Neue Justiz, Zeitschrift für Recht und Rechtswissenschaft 1974, Seite 293

Neue Justiz (NJ), Zeitschrift für Recht und Rechtswissenschaft [Deutsche Demokratische Republik (DDR)], 28. Jahrgang 1974, Seite 293 (NJ DDR 1974, S. 293); Steht das Ergebnis des gerichtlichen Verfahrens ohnehin fest, ist eine weitere Sachaufklärung überflüssig, mit der Verfahrensökonomie unvereinbar und deshalb abzulehnen. Ist der Gerichtsweg unzulässig, dann wird der Bürger darauf hinzuweisen sein, auf welchem Wege er sein Anliegen richtigerweise überprüfen lassen kann. In einer Reihe von Fällen ist der Hinweis auf das zuständige Staatsorgan sogar unverzichtbar, um Rechtsnachteile für den Antragsteller zu vermeiden. Wird beispielsweise ein Antrag auf Vollstreckungsschutz beim Gericht gestellt mit der Begründung, der für den Räumungsschuldner vorgesehene Ersatzwohnraum sei nicht angemessen, so ist der Hinweis auf die ausschließliche Kompetenz des Organs der Wohnraumlenkung für die Prüfung und Entscheidung dieser Frage unabdingbar. Lückenhafter oder widersprüchlicher Saclivortrag Ist der bisherige Sachvortrag einer Partei lückenhaft oder widersprüchlich, so muß das Gericht konkrete Fragen stellen. In einem Pachtstreit wurde z. B. nicht vorgetragen, ob das Grundstück kleingärtnerisch genutzt wird. Da im Hinblick auf § 6 der AO über den Kündigungsschutz für Pächter von Kleingärten vom 17. Mai 1956 (GBl. I S. 457) Bedenken gegen die Zulässigkeit des Gerichtswegs bestanden, erteilte das Gericht den Parteien nach § 272 b ZPO die Auflage, die Nutzungsart des Grundstücks im einzelnen zu schildern. Für den Fall, daß der Kläger die kleingärtnerische Nutzung bejahte, stellte es ihm die Rücknahme seines Antrags anheim. Um aber Zuständigkeitsstreitigkeiten zu Lasten des Bürgers zu vermeiden, empfahl es ihm, vorher das zuständige örtliche Staatsorgan zu konsultieren. Widersprüche im Sachvortrag einer Partei sind häufig nicht auf die Verletzung der Wahrheitspflicht zurückzuführen, sondern Ausdruck von Ungenauigkeiten oder Mängeln in der Formulierung. Treten sie auf, dann können sie bei der Beweiswürdigung und der Bildung der richterlichen Überzeugung nicht unberücksichtigt bleiben. Welches Gewicht ihnen im konkreten Fall aber zukommt, läßt sich erst einschätzen, wenn das Gericht der Vermutung einer Verletzung der Wahrheitspflicht in offener Diskussion mit den Parteien nachgegangen ist. Das Gericht muß hier der Prozeßpartei durch geeignete Hinweise Gelegenheit zur Klarstellung des Sachvortrags geben. Es darf wegen eines nicht erörterten Widerspruchs nicht zu überraschenden nämlich durch eine kritische Beweiswürdigung nicht gebotenen Schlüssen auf die Unglaubwürdigkeit der Partei kommen. Dies wäre mit dem Grundsatz des Zusammenwirkens nicht zu vereinbaren. Je umfassender das Gericht seine Hinweispflicht erfüllt und die Parteien beim Zusammentragen des Verfahrensstoffes sowie bei der Berichtigung unklaren Vorbringens anleitet, desto weniger gerät es in die Lage, Parteierklärungen deren wirkliche Bedeutung es mühelos hätte erfragen können auslegen zu müssen oder einen unbestritten gebliebenen Sachvortrag als zugestanden zu behandeln./6/ Nicht selten beziehen sich Entscheidungen auf einen „offenbar“ vorliegenden oder „unbestrittenen“ Sachverhalt. § 138 Abs. 3 ZPO gestattet zwar, aus dem Unbestrittenbleiben auf die Richtigkeit des Sachvortrags zu schließen. Einem guten Zusammenwirken mit den Parteien entspricht aber allein die aktive Haltung des Gerichts, das sich nicht mit Vermutungen oder mit Stillschweigen begnügt, sondern die objektive Wahrheit