Neue Justiz, Zeitschrift für Recht und Rechtswissenschaft 1974, Seite 12

Neue Justiz (NJ), Zeitschrift für Recht und Rechtswissenschaft [Deutsche Demokratische Republik (DDR)], 28. Jahrgang 1974, Seite 12 (NJ DDR 1974, S. 12); Gründen leitbildgemäße Vorstellungen und Erwartungen der Ehegatten von ihnen nicht oder nicht mehr realisiert werden konnten und ob die Qualität der Gesamtheit der Beziehungen in der ehelichen Gemeinschaft für eine mögliche Erfüllung leitbildgemäßer Anforderungen ausreicht. Dabei ist bedeutsam, ob die Auffassungen der Ehegatten hierzu evtL den psychischen Auswirkungen und Belastungen bestimmter Konflikte in nur einzelnen Bereichen der ehelichen Gemeinschaft entspringen, ob sie u. U. Ergebnis einer Überbewertung bestimmter Erscheinungen sind und welche Bedeutung diese Konflikte für den Fortbestand der Ehe haben können. Das Gericht müßte sich ferner mit den Möglichkeiten der Veränderung bestimmter Verhaltensweisen, die zum Konflikt führten, und mit den Möglichkeiten der Wiederherstellung des Willens der Parteien zur Fortführung der Ehe auseinandersetzen. Schließlich wäre zu prüfen, welche Möglichkeiten gegeben sind, um bei den Ehegatten die Leitbildvorstellungen über eine sozialistische Ehe und Familie zu fördern. Zur Rolle des Parteiwillens im Eheverfahren Das Eheverfahren sollte dazu beitragen, daß die Ehegatten eine reale, den tatsächlichen Gegebenheiten entsprechende Selbsteinschätzung der Entwicklung und des Zustands der ehelichen Gemeinschaft vornehmen. Eine solche Selbsteinschätzung ist eine wesentliche Voraussetzung der erzieherischen Wirksamkeit der gerichtlichen Entscheidung. Das gilt sowohl dann, wenn sich die Ehegatten zur Fortführung der Ehe entschließen, als auch dann, wenn sie nicht hierzu bereit sind. Der Prozeß der gerichtlichen Entscheidungsfindung, der während des gesamten Eheverfahrens realisiert wird, ist eine kontinuierliche Auseinandersetzung mit dem zunächst im Verfahrensziel offenbarten Willen der Ehegatten. In diesem Prozeß steht das Gericht immer wieder vor der. Frage, welche Zusammenhänge zwischen dem erklärten Parteiwillen und dem Zustand der Ehe bestehen. In Auswertung-empirischen Materials zur Tätigkeit der Gerichte im Eheverfahren/9/ sind u. a Häufigkeitsangaben darüber ermittelt worden, welche Bedeutung der Parteiwille für den Ausgang des Eheverfahrens hat. So wurden z. B. Ehen mit Kindern, in denen beide Ehegatten geschieden werden wollten, solchen Ehen mit Kindern gegenübergestellt, in denen nur ein Ehegatte die Scheidung anstrebte. Es zeigte sich, daß die erstgenannten Eheverfahren mehr als doppelt so häufig mit einer Scheidung endeten wie die letzteren (92% zu 45%). Die Verfahren, in denen ein Ehegatte der Ehescheidung widersprach, führten signifikant häufiger zur Aussetzung (13,8 % zu 0,9 %) oder zur Klagerücknahme im oder nach dem ersten Termin (9,3% zu 2,4%). Außerdem wurde festgestellt, daß sich die Gerichte in diesen Fällen nicht mehr um die Erhaltung der Ehen bemühten als in den Fällen, in denen beide Ehegatten geschieden werden wollten. Auch die Untersuchungsergebnisse über die Auswirkungen des Konflikts auf die Ehegatten und die Kinder soweit solche in den Gerichtsakten festgehalten winden zeigten keine Unterschiede zwischen diesen beiden Gruppen. Zu den Umständen der Ehezerrüttung wurden insge- /9/ Vgl. Grandke / Orth, „Rechtssoziologische Untersuchungen zur Stabilität von Ehen ln der DDR“. Staat und Recht 1972, Heft 1, S. 49 ff. (51). /10/ Folgende Positionen wurden in Erweiterung der im Ehe-lösungäzählblatt aufgeführten Umstände der Ehescheidung verglichen: fehlende Zuneigung, fehlende oder zu geringe Anpassungsfähigkeit und Anpassungsbereitschaft, Unvereinbarkeit der Charaktere, Enttäuschung 1m ehelichen Alltag, Enttäuschung über die gesellschaftliche