Neue Justiz, Zeitschrift für Recht und Rechtswissenschaft 1973, Seite 669

Neue Justiz (NJ), Zeitschrift für Recht und Rechtswissenschaft [Deutsche Demokratische Republik (DDR)], 27. Jahrgang 1973, Seite 669 (NJ DDR 1973, S. 669); Zur Problematik ärztlicher Fehldiagnosen Besondere Probleme treten immer wieder im Bereich der ärztlichen Diagnostik auf, weil hier ein weites Feld von gewohnheitsrechtlichem Vorgehen vorhanden ist, bestimmte Praktiken von der Lehre, der Lehranstalt und der Klinik her unterschiedlich sind und die jeweilige Entscheidungssituation des Arztes und die auf ihn einwirkenden Belastungen (Zeitdruck) wie auch ein vertretbares Risiko beachtet werden müssen. In diesem Zusammenhang ist erneut der für die strafrechtliche Problematik wichtige Grundsatz hervorzuheben, daß eine Fehldiagnose bei pflichtgemäßem Verhalten des Arztes niemals strafrechtliche Konsequenzen nach sich zieht, weil in diesen Fällen keine Verantwortungslosigkeit vorliegt, wie sie strafrechtliche Schuld erfordert. In der Rechtsprechung wurden vereinzelt solche Pflichtverletzungen festgestellt, so z. B. Verzicht auf exakte körperliche und paraklinische Untersuchungen bei sog. unklaren Bauchbefunden/2/, vorschnelle Diagnose bei einander widersprechenden Symptomen ohne sicheren Ausschluß akuten gefährlichen Krankheitsverlaufs oder das leichtfertige Unterlassen von notwendigen Schutzimpfungen (Tetanus, Tollwut)./3/ Auf dem Gebiet der Diagnostik geht es aber beispielsweise auch um solche Erscheinungen, deren Pathogenese noch nicht allseitig bekannt ist und deren Krankheitsbild nicht einheitlich auftritt. Es seien hierzu nur atypische Verläufe der Appendizitis oder die Verschleierung von Krankheitssymptomen durch Medikamente genannt. Zur Feststellung der konkreten Pflichten und ihrer schuldhaften Verletzung Bei der Prüfung von Sargfaltspflichtverletzungen geht es ferner um die exakte Feststellung der Pflichten, die den Verantwortungsbereich des Arztes und die Anforderungen an sein Verhalten in der konkreten Situation kennzeichnen. Da diese Anforderungen überwiegend nicht in allgemeinen Normen geregelt sind, müssen die im betreffenden Bereich gültige Organisation, Koordinierung und Kontrolle des Arbeitsverlaufs, die Aufgabengebiete, die eingeschliffenen Gewohnheiten, die konkrete Krankenhausordnung, die Funktionspläne und Instruktionen wie auch die anerkannten Berufsregeln geklärt werden. Aus bisherigen Erfahrungen läßt sich sagen, daß in den meisten Fällen ein gründliches gerichtsmedizinisches Gutachten neben den anderen nicht spezifisch medizinischen Beweismitteln ausreicht, um die strafrechtliche Beurteilung einer ärztlichen Verhaltensweise zu ermöglichen, die eine schuldhafte Verletzung von Sorgfaltspflichten enthält und zu konkreten, strafrechtlich rele- 121 VgL OG, Urteil vom 7. Mal 1970 - 5 Ust 21/70 - (a. a. O.). /3/ Vgl. OG, Urteil des Präsidiums vom 5. Januar 1972 - I Pr - 15 - 5/71 - (a. a. O.). vanten Folgen führte. Es ist der Vorzug der Gerichtsmedizin, daß sie nicht nur über Erkenntnisse vieler medizinischer Bereiche verfügt, sondern auch umfangreiche Erfahrungen aus der Gerichtspraxis und im Hinblick auf die juristische Problematik aufzuweisen hat. Eine andere Frage ist, daß auch dieser Erkenntnisreichtum kollektiver Natur ist; nicht jeder gerichtsmedizinische Sachverständige versteht es bereits ausreichend, davon Gebrauch zu machen. Für die Gerichtspraxis ist es vom Standpunkt der Gründlichkeit wie der Zweckmäßigkeit gleichermaßen wichtig, daß die Erkenntnisse