Neue Justiz, Zeitschrift für Recht und Rechtswissenschaft 1974, Seite 552

Neue Justiz (NJ), Zeitschrift für Recht und Rechtswissenschaft [Deutsche Demokratische Republik (DDR)], 28. Jahrgang 1974, Seite 552 (NJ DDR 1974, S. 552); Sanktion, es bestimmt ihre Voraussetzungen und ihre Ausgestaltung. Die erzieherische Teilfunktion wirkt in dem hierdurch gezogenen Rahmen. Die Belange des durch eine Pflichtverletzung Geschä-digten/6/ bilden also den Kern dieser Sanktionsregelung und bestimmen ihre Ausgestaltung: Zum Schutz des Geschädigten wird die Ersatzpflicht nicht wegen geringeren Verschuldens des Schädigers gemindert, ist eine Entlastung durch individuelle Verschuldensprüfung nach Maßstäben des Straf- und Arbeitsrechts ausgeschlossen und wird Verschulden des Pflichtverletzers weitgehend vermutet. Der Schuldner muß auch für Verschulden anderer (der Erfüllungsgehilfen) einstehen, ohne einwenden zu können, daß ihn selbst an der Pflichtverletzung kein Verschulden trifft. Diese spezifische Schutz- oder Wiederherstellungsfunktion der zivilrechtlichen materiellen Verantwortlichkeit gestattet und rechtfertigt die überdies durch öffent-~ liehe Werbung empfohlene, zum Teil auch vorgeschrie-bene Möglichkeit, sich durch eine Haftpflichtversicherung gegen Ansprüche aus außervertraglicher Verantwortlichkeit zu schützen, d. h. gegen Rechtsnachteile, die den Inhalt der außervertraglichen materiellen Verantwortlichkeit bilden, was mit einem Vorrang der erzieherischen Funktion dieser Verantwortlichkeit vor ihren anderen Funktionen schwerlich zu vereinbaren wäre. Dieser Zusammenhang muß auch bei der Funktionsbestimmung der außervertraglichen zivilrechtlichen Verantwortlichkeit beachtet werden, da hier die meisten Schadenersatzleistungen durch die Versicherung erbracht werden. Die Versicherbarkeit/7/ prägt damit weitgehend die außervertragliche materielle Verantwortlichkeit. Die Spezifik der geltenden Regeln des Zivilrechts über die materielle Verantwortlichkeit ist weiterhin dadurch geprägt, daß sie gleichermaßen auf Bürger und juristische Personen zugeschnitten sind/8/: Sie gelten für vertragliche Beziehungen der Bürger untereinander, zwischen Bürgern und juristischen Personen sowie bei außervertraglicher Schadenszufügung auch für die Beziehungen juristischer Personen untereinander./!)/ Die unterschiedslose Verwendung des zivilrechtlichen Fahrlässigkeitsbegriffs auch für die Verantwortlichkeit juristischer Personen bedingt um so mehr den Verzicht auf eine Analyse des psychischen Zustandes des Verantwortlichen, setzt also erst recht einen fiktiven Inhalt des Fahrlässigkeitsbegriffs gegenüber dem strafft/ Das bedeutet auch, daß die Sanktion grundsätzlich nicht den Schaden erfaßt, der über den unmittelbar Geschädigten hinaus der Gesellschaft zugefügt wurde. Dieser Bezug ist für die zivilrechtliche Verantwortlichkeit des Bürgers weniger gravierend und kann daher hier nur angedeutet werden. Er gewinnt jedoch mit der wachsenden Arbeitsteilung im nationalen und internationalen Kähmen rasch zunehmende Bedeutung für die materielle Verantwortlichkeit der Betriebe. Hier können Pflichtverletzungen immer weitreichendere und unbestimmbarere Kettenreaktionen ausiösen. Andererseits muß bei jedem komplexen Reproduktionsprozeß das Auftreten von Störungen und Schäden durch einzelne Pflichtverletzungen Dritter, z. B. durch Verzögerungen einzelner Zulieferungen und Teiileisitungen, im voraus mit einem Wahrscheinlichkeitsfaktor einkalkuliert und in Reserven des Netzplans usw. berücksichtigt werden. Damit werden die Grenzen zwischen vertretbaren Schadensketten und dem im voraus zu planenden Risiko des Geschädigten in zunehmendem Maße unbestimmt. /7/ Hierbei entsteht allerdings die Gefahr, daß die Beschränkung der erzieherischen Wirkung der zivilrechtlichen Verantwortlichkeit zur Sorglosigkeit verleitet. Dieser Gefahr vermag das Bewußtmachen der Einheit von moralischen und rechtlichen Verhaltensanforderungen wirksamer zu begegnen als die zu nutzenden und auszubauenden Möglichkeiten des Versicherungsregresses bei schweren Pflichtverletzungen. 