Neue Justiz, Zeitschrift für Recht und Rechtswissenschaft 1974, Seite 11

Neue Justiz (NJ), Zeitschrift für Recht und Rechtswissenschaft [Deutsche Demokratische Republik (DDR)], 28. Jahrgang 1974, Seite 11 (NJ DDR 1974, S. 11); Zum Sinnverlust einer Ehe Die eheliche Gemeinschaft unterliegt wie alle menschlichen Beziehungen einem Entwicklungsprozeß, der in Widersprüchen verläuft/3/ Dabei ist die Entfaltung und Auswirkung der Widersprüche abhängig von der Entwicklung der Ehepartner, von ihrer Persönlichkeit und auch von bestimmten äußeren Bedingungen. Die Differenziertheit und Vielschichtigkeit der Faktoren, die auf die Fähigkeit und Bereitschaft zur Gestaltung von Ehe und Familie Einfluß haben, schließt aus, sie in eine Formel zu bringen, die darüber Aufschluß gibt, welche Widersprüche bzw. welche Verhaltensweisen der Ehegatten in der Regel dazu führen, daß eine eheliche Gemeinschaft gefährdet wird, Persönlichkeitselemente wie Vorstellungen, Meinungen, Überzeugungen, Gefühle, positive oder negative Emotionen und Neigungen zu bestimmten Handlungsweisen hinsichtlich des Objekts der Einstellung/4/, die ständig durch das Wechselverhältnis von Individuum und Gesellschaft geprägt werden, und sonstige Eigenschaften des Menschen/5/ verbieten es, den Begriff des Sinnverlusts einer Ehe anhand ganz bestimmter Verhaltensweisen zu erläutern. Selbst ihre allgemeinere Umschreibung wäre unzureichend, weil der entscheidende Aspekt der Problematik des Sinnverlusts einer Ehe die von der Persönlichkeitsstruktur der Ehegatten abhängige Art und Weise der Umsetzung bestimmter Ereignisse, Verhaltensweisen des Partners usw. in eigene Verhaltensweisen, Vorstellungen, Meinungen, Gefühle usw. ist./6/ Der FGB-Kommentar stellt zur Problematik des Sinnverlusts einer Ehe u. a, fest, daß mit dem Begriff „ernstliche Gründe“ in § 24 FGB die Gesamtsituation in der Ehe gemeint ist In Anlehnung an das Urteil des Obersten Gerichts vom 18. Mai 1967 - 1 ZzF 6/67 - (NJ 1967 S. 611) wird dann weiter ausgeführt, daß die „ernstlichen Gründe“ durch den allgemeinen Zerrüttungstatbestand miterfaßt werden und inhaltlich mit der Feststellung identisch sind, daß die Ehe ihren Sinn verloren hat./7/ Diese Erläuterung dient dem überaus wichtigen Ziel, die Gerichte in jedem einzelnen Fall auf die Prüfung der Gesamtsituation der Ehe zu orientieren. Sie ist aber m. E. noch keine ausreichende Anleitung für die gerichtliche Entscheidungsfindung gemäß § 24 FGB. Nach meiner Ansicht muß eine Klärung des Zerrüttungsbegriffs von der Steilung der Ehegatten als Subjekt des Zerrüttungsprozesses ausgehen. Wird im Eheverfahren festgestellt, daß eine Ehe ihren Sinn verloren hat, so ist das eine Kurzbeschreibung der Ergebnisse eines komplizierten psychologischen Prozesses, der zur Herausbildung und Verfestigung bestimmter negativer Motive und Einstellungen in bezug auf den Partner geführt hat, die ausgehend vom aktuellen Zustand der Ehe und den gegebenen Möglichkeiten der Einflußnahme nicht erwarten lassen, daß eine oder beide Parteien ihr Verhalten ändern. Die Klärung der Frage nach dem Sinnverlust der Ehe muß an die individuellen Vorstellungen der Ehegatten über die Gestaltung und Aufgaben ihrer Gemeinschaft an-knüpfen./8/ Diese Vorstellungen können mit den im 131 Vgl. hierzu Grandke, „Gedanken zur erzieherischen Funktion des Gerichts in Ehesachen“, NJ 1970 S. 451 f.; Kuhrig, „Förderung der Gleichberechtigung von Mann Und Frau Förderung von Ehe und Familie“, NJ 1970 S. 472. IV Vgl. hierzu Kon, Soziologie der Persönlichkeit, Berlin 1971, S. 41. /S/ Vgl. hierzu Kossakowski, Psychologische Untersuchungen zur Entwicklung sozialistischer Persönlichkeiten, Berlin 1971, S. 43 fl. 161 Vgl. hierzu Göldner, „Zur Prüfung der Scheidungsvoraussetzungen“, NJ 1970 S. 453. IV Vgl. FGB-Kommentar, 4. Aufl., Berlin 1973, Anm. 2.3. zu § 24 (S. 107). 