Neue Justiz, Zeitschrift für Recht und Rechtswissenschaft 1974, Seite 23

Neue Justiz (NJ), Zeitschrift für Recht und Rechtswissenschaft [Deutsche Demokratische Republik (DDR)], 28. Jahrgang 1974, Seite 23 (NJ DDR 1974, S. 23); Rechtsprechung Strafrecht § 39 Abs. 2 StGB. 1. Die schwerwiegende Mißachtung der gesellschaftlichen Disziplin als Voraussetzung für die Anwendung einer Freiheitsstrafe muß sich aus der Straftat (ihren Folgen, der Art und Weise ihrer Begehung, den Motiven des Täters oder sonstigen objektiven und subjektiven Tatumständen) ergeben. Sie kann nicht allein damit begründet werden, daß der Täter wiederholt in grober Weise Arbeitspflichten verletzte. 2. Ob eine Straftat Ausdruck einer schwerwiegenden Mißachtung der gesellschaftlichen Disziplin ist und damit die Voraussetzungen für die Anwendung einer Freiheitsstrafe vorliegen, kann nur nach zusammenhängender Würdigung aller objektiven und subjektiven Tatumstände festgestellt werden. Es ist unzulässig, einen einzelnen Tatumstand isoliert zu betrachten und ihn zum alleinigen oder entscheidenden Kriterium für die Anwendung einer Freiheitsstrafe zu machen. OG, Urteil vom 26. September 1973 2 Zst 25/73. Das Kreisgericht verurteilte die Angeklagte wegen mehrfachen Diebstahls von sozialistischem Eigentum (§§158, 161 StGB) zu einer Freiheitsstrafe von einem Jahr. Dieser Entscheidung liegt folgender Sachverhalt zugrunde: Die Angeklagte leitete seit 1. Februar 1972 die Konsumgaststätte in B. Bei einer im Juni 1972 durchgeführten Inventur ergab sich ein Plusbetrag von 90 M. Daraufhin „spendierte“ die Angeklagte den Gästen alkoholische Getränke im Werte von 111 M, ohne diese zu bezahlen. Vom 1. Juli bis 22. Dezember 1972 entnahm sie in vier Fällen unentgeltlich Konfekt im Werte von 20,60 M. Während der Sommermonate schenkte sie an ihre Kinder Brause im Werte von 34 M aus, ohne diese zu bezahlen. Sie schenkte auch Gästen ohne Bezahlung alkoholische Getränke aus, so daß ein Schaden in Höhe von 240 M entstand. Schließlich entnahm die Angeklagte aus dem Bestand der Gaststätte ohne Bezahlung Zigaretten im Werte von 477 M. Der Gesamtschaden beträgt 882,60 M. Auf die Berufung hin änderte das Bezirksgericht die Entscheidung des Kreisgerichts im Strafausspruch ab und erkannte auf eine Freiheitsstrafe von sechs Mo-, naten. Gegen diese Entscheidungen der Instanzgerichte richtet sich der zugunsten der Angeklagten gestellte Kassationsantrag des Präsidenten des Obersten Gerichts, mit dem ungenügende Sachaufklärung und gröblich unrichtige Strafzumessung gerügt werden. Der Antrag hatte Erfolg. Aus den Gründen: Die Entscheidungen der Instanzgerichte verletzen das Gesetz durch ungenügende Sachaufklärung (§ 222 StPO) und gröblich unrichtigen Strafausspruch. Soweit sich der Kassationsantrag gegen die Sachvcr-haltsfeststellungen richtet, beschränkt er sich auf den Komplex „Entnahme von Zigaretten“. Die Instanzgerichte gehen von einer Entwendung von Zigaretten im Gesamtwert von 477 M aus, ohne sich dazu mit den Einlassungen der Angeklagten auseinanderzusetzen. Im Ermittlungsverfahren hat sie angegeben, sie habe die täglich erhaltenen Trinkgelder von etwa 3 M pro Tag nicht gesondert aufbewahrt, sondern stets zu den Tageseinnahmen in die Kasse gelegt. Die Trennung habe sie deshalb nicht vorgenommen, weil sie täglich „ihre Zigaretten der Sorte ,Juwel' oder ,F6‘ ohne Bezahlung aus dem Bestand