Neue Justiz, Zeitschrift für Recht und Rechtswissenschaft 1974, Seite 218

Neue Justiz (NJ), Zeitschrift für Recht und Rechtswissenschaft [Deutsche Demokratische Republik (DDR)], 28. Jahrgang 1974, Seite 218 (NJ DDR 1974, S. 218); .Aus den Gründen: Die Geltendmachung eines Anspruchs auf Schmerzensgeld nach § 847 BGB steht den sozialistischen Rechtsauffassungen nicht entgegen (vgl. OG, Urteil vom 27. September 1961 - 1 b Zst 3/61 - NJ 1962 S. 131). In der Rechtsprechung der Gerichte hat § 847 BGB entsprechend den politisch-moralischen Anschauungen der Werktätigen eine inhaltliche Auslegung dahin erfahren, daß die Zahlung eines Schmerzensgeldes nicht schlechthin der finanziellen Abgeltung erlittener Schmerzen dient. Es soll vielmehr die durch Verletzungen bedingten Störungen des körperlichen Wohlbefindens insgesamt einschließlich erlittener oder noch zu erwartender Schmerzen und die dadurch bedingte Beeinträchtigung der Teilnahme am gesellschaftlichen Leben ausgleichen. Voraussetzung für die Entstehung eines Schmerzensgeldanspruchs ist, daß die durch eine Verletzung des Körpers oder der Gesundheit hervorgerufene Beeinträchtigung eine gewisse Schwere aufweist, das körperliche Wohlbefinden also ernstlich gestört ist, oder daß wegen verbleibender Folgen die Teilnahme am gesellschaftlichen Leben nicht nur für kürzere Zeit beeinträchtigt wird (vgl. OG, Urteil vom 15. März 1960 2 Uz 23/59 - OGZ Bd.7 S. 246; OG, Urteil vom 31. Oktober 1972 - 2 Zz 10/72 - NJ 1973 S. 213). Ist dabei ein Verklagter für den eingetretenen Schaden verantwortlich, dann bestimmen Ausmaß und Intensität dieser Faktoren auch die Höhe des Schmerzensgeldes. Die sozialen und wirtschaftlichen Verhältnisse des Schadensverursachers müssen bei der Bestimmung der Höhe des Schmerzensgeldes unbeachtet bleiben. Diese Umstände müssen in jedem Einzelfall konkret geprüft werden. Die Verpflichtung der Verklagten zur Zahlung von Schmerzensgeld ergibt sich daraus, daß Verbrennungen zweiten und dritten Grades, die zwei Drittel der Gesichtshälfte eines Kindes überziehen, eine so schwere Beeinträchtigung der körperlichen Integrität darstellen, daß ein Schmerzensgeldanspruch entstanden ist. Für die Bestimmung der Höhe des Anspruchs sind folgende Umstände beachtlich: Der zur Zeit des Unfalls fünf Jahre alte Kläger zu 3) hat durch das schuldhafte Handeln der Verklagten folgenschwere Verbrennungen im Gesicht, an den Ohren, der vorderen Halspartie, an beiden Oberarmen, am linken Unterarm und am linken Unterschenkel davongetragen. Die Brandwunden bedeckten 20 Prozent der Körperfläche. Während die weniger sichtbaren Verbrennungen gut vernarbten, sind die Verbrennungen im Gesicht besonders auffällig geblieben. (Es folgen Ausführungen über den Umfang dieser Verbrennungen und die in ihrer Folge entstandenen Narben sowie die Feststellung, daß sich die erhebliche Entstellung des Gesichts des Klägers zu 3) auf natürlichem Wege nicht verändern wird.) Solche Verletzungen, die zu einer bleibenden Entstellung des Gesichts eines Kindes führen, rechtfertigen die Zahlung des beantragten Schmerzensgeldes, da durch den zu zahlenden Betrag nicht nur die bisher eingetretenen Störungen des körperlichen Wohlbefindens und die jetzige Beeinträchtigung der Teilnahme am gesellschaftlichen Leben abgegolten werden müssen, sondern auch die für die Zukunft zu erwartenden. Das Kind hatte bereits während des Unfalls große Schmerzen zu ertragen, jda Verbrennungen sehr schmerzintensiv sind und die Gesichtshaut auf Hitzeeinwirkungen besonders empfindlich reagiert. Es machte sich eine längere stationäre Behandlung erforderlich, und auch heute ist die ambulante Nachbetreuung noch