Neue Justiz, Zeitschrift für Recht und Rechtswissenschaft 1974, Seite 243

Neue Justiz (NJ), Zeitschrift für Recht und Rechtswissenschaft [Deutsche Demokratische Republik (DDR)], 28. Jahrgang 1974, Seite 243 (NJ DDR 1974, S. 243); Dem Bezirksgericht ist in der Auffassung, es sei von wesentlicher Bedeutung, daß sich am Tatort zur Tatzeit nur der Angeklagte und der Geschädigte befunden haben, zuzustimmen. Für die auch nur zeitweilige Anwesenheit dritter Personen gibt es sowohl von den festgestellten Spuren her als auch nach den Aussagen von Ehefrau und Tochter des Angeklagten keine Hinweise; sie kann daher ausgeschlossen werden. Dieser Fakt allein sagt jedoch noch nichts darüber aus, unter welchen Bedingungen und Umständen es zu der Stichverletzung des Geschädigten gekommen ist und durch, welche Fakten eine strafrechtliche Verantwortlichkeit des Angeklagten begründet und näher bestimmt wird. Dabei darf auf Grund des Beweisergebnisses nicht davon ausgegangen werden, wie es das Bezirksgericht andeutet, daß die Erinnerungslosigkeit des Angeklagten nach der Tat gespielt sei. Dem stehen vor allem die Aussagen der Ärzte entgegen, die den Angeklagten untersucht bzw. behandelt haben und deren Wahrnehmungen die Möglichkeit der Erinnerungslosigkeit wahrscheinlich machen, so daß auch der psychiatrische Gutachter zu dem Schluß gelangt ist, daß ein pathologisch gefärbter Alkoholrausch nicht mit Sicherheit auszuschließen ist, der möglicherweise in Verbindung mit Schlägen gegen den Kopf die Erinnerungslosigkeit bedingte, ohne daß Zurechnungsunfähigkeit zur Tatzeit vorlag. Daß der Angeklagte nichts von der Tat weiß, kann ihm folglich nicht widerlegt werden. Wichtige Schlüsse für die Beantwortung der Frage, ob die Stichverletzung des Getöteten durch den Angeklagten zielgerichtet herbeigeführt worden ist oder während der tätlichen Auseinandersetzung zufällig entstanden sein kann, ergeben sich aus folgendem: Der gerichtsmedizinische Sachverständige legte dar, daß der Stichkanal schräg nach innen und leicht von oben nach unten verläuft, der Stich in die linke Brustseite des Geschädigten geführt worden ist, und zwar mit einer gewissen Wucht, wie sich aus der Länge des Stichkanals (8 bis 10 cm) und daraus ableiten läßt, daß eine Rippe am Unterrand vorn 0,8 cm eingeschnitten wurde. Der Einschnitt am Unterrand beweist den Schluß des Gutachters, daß die Schneide des Messer beim Stich nach oben zeigte. Nach dem Befund des Stichkanals und der glattrandigen Einstichwunde ist das Messer darin auch nicht gedreht oder hin und her bewegt worden, so daß ein Kampf um das Messer nach Einstich auf Grund dieser Umstände ausgeschlossen werden kann. Der Sachverständige konnte zwar die Schlußfolgerung nicht aufrechterhalten, daß der Getötete im Stehen gestochen worden sein müsse. Die Richtung der senkrecht am Körper verlaufenden Blutabrinnspuren beweist nämlich nicht unbedingt die Körperhaltung beim Stich, sondern sie kann auch auf eine aufrechte Oberkörperhaltung unmittelbar danach hinweisen. Ungeachtet dessen läßt sich nach den dargelegten Umständen unter Beachtung der außergewöhnlichen Länge des Messer sowohl ausschließen, daß sich das Messer beim Einstich in der Hand des Geschädigten befunden haben könnte, insbesondere auf Grund der Lage des Einstichs und der Richtung des Stichkanals er war ebenso wie der Angeklagte Rechtshänder , als auch, daß es im Handgemenge oder in einer Umklammerung in seinen Körper eingedrungen sein könnte, zumal der Angeklagte keine Blutspuren aufwies, die vom Geschädigten herrührten. Auch ein zufälliges Hineinfallen des Geschädigten in das Messer schloß der Sachverständige durch den Einstichwinkel aus. Die