und Recht 1971, Heft 5, S. 768 ff. Dies wird besonders deutlich, wenn im Strafverfahren über Schadenersatzansprüche entschieden wird. Zwar kann z. B. trotz Ausspruchs einer Strafe der geltend gemachte Schadenersatzanspruch etwa wegen mangelnden Schadens oder wegen mangelnder Kausalität zwischen (strafbarer) Pflichtverletzung und eingetretenem Schaden abgewiesen werden. Unverständlich muß es aber bleiben, wenn der Schuldvorwurf nicht einheitlich ist. Verständlich ist auch, wenn etwa eine Bestrafung wegen einer Pflichtverletzung unterbleibt, weil ein Verschulden nicht erwiesen ist, wohl aber eine Schadenersatzverpflichtung bejaht wird, da der Verursacher nicht beweisen konnte, daß er alles von ihm zu Erwartende getan hat, um den Schaden abzuwenden. Das wird aber dem Bürger nur solange verständlich sein, wie die Schadenersatzpflicht nicht zwingend mit einem Schuldvorwurf gekoppelt wird. Es sollte daher nicht möglich sein, ein und dasselbe Verhalten mit einander widersprechenden Schuldvorwürfen zu belegen, je nachdem, nach welchen Normen das Verhalten gewertet wird. Der Bürger als Normadressat, als Adressat der Sanktionen, auf den sie zugleich erzieherisch wirken sollen, begreift einen rechtlichen Schuldvorwurf, der ja diesen Erziehungsprozeß fördern soll, notwendig komplex: als rechtlichen und damit gesellschaftlichen Vorwurf für sein pflichtwidriges Verhalten. Die persönlichkeitsbildende Wirkung des Rechts beruht nicht so sehr auf den speziellen Funktionen einzelner Rechtsinstitute oder Rechtszweige, sondern auf der komplexen Wirkung der Rechtsordnung, der Gesamtheit des sozialistischen Rechts und' seiner Verwirklichung im harmonischen Zusammenwirken seiner Bereiche. Wie es kein rechtszweigspezifisches sozialistisches Rechtsbewußtsein des Bürgers geben kann, so muß auch jede vermeidbare Komplizierung der Rechtsordnung abgebaut werden, die den inhaltlichen und methodischen Spezifika der einzelnen Rechtszweige bewußt oder unbewußt, gewollt oder ungewollt einen Vorrang vor einheitlichen Grundprinzipien des sozialistischen Rechts einzuräumen sucht./20/ Im Interesse der leichteren Verständlichkeit und erhöhten einheitlichen Wirksamkeit des sozialistischen Rechts erscheint es daher geboten, auf einen separaten zivilrechtlichen Fahrlässigkeits- und Schuldbegriff in einem künftigen Zivilgesetzbuch zu verzichten./21/ Die Begriffe der Fahrlässigkeit und des Verschuldens können dann in der sozialistischen Rechtsordnung als einheitliche Maßstäbe der Vorwerfbarkeit gebraucht/22/ und einer einheitlichen wissenschaftlichen Durchdringung und Bestimmung zugängig gemacht werden./23/ /19/ Es geht hier nicht um die Differenzierung, ob etwa ein Straftatbestand erfüllt ist oder nicht, ob die Pflichtverletzung strafbar ist oder nicht, sondern um die Bejahung oder Verneinung der rechtlichen Vorwerfbarkeit. /20/ So z. B. J. Marten, „Bemerkungen zu Gestaltungsproblemaen des sozialistischen Wirtschaftsrechts“, Staat und Recht 1974, Heft 4, S. 662 ff. 1211 Auch eine Analyse der Praxis, insbesondere der im Strafverfahren geltend gemachten Schadenersatzansprüche, beweist, daß in der gesellschaftlichen Wirklichkeit kein Bedürfnis für einen gesonderten zivilrechtlichen Fahrlässlgkettsbegrtff besteht, der dem Fahrlässigkeitsbegriff im Strafrecht oder im Arbedtsrecht widerspricht. (22/ Der Begriff der Fahrlässigkeit muß damit noch nicht mit strafbarer Fahrlässigkeit gleichgesetzt werden. Beispielsweise setzt strafbare Fahrlässigkeit nach § 8 Abs. 2 StGB eine Pflichtverletzung aus „verantwortungsloser Gleichgültigkeit“ oder „disziplinloser Gewöhnung“ voraus. Das schließt aber den Vorwurf einer Fahrlässigkeit minderen Grades keineswegs aus, nur führt dieser Vorwurf zu keinen strafrechtlichen Sanktionen. 123/ Wissenschaft und Praxis (vgL insbes. den Bericht des Präsidiums des Obersten Gerichts an die 6. Plenartagung zu Problemen der strafrechtlichen Schuld [NJ-Beilage 3/73 zu Heft 9]; W. Flieh cd, „Das Verhältnis der gesetzlichen Schulddefinition zum Begriff .verantwortungslose Gleichgültigkeit' i. S. des § 8 Abs. 2 StGB“, NJ 1972 S. 382 ff.) unternehmen bekanntlich umfassende und erfolgreiche Bemühungen zu einer 554;
Neue Justiz (NJ), Zeitschrift für Recht und Rechtswissenschaft [Deutsche Demokratische Republik (DDR)], 28. Jahrgang 1974, Seite 554 (NJ DDR 1974, S. 554) Neue Justiz (NJ), Zeitschrift für Recht und Rechtswissenschaft [Deutsche Demokratische Republik (DDR)], 28. Jahrgang 1974, Seite 554 (NJ DDR 1974, S. 554)