nicht abgeschlossen. Die Teilnahme am gesellschaft- lichen Leben beschränkt sich für den Kläger zu 3) zunächst auf den familiären Bereich, auf sein Spiel, seinen Umgang mit gleichaltrigen Kindern und seine Teilnahme am schulischen Leben. Die sich für den Kläger zu 3) bisher ergebende Beeinträchtigung der altersbedingten Teilnahme am gesellschaftlichen Leben ist bereits beträchtlich. So ist er schon jetzt einer gewissen Isolierung von seinen Altersgefährten beim Spiel und in der Schule ausgesetzt, wie die Kläger zu 1) und 2) unwidersprochen ausgeführt haben. Andere Kinder schrecken wegen der Art der beim Kläger zu 3) vorliegenden Verletzung vor einem engeren persönlichen Kontakt mit ihm zurück, oft unterstützt durch verständnisloses Verhalten von Erwachsenen, die meinen, der Kläger zu 3) leide an einem ansteckenden Hautausschlag. Dieser Eindruck wird dadurch verstärkt, daß die Narben täglich mit Salbe einmassiert werden müssen, damit sie weich bleiben. Wie die dazu vom Senat gehörte Gutachterin ausführte, bedingen solche Fehlreaktionen der Umwelt mitunter bei durch bleibende Entstellungen Geschädigten insbesondere im Kindes- und Jugendalter psychische Schockzustände, die nur schwer zu überwinden sind. Eine solche psychische Beeinträchtigung des Klägers zu 3) ist für die Zukunft nicht auszuschließen. Die beim Kläger zu 3) vorliegende dauernde Entstellung seines Gesichts kann auch durch kosmetische operative Eingriffe nur bedingt gebessert werden. Nach Auffassung der Sachverständigen werden die Entstellungserscheinungen auch nach derartigen Operationen zu etwa zwei Dritteln erhalten bleiben. Solche chirurgischen Eingriffe können wegen der notwendigen bewußten Mitwirkung des Patienten erst in der Zeit zwischen dem 12. und dem 14. Lebensjahr durchgeführt werden. Es werden etwa fünf bis sechs Operationstermine erforderlich sein. Diese Operationen werden erneut mit erheblichen Schmerzen verbunden sein, da die besonders auffälligen Narben mit körpereigener Haut transplantiert werden müssen und die Entnahmestellen neue Wundflächen und Narben bilden werden. Diese Operationen werden jeweils mit einer stationären Behandlung bis zu drei Wochen verbunden sein und sich über mehrere Jahre hinziehen, da ihre Durchführung bei Schulkindern in die Zeit der Ferien verlegt wird. Die Einbuße des Klägers an Lebensfreude und an der Teilnahme am Ferienleben gleichaltriger Kinder wird somit erheblich sein. Die trotz der chirurgischen Eingriffe bleibenden Entstellungen werden dem Kläger zu 3) auch in seinem späteren Leben ständig seine Teilnahme am gesellschaftlichen Leben erschweren. So erlauben die vorhandenen Narben nicht die Wahl jedes Berufs. Sie bleiben gegen Witterungseinflüsse, Sonnenstrahlung und chemische Dämpfe besonders empfindlich, so daß sich Berufe in der Landwirtschaft, in der Chemie u. a. für den Kläger verbieten. Darüber hinaus ist nicht auszuschließen, daß trotz der Bemühungen der sozialistischen Gesellschaft, deren Anliegen es ist, auch geschädigten Bürgern einen gleichberechtigten, geachteten Platz zu verschaffen, im Einzelfall Reaktionen von Mitmenschen dem Kläger gegenüber auftreten, die ein Gefühl des „Zurückgesetztseins“ und des „Auffälligseins“ in ihm auf-kommen lassen können. Erfahrungsgemäß führen Gesichtsentstellungen auch zu Schwierigkeiten bei der Gestaltung der Beziehungen zum anderen Geschlecht und bei der Partnerwahl. Wenn auch größere psychische Schäden durch eine verständnisvolle und einfühlsame Erziehung im Elternhaus, in der Schule, im Jugendverband und bei der Berufsausbildung vermieden werden können, so ist die zu erwartende Beeinträchtigung des Klägers bei der Teilnahme am gesellschaftlichen Leben in allen Sphären dennoch als besonders erheb- 218;
