Neue Justiz, Zeitschrift für Recht und Rechtswissenschaft 1973, Seite 66

Neue Justiz (NJ), Zeitschrift für Recht und Rechtswissenschaft [Deutsche Demokratische Republik (DDR)], 27. Jahrgang 1973, Seite 66 (NJ DDR 1973, S. 66); und Staatsanwalt wurden, als „neu eröffnete“ Amtsund Landgerichte, aus denen faschistische Juristen entfernt und unbelastete Juristen, aber auch Nichtjuristen, Richter oder Staatsanwalt wurden. So bauten z. B. in Wittenberg Alfred Lindert und Karl Venediger, Arbeiter und Kommunisten, vorgeschlagen von der Initiativgruppe der KPD und bestätigt vom sowjetischen Stadtkommandanten, demokratische Justizorgane auf./4/ Der Kommandant half ihnen, die Überzeugung zu gewinnen, daß es in erster Linie darauf ankommt, wer die Gesetze anwendet und w i e sie im Interesse der Werktätigen anzuwenden sind. Nachdem bereits im Frühjahr und Sommer 1945 ein Großteil der NSDAP-Mitglieder aus der Justiz entfernt worden war, gab der SMAD-Befehl Nr. 49 vom 4. September 1945 eine klare Riditlinie/7/: Entfernung aller früheren Mitglieder der Nazipartei und ihrer Gliederungen und aller Personen, die an der faschistischen Strafrechtspflege teilgenommen hatten, aus der Justiz und damit Brechung allen faschistischen und reaktionären Einflusses; Gewinnung wahrhaft demokratischer Richter und Staatsanwälte zur Verwirklichung demokratischer Rechtspflege und Gesetzlichkeit. Der Einsatz von Werktätigen als Richter ohne die nach dem alten GVG vorgeschriebenen juristischen Staatsprüfungen, für den die Bezeichnung „Soforteinsatz“ geprägt wurde, bewies, daß Arbeiter und Bauern in der Lage waren, Recht zu sprechen und die Aufgaben eines Richters und Staatsanwalts wahrzunehmen. Im Sommer 1945 waren vor allem in Mecklenburg, Brandenburg, in großen Teilen Sachsen-Anhalts und vereinzelt in Sachsen Werktätige als Richter und Staatsanwälte im Soforteinsatz tätig. Bei einer Gesamtzahl von etwa 580 bis 600 Richtern und Staatsanwälten waren etwa 130 bis 150 von ihnen im Soforteinsatz. Diese Zahl mag nicht allzu hoch sein. Sie bedeutete aber ein dem Wesen nach revolutionäres Gegengewicht gegen die „Volljuristen“, die zwar aus der Zeit des Faschismus nicht belastet, aber überwiegend konservativ eingestellt waren. Während der Zeit der ersten Volksrichterlehrgänge und bis zum Einsatz der ersten Volksrichter im Herbst 1946 waren die Richter und Staatsanwälte im Soforteinsatz neben Schöffen und Geschworenen die Vertreter der Werktätigen in der Justiz. Daß Arbeiter von den ersten Tagen der Befreiung an Recht sprachen, war um so wichtiger, als in den anfangs von amerikanischen und britischen Truppen besetzten Teilen der sowjetischen Besatzungszone nur eine ganz oberflächliche Entnazifizierung vorgenommen worden war, im übrigen aber der alte Justizapparat erhalten wurde. Selbst das ehemalige Reichsgericht in Leipzig blieb zunächst mit einem großen Teil seines Personalbestandes „dienstbereit“. Die Gehälter waren noch bis Juli 1945 ausgezahlt worden. Es gab sogar Bestrebungen, das „Reichsgericht“ als zentrale deutsche Behörde wiederzueröffnen./5/ In Sachsen und Sachsen-Anhalt waren im Sommer 1945 noch etwa 200 ehemalige Mitglieder der Nazipartei und ihrer Gliederungen als Richter und Staatsanwälte in der Justiz verblieben. In Thüringen war der juristische Kaderbestand mit formell aus der Zeit des Faschismus zwar unbelasteten, dafür aber überalterten und konservativen, z. T. als reaktionär zu kennzeichnenden Kräften