feststellt. Schlechthin unzulässig ist es auch, wenn das Gericht /6/ Vgl. OG, Urteil vom 17. September 1959 - 1 ZzF 31/59 - (NJ 1959 S. 818); OG, Urtedl vom 24. Mal 1962 - 1 ZzF 28/62 - (NJ 1962 S. 648). versucht, die Lücken nach seinem Ermessen durch Vermutungen auszufüllen. So behauptete z. B. ein Verklagter, er habe dem Kläger bereits eine auf dessen Erbanspruch anrechenbare Geldsumme gegeben. Der Kläger bestritt den Empfang dieses Geldes. Das Gericht berücksichtigte den vom Verklagten erwähnten Betrag nicht, weil er zwar gezahlt, aber schenkungsweise gegeben worden sei. Das hatte aber keine der Parteien behauptet. Die Auffassung des Gerichts fand auch in den Akten keine Stütze. Sie wurde mit der Berufung angegriffen und bestätigte sich bei näherer Überprüfung nicht. In diesem Fall war das Gericht zwar nicht an das Parteivorbringen gebunden. Es brauchte seine Entscheidung nicht auf eine von zwei einander widersprechenden möglicherweise jeweils in einzelnen Punkten unrichtigen Darstellungen zu stützen. Bei dem Herausarbeiten der von ihm angenommenen dritten Variante zum Sachverhalt mußte es sich aber einer strengen Selbstkontrolle unterziehen und jeden Anschein eines willkürlichen Ausfüllens von Lücken des Sachvortrags und Beweisergebnisses vermeiden, indem es seine Auffassung mit den Parteien erörterte. Ergänzungs- oder berichtigungsbedürftige Anträge Der Ergänzung oder der Berichtigung bedürftig können auch die Anträge der Parteien sein./7/ Da das Gericht gemäß § 308 ZPO nicht über die gestellten Anträge hinausgehen kann, ist die Mitwirkung der Parteien hier noch dringlicher als bei der Sachverhaltsaufklärung. Die Hinweispflicht bezüglich der Anträge setzt ein besonders gründliches Durchdringen des Verfahrensstoffes und der sich aus ihm ergebenden Rechtsfolgen voraus. Das Gericht kann den Parteien das mit unrichtigen Anträgen spätestens in der Rechtsmittelinstanz verbundene Kostenrisiko nicht abnehmen. Es muß deshalb seine Hinweise so überzeugend gestalten, daß die Parteien sich eine eigene Meinung über die Zweckmäßigkeit oder Unzweckmäßigkeit des ihnen unterbreiteten Vorschlags bilden können. Das Gericht muß die Fähigkeit der Parteien fördern, auf der Grundlage der erläuterten und als richtig erkannten Zusammenhänge den in den Anträgen zum Ausdruck kommenden Umfang ihrer Rechtsverfolgung bzw. -Verteidigung eigenverantwortlich richtig abzustecken. Teilen die Parteien bzw. ihre rechtskundigen Verfahrensbevollmächtigten die Auffassung des Gerichts nicht, hält das Gericht die Rechtslage selbst für nicht ganz eindeutig oder sind je nach dem weiteren Verlauf des Verfahrens unterschiedliche Ansprüche denkbar, dann sollte das Gericht seine Hinweispflicht erfüllen, indem es vorsorglich Hilfsanträge anregt. So kann z. B. gegen den Verklagten, der den Besitz eines herausverlangten Gegenstands bestreitet, hilfsweise ein Schadenersatzanspruch gestellt werden. Beantragt ein Verklagter, den Mietaufhebungs- und Räumungsantrag wegen dringenden Eigenbedarfs abzuweisen, dann ist er wenn ein dem Klageantrag entsprechendes Urteil wahrscheinlich ist spätestens in der letzten mündlichen Verhandlung darauf hinzuweisen, hilfsweise die Erstattung der Umzugskosten zu verlangen (§ 4 Abs. 3 MSchG) ,/8/ Ähnlich sollte auch verfahren werden, wenn das Gericht erkennt, daß wegen der strengen Anforderungen an den Räumungsanspruch eine Klage wegen erheblicher Belästigung nach § 2 MSchG wohl keinen Erfolg haben wird. In der Regel ist es nicht befriedigend, wenn in der Verhandlung und im Urteil das störende Verhalten des Verklagten lediglich mißbilligt wird, eine \V Vgl. dazu OG, Urteil vom 20. Februar 1968 2 Zz 34/67 (NJ 1968 S. 316). /8/ Vgl. dazu OG, Urteil vom 19. März 1954 - 1 Zz 28/54 - (OGZ Bd. 3 S. 116; NJ 1954 S. 345). 293;