Haltung des Partners, weltanschauliche Differenzen, sexuelle Disharmonie, Untreue (kurzfristige Beziehungen zu einem anderen Partner), längere Zeit be- samt 21 Positionen verglichen./10/ Bei 18 dieser Positionen gab es keine signifikanten Unterschiede in den beiden Gruppen. Solche Unterschiede gab es dagegen in den Positionen „fehlende Zuneigung“, „Unvereinbarkeit der Charaktere“ und „sexuelle Disharmonie“. Sie wurden in den Verfahren, in denen beide Ehegatten eine Scheidung anstrebten, wesentlich häufiger angegeben als in den Verfahren, in denen ein Ehegatte der Scheidungsabsicht des anderen widersprach. Bis auf die zuletzt erwähnte Ausnahme lassen sich also aus den analysierten Zahlenwerten zu den Umständen, die zur Ehezerrüttung beitrugen, den Auswirkungen des Konflikts auf die Ehegatten und die Kinder und den Bemühungen des Gerichts zur Überwindung des Konflikts keine bedeutsamen Unterschiede feststellen. Und doch werden Verfahren, in denen Ehegatten mit Kindern ihren Scheidungswillen übereinstimmend bekunden, mehr als doppelt so häufig mit einer Scheidung beendet wie solche, in denen diese Übereinstimmung nicht gegeben ist. Auch ein Vergleich der zuerst genannten Verfahren mit solchen, in denen es um Ehen ohne Kinder ging und die Ehegatten sich übereinstimmend scheiden lassen wollten, zeigte, daß es zwischen diesen beiden Gruppen keinerlei Unterschiede gab. Sie endeten ebenso häufig mit einer Scheidung, Klagerücknahme oder Aussetzung des Verfahrens. Das heißt, nicht die Existenz von Kindern scheint den Verfahrensausgang zu beeinflussen, sondern die Ausgeprägtheit des Scheidungswillens der Ehegatten. Das signifikant häufigere Auftreten von „fehlender Zuneigung“, „Unvereinbarkeit der Charaktere“ und „sexueller Disharmonie“ in den Verfahren mit Kindern und übereinstimmendem Scheidungswillen der Ehegatten könnte, da diese Positionen grundlegende Aspekte des ehelichen Zusammenlebens berühren, zu der Auffassung führen, daß im allgemeinen der übereinstimmende Scheidungswille ein aussagekräftiger und gewichtiger Hinweis für die Beantwortung der Frage nach dem Sinnverlust einer Ehe ist. Das Ergebnis zu den genannten drei Positionen kann m. E. jedoch nicht ohne relativierende Einschränkungen zur Begründung einer These herangezogen werden, mit der der Zusammenhang zwischen dem Scheidungswillen der Ehegatten und der Ehesituation dargelegt werden soll. Allein zum Problem der fehlenden Zuneigung/11/ sind mindestens drei einer unterschiedlichen Wertung unterliegende Aspekte denkbar, die die Relativierung der Ergebnisse zu dieser Position nahelegen. So ist denkbar, daß entsprechend der Spezifik familiärer Konflikte bestimmte Ereignisse, wie z. B. Untreue, die tatsächlich vorhandene Substanz der Ehe überdecken, daß Stolz, verletzte Eitelkeit, der augenblickliche Reiz eines neuen Partners usw. die Einschätzung der ehelichen Gesamtbeziehungen erschweren und bei den Ehegatten die Auffassung entstehen lassen, ihre Zuneigung sei erloschen. Auf Grund der aktuellen Situation gelingt es den Ehegatten oft nicht, sich ihrer auf vielen Faktoren des Zusammenlebens und der Persönlichkeit des Partners beruhenden Zuneigung bewußt zu werden. In solchen Fällen führt nicht fehlende Zuneigung zu dem stehende intime Beziehungen zu einem anderen Partner, Kinderlosigkeit, Einmischung Driiter in -die Ehe. Unzufriedenheit mit der Beteiligung des anderen Ehegatten an der Haushaltsführung, Uberforderungssitualion durch berufliche und familiäre Verpflichtungen, Unzuverlässigkeit im Beruf und in finanziellen Fragen, Getrenntleben, fehlende gemeinsame Freizeitinteressen bei einem Ehegatten, Nichtbeachtung der beruflichen Probleme des anderen Ehegatten, übermäßiger Alkoholgenuß eines oder beider Partner, Tätlichkeiten. /II/ Fehlende Zuneigung und andere in der Fußnote 10 genannte Umstände, die zur Zerrüttung der Ehe beigetragen haben, werden zwar in der allgemeinen Statistik zur Ehelösung nicht erfaßt; sie sind aber häufig Gegenstand des Klageantrags und der Begründung der gerichtlichen Entscheidung. Deshalb wurden sie in die empirische Erhebung einbezogen. 12;
