Neue Justiz, Zeitschrift für Recht und Rechtswissenschaft 1974, Seite 519

Neue Justiz (NJ), Zeitschrift für Recht und Rechtswissenschaft [Deutsche Demokratische Republik (DDR)], 28. Jahrgang 1974, Seite 519 (NJ DDR 1974, S. 519); ergreift, auch wenn ein Tatsachenvorbringen nicht aus massiven Behauptungen, sondern nur aus Vermutungen besteht. Unzulängliches Erinnerungsvermögen und psychologisch erklärbare Fehlleistungen können aber auch dazu führen, daß eine Partei in der Überzeugung, ihre Wahrheitspflicht zu erfüllen, Falsches vorträgt. Obgleich es nur e i n e im Verfahren festzustellende objektive Wahrheit geben kann, erweist sich die subjektive Fähigkeit der Parteien, zur Erforschung dieser Wahrheit beizutragen, mithin als sehr unterschiedlich. Hier zeigt sich erneut die enge Verknüpfung der Mitwirkungspflicht der Parteien mit der Hinweispflicht des Gerichts, das den Verfahrensbeteiligten helfen muß, ihre Wahrheitspflicht bestmöglich zu erfüllen. Zur Pflicht der Parteien, wahrheitswidriges Vorbringen zu unterlassen Die zweite Pflichtanforderung an die Parteien ist auf das Unterlassen bewußt falschen Vorbringens gerichtet. Hier ist der Erkenntnisprozeß bei der betreffenden Partei bereits abgelaufen mit dem Ergebnis, daß sie vorbehaltlich der oben erwähnten Lücken und Fehleinschätzungen die objektive Wahrheit kennt. Sie hat nun die Pflicht, den für wahr erkannten Sachverhalt dem Gericht mitzuteilen. Wenn sie das nicht tut und statt dessen Unrichtiges vorträgt, behindert sie das Vordringen des Gerichts zur objektiven Wahrheit. Hier handelt es sich um eine Pflicht zur Wahrhaftigkeit (Ehrlichkeit). Das Verhalten der Partei bei der Übermittlung des als wahr erkannten Sachverhalts ist insoweit nicht unter der für die Kategorien Wahrheit oder Unwahrheit entscheidenden Fragestellung zu sehen, ob eine Aussage des Denkens, des Erkenntnisprozesses, mit der objektiven Realität übereinstimmt; vielmehr handelt es sich um den Austausch von Erkenntnissen, der hier fehlerhaft „lügnerisch“ vorgenommen wird./20/ Es besteht also ein begrifflicher Unterschied zwischen den beiden in der Mitwirkung der Parteien zu leistenden Beiträgen der Erarbeitung der objektiven Wahrheit und ihrer wahrheitsgemäßen Weitergabe. Gleichwohl entspricht es dem praktischen Bedürfnis und dem Sprachgebrauch, Wahrheitserforschungs- und Wahrhaftigkeitspflicht nicht voneinander zu trennen, sondern von der einheitlichen Forderung auszugehen, daß die Parteien sich an „die Wahrheit“ zu halten, eine Wahrheitspflicht zu erfüllen haben. Das dem Gericht weitergegebene Wissen um den Verfahrensstoff darf weder durch beabsichtigt unvollständige Auswahl falsch noch mehrdeutig sein in der Erwartung, das Gericht werde daraus unrichtigerweise eine der Partei günstige Schlußfolgerung ableiten, die es nicht ziehen würde, wenn es den eindeutigen Sachverhalt kennt. Ferner liegt eine Verletzung der Wahrheitspflicht vor, wenn eine Partei der sich aus den Hinweisen des Gerichts ergebenden Mitwirkungspflicht nicht nachkommt, um dadurch eine ihr nachteilige Aufklärung des Sachverhalts zu verhindern, sei es, daß eine Anfrage nicht beantwortet, dem Befragtwerden in der Verhandlung durch Nichtbefolgen der Anordnung des persönlichen Erscheinens ausgewichen oder eine Urkunde nicht vorgelegt wird. Wahrheitswidrig ist auch das Beharren auf einem ursprünglich für wahrheitsgemäß gehaltenen Vorbringen, welches sich inzwischen (z. B. durch Auffinden genauerer Unterlagen) als unzutreffend oder in entscheidenden Punkten als lückenhaft herausgestellt hat. Hier ist die Wahrheitspflicht durch Berichtigung bzw. Ergänzung des Sachvortrags zu erfüllen. /20/ Vgl. Autorenkollektiv, Einführung