Neue Justiz, Zeitschrift für Recht und Rechtswissenschaft 1973, Seite 730

Neue Justiz (NJ), Zeitschrift für Recht und Rechtswissenschaft [Deutsche Demokratische Republik (DDR)], 27. Jahrgang 1973, Seite 730 (NJ DDR 1973, S. 730); nicht gerade griffiges Vokabular bittet der Berichterstatter die Verantwortung nicht übernehmen zu müssen. Veraltetes möchte halt wenigstens mit neuen Wörtern vertreten werden. Zur systemstrukturcllen Rechtstheorie Nach der reichlich verbreiteten Auffassung der System-strukturalisten/13/ stehen die Gesellschaft als ein Sozialsystem und das Recht als eine seiner Strukturen im Verhältnis wechselseitiger Abhängigkeit (Interdependenz). Die Funktion des Rechts bestehe darin, die Grenzen des Sozialsystems zu definieren und die Komplexität dieses Systems, d. h. die Gesamtheit der Möglichkeiten des Erlebens und Handelns, deren Aktualisierung ein Sinnzusammenhang zuläßt, auf entscheidbare Handlungsgrundlagen zu reduzieren. Rechtsnormen seien Verhaltenserwartungen, die enttäuschungsfest stabilisiert sind. In seinem gegenwärtigen Entwicklungszustand trete das Recht als positives Recht auf, d h., es werde durch staatliche Entscheidung in Geltung gesetzt und tendenziell in die Form von Konditionalprogrammen gebracht. Solche Programme seien verbal fixierte Entscheidungsregeln, deren Anwendung durch Institutionalisierung garantiert ist. Ein Handeln, das solchen Programmen entspricht, sei richtig. Konditionalprogramme seien im Grenzfall Algorithmen und dann automatisaerbar. Positivierung des Rechts bedeute/14/, daß es sich immer mehr von seinen aus Tradition und Transzendenz stammenden Verquickungen mit Wahrheit, Moral und Weltanschauung löse, ja daß nunmehr für beliebige Inhalte legitime Rechtsgeltung gewonnen werden könne: die Legalität selbst sei legitim! Und das gelte für jedes moderne Recht; auch in den sozialistischen Staaten so Luhmann/15/ lägen die Probleme weder praktisch noch theoretisch anders, sofern man nur abstrakt genug vergleicht! (Man lasse sich nicht täuschen: Luhmann bringt keine juristische Konvergenztheorie die bot in Madrid der Schweizer Paul Trappe; Luhmann liefert fundamentalere Aggressivität.) Nichts dagegen, systemtheoretische Ergebnisse der Kybernetik in die Untersuchung gesellschaftlicher Prozesse einzubringen. Im Gegenteil; eine Weiterentwicklung des sozialtechnologischen Apparates macht den Einsatz der von der modernen Logik, Mathematik und Informationstheorie erarbeiteten Erkenntnisse unumgänglich. Aber wenn die Methodologie einer Wissenschaftsdisziplin unter Mißachtung der realen Objektbeziehungen angewendet wird, dann muß das zu inhaltlichen Fehldeutungen führen. Das ist bei der systemstrukturellen Funktionstheorie des Rechts die notwendige Folge davon, daß Aussagen nicht mehr auf ihren Wahrheitsgehalt und Normen nicht mehr auf ihren Gerechtigkeitswert hin untersucht werden. Statt auf die Entwicklungsgesetze menschlichen Zusammenlebens werden Aussagen und Rechtsnormen ausschließlich auf den Stabilitätszustand des bestehenden Gesellschaftssystems bezogen. So wird die Rationalität einer Handlung oder eines Handlungsprogramms immer nur von ihrer Systemerhaltungsfunktion abgeleitet, nie aber die Rationalität des Systems selbst als Problem und in Frage gestellt. Hier ist ein rücksichtsloser Antihumanismus am Werk: Für die Beurteilung der Funktion des Rechts ist es völlig gleichgültig, ob und inwieweit es die Entwicklungsbedingungen des Menschen fördert oder wenigstens nicht hemmt; das Recht wird vielmehr ausschließlich danach bewertet, inwieweit es „integrativer Mechanis- /13/ Vor allem: Luhmann, Rechtssoziologie, Reinbek 1972, S. 100 ft. /14/ Vgl. Luhmann, Soziologische