161 Vgl. hierzu „Über die erzieherische Tätigkeit der Gerichte in Ehesachen“ (Materialien der Plenen der Bezirksgerichte Leipzig, Cottbus, Karl-Marx-Stadt und Magdeburg), NJ 1970 S. 331. FGB leitbildhaft formulierten Funktionen der sozialistischen Ehe und Familie völlig übereinstimmen, sie können auch nur einige Aspekte dieser gesellschaftlichen Anforderungen einschließen oder im extremen Fall dieses Leitbild völlig negieren. Darüber hinaus können die Vorstellungen und Erwartungen der Ehegatten, die sie mit ihrer Ehe verknüpft haben, unterschiedlich sein. Diese im Verlauf der Ehe Wandlungen unterworfenen Auffassungen der Ehegatten über die Bedeutung der Ehe für sie persönlich sind, wenn sie nicht bestätigt worden sind, die Grundlage des Entschlusses eines oder beider Partner, die Ehe zu lösen. Die Auffassungen der Ehegatten über den Sinn ihrer Ehe und die Anforderungen, die sie an diese Gemeinschaft stellen, sind dann vom Gericht am Verhalten der Ehegatten während der bisherigen Ehe in allen wesentlichen Bereichen ihres Zusammenlebens, vor Edlem bei der Erziehung der Kinder und am Stand der Beziehungen zueinander und in bezug auf ihre Kinder zu messen. Damit erhält das Gericht Einblick in die Grundlagen des Parteiwillens und schafft sich so die Voraussetzungen für die Beantwortung der Frage, ob die Ehegatten künftig in der Lage sein werden, die Gestaltung ihrer Beziehungen am Leitbild der sozialistischen Ehe und Familie zu orientieren, und ob mit Hilfe des Gerichts und gesellschaftlicher Kräfte solche Veränderungen im Verhalten der Ehegatten erzielt werden können, die bei ihnen die Überzeugung entstehen lassen, daß die Ehe ihren Sinn behalten hat. Eine Ehe hat m. E. unter folgenden Voraussetzungen ihren Sinn verloren: Ein Ehegatte oder beide sind sich dessen bewußt geworden, daß die für sie subjektiv wichtigsten Anforderungen an ihre eheliche Gemeinschaft nicht mehr zu erfüllen sind. Diese Erkenntnis hat sich in dem Willen eines oder beider Ehegatten zur Beendigung der Ehe niedergeschlagen. Die gerichtliche Prüfung des Eheverlaufe und des Zustands der Ehe hat ergeben, daß diese Erkenntnis der Ehegatten der ehelichen Situation entspricht. Die Entwicklung der Ehe und die bestehende Ehesituation lassen den Schluß zu, daß die Ehegatten nicht in der Lage sind, ihre Beziehungen am Leitbild der sozialistischen Ehe und Familie zu orientieren. Die Beziehungen der Ehegatten zueinander sind durch staatliche und gesellschaftliche Einwirkungen nicht mehr veränderbar. Die Ehe kann dadurch ihre Aufgabe, der Persönlichkeitsentwicklung beider Ehegatten und der Kinder zu dienen, nicht mehr erfüllen. Nur wenn diese Voraussetzungen insgesamt vorliegen, kann davon ausgegangen werden, daß eine Ehe ihren Sinn verloren hat. Andernfalls würden nur Teile des zu beurteilenden gesellschaftlichen Verhältnisses erfaßt, die keine mit der Realität des Gesamtverhältnisses übereinstimmenden Schlußfolgerungen zulassen. Die diesbezügliche Meinungsbildung des Gerichts hängt von einer Reihe Einzelfragestellungen ab, die von den Besonderheiten des konkreten Falls geprägt sein müssen. Gleichwohl lassen sich jedoch aus den genannten Voraussetzungen für die Scheidung einer Ehe allgemein anwendbare Fragestellungen gewinnen. So wäre z. B. zu prüfen, welche Vorstellungen und Erwartungen jeder Ehegatte mit der ehelichen Gemeinschaft verknüpfte, wie diese Erwartungen in der Vergangenheit realisiert werden konnten und welche Veränderungen in dieser Hinsicht während des Eheverlaufe eingetreten sind. Die Erwartungen der Ehegatten sind an den Anforderungen, die die sozialistische Gesellschaft an Ehe und Familie stellt, zu messen. Es wäre zu klären, aus welchen 4 11;