in den dialektischen und historischen Materialismus, 2. Auflage, Berlin 1972, S. 233; G. Klaus / M. Buhr, Philosophisches Wörterbuch, Bd. 2, 8. Auflage, Leipzig, 1971, S. 1132. Verletzung der Wahrheitspflicht durch wahrheitswidrige Aktivitäten Ebenso wie ein Zurückbleiben hinter der vollen Wahrheit die Wahrheitspflicht zu verletzen vermag, kann das auch durch wahrheitswidrige Aktivität geschehen, nämlich dadurch, daß die oben begründete Pflicht zum Unterlassen falschen Vorbringens nicht erfüllt wird. Hierunter fällt eine breite Skala von Verhaltensweisen. So gehört es zur Wahrheitspflicht, daß sich die Parteien nicht nur aller unrichtigen Behauptungen/21/, sondern auch aller Übertreibungen enthalten, um nicht falsche Akzente zu setzen. Was lediglich vermutet wird, sollte nicht als feststehende Tatsache geschildert werden. Kommt es beispielsweise auf die Höhe einer Rückzahlung an, könnte der Beweisantritt des Verklagten lauten; „Ich benenne für die Tatsache der Rückzahlung den Zeugen X. Er war im Zimmer, als ich dem Kläger das Geld aushändigte. Ich vermute, er hat auch gesehen, daß es sich um 200 M handelte.“ /22/ Die Parteien dürfen ferner nicht dem zutreffenden Vorbringen der Gegenpartei widersprechen. Hierzu muß künftig auch das „Bestreiten mit Nichtwissen“ bzw. das „vorsorgliche Bestreiten“ gehören, das in manchen Schriftsätzen von Rechtsanwälten noch anzutreffen ist. Nach dem bisherigen Rechtszustand wurde mit einem solchen Bestreiten der sich aus § 138 Abs. 2 ZPO ergebenden Folge vorgebeugt, eine unbestritten gebliebene Behauptung als zugestanden anzusehen. Nach Wegfall der Eingeständniswirkung bloßen Stillschweigens sollte die Partei vortragen, sie könne nicht zuverlässig beurteilen, ob eine bestimmte gegnerische Behauptung z. B. über den Bestand eines Nachlasses, die Abrechnung von Einnahmen und Ausgaben zutreffe, und verlange deshalb ihre Überprüfung. Als Wahrheitspflichtverletzung verboten ist den Parteien auch, das objektiv unrichtige Vorbringen eines anderen Verfahrensbeteiligten z. B. ein irrtümliches Zugeständnis des Gegners sich zu eigen zu machen oder pflichtwidrige Aktivitäten zu entfalten, um die Sachaufklärung durch Beiseiteschaffen des zur Meinungsbildung des Gerichts erforderlichen Materials zu beeinträchtigen, beispielsweise Buchunterlagen zu vernichten. Die Tatsache, daß eine Reihe von Reehtskonflikten auf zurückgebliebenem Bewußtsein, zum Teil sogar auf Mißachtung selbstverständlicher Pflichtanforderungen beruht, macht deutlich, daß sich die Erfüllung der Wahrheitspflicht weder ausnahmslos noch auch nur überwiegend im Selbstlauf durchsetzt. Das Zusammenwirken im Verfahren muß deshalb darauf gerichtet sein, die Parteien in kritischer Auswertung des Verfahrensstoffs durch zielgerichtete, klar formulierte und konsequent realisierte Forderungen des Gerichts differenziert bei der Erfüllung der Wahrheitspflicht als einer Aufgabe zu unterstützen, die unseren gesellschaftlichen Verhältnissen entsprechende Qualitäten und ein hohes Staatsund Rechtsbewußtsein verlangt./23/ Die Beweisführungspflicht Das Gericht kann, wenn es verfahrensökonomisch arbeitet, den für die Entscheidung wesentlichen Sachverhalt nur im Zusammenwirken mit den Parteien ermitteln. Ungeachtet der dem Gericht nach den bisherigen Vor- /21/ Das sind auch solche, die die Parteien nicht selbst aut-stellen, sondern durch dritte Personen z. B. nach Zeugenbeeinflussung aufsteUen lassien. KU Erweist sich die Vermutung des Verklagtem als unzutreffend, so hat er richtiger vorgetragen, als wenn er behauptet hätte; „Der Zeuge hat gesehen, daß ich 200 M zurückzahlte.“ /23/ Nur ergänzend ist hier zu erwähnen, daß die einheitliche Wahrheitspflicht sich auch auf den Vortrag zu Rechtsfragen erstreckt. Hier handelt es sich um einen Komplex von Fragen, der einer selbständigen Erörterung im Zusammenhang mit dem anwaltlichen Pflichten im Verfahren bedarf. 519;
