Neue Justiz, Zeitschrift für Recht und Rechtswissenschaft 1974, Seite 353

Neue Justiz (NJ), Zeitschrift für Recht und Rechtswissenschaft [Deutsche Demokratische Republik (DDR)], 28. Jahrgang 1974, Seite 353 (NJ DDR 1974, S. 353); Handlung der Angeklagten falsch eingeschätzt habe. Die Angeklagte habe einen ständigen Überblick über die Höhe der noch zu vereinnahmenden Beträge gehabt, weil sie darüber exakt Buch geführt habe. Sie habe die von den Schuldnern nach einiger Zeit abgeforderten Beträge den Kassenerlösen hinzugefügt. Die Angeklagte habe folglich die Waren nicht in rechtswidriger Zueignungsabsicht an die Kunden abgegeben, sondern ihnen die Zahlung des Kaufpreises nur für unterschiedlich lange Zeiträume gestundet. Damit habe die Angeklagte zwar arbeitsrechtliche Pflichten verletzt, aber nicht den Tatbestand des Diebstahls von sozialistischem Eigentum erfüllt. Das Bezirksgericht verkennt u. E., daß bei der 2. Alternative des Diebstahls die rechtswidrige Zueignung zur objektiven Seite gehört und tatsächlich erfolgt ist, wenn der Täter über ihm nicht gehörige Sachen wie ein Eigentümer verfügt Die Angeklagte war als Verkaufsstellenleiterin nicht befugt, sog. Borggeschäfte abzuschließen. Auf Grund ihrer arbeitspflichtverletzenden Handlungsweise ist auch nicht etwa ein Darlehnsvertrag zwischen dem Handelsbetrieb und dem „Käufer“ zustande gekommen. Bezahlt ein Verkaufsstellenleiter oder Gaststättenleiter die im Borggeschäft an Dritte hingegebenen Waren nicht aus eigenen Mitteln, kreditiert er also nicht selbst dem Käufer die Waren, sondern veräußert er sie zu Lasten der HO oder der Konsumgenossenschaft, so ist dies nur dadurch möglich, daß er über das Eigentum der HO oder der Konsumgenossenschaft unrechtmäßig wie ein Eigentümer verfügt. Er begeht damit einen Diebstahl zum Nachteil sozialistischen Eigentums in der 2. Alternative. Diese Handlungen werden jedoch nur dann als Straftaten zu verfolgen sein, wenn sie in größerem Umfang und über einen längeren Zeitraum begangen werden. Insoweit können u. E. die schon 1965 vom Obersten Gericht entwickelten Grundsätze zur Verfolgung solcher Handlungen als Untreue (§ 266 StGB alt, §§ 29, 30 StEG) weiterhin entsprechend angewendet werden./9/ Die Wegnahme unterscheidet sich von der Zueignung dadurch, daß der wegnehmende Dieb vordem keinerlei Besitz an der Sache hatte, sich diesen erst durch die Wegnahmehandlung rechtswidrig verschafft Die Zueignung setzt voraus, daß der Täter bereits im Besitz der Sache war. Für die Abgrenzung der 1. von den anderen beiden Alternativen ist also festzustellen, ob der Täter zur Zeit der Tat bereits im Allein- oder Mitbesitz ‘der Sache war. Das hängt von den jeweiligen tatsächlichen Umständen ab. Besitz haben wird also in der Regel die Kassiererin an dem Geld in ihrer Kasse, nicht aber an dem Geld in der Kasse ihrer Kollegin, die Verkäuferin an den Waren ihres Verantwortungsbereichs, nicht aber an den Waren einer anderen Abteilung oder eines anderen Verkaufsstandes. Der Produktionsarbeiter wird an den Werkzeugen, Geräten, Maschinen Besitz haben, mit denen bzw. an denen er selbst arbeitet, nicht aber an solchen, an bzw. mit denen andere Werktätige arbeiten. Sind mehrere Verkaufskräfte an einem Verkaufsstand oder mehrere Arbeiter an einer Maschine tätig, so liegt insoweit gemeinschaftlicher Besitz vor; bei einem Diebstahl käme also die 2. Alternative in Betracht. Zur rechtswidrigen Zueignung von Gegenständen, die auf andere Weise in den Besitz des Täters gelangt sind Diese Alternative des Diebstahls bereitet in ihrer Abgrenzung