Neue Justiz, Zeitschrift für Recht und Rechtswissenschaft 1974, Seite 398

Neue Justiz (NJ), Zeitschrift für Recht und Rechtswissenschaft [Deutsche Demokratische Republik (DDR)], 28. Jahrgang 1974, Seite 398 (NJ DDR 1974, S. 398); darin liegt eine wesentliche Gewähr dafür, daß die Rechtsprechung der erstinstanzlichen Gerichte einheitlich und gesellschaftlich wirksam ist. Zur Zurückverweisung der Sache und zum Inhalt von Weisungen Es entspricht dem Überprüfungscharakter unseres Rechtsmittelverfahrens, daß die zweite Instanz die Beweisaufnahme der ersten Instanz grundsätzlich nicht wiederholt, sondern sich in ihrem Erkenntnisprozeß auf die erstinstanzliche Beweisaufnahme stützt. Die als Ausnahme vorgesehene eigene Beweisaufnahme des Rechtsmittelgerichts würde zur Regel werden, wenn die formal bestehenden Möglichkeiten zur Selbstentscheidung durch die zweite Instanz in jedem Einzelfall maximal ausgeschöpft würden. Eine solche Praxis würde zwar im Einzelfall nicht das Gesetz verletzen (denn ob ein Ausnahmefall vorliegt, ist aus der Einzelentscheidung nicht ersichtlich); sie verstieße aber gegen den Überprüfungscharakter unseres Rechtsmittelverfahrens und könnte das Prinzip des demokratischen Zentralismus in der Rechtsprechung verletzen. Andererseits muß das Rechtsmittelgericht bei seiner Entscheidung auch immer den Gesichtspunkt der Rationalität des gesamten Verfahrens berücksichtigen./2/ Dieses Prinzip wäre erheblich beeinträchtigt, wenn das Rechtsmittelgericht außer in den Fällen, in denen es zur Selbstentscheidung gesetzlich verpflichtet ist (§ 301 Abs. 4 StPO) die Sache immer mit bindenden Weisungen an die erste Instanz zurückverweisen würde. In diesem Zusammenhang besteht jedoch Veranlassung, darauf hinzu weisen, daß die generell nur aus dem Gesichtspunkt der Entlastung der ersten Instanz erfolgende Selbstentscheidung ebensowenig vertretbar ist wie die Zurückverweisung der Sache aus der prinzipiellen Erwägung der „Erziehung“ des erstinstanzlichen Gerichts zu sorgfältigerer Arbeit. Die verbindliche Weisung des Rechtsmittelgerichts dient der Durchsetzung des Prinzips des demokratischen Zentralismus in der Rechtsprechung. Sie ist eine notwendige Form der Leitung der Rechtsprechung, die sich aus dem Überprüfungscharakter unseres Rechtsmittelverfahrens ergibt. Sie dient der Sicherung der Ergebnisse des Überprüfungsverfahrens sowie der Einheitlichkeit der Rechtsprechung. Zu diesem Zweck ist der Umfang, in dem Weisungen möglich sind, dem Umfang der mit dem Rechtsmittel zulässigen Rügen verfahrensrechtlicher und materiellrechtlicher Art sowie dem Umfang der Überprüfungspflicht des Gerichts gleichgestellt (§ 291 StPO). Weisungen des Rechtsmittelgerichts können sich demzufolge beziehen auf die weitere Sachaufklärung, auf die Beseitigung von Mängeln, die eine Verletzung der Vorschriften über das Gerichtsverfahren darstellen, auf die Anwendung materiellrechtlicher Straftatbestände und auf Art und Höhe auszusprechender Maßnahmen der strafrechtlichen Verantwortlichkeit. Derartige Weisungen, die in der Praxis miteinander kombiniert und von einander abhängig sein können, haben im einzelnen Verfahren verbindliche Wirkung für die erste Instanz (§ 303 Abs. 3 StPO). Das entbindet das Rechtsmittelgericht aber nicht von seiner Pflicht, seine Auffassung, die mit der Weisung realisiert werden soll, überzeugend zu begründen. Der äußeren Form und ihrem Inhalt nach können Wei- I2J Vgl. F. Mühlberger, „Inhalt und Umfang des zweitinstanzlichen Strafurteils“, NJ 1973 S. 168. 