Neue Justiz, Zeitschrift für Recht und Rechtswissenschaft 1974, Seite 122

Neue Justiz (NJ), Zeitschrift für Recht und Rechtswissenschaft [Deutsche Demokratische Republik (DDR)], 28. Jahrgang 1974, Seite 122 (NJ DDR 1974, S. 122); oder aber der Angeklagte die Fähigkeit zur Ausführung solcher Arbeit nicht hatte. Solche oder ähnliche Feststellungen sind im vorliegenden Fall aber nicht getroffen worden und können auch nicht mehr getroffen werden. Der Angeklagte hat sowohl im Ermittlungsverfahren als auch in der Hauptverhandlung unwiderlegt ausgesagt, daß er Reparaturen am Gerät verrichtete und die anderen Arbeiten noch erledigen wollte. Mangels anderweiter Feststellungen scheidet damit in objektiver Hinsicht eine Vermögensschädigung und in subjektiver Hinsicht ein Betrugsvorsatz des Angeklagten aus, auch wenn er sich als Meister der PGH Elektro ausgegeben und einen Erledigungstermin vereinbart hatte. Der Angeklagte hätte deshalb freigesprochen werden müssen. Auf der Grundlage der unangefochtenen Sachveshalts-feststellungen war das Kassationsgericht gemäß § 322 Abs. 1 Ziff. 3 StPO in der Lage, die erforderliche Sachentscheidung selbst zu treffen und den Angeklagten gemäß § 244 Abs. 1 StPO freizusprechen. § 249 Abs. 1 StGB. Zur Abgrenzung zwischen strafrechtlich relevanter notorischer Arbeitsbummelei und Verstößen gegen die sozialistische Arbeitsdisziplin (hier: wiederholte Fehlschichten), die keine strafrechtliche Verantwortlichkeit begründen. OG, Urteil vom 18. Dezember 1973 3 Zst 33/73. Das Kreisgericht verurteilte den Angeklagten wegen Gefährdung der öffentlichen Ordnung durch asoziales Verhalten (Vergehen nach § 249 Abs. 1 StGB) zur Arbeitserziehung und erkannte zusätzlich auf staatliche Kon-troll- und Erziehungsaufsicht. Dem Urteil liegen folgende Feststellungen zugrunde: Der 19jährige Angeklagte neigt zu übermäßigem Alkoholgenuß. Erzieherische Aussprachen und Maßnahmen disziplinarischer Verantwortlichkeit hatten keinen wesentlichen Einfluß auf sein Verhalten. In der Zeit vom 14. Januar 1972 bis zum 11. Mai 1973 hatte er aus Unlust zur Arbeit insgesamt 13 Fehlschichten. Während dieser Zeit suchte er Anschluß an negative Gruppierungen Jugendlicher und lebte auf Kosten seiner Eltern. Der Präsident des Obersten Gerichts hat die Kassation des Urteils des Kreisgerichts zugunsten des Angeklagten beantragt. Es wird Freispruch erstrebt. Der Antrag hatte Erfolg. Aus den Gründen: Das Urteil des Kreisgerichts beruht auf einer fehlerhaften Anwendung des § 249 Abs. 1 StGB. Das rechtspolitische Anliegen dieses Tatbestands besteht in der Gewährleistung eines wirksamen Schutzes des gesellschaftlichen Zusammenlebens der Bürger und der öffentlichen Ordnung vor sie gefährdenden, destruktiven, insbesondere auf Arbeitsscheu beruhenden Verhaltensweisen. Dabei wird berücksichtigt, daß ein derartiges Verhalten oftmals Quelle weiterer Straftaten, vor allem der Jugend- und Rückfallkriminalität ist. Von wesentlicher Bedeutung für die wirksame Anwendung des gesetzlichen Tatbestands gegen notorische Arbeitsbummelanten ist die strikte Unterscheidung strafrechtlich relevanten Verhaltens von Verstößen gegen die sozialistische Arbeitsdisziplin, die weil sie nicht als notorische Arbeitsbummelei zu werten sind keine strafrechtliche Verantwortlichkeit begründen. Letzteres kann beispielsweise der Fall sein, wenn wiederholt schuldhaft Fehlschichten verursacht worden sind. . Im vorliegenden Fall hatte der Angeklagte über einen Zeitraum von nahezu anderthalb Jahren insgesamt 13 Fehlschichten. Werden sie zeitlich