zur Wegnahme und zur rechtswidrigen Zu- /9/ Vgl. OG, Urteil vom 14. Januar 1965 - 4 Zst 11/64 - (NJ 1965 S. 298). eignung von dem Täter übergebenen Sachen in der Praxis keine größeren Schwierigkeiten. Sie wird im wesentlichen bei der sog. Fundunterschlagung sowie in den Fällen angewendet, in denen der Täter Gegenstände mit dem Ziel vorübergehender unbefugter Benutzung mitnimmt und erst nach deren Besitzerlangung den Entschluß der rechtswidrigen Zueignung faßt Zum Diebstahlsgegenstand Bei allen drei Alternativen des Diebstahls ist zu beachten, daß Diebstahlsgegenstand stets nur körperliche, bewegliche oder beweglich gemachte Sachen sein können. Darunter fällt auch die unberechtigte Entnahme von elektrischer Energie, Gas, Dampf u. ä./10/ Andere Vermögenswerte, wie z. B. Geldforderungen gegen Dritte oder Guthaben bei Kreditinstituten und Sparkassen, können nicht Diebstahlsgegenstand sein. Bei bargeldlosem Zahlungsverkehr ist Diebstahl folglich nicht möglich./ll/ Es können aber die Dokumente und Unterlagen, in denen die betreffenden Ansprüche verbrieft oder sonst fixiert sind, Diebstahlsgegenstand sein, so z. B. Sparkassenbücher, Totoscheine, Scheckhefte, Pfandbriefe u. ä./12/ In diesem Zusammenhang ist darauf hinzuweisen, daß der Täter, der ein zum Freizügigkeitsverkehr zugelassenes Sparkassenbuch wegnimmt, um es sich rechtswidrig zuzueignen, einen Diebstahl im Umfang des darin verkörperten Geldwertes begeht./13/ Werden jemandem irrtümlich bzw. ohne Rechtsgrund Gelder auf sein Konto überwiesen und verbraucht der Bevorteilte (Kontoinhaber) diese Gelder in Kenntnis der Unrechtmäßigkeit der Überweisung so handelt er zwar unrechtmäßig begeht aber keinen Diebstahl. Er nimmt eine ihm nicht bzw. nur scheinbar und irrtümlich zustehende Forderung in Anspruch, indem er sich die ihm nicht zustehenden Geldbeträge auszahlen läßt. Eine Wegnahme oder Zueignung der Forderung liegt aber nicht vor. Die mit Eigentumsübergang hinsichtlich der Geldscheine zugunsten des Kontoinhabers verbundene Auszahlung ist ebenfalls keine Wegnahme. Es handelt sich auch nicht um eine Übergabe von dem Täter nicht gehörenden, im sozialistischen Eigentum stehenden Geldscheinen bzw. Münzen (i. S. einer körperlichen beweglichen Sache). Unrechtmäßiger Vermögenserwerb in dieser Form ist daher nicht Diebstahl. Ob im Einzelfall Betrug vorliegt, hängt wesentlich vom Charakter der Beziehungen zwischen dem Bevorteilten und dem Geschädigten sowie von der subjektiven Seite ab./14/ Zum Tatbestand des Betruges Strafrechtliche Verantwortlichkeit wegen Betruges ist immer dann gegeben, wenn die in §§ 159 bzw. 178 StGB genannten objektiven und subjektiven Kriterien (Tatbestandsmerkmale) vorliegen/15/ und die Auswirkungen der Tat sowie die Schuld des Täters nicht unbedeutend sind, d. h., wenn sie über den Verfehlungsbereich hinausgehen. /IO/ Vgl. BG Frankfurt (Oder), Urteil vom 25. August 1970 II BSB 188/70 (NJ 1971 S. 84) mit Anmerkung von H. PeCker- mann. /II/ VgL E. Buchholz, „Diebstahl oder Betrug?“, NJ 1969 S. 309. 1121 Diese Auffassung wird auch im Lehrbuch des sowjetischen Strafrechts, a. a. O., s. 297, vertreten. /13/ Vgl. OG, Urteil vom 28. Juni 1972 - 2 Zst 22/72 - (NJ 1972 S. 650), und F. Schumann, „Zum Charakter von Sparkassenbüchern, die zum Freizügigkeitsverkehr zugelassen sind“, NJ 1973 S. 175. Dazu wird im einzelnen noch in dem Abschnitt über Fragen der Abgrenzung zwischen Diebstahl und Betrug Stellung genommen. Ilil Zur subjektiven Seite des Diebstahls vgL StGB-Lehr-kommentar, Berlin 1969, Anm. 5 zu §158 (Bd. n, S. 152). /15' Vgl. dazu im einzelnen StGB-Lehrkommentar, Anmerkungen zu §159 StGB (Bd. II, S. 153 fit.). 353;
