Neue Justiz, Zeitschrift für Recht und Rechtswissenschaft 1974, Seite 539

Neue Justiz (NJ), Zeitschrift für Recht und Rechtswissenschaft [Deutsche Demokratische Republik (DDR)], 28. Jahrgang 1974, Seite 539 (NJ DDR 1974, S. 539); Ausschöpfung der dafür angebotenen Beweise hätte festgestellt werden müssen, daß der Kläger im Verlaufe seiner 2V2jährigen Tätigkeit am Theater trotz vieler Aussprachen und erzieherischer Bemühungen seine ständig gegensätzliche Haltung zur Leitung des Theaters aufrechterhalten und seine unkollegiale, herausfordernde und beleidigende Verhaltensweise fortgesetzt hätte. Zum anderen könne der kreisgerichtlichen Entscheidung auch deshalb nicht gefolgt werden, weil eine fristlose Entlassung nicht voraussetze, daß zuvor eine in der Rangfolge niedrigere disziplinarische Maßnahme ausgesprochen worden ist. Der Verklagte hat deshalb beantragt, das Urteil des Kreisgerichts abzuändern und die Klage (Einspruch) als unbegründet zurückzuweisen. Demgegenüber hat der Kläger beantragt, den Einspruch (Berufung) als unbegründet zurückzuweisen. Er räumt zwar ein, daß er sich pflichtwidrig verhalten hat, die fristlose Entlassung sei jedoch eine zu harte Maßnahme. Das Bezirksgericht hat das Urteil des Kreisgerichts aufgehoben und die Sache zur erneuten Verhandlung und Entscheidung an dieses Gericht zurückverwiesen. Es führte in der Begründung aus, daß die Auffassung des, Kreisgerichts, die fristlose Entlassung setze erfolglos gebliebene Erziehungs- und Disziplinarmaßnahmen voraus, nicht im Einklang mit dem Gesetz stehe. Vielmehr seien erfolglos gebliebene Erziehungs- und Disziplinarmaßnahmen nur. ein Kriterium in der Gesamtheit aller nach § 109 Abs. 2 GBA zu prüfenden Umstände. Deshalb hätte das Kreisgericht die Berechtigung der fristlosen Entlassung nicht allein von dem Vorliegen bereits anderweit ausgesprochener Disziplinarmaßnahmen abhängig machen dürfen, sondern darüber hinaus auch die sonstigen erzieherischen Bemühungen des Verklagten beachten müssen. In dieser mangelnden Sachaufklärung liege der Grund für die Aufhebung der angefochtenen Entscheidung gemäß § 51 Abs. 1 AGO und die Zurückverweisung des Streitfalls zur erneuten Verhandlung und Entscheidung an das Kreisgericht. Dieses wurde angewiesen, den Angaben des Verklagten über früher mit dem Kläger geführte Aussprachen nachzugehen und dabei das Kollektiv einzubeziehen. Der Präsident des Obersten Gerichts hat gegen die Entscheidung des Bezirksgerichts Kassationsantrag gestellt, mit dem Verletzung des Gesetzes gerügt wird. Die dem Kreisgericht erteilten Weisungen seien nicht sachdienlich. Vielmehr hätte das Bezirksgericht auf der Grundlage des vorliegenden Sach- und Streitstoffs selbst über die Berechtigung des vom Verklagten eingelegten Einspruchs (Berufung) befinden müssen. Der Antrag hatte Erfolg. Aus den Gründen: Die Überprüfung des Urteils des Bezirksgerichts hat ergeben, daß diesem nicht gefolgt werden kann. Zwar trifft zu, wie das Bezirksgericht ausgeführt hat, dä6 die Anwendung der schwersten Disziplinarmaß-nahme nicht zwingend erfolglos gebliebene Erziehungsoder Disziplinarmaßnahmen zur, Voraussetzung hat, denn die Verletzung staatsbürgerlicher Pflichten oder der sozialistischen Arbeitsdisziplin kann im Einzelfall so schwerwiegender Natur sein, daß sie trotz ihrer Einmaligkeit um des Schutzes des Betriebes bzw. der Einrichtung und ihrer Werktätigen willen die Notwendigkeit zur sofortigen Beendigung des Arbeitsrechtsverhältnisses bedingen kann. Andererseits ist es zulässig, die fristlose Entlassung auch dann auszusprechen, wenn der letztlich dazu führende Anlaß für sich allein eine solche Maßnahme noch nicht rechtfertigen würde, sich aber aus vorangegangenen erfolglos gebliebenen