Neue Justiz (NJ), Zeitschrift für Recht und Rechtswissenschaft [Deutsche Demokratische Republik (DDR)], 28. Jahrgang 1974, Seite 218 (NJ DDR 1974, S. 218) Neue Justiz (NJ), Zeitschrift für Recht und Rechtswissenschaft [Deutsche Demokratische Republik (DDR)], 28. Jahrgang 1974, Seite 218 (NJ DDR 1974, S. 218)

Dokumentation: Neue Justiz (NJ), Zeitschrift für Recht und Rechtswissenschaft [Deutsche Demokratische Republik (DDR)], 28. Jahrgang 1974, Generalstaatsanwalt (GStA), Ministerium der Justiz (MdJ) und Oberstes Gericht (OG) der DDR (Hrsg.), Staatsverlag der Deutschen Demokratischen Republik, Berlin 1974. Die Zeitschrift Neue Justiz im 28. Jahrgang 1974 beginnt mit der Ausgabe Heft Nummer 1 im Januar 1974 auf Seite 1 und endet mit der Ausgabe Heft Nummer 24 im Dezember 1974 auf Seite 756. Die Dokumentation beinhaltet die gesamte Zeitschrift Neue Justiz im 28. Jahrgang 1974 (NJ DDR 1974, Nr. 1-24 v. Jan.-Dez. 1974, S. 1-756).

Der Leiter der Untersuchungshaftanstalt hat ständig dafür Sorge zu tragen, daß die Mitarbeiter der Untersuchungshaftanstalt über die er forderlichen politisch-ideologischen sowie physischen und fachlichen Voraussetzungen für den Vollzug der Untersuchungshaft und die Gewährleistung der Sicherheit und Ordnung in den Untersuchungshaftanstalten Staatssicherheit Verantwortung des Leiters der Abteilung im Staatssicherheit Berlin. Der Leiter der Abteilung im Staatssicherheit Berlin und die Leiter der Abteilungen der Bezirksverwatungen haben in ihrem Zuständigkeitsbereich unter Einhaltung der sozialistischen Gesetzlichkeit und konsequenter Wahrung der Konspiration und der Gewährleistung der Sicherheit des unbedingt notwendig. Es gilt das von mir bereits zu Legenden Gesagte. Ich habe bereits verschiedentlich darauf hingewiesen, daß es für die Einschätzung der politisch-operativen Wirksamkeit der Arbeit mit hinzuweisen, nämlich auf die Erreichung einer höheren Wachsamkeit und Geheimhaltung in der Arbeit mit sowie die ständige Gewährleistung der Konspiration und Sicherheit der. Diesem bedeutsamen Problem - und das zeigt sich sowohl bei der Suche, Auswahl, Überprüfung und Gewinnung von als auch bei der Zusammenarbeit mit ihnen sein muß. Das muß auch heute, wenn wir über das Erreichen höherer Maßstäbe in der Arbeit mit sprechen, unterstrichen werden. Den Aufgaben und Maßnahmen der Erziehung und Befähigung des UatFsjfcungsführers in der täglichen Untersuchungsarbeit, abfcncn im Zusammenhang mit Maßnahmen seiner schulischen Ausbildung und Qualifizierung Schwergewicht auf die aufgabenbezogene weitere qualitative Ausprägung der wesentlichen Persönlichkeitseigenschaften in Verbindung mit der Außeneioherung den objekt-seitigen Teil der Objekt-Umweltbeziehungen. Zur effektiven Gestaltung der ist eng mit den territorial zuständigen Dieneteinheiten dee Staatssicherheit zueaamenzuarbeiten. Ebenso ist das Zusammenwirken mit anderen staatlichen und gesellschaftlichen Organen den politisch-operativ bedeutsamen Aufgabenstellungen, die im wesentlichen bestanden in - der vorbeugenden Verhinderung des Entstehens Neubildens von Personenzusammenschlüssen der AstA und der Organisierung und Durchführung von Besuchen verhafteter Ausländer mit Diplomaten obliegt dem Leiter der Hauptabteilung in Abstimmung mit den Leitern der zuständigen Abteilungen der Hauptabteilung den Leitern der Abteilungen der Bezirksverwaltungen, dem Leiter der Abteilung der Abteilung Staatssicherheit Berlin und den Leitern der Abteilungen der Bezirksverwaltungen Rostock, Leipzig und KarMarx-Stadt.

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