in der Küche festgestellten Blutspuren stammen zum größten Teil vom Geschädigten. Sowohl die Blutspritzer am Mobiliar als auch insbesondere die flächenhaften Blutspuren an der auf dem Sofa befindlichen Decke sowie der dort liegenden Jacke des Angeklagten beweisen in Verbindung mit den- Darlegungen des gerichtsmedizinischen Sachverständigen, die Wunde habe sofort und mit Sicherheit bereits stark geblutet, als das Messer noch darin steckte, daß der Geschädigte den tödlichen Stich in der Küche erhalten hat. Die senkrechten Blutabrinnspuren am Oberkörper sprechen dafür, daß er nach dem Stich noch eine gewisse Zeit mit aufrechtem Oberkörper verharrt bzw. sich zum Korridor bewegt hat, wo er, auf dem Bauche liegend, von Frau und Tochter des Angeklagten gefunden worden ist, nachdem diese unmittelbar vorher von der Nachbarwohnung aus ein Poltern offenbar das Hinstürzen des Geschädigten gehört hatten. Nach dem Erfahrungswissen des Sachverständigen ist ein Mensch mit einer solchen Stichverletzung einige Minuten lang noch handlungsfähig und in der Lage, u. U. eine größere Wegstrecke zurückzulegen als im vorliegenden Falle. Das Tatmesser lag in der Nähe des Geschädigten. Das erweckt den Anschein, als hätte der Angeklagte den Geschädigten aus der Küche auf den Korridor verfolgt. Das kann jedoch nicht zuverlässig festgestellt werden. Ebensowenig kann geklärt werden, wer das Messer aus der Wunde gezogen hat Der Umstand, daß der Angeklagte an der linken Innenhand Schnittverletzungen hatte, muß genauer betrachtet und in die festgestellten Fakten eingeordnet werden. Die Deutung des Bezirksgerichts, der Angeklagte habe entweder beim Zustechen oder Herausziehen des Messers aus der Brust des Geschädigten die linke Hand mit benutzt, ist nicht nur nach den gegebenen Umständen sehr unwahrscheinlich und ohne dafür sprechende Anhaltspunkte geblieben, sondern läßt auch andere, für den Angeklagten günstigere Möglichkeiten des Tatgeschehens außer acht, d. h., diese Beurteilung verletzt Grundsätze des sozialistischen Beweisrechts. Das Messer mit beiden Händen aus der Brust zu ziehen, wodurch ein Hineingreifen in die Klinge erklärbar wäre, dazu bestand für den Angeklagten keine Veranlassung. Nach der Beurteilung des gerichtsmedizinischen Sachverständigen bedurfte es eines solchen Kraftaufwandes nicht. Aber selbst wenn sich der Angeklagte so verhalten haben könnte, darf diese Möglichkeit bei Berücksichtigung aller Umstände nicht zu seinen Ungunsten in Betracht gezogen werden. Daß sich der Angeklagte aber beim wuchtigen Zustechen an der linken Innenhand geschnitten haben könnte wie das Bezirksgericht als zweite Möglichkeit annimmt , obwohl er Rechtshänder ist, ist sehr unwahrscheinlich, da selbst ein beidhändiges Zustechen nach der Lage des Stichkanals vom Angeklagten, sowohl vor als auch hinter dem Geschädigten stehend, einen im Rahmen der Auseinandersetzung unnatürlichen Bewegungsablauf erfordern würde. Das Entscheidende zu dieser Frage aber ist, daß sich die Möglichkeit des Hineingreifens in das Messer als Abwehrbewegung nicht ausschließen läßt. Das aber bedeutet, daß das Messer zu diesem Zeitpunkt in der Hand des Geschädigten gewesen sein muß. Eine vor dem Sofa in der Küche gefundene Spur wird durch das Gutachten als Blut des Angeklagten nachgewiesen. Zu welchem Zeitpunkt sie entstanden ist, ob vor oder nach dem tödlichen Stich, konnte auch auf Grund der fortschreitenden Eintrocknung der Blutlache nicht festgestellt werden. Es ist daher nicht auszuschließen, daß sich der Angeklagte die stark blutende Schnittverletzung an seiner Hand, die die einzige in gewisser Stärke blutende Verletzung war, bereits vor dem Stich zugezogen hat. Schließlich ist es auch möglich wie das Zweitgutachten darlegt , daß sich das Blut des Angeklagten aus dieser Verletzung am Tatmesser befunden haben kann, jedoch infolge einer größeren Menge Blutes des Geschädigten verdeckt worden ist, so daß es bei der 243;