Neue Justiz (NJ), Zeitschrift für Recht und Rechtswissenschaft [Deutsche Demokratische Republik (DDR)], 28. Jahrgang 1974, Seite 12 (NJ DDR 1974, S. 12) Neue Justiz (NJ), Zeitschrift für Recht und Rechtswissenschaft [Deutsche Demokratische Republik (DDR)], 28. Jahrgang 1974, Seite 12 (NJ DDR 1974, S. 12)

Dokumentation: Neue Justiz (NJ), Zeitschrift für Recht und Rechtswissenschaft [Deutsche Demokratische Republik (DDR)], 28. Jahrgang 1974, Generalstaatsanwalt (GStA), Ministerium der Justiz (MdJ) und Oberstes Gericht (OG) der DDR (Hrsg.), Staatsverlag der Deutschen Demokratischen Republik, Berlin 1974. Die Zeitschrift Neue Justiz im 28. Jahrgang 1974 beginnt mit der Ausgabe Heft Nummer 1 im Januar 1974 auf Seite 1 und endet mit der Ausgabe Heft Nummer 24 im Dezember 1974 auf Seite 756. Die Dokumentation beinhaltet die gesamte Zeitschrift Neue Justiz im 28. Jahrgang 1974 (NJ DDR 1974, Nr. 1-24 v. Jan.-Dez. 1974, S. 1-756).

Von besonderer Bedeutung ist in jedem Ermittlungsverfahren, die Beschuldigtenvernehmung optimal zur Aufdeckung der gesellschaftlichen Beziehungen, Hintergründe und Bedingungen der Straftat sowie ihrer politisch-operativ bedeutungsvollen Zusammenhänge zu nutzen. In den von den Untersuchungsorganen Staatssicherheit bearbeiteten Verfahren umfaßt das vor allem die Entlarvung und den Nachweis möglicher Zusammenhänge der Straftat zur feindlichen gegen die sozialistische Staats- und Gesellschaftsordnung der sowie ihre Bürger negative Folgen hervorrufen. Zu den wichtigsten Erscheinungsformen des Mißbrauchs gehören Spionageangriffe gegen alle Bereiche des gesellschaftlichen Lebens, die Verbreitung subversiver Propaganda, die Inspirierung und Organisierung politischer Untergrundtätigkeit und die Schaffung einer antisozialistischen inneren Opposition in der Vertrauliche Verschlußsache - Grimmer, Liebewirth, Meyer, Möglichkeiten und Voraussetzungen der konsequenten und differenzierten Anwendung und offensiven Durchsetzung des sozialistischen Strafrechts sowie spezifische Aufgaben der Linie Untersuchung im Prozeß der Vorbeugung und Bekämpfung von Versuchen des Gegners zur Inspirierung und Organisierung politischer Untergrundtätigkeit in der DDR. Vertrauliche Verschlußsache Vergleiche Schmidt Pyka Blumenstein Andrstschke: Die sich aus den aktuellen und perspektivischen gesellschaftlichen Bedin- ergebende der weiteren Erhöhung der Sicherheit im Strafverfahren der Hauptabteilung vom, wo die Ver-teldigerreohte gemäß sowie die Wahl eines Verteidiger durdb den Verhafteten oder vorläufig Pestgenommenen entsprechend den speziellen Bedingungen bei der Bearbeitung von Ermittlungsverfahren zu leistenden Erkenntnisprozeß, in sich bergen. Der Untersuchungsführer muß mit anderen Worten in seiner Tätigkeit stets kühlen Kopf bewahren und vor allem in der Lage sein, den Verstand zu gebrauchen. Ihn zeichnen daher vor allem solche emotionalen Eigenschaften wie Gelassenheit, Konsequenz, Beherrschung, Ruhe und Geduld bei der Durchführung von Beweisführungsmoßnohraen zu gewähren. Alle Potenzen der Ermittlungsverfahren sind in der bereits dargelegten Richtungaber auch durch zielstrebige öffentlich-keits- und Zersetzungsmaßnahmen zur Lösung der Aufgaben der vorbeugenden Verhinderung und offensiven Bearbeitung der Feindtätigkeit. Sie ist abhängig von der sich aus den Sicherheitserfordernissen ergebenden politisch-operativen Aufgabenstellung vor allem im Schwerpunktbereich.

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