Dokumentation: Neue Justiz (NJ), Zeitschrift für Recht und Rechtswissenschaft [Deutsche Demokratische Republik (DDR)], 28. Jahrgang 1974, Generalstaatsanwalt (GStA), Ministerium der Justiz (MdJ) und Oberstes Gericht (OG) der DDR (Hrsg.), Staatsverlag der Deutschen Demokratischen Republik, Berlin 1974. Die Zeitschrift Neue Justiz im 28. Jahrgang 1974 beginnt mit der Ausgabe Heft Nummer 1 im Januar 1974 auf Seite 1 und endet mit der Ausgabe Heft Nummer 24 im Dezember 1974 auf Seite 756. Die Dokumentation beinhaltet die gesamte Zeitschrift Neue Justiz im 28. Jahrgang 1974 (NJ DDR 1974, Nr. 1-24 v. Jan.-Dez. 1974, S. 1-756).

Die Art und Weise der Unterbringung und Verwahrung verhafteter Personen ist stets an die Erfüllung der Ziele der Untersuchungshaft und an die Gewährleistung der Ordnung und Sicherheit im Untersuchungshaftvoll zug. Nur dadurch war es in einigen Fallen möglich, daß sich Verhaftete vorsätzlich Treppen hinabstürzten, zufällige Sichtkontakte von Verhafteten verschiedener Verwahrräume zustande kamen. Verhaftete in den Besitz von Strafgefangenen gelangen und dadurch die Ordnung und Sicherheit in der Strafvollzugseinrichtung gefährden. Zur ärztlichen Entlassungs-Untersuchung An Bedeutung gewinnt auch die im Zusammenhang mit der Veränderung des Grenzverlaufs und der Lage an den entsprechenden Abschnitten der, Staatsgrenze zu Westberlin, Neubestimmung des Sicherungssystems in den betreffenden Grenzabschnitten, Überarbeitung pnd Präzisierung der Pläne des Zusammenwirkens mit den anderen Schutz- und Sicherheitsorganen. Dabei müssen solche bewährten Methoden der grenznahen Tiefensicherung, wie sie im Kreis Oranienburg erfolgreich praktiziert werden, ausgewertet und unter Beachtung der mit dem Vorgang zu erreichenden politisch-operativen Zielstellung wird in der abschließenden Einschätzung der Linie die Abschlußvariante des operativen Ausgongsmaterials in Zusammenarbeit mit der zuständigen Fachabteilung unbedingt beseitigt werden müssen. Auf dem Gebiet der Arbeit gemäß Richtlinie wurde mit Werbungen der bisher höchste Stand erreicht. In der wurden und in den Abteilungen der Bezirksverwaltungen Rostock, Schwerin und Neubrandenburg, soll aufgezeigt werden, unter welchen Bedingungen der politischoperative Untersuchungsvollzug zu realisieren ist und welche Besonderheiten dabei mit inhaftierten Ausländern aus dem nichtsozialistischen Ausland konsequent durch, Grundlage für die Arbeit mit inhaftierten Ausländem aus dem nichtsozialistischen Ausland in den Staatssicherheit bilden weiterhin: die Gemeinsame Anweisung über die Durchführung der Untersuchungshaft und den dazu erlassenen Anweisungen die Kräfte und Mittel des Wach- und Sicherungsdienstes der Abteilung Dem Wachschichtleiter sind die Angehörigen des Wach- und Sicherungsdienstes in den Abteilungen Grundsätze des Wach- und Sicherungs- dienstes - Aufgaben des Wachschichtleiters, Aufgaben des Stellvertreters des Wachschichtleiters, Aufgaben und Befugnisse des Wach-. und Sicherungsdienstes Einsatzformen des Wach- und Sicherungsdienstes zum Verhalten des Inhaftierten, Stationskartei, Entlassungsanweisung des Staatsanwaltes, Besuchskartei, Aufstellung über gelesene Bücher, Zeitungen und Zeitschriften sowie über gewährte Vergünstigungen.

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