untergliedert, so ergibt sich, daß nur in einem Fall drei Fehlschichten zusammenhingen, und zwar an einem Wochenende vom 9. bis zum 11. Dezember 1972. Zwischen den übrigen Fehlschichten lagen in der Regel Abstände von einem Monat bzw. noch größere Zeiträume. So wurden im Jahre 1973 vom Angeklagten jeweils an einem Freitag (am 9. Februar, am 6. April und am 11. Mai) Fehlschichten verursacht. Eine derartige Verhaltensweise kann zwar eine schwerwiegende Verletzung der sozialistischen Arbeitsdisziplin darstellen, vor allem wenn der betreffende Bürger wiederholt auf die Disziplinwidrigkeit hingewiesen oder gar disziplinarisch zur Verantwortung gezogen wurde, erweist sich aber noch nicht als notorische Arbeitsbummelei, die strafrechtlichen Charakter trägt. Irri übrigen sah sich der Betrieb nicht veranlaßt, den Arbeitsvertrag wegen des Verhaltens des Angeklagten zu kündigen; er ist vielmehr bemüht, nach wie vor erzieherisch auf den Angeklagten eirizuwirken. Somit erfüllt das Verhalten des Angeklagten bereits in objektiver Hinsicht nicht den Tatbestand des § 249 Abs. 1 StGB, da er sich einer geregelten Arbeit nicht hartnäckig entzogen hat. Schon aus diesem Grund hätte er freigesprochen werden müssen. Der Entscheidung des Kreisgerichts liegen darüber hinaus weitere Mängel zugrunde. Unbegründet ist zunächst die Feststellung, daß’ der Angeklagte während seiner Fehlschichten auf Kosten seiner Eltern lebte. Weder aus dem Beweisergebnis noch aus dem sonstigen Akteninhalt ergibt sich dafür ein begründeter Anhalt. Die durch die Fehlschichten hervorgerufene Lohneinbuße konnte auf die Einkommensverhältnisse des Angeklagten keinen nennenswerten Einfluß genommen haben, zumal er auch Sonderschichten leistete. Ebenfalls wird die Schlußfolgerung des Kreisgerichts, der Angeklagte habe die Fehlschichten aus einer verfestigten negativen Einstellung zur Arbeit begangen, vom Ergebnis der Beweisaufnahme nicht getragen. Das Kreisgericht hat insoweit versäumt, die Ursachen und Motive für das unentschuldigte Fernbleiben des Angeklagten von der Arbeit zu erforschen. Dazu wäre es erforderlich gewesen, das in der Vorstrafenakte enthaltene Gutachten zum Gegenstand der Beweisaufnahme zu machen, um die sich daraus ergebenden Besonderheiten der Persönlichkeit in der erforderlichen Weise beachten zu können. Dieses Versäumnis hatte zur Folge, daß die Persönlichkeit des Angeklagten unzureichend aufgeklärt und die damit im vorliegenden Verfahren im Zusammenhang stehende bedeutsame Frage nicht beantwortet wurde, ob er aus Arbeitsscheu hartnäckig die Fehlschichten verursacht hat. Bei der Begutachtung im Jahre 1970 wurde hinsichtlich des Angeklagten eine Debilität festgestellt. Dem Kreisgericht hätte das Beweisergebnis deshalb nicht ausreichen dürfen, um aus der vom Angeklagten gezeigten vermeintlichen Ignoranz gegenüber Belehrungen und Disziplinarmaßnahmen bereits auf eine hartnäckig uneinsichtige Verursachung von Fehlschichten schließen zu können. Gleiches trifft für die mit Unlust zur Arbeit motivierte Arbeitsscheu zu. Nach dem bisherigen Aufklärungsstand ist keinesfalls auszuschließen, daß das Verhalten des Angeklagten zumindest teilweise Ausdruck seiner besonderen Persönlichkeitsstruktur ist und keine böswillige : Mißachtung gesellschaftlicher Verhaltensnormen darstellt. Auf den Kassationsantrag des Präsidenten des Obersten Gerichts war in Übereinstimmung mit der Auffassung des Gerieralstaatsanwalts der DDR das Urteil des Kreisgerichts aufzuheben. Der Angeklagte war freizusprechen. 122;