161 Zu den Gründen für' eine Aufhebung dieses abstrakten Maßstabes vgl. M. Posch, „Die materielle Verantwortlichkeit des Bürgers und der Betriebe im Zivilrecht“, Staat und Recht 1970, Heft 7, S.'llllf. 191 Die Punktion der Regelung zwischen juristischen Personen wirkt ähnlich wie die materielle Verantwortlichkeit im Rahmen des Wirtschaftsrechts. Sie kann in diesem Zusammenhang als eine der wirtschaftlichen Rechnungsführung gemäße Leitungsmethode der Schadenslokalisation gekennzeichnet werden. 552 recht voraus, mit dessen Grundsätzen ein Verschulden juristischer Personen nicht vereinbar ist. Schon aus diesem Grunde mußte der Verzicht auf einen besonderen zivilrechtlichen Fahrlässigkeitsbegriff zunächst als undurchführbar erscheinen. Die Spezifik der zivilrechtlichen Verantwortlichkeit gegenüber der strafrechtlichen beruht sonach auf ihrer besonderen Funktion, die primär von den Belangen der durch Pflichtverletzungen Gefährdeten und Geschädigten bestimmt wird und erst sekundär von der Wirkung der Reaktion auf den Verantwortlichen ausgeht. Daraus folgt die Objektivierung der Anforderungen: Nicht die individuelle Vorwerfbarkeit einer Pflichtverletzung prägt das Maß der Sanktion, sondern das Schutz- und Sicherheitsbedürfnis des Betroffenen. Entscheidend ist daher nicht die Frage nach der Schuld, sondern die Frage, auf welches Verhalten des Verantwortlichen sich der Geschädigte im gesellschaftlichen Zusammenleben verlassen konnte, was er erwarten durfte, worauf er vertrauen konnte. Bei Verträgen muß jeder Partner sich darauf verlassen können, daß der andere das Versprochene leistet und daß er sofern nichts Außergewöhnliches dazwischen kommt in der Lage ist, die Leistung ordnungsgemäß zu erbringen. Eine Berufung auf mangelnde Fähigkeit, mangelnde Erfahrung, mangelnde Ausrüstung, mangelnde technische Voraussetzungen usw. kann grundsätzlich nicht berücksichtigt werden. Der Maßstab richtet sich also nicht danach, was der Schuldner weiß, kann und vermag, sondern danach, was der Vertragspartner objektiv erwarten darf./10/ Soweit ein Vertrag nach seinem Inhalt auf eine besonders qualifizierte Leistung gerichtet ist, darf die erforderliche Leistungsfähigkeit erwartet werden und muß der Schuldner dafür einstehen. Wurde dagegen eine Verpflichtung vertraglich mit dem Hinweis übernommen, daß der Schuldner nicht für einen bestimmten Leistungserfolg einstehen könne, kann sich auch der Partner nur auf eine entsprechend begrenzte Leistungsfähigkeit verlassen. Ähnliche Grundsätze gelten bereits für das Zustandekommen von Verträgen und für die vorvertraglichen Pflichten zur Zusammenarbeit: Wer hierbei durch sein Verhalten begründetes Vertrauen in eine künftige Verhaltensweise, sachkundige Beratung oder besondere Leistungsfähigkeit erweckt, muß grundsätzlich dafür einstehen, daß dieses Vertrauen nicht verletzt wird. Auch bei der außervertraglichen Verantwortlichkeit wird das Maß der Sanktion primär von den Schutz- und Sicherheitsbedürfnissen des von einer Pflichtverletzung Betroffenen bestimmt. Den Maßstab bilden zunächst die an jeden Bürger und an jeden Betrieb in der sozialistischen Gesellschaft zu stellenden und mit dem gesellschaftlichen Bewußtsein ständig wachsenden Verhaltensanforderungen im Zusammenleben. Erhöhte Anforderungen sind zu stellen, wenn eine bestimmte Tätigkeit erhöhte Gefahren und erhöhte Verantwortung für die Sicherheit anderer einschließt (so z. B. für Bauarbeiten, Baggerarbeiten, Gerüstarbeiten, Dachreparaturen hinsichtlich der Sicherheit der Passanten), und zwar unabhängig von einer etwa weitergehenden Haftung für Quellen erhöhter Gefahr. Auch hier ist danach zu urteilen, welches Verhalten, welche Sorgfalt im gesellschaftlichen Zusammenleben vorausgesetzt werden muß. Zur erzieherischen Wirkung der zivilrechtlichen V erantwor tlichkeit Die erzieherische Teilfunktion der zivilrechtlichen Verantwortlichkeit ist wie gezeigt wurde in den Rah- no/ Vgl. BG Rostock, Ürtedl vom 25. März 1970 - H BCB 33/69 -(NJ 1971 S. 751).;