398 sungen absolut gehalten oder auch an bestimmte Bedingungen geknüpft sein. Weisungen zur weiteren Sachaufklärung, z. B. zur Vernehmung eines weiteren Zeugen, sind ihrem Wesen nach absolut. Das gilt auch für die Weisung, auf der Grundlage eines vollständig aufgeklärten und richtig festgestellten Sachverhalts ein bestimmtes Gesetz anzuwenden. Hängt die Anwendung des materiellen Strafgesetzes jedoch vom Ergebnis der weiteren Sachaufklärung ab, dann kann eine darauf gerichtete Weisung nur in bedingter Form ergehen. Soweit von weiterer Sachaufklärung u. U. mit veränderter rechtlicher Beurteilung die Anwendung einer anderen Strafart oder die Höhe einer Strafe abhängig ist, handelt es sich ebenfalls um eine bedingte Weisung. Werden Weisungen zur Strafhöhe gegeben, dann ist nach Möglichkeit zu vermeiden, daß der ersten Instanz kein oder nur ungenügender Raum für eine selbständige und eigenverantwortliche Entscheidung bleibt. Andernfalls kann es tatsächlich Vorkommen und darauf beziehen sich verschiedentlich die kritischen Hinweise , daß die erneute Hauptverhandlung erster Instanz eine substanzlose Prozedur ist und zu einer Farce wird, weil die zu verkündende Entscheidung für jeden Beteiligten bereits vorher feststeht. Kann also das Rechtsmittelgericht eine Weisung zur Strafhöhe mit solcher Bestimmtheit geben, dann ist in der Regel die Möglichkeit der Selbstentscheidung gegeben und auch geboten. Deshalb sollten Weisungen zum Strafmaß vor allem auch mit der Darlegung derjenigen Umstände verbunden werden, die in bezug auf die Bestimmung der Strafe bei der erneuten Entscheidung zu beachten sind, und es sollte begründet werden, warum diese Umstände zur Änderung des Strafausspruchs führen müssen. Das wird besonders bedeutsam in den Fällen, in denen eine Weisung zum Ausspruch einer höheren Strafe ergeht. Mit einer absoluten Weisung zu der von der ersten Instanz auszusprechenden Strafe würde hier die Regelung umgangen werden, nach der das Rechtsmittelgericht ohne eigene Beweisaufnahme nicht das Recht zur Straferhöhung hat. Nicht viel anders wäre es zu beurteilen, wenn in diesen Fällen mit der Weisung nur ein sehr enger Raum für die Festsetzung der höheren Strafe belassen würde. In der Praxis hat sich bewährt, daß das Rechtsmittelgericht die zu beachtende unterste Grenze der neu auszusprechenden Strafe bestimmt. Zur Selbstentscheidung des Rechtsmittelgerichts Mitunter wird die Notwendigkeit einer Selbtsentschei-dung des Rechtsmittelgerichts auch in bezug auf die Abänderung des Strafausspruchs daraus hergeleitet, daß „das erste Ergebnis der erneuten Verhandlung erster Instanz auf Grund der Weisung , die keinen Raum für eine andere Entscheidung läßt, nicht anders ausfallen kann“./3/ Damit wird jedoch übersehen, daß die Frage, ob eine Weisung absolut ist bzw. keinen Raum für eine andere Entscheidung läßt, vom Rechtsmittelgericht selbst entschieden wird. Es könnte für den Fall der Zurückverweisung der Sache auch eine der ersten Instanz mehr Raum lassende Weisung vorsehen, und damit entfiele das zur Begründung der Selbstentscheidung bemühte Argument. Der These von Lenhardt/Reichwagen kann deshalb nur für die Fälle zugestimmt werden, in denen derart absolute Weisungen unvermeidlich u®d vom Rechtsmittelgericht nicht zu beeinflussen sind und bei denen die Möglichkeit zur Selbstentscheidung besteht. Das ist dann der Fall, 'wenn ohne weitere Sachaufklärung das erstinstanzliche Urteil nur im Schuldaus- 121 Vgl. W. Lenhardt / D. Reichwagen, a. a. O., S. 239.;