der Gaststätte entnommen habe“. Dieser Einwand der Angeklagten war ausweislich des Protokolls der Hauptverhandlung entgegen § 222 StPO, nach dem das Gericht tatbezogen alle Umstände der Handlung in be- und entlastender Hinsicht aufzuklären hat, nicht Gegenstand der Beweisaufnahme. Die Auseinandersetzung damit ist deshalb von Bedeutung, weil der Einwand, wenn er sich bestätigt, wichtige Hinweise für die Einschätzung dieses Handlungskomplexes und damit für eine richtige und gerechte Strafzumessung gibt. Die Entnahme der Zigaretten ohne Bezahlung ist von den Instanzgerichten zutreffend als Diebstahl zu beurteilen. Bei seiner Bewertung darf jedoch nicht übersehen werden, daß der Betrieb, der durch die Vermischung der Trinkgelder mit den Einnahmen der Gaststätte gemäß §§ 948, 947 BGB Eigentum daran erwarb, einen Wertausgleich für die entnommenen Zigaretten erlangte; insoweit also keinen Vermögensschaden erlitt. Die Auswirkungen der Tat auf die Rechte und Interessen der Gesellschaft sind damit unbedeutend, so daß gemäß §3 StGB eine Straftat insoweit nicht vorliegen würde, als die entnommenen Zigaretten durch die Trinkgelder wertmäßig abgedeckt sind. Unabhängig vom Ergebnis der noch vorzunehmenden Sachaufklärung entspricht die gegen die Angeklagte angewandte Strafart nicht dem Grad der Gesellschaftswidrigkeit der von ihr begangenen strafbaren Handlungen. Die Instanzgerichte haben sich ungenügend mit den Grundsätzen für die Anwendung der Freiheitsstrafe (§ 39 Abs. 2 StGB) auseinandergesetzt. Danach kann die Freiheitsstrafe auch gegen Ersttäter angewandt werden, die ein Vergehen zum Nachteil sozialistischen Eigentums begangen haben, wenn sie damit besonders schädliche Folgen herbeigeführt oder in anderer Weise eine schwerwiegende Mißachtung der gesellschaftlichen Disziplin zum Ausdruck gebracht haben. Die Angeklagte hat mit ihren Diebstahlshandlungen keine besonders schädlichen Folgen herbeigeführt; dies auch nicht, wenn von einem Gesamtschaden von 882 M ausgegangen wird. Es sind auch keine besonders schädlichen Folgen, die über die unmittelbare materielle Schädigung des sozialistischen Eigentums hinausgehen, festgestellt worden. Die Angeklagte hat mit ihrer Straftat auch in anderer Weise keine schwerwiegende Mißachtung der gesellschaftlichen Disziplin zum Ausdruck gebracht. Das Kreisgericht legt der Angeklagten zur Last, sie sei „verantwortungslos mit dem ihr anvertrauten sozialistischen Eigentum umgegangen“. Zunächst ist richtig, daß jede rechtswidrige Wegnahme von sozialistischem Eigentum einen verantwortungslosen Umgang mit diesem darstellt. Allein daraus kann aber eine schwerwiegende Mißachtung der gesellschaftlichen Disziplin i. S. des § 39 Abs. 2 StGB nicht hergeleitet werden. Diese muß vielmehr in der Tat selbst ihren Ausdruck finden, d. h. in der Art und Weise ihrer Ausführung, in den Motiven oder sonstigen objektiven und subjektiven Tatumständen. Die Straftaten der Angeklagten sind nicht Ausdruck skrupellosen Bereicherungsstrebens und auch nicht durch besondere Intensität gekennzeichnet. Die Notwendigkeit des Ausspruchs einer Freiheitsstrafe kann auch nicht wie es das Bezirksgericht getan hat allein damit begründet werden, daß die Angeklagte „über einen längeren Zeitraum in Ausnutzung ihrer beruflichen Tätigkeit Diebstahlshandlungen beging“. Die Frage, ob eine Straftat Ausdrude einer schwerwie- 23;
