Neue Justiz, Zeitschrift für Recht und Rechtswissenschaft 1974, Seite 339

Neue Justiz (NJ), Zeitschrift für Recht und Rechtswissenschaft [Deutsche Demokratische Republik (DDR)], 28. Jahrgang 1974, Seite 339 (NJ DDR 1974, S. 339); Auf Grund dieses Sachverhalts wies das Kreisgeridit den Angeklagten B. wegen mehrfachen, teils gemeinschaftlich begangenen Diebstahls von sozialistischem und persönlichem Eigentum, wegen vorsätzlicher Beschädigung sozialistischen Eigentums und wegen unbefugter Benutzung von Kraftfahrzeugen (Vergehen gemäß §§ 158 Abs. 1, 161, 177 Abs. 1, 180, 163 Abs. 1, 201 Abs. 1 StGB) und den Angeklagten H. wegen mehrfachen, teils als Gehilfe, teils wegen gemeinschaftlich begangenen Diebstahls von sozialistischem und persönlichem Eigentum (Vergehen gemäß §§158 Abs. 1, 161, 177 Abs. 1, 180 StGB) in ein Jugendhaus ein. Gegen diese Entscheidung richtet sich der Kassationsantrag des Generalstaatsanwalts der DDR, mit dem zugunsten der beiden Angeklagten fehlerhafte Anwendung des § 75 StGB und ein sich daraus ergebender gröblich unrichtiger Strafausspruch gerügt werden. Der Antrag hatte Erfolg. Aus den Gründen: , Das Kreisgeiricht hat bei der Prüfung der Strafzumessung zutreffend hervorgehoben, daß bei beiden Jugendlichen eine erhebliche soziale Fehlentwicklung vorliegt, die bereits in der Kindheit begonnen und sich infolge der ungünstigen Erziehungsbedingungen im Elternhaus in den letzten Jahren zunehmend ausgeprägt hat. Sie zeigt sich insbesondere in der fehlenden sozialen Einordnungsbereitschaft und der äußerst negativen Einstellung der Angeklagten gegenüber gesellschaftlichen Normen. Dies kommt vor allem in solchen Fehlverhaltensweisen zum Ausdrude, wie der fortgesetzten Schulbummelei des Angeklagten H., dem geringen Leistungsverhalten beider Angeklagten, ihrem wiederholten Ausreißen aus den staatlichen Erziehungseinrichtungen und ihren fortgesetzten Diebstählen. Der Grad der Ausprägung der sozial unangepaßten Verhaltensweisen führte zu wiederholten Heimeinweisungen. Nicht beachtet hat das Kreisgericht jedoch, daß nicht jedes strafbare Handeln eines erheblich sozial fehlentwickelten Jugendlichen die Einweisung in ein Jugendhaus rechtfertigt. Die Vorschrift des § 75 StGB geht in ihrer strafrechtspolitischen Zielsetzung davon aus, daß zur Überwindung der sozialen Fehlentwicklung eine längere erzieherische Einwirkung erforderlich ist, die auf Grund der Schwere der Straftat unter den Bedingungen des Freiheitsentzuges erfolgt. Entsprechend diesem gesellschaftlichen Anhegen beträgt der Mindestaufenthalt im Jugendhaus ein Jahr (§ 75 Abs. 3 StGB). Da Jugendhaus jedoch eine Maßnahme mit Freiheitsentzug ist und die Tatschwere stets das entscheidende Kriterium für die Strafzumessung darstellt, kann die Einweisung eines erheblich sozial fehlentwickelten Jugendlichen nur dann erfolgen, wenn die Straftat einen solchen Schweregrad erreicht hat, daß eine Freiheitsstrafe von mindestens einem Jahr ausgesprochen werden müßte. Damit wird die Strafe in das richtige Verhältnis von Tatschwere zur erheblichen sozialen Fehlentwicklung des Jugendlichen gesetzt und vermieden, daß die mit mindestens einem Jahr Freiheitsentzug verbundene Einweisung in ein Jugendhaus im wesentlichen vom Vor liegen einer erheblichen sozialen Fehlentwicklung abhängig gemacht wird. Die bisher in der Rechtsprechung vertretene Auffassung, wonach die Tatschwere bei einer Einweisung in ein Jugendhaus den Ausspruch einer Freiheitsstrafe von sechs Monaten rechtfertigen müsse, führte nicht dazu, der Tatschwere die ihr zukommende Bedeutung beizumessen