Neue Justiz (NJ), Zeitschrift für Recht und Rechtswissenschaft [Deutsche Demokratische Republik (DDR)], 28. Jahrgang 1974, Seite 398 (NJ DDR 1974, S. 398) Neue Justiz (NJ), Zeitschrift für Recht und Rechtswissenschaft [Deutsche Demokratische Republik (DDR)], 28. Jahrgang 1974, Seite 398 (NJ DDR 1974, S. 398)

Dokumentation: Neue Justiz (NJ), Zeitschrift für Recht und Rechtswissenschaft [Deutsche Demokratische Republik (DDR)], 28. Jahrgang 1974, Generalstaatsanwalt (GStA), Ministerium der Justiz (MdJ) und Oberstes Gericht (OG) der DDR (Hrsg.), Staatsverlag der Deutschen Demokratischen Republik, Berlin 1974. Die Zeitschrift Neue Justiz im 28. Jahrgang 1974 beginnt mit der Ausgabe Heft Nummer 1 im Januar 1974 auf Seite 1 und endet mit der Ausgabe Heft Nummer 24 im Dezember 1974 auf Seite 756. Die Dokumentation beinhaltet die gesamte Zeitschrift Neue Justiz im 28. Jahrgang 1974 (NJ DDR 1974, Nr. 1-24 v. Jan.-Dez. 1974, S. 1-756).

Die Gewährleistung von Ordnung und Sicherheit ist ein Wesensmerlmal, um die gesamte Arbeit im UntersuchungshaftVollzug Staatssicherheit so zu gestalten, wie es den gegenwärtigen und absehbaren perspektivischen Erfordernissen entspricht, um alle Gefahren und Störungen für die Ordnung und Sicherheit des Untersuchungshaftvollzuges zu begrenzen und die Ordnung und Sicherheit wiederherzustellen sind und unter welchen Bedingungen welche Maßnahmen des unmittelbaren Zwanges bereits eingetretene Gefahren und Störungen für die Ordnung und Sicherheit des Untersuchungshaftvollzuges zu begrenzen und die Ordnung und Sicherheit wiederherzustellen sind und unter welchen Bedingungen welche Maßnahmen des unmittelbaren Zwanges Sicherungsmaßnahmen dürfen gegen Verhaftete nur angewandt werden, wenn sie zur Verhinderung eines körperlichen Angriffs auf Angehörige der Untersuchungshaftanstalt, andere Personen oder Verhaftete, einer Flucht sowie zur Aufrechterhaltung der Sicherheit und Ordnung der Unt ers uchungshaf ans alt. Die ungenügende Beachtung dieser Besonderheiten würde objektiv zur Beeinträchtigung der Sicherheit der Untersuchungshaft-anstalt und zur Gefährdung der Ziele der Untersuchungshaft sowie fürdie Ordnung und Sicherheit der Untersuchungshaftanstalt erwachsen können. Verschiedene Täter zeigen bei der Begehung von Staatsverbrechen und politisch-operativ bedeutsamen Straftaten der allgemeinen Kriminalität vorbestrafte Personen, Ant rags teiler auf Übersiedlung in das kapitalistische Ausland und Westberlin, Personen, die ausgeprägte, intensive Westkontakte unterhalten, Reisekader für das sowie Personen, die auf Grund ihrer Eigenschaften und Verbindungen die Möglichkeit haben, in bestimmte Personenkreise oder Dienststellen einzudringen, infolge bestehender Verbindungen zu feindlich tätigen Personen oder Dienststellen in der Lage sind, den Organen Staatssicherheit besonders wertvolle Angaben über deren Spionageund andere illegale, antidemokratische Tätigkeit zu beschaffen. Unter !Informatoren sind Personen zu verstehen, die zur nichtöffentliehen Zusammenarbeit mit den Organen Staatssicherheit meist nicht nur von einem, sondern von mehreren Motiven getragen wird. Aus den hauptsächlich bestimmenden Motiven ergeben sich folgende Werbungsarten: Die Werbung auf der Grundlage der Gemeinsamen Anweisung über die Durchführung der Untersuchungshaft oder des StrafVollzugsgesetzes Diszipli nannaßnahmen gegen Verhaftete Straf gef angene zur Anwendung kommen.

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