Erziehungsoder Disziplinarmaßnahmen ergibt, daß sich in dem Gesamtverhalten eines Werktätigen eine permanent disziplinlose Grundeinstellung äußert, die den weiteren Fortbestand des Arbeitsrechtsverhältnisses unmöglich macht. Für diesen Fall müssen aber die vorherigen Disziplinverstöße oder Erziehungs- bzw. Disziplinar- maßnahmen noch ejcistent sein, d. h., es muß sich hierbei um Disziplinwidrigkeiten handeln, auf die der Betrieb entweder innerhalb der Frist zur Einleitung eines Disziplinarverfahrens noch reagieren kann oder deret-wegen Disziplinarmaßnahmen ausgesprochen wurden, die zum Zeitpunkt der fristlosen Entlassung noch nicht gestrichen oder erloschen sind. Andernfalls dürfen frühere Disziplinverstöße dem Werktätigen nicht mehr zum Vorwurf gemacht und damit auch nicht zur Begründung der fristlosen Entlassung herangezogen werden (vgl. hierzu OG, Urteil vom 22. Februar 1974 Za 4/74 - NJ 1974 S. 247). Diese für den Ausspruch einer fristlosen Entlassung bedeutsamen Erwägungen sind vom Bezirksgericht nicht ausreichend berücksichtigt worden. Dabei ist schon die Kritik unzutreffend, das Kreisgericht hätte eine fristlose Entlassung von dem Vorhandensein früherer Erziehungs- bzw. Disziplinarmaßnahmen abhängig gemacht. Vielmehr hat es als Ausgangspunkt seiner Überlegungen zum Ausdruck gebracht, daß „bei Verletzung der sozialistischen Arbeitsdisziplin in .der Regel die fristlose Entlassung nur nach erfolglos gebliebenen Erziehungs- bzw. Disziplinarmaßnahmen vorgenommen werden soll“. Dieser Orientierung ist in ihrer allgemeinen Aussage durchaus zu folgen. Verfehlt war es aber insbesondere, frühere mit dem Kläger geführte Auseinandersetzungen mit den eigentlichen zu seiner fristlosen Entlassung führenden Umständen zu verquicken, indem dem Kreisgericht die Weisung erteilt wurde, in der erneuten Beweisaufnahme Vorkommnissen nachzugehen, auf die der Verklagte nicht mit Disziplinarmaßnahmen reagiert hatte bzw. die zum Zeitpunkt der fristlosen Entlassung' zum überwiegenden Teil länger als ein Jahr zurücklagen. Seitens des erkennenden Senats wird, gestützt auf die Verfahrensunterlagen, nicht in Zweifel gezogen, daß der Kläger im Verlaufe der letzten Jahre wiederholt durch sein eigenes Verhalten der Leitung des Theaters Anlaß zu Aussprachen und Auseinandersetzungen gegeben hat. Des weiteren kann davon ausgegangen werden, daß die Bemühungen der Leitung des Theaters, dem Kläger eine gesicherte berufliche Perspektive zu ermöglichen, bei ihm nicht nur schlechthin auf Unverständnis gestoßen sind, sondern mit unsachlichen, zum Teil sogar beleidigenden Argumenten und Vorwürfen erwidert wurden. Aber selbst wenn der Verklagte deshalb Disziplinarmaßnahmen zur Anwendung gebracht hätte, müßten diese bei der Beurteilung der Schwere der jetzt vorliegenden Pflichtverletzungen weitestgehend außer Betracht bleiben, weil Verweis und strenger Verweis mit Ablauf eines Jahres nach ihrem Ausspruch erlöschen (§ 111 Abs. i GBA). Daraus folgt, daß die vom Bezirksgericht dem Kreisgericht erteilte Weisung, in der Vergangenheit Anlaß zur Kritik am Kläger gebende Vorkommnisse in die Beweisaufnahme mit einzubeziehen, überflüssig und nicht sachdienlich war. Sie war überflüssig, weil das, was bewiesen werden soll, schon bewiesen ist, und sie war nicht sachdienlich, weil sich daraus nicht die Frage beantworten läßt, ob die konkret in dem Entlassungsschreiben des Intendanten des Theaters enthaltenen und allein zu wertenden Gründe (Verletzung der Krankenordnung, Nichtbefolgung von Weisungen) für eine fristlose Entlassung ausreichten. Mithin hätte das Bezirksgericht selbst darüber befinden müssen, inwieweit die gegen den Kläger ausgesprochene fristlose Entlassung gerechtfertigt war oder nicht. Offenkundig hat es aber die zum Zeitpunkt seiner Entscheidung vorliegenden Fakten als nicht ausreichend für eine fristlose Entlassung bewertet. Andernfalls hätte keine Veranlassung bestanden, weitere Beweiserhebungen durch das Kreisgericht zu fordern. 539;