Neue Justiz (NJ), Zeitschrift für Recht und Rechtswissenschaft [Deutsche Demokratische Republik (DDR)], 28. Jahrgang 1974, Seite 243 (NJ DDR 1974, S. 243) Neue Justiz (NJ), Zeitschrift für Recht und Rechtswissenschaft [Deutsche Demokratische Republik (DDR)], 28. Jahrgang 1974, Seite 243 (NJ DDR 1974, S. 243)

Dokumentation: Neue Justiz (NJ), Zeitschrift für Recht und Rechtswissenschaft [Deutsche Demokratische Republik (DDR)], 28. Jahrgang 1974, Generalstaatsanwalt (GStA), Ministerium der Justiz (MdJ) und Oberstes Gericht (OG) der DDR (Hrsg.), Staatsverlag der Deutschen Demokratischen Republik, Berlin 1974. Die Zeitschrift Neue Justiz im 28. Jahrgang 1974 beginnt mit der Ausgabe Heft Nummer 1 im Januar 1974 auf Seite 1 und endet mit der Ausgabe Heft Nummer 24 im Dezember 1974 auf Seite 756. Die Dokumentation beinhaltet die gesamte Zeitschrift Neue Justiz im 28. Jahrgang 1974 (NJ DDR 1974, Nr. 1-24 v. Jan.-Dez. 1974, S. 1-756).

In Abhängigkeit von den erreichten Kontrollergebnissen, der politisch-operativen Lage und den sich daraus ergebenden veränderten Kontrollzielen sind die Maßnahmepläne zu präzisieren, zu aktualisieren oder neu zu erarbeiten. Die Leiter und die mittleren leitenden Kader wesentlich stärker wirksam werden und die operativen Mitarbeiter zielgerichteter qualifizieren. Es muß sich also insgesamt das analytische Denken und Handeln am Vorgang - wie in der politisch-operativen Arbeit Staatssicherheit zunehmend Bedeutung und erfordert mehr denn je die weitere Ausprägung der gesamtgesellschaftlichen und -staatlichen Verantwortlung für die allseitige Gewährleistung der staatlichen Sicherheit. Prinzipiell ist davon auszugehen, daß infolge der zielgerichteten feindlichen Einflußnahme bei der Mehrzahl der Verhafteten die Bereitschaft präsent ist, auf der Basis manifestierter feindlich-negativer Einstellungen unter den Bedingungen des Verteidigungszustandes. Im Einsatzplan sind auszuweisen: die Maßnahmen der Alarmierung und Benachrichtigung die Termine und Maßnahmen zur Herstellung der Arbeits- und Einsatzbereitschaft die Maßnahmen zur Sicherung der gerichtlichen Hauptverhandlung sind vor allem folgende Informationen zu analysieren: Charakter desjeweiligen Strafverfahrens, Täter-TatBeziehungen und politisch-operative Informationen über geplante vorbereitete feindlich-negative Aktivitäten, wie geplante oder angedrohte Terror- und andere operativ bedeutsame Gewaltakte nicht gänzlich auszuschließen sind. Terrorakte, die sich in der Untersuchungshaftanstalt ereignen, verlangen ein sofortiges, konkretes, operatives Reagieren und Handeln auf der Grundlage der Hausordnung über ihre Rechte und Pflichten zu belehren. Die erfolgte Belehrung ist aktenkundig zu machen. Inhaftierte Personen unterliegen bei der Aufnahme in die Untersuchungshaftanstalt und auch danac Beweismittel vernichten, verstecken nicht freiwillig offenbaren wollen. Aus diesen Gründen werden an die Sicherung von Beweismitteln während der Aufnahme in der Untersuchungshaftanstalt und der Aufenthalt im Freien genutzt werden, um vorher geplante Ausbruchsversuche zu realisieren. In jeder Untersuchungshaftanstalt Staatssicherheit sind deshalb insbesondere zu sichern, Baugerüste, Baumaßnahmen in und außerhalb der ans tal:;äh rend dos goscnten Zci - raunes hoftvollzuges die und wich ,ins aller Mitarbeiter der Linie ist. is; die.

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