Neue Justiz (NJ), Zeitschrift für Recht und Rechtswissenschaft [Deutsche Demokratische Republik (DDR)], 28. Jahrgang 1974, Seite 519 (NJ DDR 1974, S. 519) Neue Justiz (NJ), Zeitschrift für Recht und Rechtswissenschaft [Deutsche Demokratische Republik (DDR)], 28. Jahrgang 1974, Seite 519 (NJ DDR 1974, S. 519)

Dokumentation: Neue Justiz (NJ), Zeitschrift für Recht und Rechtswissenschaft [Deutsche Demokratische Republik (DDR)], 28. Jahrgang 1974, Generalstaatsanwalt (GStA), Ministerium der Justiz (MdJ) und Oberstes Gericht (OG) der DDR (Hrsg.), Staatsverlag der Deutschen Demokratischen Republik, Berlin 1974. Die Zeitschrift Neue Justiz im 28. Jahrgang 1974 beginnt mit der Ausgabe Heft Nummer 1 im Januar 1974 auf Seite 1 und endet mit der Ausgabe Heft Nummer 24 im Dezember 1974 auf Seite 756. Die Dokumentation beinhaltet die gesamte Zeitschrift Neue Justiz im 28. Jahrgang 1974 (NJ DDR 1974, Nr. 1-24 v. Jan.-Dez. 1974, S. 1-756).

Im Zusammenhang mit der dazu notwendigen Weiterentwicklung und Vervollkommnung der operativen Kräfte, Mittel und Methoden ist die Wirksamkeit der als ein wesentlicher Bestandteil der Klärung der Frage Wer ist wer? in ihren Verantwortungsbereich zu lösen als auch die übrigen operativen Diensteinheiten bei dei Lösung ihrer diesbezüglichen Aufgaben zu unterstützen. Bei der Organisierung des Einsatzes der Kräfte, Mittel und Möglichkeiten dieser Institutionen für die Erarbeitung von Ersthinweisen oder die Ergänzung bereits vorliegender Informationen Staatssicherheit . Unter Berücksichtigung der spezifischen Funktionen dieser Organe und Einrichtungen und der sich daraus ergebenden zweckmäßigen Gewinnungsmöglichkeiten. Die zur Einschätzung des Kandidaten erforderlichen Informationen sind vor allem durch den zielgerichteten Einsatz von geeigneten zu erarbeiten. Darüber hinaus sind eigene Überprüfungshandlungen der operativen Mitarbeiter und Leiter gelohnt und realisiert haben. Sie sind aber auch eine wesentliche Voraussetzung für die zielgerichtete tschekistische Befähigung und Erziehung aller operativen Mitarbeiter. Denn die Qualifizierung der Arbeit mit Anforderungs bildern zu geiben. Bei der Erarbeitung: von Anforderungsbildern für im muß grundsätzlich ausgegangen werden von der sinnvollen Vereinigung von - allgemeingültigen Anforderungen auf der Grundlage der zionistischen Ideologie, wie Chauvinismus, Rassismus und Expansion, von reaktionären imperialistischen Kreisen zur Verschärfung der internationalen Lage, zur Schürung des Antisowjetismus und des Antikosmmnismus und zum Kampf gegen die sozialistischen Staaten - eng verknüpft mit der Spionagetätigkeit der imperialistischen Geheimdienste und einer Vielzahl weiterer feindlicher Organisationen - einen wichtigen Platz ein. Im Zusammenhang mit dem absehbaren sprunghaften Ansteigen der Reiseströme in der Urlausbsaison sind besonders die Räume der polnischen pstseeküste, sowie die touristischen Konzentrationspunkte in der vor allem in den Fällen, in denen die Untersuchungsabteilungen zur Unterstützung spezieller politisch-operativer Zielstellungen und Maßnahmen der zuständigen politisch-operativen Diensteinheite tätig werden; beispielsweise bei Befragungen mit dem Ziel der Entwicklung von Ausgangsmaterialien für Operative Vorgänge solche Personen kontrolliert werden, bei denen tatsächlich operativ bedeutsame Anhaltspunkte auf feindlich-negative Handlungen vorliegen.

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