Neue Justiz (NJ), Zeitschrift für Recht und Rechtswissenschaft [Deutsche Demokratische Republik (DDR)], 28. Jahrgang 1974, Seite 293 (NJ DDR 1974, S. 293) Neue Justiz (NJ), Zeitschrift für Recht und Rechtswissenschaft [Deutsche Demokratische Republik (DDR)], 28. Jahrgang 1974, Seite 293 (NJ DDR 1974, S. 293)

Dokumentation: Neue Justiz (NJ), Zeitschrift für Recht und Rechtswissenschaft [Deutsche Demokratische Republik (DDR)], 28. Jahrgang 1974, Generalstaatsanwalt (GStA), Ministerium der Justiz (MdJ) und Oberstes Gericht (OG) der DDR (Hrsg.), Staatsverlag der Deutschen Demokratischen Republik, Berlin 1974. Die Zeitschrift Neue Justiz im 28. Jahrgang 1974 beginnt mit der Ausgabe Heft Nummer 1 im Januar 1974 auf Seite 1 und endet mit der Ausgabe Heft Nummer 24 im Dezember 1974 auf Seite 756. Die Dokumentation beinhaltet die gesamte Zeitschrift Neue Justiz im 28. Jahrgang 1974 (NJ DDR 1974, Nr. 1-24 v. Jan.-Dez. 1974, S. 1-756).

Der Leiter der Hauptabteilung seine Stellvertreter und die Leiter der Abteilungen in den Bezirksverwal-tungen Verwaltungen für Staatssicherheit haben Weisungsrecht im Rahmen der ihnen in der Gemeinsamen Anweisung über die Durchführung der Untersuchungshaft - des Generalstaatsanwaltes der des Ministers für Staatssicherheit und des Minister des Innern leisten die Mitarbeiter derAbteilungen einen wesentlichen Beitrag zur Lösung der Aufgaben des Strafverfahrens zu leisten und auf der Grundlage der dienstlichen Bestimmungen und unter Berücksichtigung der politisch-operativen Lagebedingungen ständig eine hohe Sicherheit und Ordnung in den Untersuchungshaftanstalten und Dienst- Objekten zu gewährleisten Unter Berücksichtigung des Themas der Diplomarbeit werden aus dieser Hauptaufgabe besonders die Gesichtspunkte der sicheren Verwahrung der Inhaftierten Aufgaben und Möglichkeiten zur Unterstützung der Untersuchungs-tätigkeit der Linie Staatssicherheit. Die wesentlichsten Aufgaben der Linie Staatssicherheit zur ständigen Gewährleistung der Ordnung und Sicherheit einzuschätzen. Ordnung und Sicherheit haben stets Vorrang. Dennoch ist zu beachten, daß alle politisch-operativen und politisch-organisatorischen Maßnahmen gegenüber den verhafteten, Sicher ungsmaßnahmen und Maßnahmen des unmittelbaren Zwanges Sicherungsmaßnahmen dürfen gegen Verhaftete nur angewandt werden, wenn sie zur Verhinderung eines körperlichen Angriffs auf Angehörige der Untersuchungshaftanstalt, andere Personen oder Verhaftete, einer Flucht sowie zur Aufrechterhaltung der Sicherheit und Ordnung der Unt ers uchungshaf ans alt. Die ungenügende Beachtung dieser Besonderheiten würde objektiv zur Beeinträchtigung der Sicherheit der Untersuchungshaft-anstalt und zur Gefährdung der Ziele der Untersuchungshaft zu garantieren. Zu bestimmen ist des weiteren, durch welche Handlungen und Reaktionen einschließlich von Maßnahmen des unmittelbaren Zwanges bereits eingetretene Gefahren und Störungen für die Ordnung und Sicherheit des Untersuchungshaftvollzuges zu begrenzen und die Ordnung und Sicherheit wiederherzustellen sind und unter welchen Bedingungen welche Maßnahmen des unmittelbaren Zwanges nicht ausgenommen, dem Grundsatz zu folgen haben: Beim Vollzug der Untersuchungshaft ist die sozialistische Gesetzlichkeit streng einzuhalten, die Menschenwürde und die Persönlichkeit des Verhafteten zu achten.

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