der Gerichtsmedizin maximal genutzt werden. Die Arbeit mit gerichtsmedizinischen Gutachten ist für die Gerichte in aller Regel ein rationelles Verfahren, weil aufwendige Zusatzuntersuchungen, klinische Gutachten usw. nicht benötigt werden. Die Betonung dieser Seite schließt aber auch den Gedanken ein, daß bei der Bestimmung des weiten Aufgabenbereichs der Gerichtsmedizin der fortschreitenden wissenschaftlichen Arbeitsteilung, der interdisziplinären Zusammenarbeit und der immer stärkeren Herausbildung spezieller medizinischer Gebiete und Einrichtungen Rechnung zu tragen ist. Wir halten es für möglich, in den Fällen, in denen zur abschließenden gutachterlichen Äußerung klinische und andere Spezialkenntnisse nötig sind (z. B. aus den Gebieten der Chirurgie, Anästhesie, Gynäkologie), auf umfangreiche Zusatzgutachten zu verzichten, wenn der Gerichtsmediziner den betreffenden Kliniker oder Spezialisten konsultiert oder in anderer Form in die Begutachtung einbezieht. In diesem Zusammenhang ist auch der Gesichtspunkt nicht unerheblich, daß damit manchem Zweifel an der Sachkunde des gerichtsmedizinischen Gutachtens und der ausreichenden klinischen Erfahrung des Sachverständigen in der richtigen Weise begegnet werden kann. Das setzt jedoch voraus, daß der Gerichtsmediziner das Spezialproblem erkennt und die eigene Sachkunde real einschätzt. In den wenigen Fällen jedoch, in denen komplizierte oder neuartige Probleme bei der Feststellung und Beurteilung von Pflichtverletzungen im medizinischen Bereich auftreten (z. B. Anwendung neuer Heilmethoden, komplizierte Diagnosen, Abgrenzung der Pflichten bei kollektivem Handeln), wird außer dem gerichtsmedizinischen Gutachten zu den konkreten Todes- oder Verletzungsursachen ein spezielles klinisches Gutachten zur Pflichtenproblematik erforderlich sein. Abschließend soll der wiederholt vom Obersten Gericht geäußerte Standpunkt bekräftigt werden, daß all diese Fragen zur ärztlichen Sorgfaltspflicht nicht deshalb zu stellen und zu beantworten sind, weil eine Vielzahl von Verfahren dazu zwingt, sondern weil die Gerichte im Einzelfall richtig Vorgehen, medizinische Erkenntnisse folgerichtig und zweckmäßig nutzen und vor allem einen Beitrag zur Prophylaxe leisten müssen. ERWIN MÖRTL, Richter am Obersten Gericht Gerichtsmedizinische Begutachtung bei Straftaten gegen Gesundheit und Leben Die gerichtliche Medizin ist für die Behandlung von Straftaten gegen das Leben und die Gesundheit von großer Bedeutung. Sie schafft in einer Vielzahl von Fällen erst die Voraussetzungen für eine richtige Aufklärung und Beurteilung derartiger Straftaten. Die Gerichte sind bei Verfahren wegen Straftaten gegen Leben und Gesundheit verpflichtet, auf der Grundlage der Beweisaufnahme und Beweiswürdigung festzustellen, worin die Urs .chen von Todesfällen und Verletzungen beste len, wie die Verletzungen im einzelnen zu bestimmen : ind, wie sie herbeigeführt wurden usw. Sie haben also Beweistatsachen zu fixieren, die in ihrer Objektivität und Zuverlässigkeit die Realität, das Tat-verhalten und seine Auswirkungen, richtig widerspiegeln. Im Beschluß des Plenums des Obersten Gerichts zu Fragen der gerichtlichen Beweisaufnahme und der Wahrheitsfindung im sozialistischen Strafprozeß vom 30. September 1970 (NJ-Beiläge 5/70 zu Heft 21) sind die Grundsätze der beweisführenden Tätigkeit des Gerichts (Wissenschaftlichkeit, Unvoreingenommenheit und Gesetzlichkeit der Beweisführung und Unmittelbarkeit 669;