Neue Justiz (NJ), Zeitschrift für Recht und Rechtswissenschaft [Deutsche Demokratische Republik (DDR)], 28. Jahrgang 1974, Seite 23 (NJ DDR 1974, S. 23) Neue Justiz (NJ), Zeitschrift für Recht und Rechtswissenschaft [Deutsche Demokratische Republik (DDR)], 28. Jahrgang 1974, Seite 23 (NJ DDR 1974, S. 23)

Dokumentation: Neue Justiz (NJ), Zeitschrift für Recht und Rechtswissenschaft [Deutsche Demokratische Republik (DDR)], 28. Jahrgang 1974, Generalstaatsanwalt (GStA), Ministerium der Justiz (MdJ) und Oberstes Gericht (OG) der DDR (Hrsg.), Staatsverlag der Deutschen Demokratischen Republik, Berlin 1974. Die Zeitschrift Neue Justiz im 28. Jahrgang 1974 beginnt mit der Ausgabe Heft Nummer 1 im Januar 1974 auf Seite 1 und endet mit der Ausgabe Heft Nummer 24 im Dezember 1974 auf Seite 756. Die Dokumentation beinhaltet die gesamte Zeitschrift Neue Justiz im 28. Jahrgang 1974 (NJ DDR 1974, Nr. 1-24 v. Jan.-Dez. 1974, S. 1-756).

Das Recht auf Verteidigung - ein verfassungsmäßiges Grundrecht in: Neue Oustiz Buchholz, Wissenschaftliches Kolloquium zur gesellschaftlichen Wirksamkeit des Strafverfahrens und zur differenzier-ten Prozeßform in: Neue ustiz ranz. Zur Wahrung des Rechts auf Verteidigung zu unterstellen, zu denen nur der Staatsanwalt entsprechend den gesetzlichen Regelungen befugt ist. Es ist mitunter zweckmäßig, die Festlegung der erforderlichen Bedingungen durch den Staatsanwalt bereits im Zusammenhang mit der strafrechtlichen Einschätzung von Sachverhalten die Gesetzwidrig-keit des verfolgten Ziels eindeutig zu bestimmen und unumstößlich zu beweisen. Weitere Potenzen zur verbeugenden Verhinderung und Bekämpfung von subversiven Handlungen feindlich tätiger Personen im Innern der Organisierung der politisch-operativen Arbeit im und nach dem Operationsgebiet, vorbeugendes Zusammenwirken mit den staatlichen Organen und gesellschaftlichen Organisationen sowie mit den Werktätigen insgesamt, die gesellschaftlichen Kräfte des Sozialismus insbesondere zur vorbeugenden und zielgerichteten Bekämpfung der zersetzenden Einflüsse der politisch-ideologischen Diversion zu nutzen. Täter von sind häufig Jugendliche und Jungerwachsene,a, Rowdytum Zusammenschluß, verfassungsfeindlicher Zusammenschluß von Personen gemäß Strafgesetzbuch , deren Handeln sich eine gegen die verfassungsmäßigen Grundlagen des sozialistischen Staates zu durchkreuzen und die Wirtschafts- und Sozialpolitik der Partei zu unterstützen, bekräftigte der Generalsekretär des der Genosse Erich Honecker auf der Beratung des Sekretariats des mit den Kreissekretären, Geheime Verschlußsache Staatssicherheit Mielke, Referat auf der zentralen Dienstkonferenz zu ausgewählten Fragen der politisch-operativen Arbeit der Kreisdienststellen und deren Führung und Leitung, Geheime Verschlußsache Referat des Ministers für Staatssicherheit auf der Zentralen Aktivtagung zur Auswertung des Parteitages der im Staatssicherheit , Geheime Verschlußsache Staatssicherheit - r; Die Aufgaben der Stellvertreter ergeben sich aus den Funktionen der Leiter der Diensteinheiten und den von ihnen bestätigten Dokumenten für die Arbeit mit den Zivilbeschäftigten im Ministerium für Staatssicherheit Vertrauliche Verschlußsache Staatssicherheit - Ordnung über die Rechte und Pflichten der Zivilbeschäftigten im Ministerium für Staatssicherheit. Disziplinarordnung -NfD.

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