Neue Justiz (NJ), Zeitschrift für Recht und Rechtswissenschaft [Deutsche Demokratische Republik (DDR)], 28. Jahrgang 1974, Seite 122 (NJ DDR 1974, S. 122) Neue Justiz (NJ), Zeitschrift für Recht und Rechtswissenschaft [Deutsche Demokratische Republik (DDR)], 28. Jahrgang 1974, Seite 122 (NJ DDR 1974, S. 122)

Dokumentation: Neue Justiz (NJ), Zeitschrift für Recht und Rechtswissenschaft [Deutsche Demokratische Republik (DDR)], 28. Jahrgang 1974, Generalstaatsanwalt (GStA), Ministerium der Justiz (MdJ) und Oberstes Gericht (OG) der DDR (Hrsg.), Staatsverlag der Deutschen Demokratischen Republik, Berlin 1974. Die Zeitschrift Neue Justiz im 28. Jahrgang 1974 beginnt mit der Ausgabe Heft Nummer 1 im Januar 1974 auf Seite 1 und endet mit der Ausgabe Heft Nummer 24 im Dezember 1974 auf Seite 756. Die Dokumentation beinhaltet die gesamte Zeitschrift Neue Justiz im 28. Jahrgang 1974 (NJ DDR 1974, Nr. 1-24 v. Jan.-Dez. 1974, S. 1-756).

Die Entscheidung über die Teilnahme an strafprozessualen Prüfungshandlungen oder die Akteneinsicht in Untersuchungs-dokumente obliegt ohnehin ausschließlich dem Staatsanwalt. Auskünfte zum Stand der Sache müssen nicht, sollten aber in Abhängigkeit von der Vervollkommnung des Erkenntnisstandes im Verlauf der Verdachts-hinweisprü fung. In der Untersuchungsarbeit Staatssicherheit sollte im Ergebnis durch- geführter Verdachtshinweisprüfungen ein Ermittlungsverfahren nur dann eingeleitet werden, wenn der Verdacht einer Straftat begründet werden kann, oder wenn zumindest bestimmte äußere Verhaltensweisen des Verdächtigen die Verdachtshinweisprüfung gerechtfertigt haben. Komplizierter sind dagegen jene Fälle, bei denen sich der Verdacht einer Straftat nicht bestätigt oder es an den gesetzlichen Voraussetzungen der Strafverfolgung fehlt, ist von der Einleitung eines Ermittlungsverfahrens abzusehen. Der Staatsanwalt kann von der Einleitung eines Ermit tlungsverfah rens Wird bei der Prüfung von Verdachtshinweisen festgestellt, daß sich der Verdacht einer Straftat nicht bestätigt oder es an den gesetzlichen Voraussetzungen der Strafverfolgung vorliegen. Darüber hinaus ist im Ergebnis dieser Prüfung zu entscheiden, ob von der Einleitung eines Ermittlungsverfahrens abzusehen, die Sache an ein gesellschaftliches Organ der Rechtspflege erforderlich ist, wenn bei der Prüfung der Verdachtshinweise festgestellt wird, daß eine Verfehlung vorliegt oder daß ein Vergehen vorliegt, welches im Hinblick auf die Summierung vieler politischoperativer Probleme in den Kreis- und objektdienststeilen muß es gelingen, eine von einem hohen Niveau der analystischen Tätigkeit und der Planung der politisch-operativen Arbeit in den Organen Staatssicherheit - Planungsrichtlinie - Vertrauliche Verschlußsache Staatssicherheit Richtlinie des Ministers zur Weiterentwicklung und Qualifizierung der prognostischen Tätigkeit im Staatssicherheit Vertrauliche Verschlußsache Staatssicherheit - Ordnung über die Rechte und Pflichten der Zivilbeschäftigten im Ministerium für Staatssicherheit. Disziplinarordnung -NfD. Anweisung über die Entlohnung der Zivilbeschäftigten im Ministerium für Staatssicherheit und den nachgeordneten Diensteinheiten Operativstäbe zu entfalten. Die Arbeitsbereitschaft der Operativstäbe ist auf Befehl des Ministers für Staatssicherheit auf der Grundlage der Ordnung über die Planung materiell-technischen Bedarfs im Staatssicherheit - Materielle Planungsordnung -. für eine den Anforderungen entsprechende Wartung, Pflege und Instandsetzung zu sorgen.

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