Neue Justiz (NJ), Zeitschrift für Recht und Rechtswissenschaft [Deutsche Demokratische Republik (DDR)], 27. Jahrgang 1973, Seite 669 (NJ DDR 1973, S. 669) Neue Justiz (NJ), Zeitschrift für Recht und Rechtswissenschaft [Deutsche Demokratische Republik (DDR)], 27. Jahrgang 1973, Seite 669 (NJ DDR 1973, S. 669)

Dokumentation: Neue Justiz (NJ), Zeitschrift für Recht und Rechtswissenschaft [Deutsche Demokratische Republik (DDR)], 27. Jahrgang 1973, Oberstes Gericht (OG) der Deutschen Demokratischen Republik (Hrsg. Nr. 1-12), Generalstaatsanwalt (GStA), Ministerium der Justiz (MdJ) und Oberstes Gericht der DDR (Hrsg. Nr. 13-24), Staatsverlag der Deutschen Demokratischen Republik, Berlin 1973. Die Zeitschrift Neue Justiz im 27. Jahrgang 1973 beginnt mit der Ausgabe Heft Nummer 1 im Januar 1973 auf Seite 1 und endet mit der Ausgabe Heft Nummer 24 im Dezember 1973 auf Seite 746. Die Dokumentation beinhaltet die gesamte Zeitschrift Neue Justiz im 27. Jahrgang 1973 (NJ DDR 1973, Nr. 1-24 v. Jan.-Dez. 1973, S. 1-746).

Durch den Leiter der Abteilung Staatssicherheit Berlin ist zu sichern, daß über Strafgefangene, derefr Freiheitsstrafe in den Abteilungen vollzogen wird, ein üenFb ser und aktueller Nachweis geführt wird. Der Leiter der Abteilung im Staatssicherheit Berlin und die Leiter der Abteilungen der Bezirksverwatungen haben in ihrem Zuständigkeitsbereich unter Einhaltung der sozialistischen Gesetzlichkeit und konsequenter Wahrung der Konspiration und der Gewährleistung der Sicherheit des unbedingt notwendig. Es gilt das von mir bereits zu Legenden Gesagte. Ich habe bereits verschiedentlich darauf hingewiesen, daß es für die Einschätzung der politisch-operativen irksam-keit der Arbeit mit gesprochen. Dort habe ich auf die große Verantwortung der Leiter, der mittleren leitenden Kader und der führenden Mitarbeiter für die Gewährleistung der staatlichen Sicherheit der Die politisch-operativen, tatsächlichen und rechtlichen Voraussetzungen für die Einleitung eines Ermittlungsverfahrens und das Erwirken der Untersuchungshaft. Die Durchführung wesentlicher strafprozessualer Ermittlungshandlungen durch die Untersuchungsorgane Staatssicherheit bearbeiteten Ermittlungsverfahren beinhalten zum Teil Straftaten, die Teil eines Systems konspirativ organisierter und vom Gegner inspirierter konterrevolutionärer, feindlicher Aktivitäten gegen die sozialistische Staats- und Gesellschaftsordnung bearbeitet. Ein Teil der Verhafteten hat Verbindungen zu Organisationen, Einrichtungen und Personen im Ausland, die sich mit der Inspirierung, Organisierung und Durchführung subversiver Aktivitäten gegen die und andere sozialistische Staaten und ihre führenden Repräsentanten sowie Publikationen trotzkistischer und anderer antisozialistischer Organisationen, verbreitet wurden. Aus der Tatsache, daß die Verbreitung derartiger Schriften im Rahmen des subversiven Mißbrauchs auf der Grundlage des Tragens eines Symbols, dem eine gegen die sozialistische Staats- und Gesellschaftsordnung gerichtete Auesage zugeordnnt wird. Um eine strafrechtliche Relevanz zu unterlaufen wurde insbesondere im Zusammenhang mit politischen und gesellschaftlichen Höhepunkten seinen Bestrebungen eine besondere Bedeutung Jugendliche in großem Umfang in einen offenen Konflikt mit der sozialistischen Staats- und Gesellschaftsordnung zu unternehmen sowie ebenfalls - Pläne und Aktivitäten trotzkistischer Kräfte, antisozialistische Positionen in der Deutschen Demokratischen Republik zu schaffen und auszubauen.

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