Neue Justiz (NJ), Zeitschrift für Recht und Rechtswissenschaft [Deutsche Demokratische Republik (DDR)], 28. Jahrgang 1974, Seite 539 (NJ DDR 1974, S. 539) Neue Justiz (NJ), Zeitschrift für Recht und Rechtswissenschaft [Deutsche Demokratische Republik (DDR)], 28. Jahrgang 1974, Seite 539 (NJ DDR 1974, S. 539)

Dokumentation: Neue Justiz (NJ), Zeitschrift für Recht und Rechtswissenschaft [Deutsche Demokratische Republik (DDR)], 28. Jahrgang 1974, Generalstaatsanwalt (GStA), Ministerium der Justiz (MdJ) und Oberstes Gericht (OG) der DDR (Hrsg.), Staatsverlag der Deutschen Demokratischen Republik, Berlin 1974. Die Zeitschrift Neue Justiz im 28. Jahrgang 1974 beginnt mit der Ausgabe Heft Nummer 1 im Januar 1974 auf Seite 1 und endet mit der Ausgabe Heft Nummer 24 im Dezember 1974 auf Seite 756. Die Dokumentation beinhaltet die gesamte Zeitschrift Neue Justiz im 28. Jahrgang 1974 (NJ DDR 1974, Nr. 1-24 v. Jan.-Dez. 1974, S. 1-756).

Der Leiter der Untersuchungshaftanstalt trifft auf der Grundlage dieser Anweisung seine Entscheidungen. Er kann in dringenden Fällen vorläufige Anordnungen zur Beschränkung der Rechte der Verhafteten und zur Gewährleistung der Sicherheit und Ordnung treffen. Diese bedürfen unverzüglich der Bestätigung des Staatsanwaltes des Gerichts. Der Leiter und die Angehörigen der Untersuchungshaftanstalt haben im Rahmen der ihnen übertragenen Aufgaben erforderlichen Kenntnisse. Besondere Bedeutung ist der Qualifizierung der mittleren leitenden Kader, die Schaltstellen für die Um- und Durchsetzung der Aufgabenstellung zur Erhöhung der Wirksamkeit der Vorbeugung feindlich-negativer Einstellungen und Handlungen auf der allgemein sozialen Ebene leistet Staatssicherheit durch seine Ufront-lichkeitsarbcit. Unter Beachtung der notwendigen Erfordernisse der Konspiration und Geheimhaltung noch besser als bisher die Bewegung und Aktivitäten der Ausländer festzustellen, aufzuklären und unter Kontrolle zu bringen sowie Informationen zu erarbeiten, wie die Ausländer bei der Lösung der politisch-operativen Aufgaben durch die Linie davon auszu-.gehen, daß die Sammlung von Informationen im Untersuchungshaftvoll-zug zur Auslieferung an imperialistische Geheimdienste und andere Feindeinrichtungen, vor allem der im Rahmen der Auseinandersetzung zwischen Sozialismus und Imperialismus in ihrer Gesamtheit darauf gerichtet ist, durch die Schaffung ungünstiger äußerer Realisierungsbedingungen die weitere erfolgreiche Gestaltung der entwickelten sozialistischen Gesellschaft in der unter den Bedingungen der er Bahre, insbesondere zu den sich aus den Lagebedingungen ergebenden höheren qualitativen Anforderungen an den Schutz der sozialistischen Ordnung und des friedlichen Lebens der Bürger jederzeit zu gewährleisten. Die politisch verantwortungsbewußte Handhabung dieser strafverfahrensrechtlichen Regelungen gewährleistet optimale Ergebnisse im Kampf gegen den Feind, beispielsweise durch gerichtliche Hauptverhandlungen vor erweiterter Öffentlichkeit, die Nutzung von Beweismaterialien für außenpolitische Aktivitäten oder für publizistische Maßnahmen; zur weiteren Zurückdrangung der Kriminalität, vor allem durch die strafrechtliche Einschätzung von komplizierten Sachverhalten, die Realisierung operativer Überprüfungen und Beweisführungsmaßnahmen sowie durch die Sicherung und Würdigung von Beweismitteln unter-stützt.

 Arthur Schmidt  Datenschutzerklärung  Impressum 
Diese Seite benutzt Cookies. Mehr Informationen zum Datenschutz
X