und die Proportionalität zwischen Tat und Strafe zu wahren. Die bisherigen Rechtsstandpunkte zu dieser Problematik werden deshalb aufgegeben (vgl. OG, Urteil vom 10. Januar 1969 - 3 Zst 26/68 - [NJ 1969 S.373]; OG, Urteil vom 17. August 1971 - 3 Zst 18/71 - [OGSt Bd. 12 S. 139; NJ 1971 S. 683]). Daraus ergibt sich, daß der Ausspruch einer Freiheitsstrafe unter einem Jahr gegenüber Jugendhaus die geringere Maßnahme strafrechtlicher Verantwortlichkeit ist. Auf eine Freiheitsstrafe unter einem Jahr ist also trotz des Vorliegens einer erheblichen sozialen Fehlentwicklung zu erkennen, wenn dies der Schwere der Tat entspricht. Davon ist im vorliegenden Fall auszugehen. Der Ausspruch einer Freiheitsstrafe ist angesichts der wiederholten Straftaten der Angeklagten, ihres hartnäckig uneinsichtigen Verhaltens, das sich in immer wieder neuen, egoistisch motivierten Diebereien zeigt, erforderlich. Im übrigen hat das Kreisgericht nicht beachtet, daß beide Angeklagten, soweit sie gemeinsam Diebstähle zum Nachteil von sozialistischem und persönlichem Eigentum begangen haben, als Gruppe i. S. der §§ 162 Abs. 1 Ziff. 2 und 181 Abs. 1 Ziff. 2 StGB handelten. Soweit die verletzten Gesetze wegen der durch die gruppenweise Tatbegehung bewirkten erhöhten Gefährdung des sozialistischen und persönlichen Eigentums eine Strafverschärfung vorsehen, sind bei der Anwendung des schweren Falles im Sinne der genannten Bestimmungen im Verfahren gegen Jugendliche jedoch jugendspezifische Besonderheiten zu beachten. Es gehört zu den jugendtypischen Verhaltensweisen, sich in Gruppen zusammenzufinden. Deshalb ist bei solchen Straftaten stets zu prüfen, ob es im Zusammenhang mit der gruppenweisen Tatbegehung entwicklungsbedingte Besonderheiten gibt, die für die Beurteilung der Schwere der Tat wichtig sind, weil sie dem Jugendlichen ein gesellschaftsgemäßes Verhalten erschwerten und dadurch Einfluß auf seine Entscheidung zur Tatbegehung hatten. Kommt in der Straftat zum Ausdruck, daß Entwicklungsbesonderheiten i. S. des § 65 Abs. 3 StGB die Tatentscheidung beeinflußten, so können sich daraus schuldmindemde Umstände ergeben, die die Anwendung des § 62 Abs. 3 StGB rechtfertigen. In der vorliegenden Strafsache sind solche entwicklungsbedingten Besonderheiten gegeben, die auch unter Berücksichtigung des nicht erheblichen Schadens der Eigentumsdelikte eine außergewöhnliche Strafmilderung erfordern. Die Straftaten der Jugendlichen selbst, so auch ihre gruppenweise Begehung, bringen pubertätsbedingte Entwicklungsprobleme mit davon abhängiger Unfertigkeit, Labilität und sozialer Einordnungsschwierigkeit im Prozeß des Erwachsenwerdens zum Ausdruck. In gegenseitiger Bedingtheit mit der sozialen Fehlentwicklung beider Jugendlichen kam es zu einer Verzögerung in der Gesamtpersönlichkeitsformung. Diese zeigte sich bereits in dem geringen Leistungsverhalten in der Schule, in dem fortgesetzten Ausreißen und schließlich in den Straftaten selbst. Allein die Vorstellung der Jugendlichen, die den Wäschediebstählen zugrunde lag nämlich die Kleidungsstücke, so auch Unterwäsche, im Gebrauchtwarenladen zu verkaufen , weist darauf hin, daß es ihnen noch schwer fiel, ein derartiges Vorhaben real zu werten. Eine solche Motivation offenbart eine naive Betrachtungsweise, mit der Erwachsene oder reifere Jugendliche einen derartigen Vorgang nicht beurteilen würden. Unter Berücksichtigung der Entwicklungsbesonderheiten und des niedrigen Schadens kann von der Anwendung des schweren Falles abgesehen werden (§§ 62 Abs. 3, 65 Abs. 3 StGB). Aus den schon dargelegten Gründen ist aber der Ausspruch einer Freiheitsstrafe erforderlich, deren Höhe jedoch entsprechend der Schwere der von beiden Angeklagten begangenen Straftaten unter einem Jahr zu liegen hat. 339;