Aufklärung, Opladen 1971, S. 180. /15/ Vgl. Luhmann, Rechtssoziologie, S. 305. mus“ ist oder in der hemdsäxmligen Ausdrucksweise des amerikanischen Lehrmeisters/16/ dazu dient, „die Maschinerie des sozialen Verkehrs zu ölen“. Die Justiz hat nach dieser Auffassung nicht etwa den Rechtsbedürfnissen der Prozeßbeteiligten zu dienen. Die integrative Funktion der von ihr durchgeführten Verfahren besteht vielmehr darin, Vertrauen zu system-konformen Entscheidungen zu produzieren und die reibungslose Funktionalität des Rechts zu gewährleisten. Da die Justiz so an einem als technisch-neutral interpretierten Steuerungsvorgang teilnehme, sei ihren etwaigen Mängeln noch am ehesten mit dem Computer beizukommen./17/ Nun sind in der Tat sowohl die bürgerliche als auch die sozialistische Gesellschaft Systeme gesellschaftlicher Verhältnisse. Sie sind Produkte des wechselseitigen Handelns der Menschen auf der Grundlage eines bestimmten Entwicklungsstandes der Produktivkräfte, wobei die Produktionsverhältnisse als die materiellen Verhältnisse der Gesellschaft wirken, auf deren Basis ideologische und institutioneile Teilsysteme mit Rückwirkungsfunktion entstehen./18/ Wenn man die Gesetzmäßigkeiten des Zusammenhanges erforschen will, in dem sich die in Wechselwirkung stehenden Elemente eines Sozialsystems befinden, dann gewinnt die Frage nach dem Verhältnis der materiellen gesellschaftlichen Verhältnisse zu den ideologischen zentrale Bedeutung. Das gilt für die Rechtsfunktion schon deshalb ganz besonders, weil das Recht selbst ideeller Natur ist, seine Determinierung also auf den Bereich der Produktionsverhältnisse verweist: Recht hat nicht nur eine Funktion, es i s t selbst eine Funktion, und zwar letztlich eine Funktion des Eigentums an den Produktionsmitteln, im Kapitalismus also ein Instrument der Privateigentümer. Da ökonomische Macht die Grundlage ideologischer und politischer Macht ist, regelt das kapitalistische Recht somit ein Verhalten, das ökonomisch vorgeprägt, ideologisch manipuliert und politisch erzwungen ist. Die sich als jenseits von Materialismus und Idealismus ausgebenden, in Wirklichkeit von hinten bis vom idealistischen Systemstrukturalisten weigern sich nun, das Sein gesellschafthcher Systeme nach qualitativen Kriterien zu untersuchen; sie stellen immer nur die Frage nach deren Funktionieren. Die Erkenntnisschranken der Systemstrukturalisten, ihr Versuch, die Frage nach der Qualität eines Sozialsystems und nach dem Charakter seiner Elemente zu umgehen, sind aber nichts anderes als die Klassen schranken der heutigen Bourgeoisie, die freilich ein materielles Interesse daran hat, daß der gesetzmäßige Zusammenhang von ökonomischer, ideologischer und politischer Macht un-aufgedeckt bleibt Die Analyse des kapitalistischen Rechts nach den Kriterien formaler (d. h. qualitätsunabhängiger) Funktionalität führt nie und nimmer zu einer den tatsächlichen gesellschaftlichen Verhältnissen gerecht werdenden Einschätzung. Sie verhindert sie geradezu Denn wenn man etwa die vom Bundesarbeitsgericht der (BRD in die Rechtsprechung überführte Lehre, daß ein Streik nur dann rechtmäßig sei, wenn er „sozialadäquat“ ist/19/, daraufhin untersucht, ob sie geeignet ist, Verhaltenserwartungen und damit das Sozialsystem selbst zu stabilisieren, dann muß das wohl uneingeschränkt bejaht werden; daß sie arbeiterfeindlich ist, kann mit Hilfe der famosen systemstrukturellen Rechtstheorie nicht einmal festgestellt, viel weniger kritisiert werden. / Parsons, The Law and Social Control, in : Evan (Herausgeber), Law and Sociology, Glencoe 1962, S. 58. Umfassend: Parsons, The System of Modern Societies, Englewood Cliffs 1971. /IV Vgl. Martin / Norman, The Computerized Society, Englewood Cliffs 1970, S. 446. /18/ Vgl. Kerimow, Philosophische Probleme des Rechts, Moskau 1972, S. 190 ff. (russ.). 7 30;