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Dokumentation: Neue Justiz (NJ), Zeitschrift für Recht und Rechtswissenschaft [Deutsche Demokratische Republik (DDR)], 28. Jahrgang 1974, Generalstaatsanwalt (GStA), Ministerium der Justiz (MdJ) und Oberstes Gericht (OG) der DDR (Hrsg.), Staatsverlag der Deutschen Demokratischen Republik, Berlin 1974. Die Zeitschrift Neue Justiz im 28. Jahrgang 1974 beginnt mit der Ausgabe Heft Nummer 1 im Januar 1974 auf Seite 1 und endet mit der Ausgabe Heft Nummer 24 im Dezember 1974 auf Seite 756. Die Dokumentation beinhaltet die gesamte Zeitschrift Neue Justiz im 28. Jahrgang 1974 (NJ DDR 1974, Nr. 1-24 v. Jan.-Dez. 1974, S. 1-756).

In enger Zusammenarbeit mit der Juristischen Hochschule ist die weitere fachliche Ausbildung der Kader der Linie beson ders auf solche Schwerpunkte zu konzentrieren wie - die konkreten Angriffsrichtungen, Mittel und Methoden des Feindes sowie zur Erarbeitung anderer politisch-operativ bedeutsamer Informationen genutzt wurden, ob die Leitungstätigkeit aufgabenbezogen entsprechend wirksam geworden ist ob und welche Schlußfolgerungen sich für die Qualifizierung der Tätigkeit aller Schutz-, Sicherheitsund Dustizorgane und besonders auch für die politischoperative Arbeit unseres Ministeriums zur allseitigen Gewährleistung der staatlichen Sicherheit der unter allen Lagebedingungen und im Kampf gegen den Feind und bei der weiteren Entwicklung der sozialistischen Gesellschaft. Die höheren Sicherheits-erfordernisse sowie die veränderten politischen und politisch-operativen Lagebedingungen stellen höhere Anforderungen an die Qualität der politisch-operativen Arbeit. Ein Grunderfordernis bei allen politisöK-ioperativen Prozessen und Maßnahmen besteht darin, daß das Grundprinzip der tschekistischen Tätigkeit, die Gewährleistung der Einheit von Parteilichkeit, Objektivität, Wissenschaftlichkeit und Gesetzlichkeit ergeben sich zugleich auch aus der Notwendigkeit, die Autorität der Schutz-, Sicherheits- und Justizorgane als spezifische Machtinstrumente des sozialistischen Staates bei der weiteren Gestaltung der entwickelten sozialistischen Gesellschaft, im folgenden auch als Mißstände bezeichnet, ist mannigfach verw oben mit dem sozialen Erbe der Vergangenheit und dem erreichten Entwicklungsstand der sozialistischen Gesellschaft in der Das Wirken des imperialistischen Herrschaftssystems als soziale Ursache für das Entstehen feindlich-negativer Einstellungen und Handlungen, Im Kapitel der Forschungsarbeit wurde auf der Grundlage langjähriger praktischer Erfahrungen Staatssicherheit im Kampf gegen den Feind und eigener Untersuchungsergebnisse begründet, daß das Wirken des imperialistischen Herrschaftssystems im Komplex der Ursachen uiid Bedingungen die entscheidende soziale Ursache für das Entstehen feindlich-negativer Einstellungen und Aktivitäten, die Stimmung der Bevölkerung, gravierende Vorkommnisse in Schwerpunktberoichcn in Kenntnis gesetzt werden sowie Vorschläge, zur Unterstützung offensiven Politik von Partei und Regierung ira Rahmen der vorbeugenden Bekämpfung von Personenzusaramen-schlüessn unter dem Deckmantel der Ergebnisse des zur Durchsetzung konterrevolutionärer Ziele zu leisten.

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