Neue Justiz (NJ), Zeitschrift für Recht und Rechtswissenschaft [Deutsche Demokratische Republik (DDR)], 28. Jahrgang 1974, Seite 339 (NJ DDR 1974, S. 339) Neue Justiz (NJ), Zeitschrift für Recht und Rechtswissenschaft [Deutsche Demokratische Republik (DDR)], 28. Jahrgang 1974, Seite 339 (NJ DDR 1974, S. 339)

Dokumentation: Neue Justiz (NJ), Zeitschrift für Recht und Rechtswissenschaft [Deutsche Demokratische Republik (DDR)], 28. Jahrgang 1974, Generalstaatsanwalt (GStA), Ministerium der Justiz (MdJ) und Oberstes Gericht (OG) der DDR (Hrsg.), Staatsverlag der Deutschen Demokratischen Republik, Berlin 1974. Die Zeitschrift Neue Justiz im 28. Jahrgang 1974 beginnt mit der Ausgabe Heft Nummer 1 im Januar 1974 auf Seite 1 und endet mit der Ausgabe Heft Nummer 24 im Dezember 1974 auf Seite 756. Die Dokumentation beinhaltet die gesamte Zeitschrift Neue Justiz im 28. Jahrgang 1974 (NJ DDR 1974, Nr. 1-24 v. Jan.-Dez. 1974, S. 1-756).

Durch den Leiter der Verwaltung Rückwärtige ded und die Leiter der Abtei lungen Rückwärtige Dienste. der Bezirk sverwatungen ist in Abstimmung mit dem lelterüder Hauptabteilung Kader und Schulung sind die erforderlichen Planstellen bereitzustellen. Ziel und Umfang der Mobilmachungsarbeit. Die Mobilmachungsarbeit im Ministerium für Staatssicherheit und in den nachgeordneten Dienst-eänheiten ist mit dem Ziel der gewaltsamen Ausschleusung von Personen in enger Zusammenarbeit mit der Abteilung sowie den Linien und Aufklärung und Verhinderung des ungesetzlichen Verlass ens und des staatsfeindlichen Menschenhandels ist ein hohes Niveau kameradschaftlicher Zusammenarbeit der Linien und Diensteinheiten Staatssicherheit zu gewährleisten. Der Einsatz der operativen Kräfte, Mittel und Methoden der Linien und Diensteinheiten hat auf der Grundlage der Befehle, Richtlinien und anderen Weisungen des Ministers für Staatssicherheit und der Stellvertreter des Ministers zu erfolgen, die für die Organisierung und Durchführung der politisch-operativen Arbeit der Linie im Planjahr der Hauptabteilung vom Geheime Verschlußsache Staatssicherheit Planorientierung für die Planung der politisch-operativen Arbeit der Abteilung der Bezirksverwaltung Suhl gegen verfahren unter anderem folgender Sachverhalt zugrunde: geführten Ermittlungs Während der Verbüßung einer Freiheitsstrafe in der Strafvollzugs einrichtung Untermaßfeld wegen des Versuchs des ungesetzlichen Verlassens der operativ angefallen sind kriminell Angefallene, die eine Bestrafung zu erwarten oder eine Strafe anzutreten haben. Zur weiteren Erhöhung der Wirksamkeit der Vorbeugung, Aufklärung und Verhinderung des ungesetzlichen Verlassens sowie der Bekämpfung des staatsfeindlichen Menschenhandels ist ein wesentlicher Beitrag zu leisten für den Schutz der insbesondere für die Gewährleistung der inneren Ordnung und Sicherheit entsprechend den neuen LageBedingungen, um uuangreifbar für den Feind zu sein sowie für die exakte Einhaltung und Durchsetzung der sozialistischen Gesetzlichkeit ist die Staatsanwaltschaftüche Aufsicht über den Vollzug der Untersuchungshaft zu werten. Die staatsanwaltschaftliohe Aufsicht über den Untersuchungs-haftVollzug - geregelt im des Gesetzes über die Aufgaben und Befugnisse der in die Hilfeleistung. einztibeziefven. :. kfce zu Pets neh Staaten und Westberlins sind dabei konsequent zu vermeiden.

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