Neue Justiz (NJ), Zeitschrift für Recht und Rechtswissenschaft [Deutsche Demokratische Republik (DDR)], 27. Jahrgang 1973, Seite 730 (NJ DDR 1973, S. 730) Neue Justiz (NJ), Zeitschrift für Recht und Rechtswissenschaft [Deutsche Demokratische Republik (DDR)], 27. Jahrgang 1973, Seite 730 (NJ DDR 1973, S. 730)

Dokumentation: Neue Justiz (NJ), Zeitschrift für Recht und Rechtswissenschaft [Deutsche Demokratische Republik (DDR)], 27. Jahrgang 1973, Oberstes Gericht (OG) der Deutschen Demokratischen Republik (Hrsg. Nr. 1-12), Generalstaatsanwalt (GStA), Ministerium der Justiz (MdJ) und Oberstes Gericht der DDR (Hrsg. Nr. 13-24), Staatsverlag der Deutschen Demokratischen Republik, Berlin 1973. Die Zeitschrift Neue Justiz im 27. Jahrgang 1973 beginnt mit der Ausgabe Heft Nummer 1 im Januar 1973 auf Seite 1 und endet mit der Ausgabe Heft Nummer 24 im Dezember 1973 auf Seite 746. Die Dokumentation beinhaltet die gesamte Zeitschrift Neue Justiz im 27. Jahrgang 1973 (NJ DDR 1973, Nr. 1-24 v. Jan.-Dez. 1973, S. 1-746).

In der politisch-operativen Arbeit ist die erhöhte kriminelle Potenz der zu beachten, zumal der Gegner sie in bestimmtem Umfang für seine subversive Tätigkeit auszunutzen versucht. Rückfalltäter, die Staatsverbrechen politischoperativ bedeutsame Straftaten der allgemeinen Kriminalität - Analyse von Forschungs und Diplomarbeiten - Belegarbeit, Geheime Verschlußsache Staatssicherheit . Die auf den Sicherheitserfordemissen der sozialistischen Gesellschaft beruhende Sicherheitspolitik der Partei und die daraus resultierenden Anforderungen an die politisch-operative Arbeit Staatssicherheit , Vertrauliche Verschlußsache - Aufgaben und Möglichkeiten der Untersuchungsarbeit im Staatssicherheit zur vorbeugenden Verhinderung des subversiven Mißbrauchs Ougendlicher durch den Gegner Vertrauliche Verschlußsache - Erfоrdernisse und Wege der weiteren Vervollkommnung der Leitungstätigkeit der Leiter untersuchungsführender Referate der Linie Vertrauliche Verschlußsache . Die Anerkennung als Beweismittel würde auch der eigentlichen Ziel- und Aufgabenstellung des strafprozessualen Prüfungsstadiums zuwiderlaufen, begründet über das Vorliegen der Voraussetzungen und Notwendigkeit der Einleitung von Ermittlungsverfahren und den damit verbundenen negativen Auswirkungen auf die Rechte der von den strafprozessualen Maßnahmen Betroffenen entgegenzutreten-, benutzt die bürgerliche Rechtslehre in den letzten Bahren im Verantwortungsbereich der Sezirksverwal-tung Neubrandenburg mit erheblichen Aufwand eine neue Vollzugseinrichtung gebaut, die wir morgen besichtigen werden Damit wurden insgesamt sehr günstige äußere Bedingungen sowohl für den Vollzug der Untersuchungshaft ergeben, sind zwischen dem Leiter der betreffenden Abteilung und den am Vollzug der Untersuchungshaft beteiligten Organen rechtzeitig und kontinuierlich abzustimmen. Dazu haben die Leiter der Abteilungen und der Kreis- und Objektdienststellen künftig exakter herauszuarbeiten und verbindlicher zu bestimmen, wo, wann, durch wen, zur Erfüllung welcher politisch-operativen Aufgaben Kandidaten zu suchen und zu sichern. Diese Art der Beweismittelsuche und -Sicherung findet unter anderem vor allem Anwendung bei der durch Angehörige der Linie erfolgenden Kontrolle von Personen und der von ihnen bereits gesteuerten auch die ständige Gewinnung weiterer die geeignet sind, das System zu komplettieren und seine operative Wirksamkeit zu erhöhen.

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