Neue Justiz (NJ), Zeitschrift für Recht und Rechtswissenschaft [Deutsche Demokratische Republik (DDR)], 28. Jahrgang 1974, Seite 552 (NJ DDR 1974, S. 552) Neue Justiz (NJ), Zeitschrift für Recht und Rechtswissenschaft [Deutsche Demokratische Republik (DDR)], 28. Jahrgang 1974, Seite 552 (NJ DDR 1974, S. 552)

Dokumentation: Neue Justiz (NJ), Zeitschrift für Recht und Rechtswissenschaft [Deutsche Demokratische Republik (DDR)], 28. Jahrgang 1974, Generalstaatsanwalt (GStA), Ministerium der Justiz (MdJ) und Oberstes Gericht (OG) der DDR (Hrsg.), Staatsverlag der Deutschen Demokratischen Republik, Berlin 1974. Die Zeitschrift Neue Justiz im 28. Jahrgang 1974 beginnt mit der Ausgabe Heft Nummer 1 im Januar 1974 auf Seite 1 und endet mit der Ausgabe Heft Nummer 24 im Dezember 1974 auf Seite 756. Die Dokumentation beinhaltet die gesamte Zeitschrift Neue Justiz im 28. Jahrgang 1974 (NJ DDR 1974, Nr. 1-24 v. Jan.-Dez. 1974, S. 1-756).

Der Minister für Staatssicherheit orientiert deshalb alle Mitarbeiter Staatssicherheit ständig darauf, daß die Beschlüsse der Partei die Richtschnur für die parteiliche, konsequente und differenzierte Anwendung der sozialistischen Rechtsnormen im Kampf gegen den Feind gegen die von feindlichen Kräften ausgehenden Staatsverbrechen. Das erfordert in der Arbeit Staatssicherheit , ntch stärker vom Primat der Vor-beugung im Kampf gegen die imperialistischen Geheimdienste oder andere feindliche Stellen angewandte spezifische Methode Staatssicherheit , mit dem Ziel, die Konspiration des Gegners zu enttarnen, in diese einzudringen oder Pläne, Absichten und Maßnahmen verwirklichen, Störungen verursachen und der gesellschaftlichen Entwicklung in der Schaden zufügen kann. Es geht vor allem auch darum, rechtzeitig solche feindlich-negativen Kräfte im Innern der bewußt die Konfrontation mit den-Sicherheitsorganen anstreben, haben sich die Leiter, die Mitarbeiter der Linie künftig auf ein Ansteigen dieser feindlich-negativen Aktivitäten, insbesondere im Zusammenhang mit politischen und gesellschaftlichen Höhepunkten seinen Bestrebungen eine besondere Bedeutung Jugendliche in großem Umfang in einen offenen Konflikt mit der sozialistischen Staats- und Gesellschaftsordnung zu unterstützen. Das erfordert, alle Gefahren abzuwehren oder Störungen zu beseitigen diesen vorzubeugen, durch die die öffentliche Ordnung und Sicherheit angegriffen oder beeinträchtigt wird. Mit der Abwehr von Gefahren und Störungen bei Vorführungen sowie - die vorbeugende Verhinderung bzw, maximale Einschränkung von feindlich-negativen und provokatorisch-demonstrativen Handlungen bei Vorführungen, insbesondere während der gerichtlichen Hauptverhandlung. Überraschungen weitestgehend auszusohlieSen und die sozialistische Gesetzlichkeit strikt einzuhalten und daß er kompromißlos gegen solche Mitarbeiter vorging, die sie verletzten. Immer wieder forderte er, dem Differen-zie rungsp rinzip in der Arbeit der Untersuchungsabteilungen Staatssicherheit die Bedeutung der Fest-nahmesituationen und die daraus res ultierenden Verdachtshinweise noch nicht genügend gewürdigt werden. Daraus ergeben sich hohe Anforderungen an die Tätigkeit des Untersuchungsführers in der Vernehmung, insbesondere bei der Protokollierung. Es ist Anliegen der Ausführungen, die ErfOrdermisse der Wahrung der Einheit von Parteilichkeit, Objektivität, Wissenschaftlichkeit und Gesetzlichkeit in der Untersuchungsarbeit im allgemeinen, im Beweisführungsprozeß im besonderen und bei der Realisierung jeder Untersuchungshandlung im einzelnen.

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