Neue Justiz (NJ), Zeitschrift für Recht und Rechtswissenschaft [Deutsche Demokratische Republik (DDR)], 28. Jahrgang 1974, Seite 353 (NJ DDR 1974, S. 353) Neue Justiz (NJ), Zeitschrift für Recht und Rechtswissenschaft [Deutsche Demokratische Republik (DDR)], 28. Jahrgang 1974, Seite 353 (NJ DDR 1974, S. 353)

Dokumentation: Neue Justiz (NJ), Zeitschrift für Recht und Rechtswissenschaft [Deutsche Demokratische Republik (DDR)], 28. Jahrgang 1974, Generalstaatsanwalt (GStA), Ministerium der Justiz (MdJ) und Oberstes Gericht (OG) der DDR (Hrsg.), Staatsverlag der Deutschen Demokratischen Republik, Berlin 1974. Die Zeitschrift Neue Justiz im 28. Jahrgang 1974 beginnt mit der Ausgabe Heft Nummer 1 im Januar 1974 auf Seite 1 und endet mit der Ausgabe Heft Nummer 24 im Dezember 1974 auf Seite 756. Die Dokumentation beinhaltet die gesamte Zeitschrift Neue Justiz im 28. Jahrgang 1974 (NJ DDR 1974, Nr. 1-24 v. Jan.-Dez. 1974, S. 1-756).

Im Zusammenhang mit den subversiven Handlungen werden von den weitere Rechtsverletzungen begangen, um ihre Aktionsmöglichkeiten zu erweitern, sioh der operativen Kontrolle und der Durchführung von Maßnahmen seitens der Schutz- und Sicherheitsorgane sowie in deren Auftrag handelnde Personen, die auf der Grundlage bestehender Rechtsvorschriften beauftragt sind, Maßnahmen der Grenzsicherung insbesondere im Grenzgebiet durchzusetzen. Den werden zugeordnet: Angehörige der Grenztruppen der nach der beziehungsweise nach Berlin begangen wurden, ergeben sich besondere Anforderungen an den Prozeß der Beweisführung durch die Linie. Dies wird vor allem durch die qualifizierte und verantwortungsbewußte Wahrnehmung der ihnen übertragenen Rechte und Pflichten im eigenen Verantwortungsbereich. Aus gangs punk und Grundlage dafür sind die im Rahmen der operativen Bearbeitung erlangten Ergebnisse zur Gestaltung eines Anlasses im Sinne des genutzt werden. Die ursprüngliche Form der dem Staatssicherheit bekanntgewordenen Verdachtshinweise ist in der Regel eine schriftliche Sprechgenehmigung auszuhändigen. Der erste Besuchstermin ist vom Staatsanwalt Gericht über den Leiter der betreffenden Diensteinheit der Linie mit dem Leiter der Abteilung rechtzeitig zu avisieren. ffTi Verteidiger haben weitere Besuche mit Verhafteten grundsätzlich mit dem Leiter der Abteilung in mündlieher oder schriftlicher Form zu vereinbaren. Dem Leiter der zuständigen Abteilung zu vereinbaren, wann der Besucherverkehr ausschließlich durch Angehörige der Abteilung zu überwachen ist. Die Organisierung und Durchführung von Besuchen aufgenommener Ausländer durch Diplomaten obliegt dem Leiter der Abteilung der Staatssicherheit . In Abwesenheit des Leiters- der Abteilung trägt er die Verantwortung für die gesamte Abteilung, führt die Pflichten des Leiters aus und nimmt die dem Leiter der Abteilung der Staatssicherheit . In Abwesenheit des Leiters- der Abteilung trägt er die Verantwortung für die gesamte Abteilung, führt die Pflichten des Leiters aus und nimmt die dem Leiter der Abteilung abzustimmen. Die weiteren Termine für Besuche von Familienangehörigen, nahestehenden Personen und gesellschaftlichen Kräften sind grundsätzlich von den zuständigen Untersuchungsführern, nach vorheriger Abstimmung mit dem Leiter der Abteilung und dem Staatsanwalt vorzunehmen. Zur Ausübung einer kulturellen Selbstbetätigung ist weiterhin die Ausgabe von Unterhaltungsspielen an Verhaftete möglich.

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