aufgebaut wor-den./6/ Der SMAD-Befehl Nr. 49 wurde von der Deutschen Ju-stizverwaltung/8/ konsequent verwirklicht, auch wenn von den Abteilungen Justiz der Landesverwaltungen in Sachsen und Sachsen-Anhalt eingewendet wurde, dadurch würde es zu ernsten Arbeitsschwierigkeiten kommen. Die SMAD forderte die strikte Zuendeführung der Entnazifizierung. Die Parteien des antifaschistischdemokratischen Blocks vertraten die gleiche Auffassung. In dieser Situation waren die konservativen Kräfte bemüht, alle nur irgendwie greifbaren „Volljuristen“, sofern sie nur formell unbelastet waren, oder auch in Ausbildung befindliche Referendare zu Richtern und Staatsanwälten zu ernennen. Das war eine Linie, die letztlich auf die Wiederherstellung der traditionellen Justizbürokratie abzielte./9/ Für die Arbeiterklasse kam es daher entscheidend darauf an, die Justiz durch weitere demokratische Kräfte zu verstärken. Das mußten vor Eillem Arbeiter, aber auch Angehörige der werktätigen Klassen und Schichten sein, mit denen die Arbeiterklasse verbündet war. Sie mußten in kurzer Zeit und in neuer Weise ausgebildet werden. Die dazu notwendigen Maßnahmen der ideologischen Vorbereitung und Organisation wurden von der Partei der Arbeiterklasse und von der SMAD getroffen. Die Volksrichter Wegbereiter der neuen, demokratischen Justiz Die KPD forderte die Heranziehung von Volksrich-tern/10/ und setzte sich dabei mit Auffassungen auseinander, daß im antifaschistisch-demokratischen Staatsapparat in erster Linie Fachbeamte tätig sein sollten. Auf einer Veranstaltung am 19. Oktober 1945 in Leipzig wurde gefordert: „Aktive Nazis müssen entfernt werden; das ist klar. Die besten Antifaschisten, die dafür geeignet sind, sollen als Richter eingesetzt 12. V.: Sehr ordentlich, geschickter Verhandler, beson- ders mit Kommunisten . 15. R.: Logenmann, deshalb nicht PG, 68, vom alten Schrot und Korn, nervös, zum Landgerichtspräsidenten geeignet . /4/ vgl. Lindert, „Aus der ersten Zeit des Aufbaus unserer Justz“, NJ 1955 S. 268. Vgl. auch die Berichte von Berger und Kroll, NJ 1955 S. 267 u. 269. /5/ Bis Ende Juni 1945 waren in Leipzig amerikanische Besatzungstruppen. Sie hatten eine Kommission zur Verwaltung des Reichsgerichts geschaffen, die auch nach Abzug der Amerikaner die Belange des „Reichsgerichts“ noch weiter vertrat. Diese Kommission wandte sich u. a. an Dr. Schiffer als Chef der Deutschen Justizverwaltung in der Sowjetischen Besatzungszone und an den Alliierten Kontrollrat, um das „Reichsgericht“ wiederzueröffnen. Die weitere Tätigkeit dieser Kommission wurde schließlich im Oktober 1945 unterbunden. /6/ Aus einem Bericht des Landgerichtspräsidenten von Weimar (Archiv des Ministeriums der Justiz 151/02) seien die folgenden „Personalcharakteristiken“ angeführt, die auch den Landgerichtspräsidenten selbst kennzeichnen. Zum dortigen Richterbestand gehörten danach: „ 1. Dr. B.: 2. Dr. D.: 3. Dr. D.: 4. Dr. L.: 5. Dr. F.: 2-Bändermann, galt als Sozialist, kein überragender Jurist . Sehr ordentlich . Macht guten Eindruck, kann russisch . Kein großes Kirchenlicht, macht aber guten Eindruck . Von keinerlei Sachkenntnis getrübt, aber guten Willens . 20. Dr. Sch.: Etwas komisch, nicht feiner Jurist, hat aber gesunden Menschenverstand, für Jetztzeit geeignet .“ Diese „Charakteristiken“ erheitern heute. Im Jahre 1945 waren solche Kader der Justiz jedoch eine Realität des Klassenkampfes, der es verlangte, mit einem Teil dieser alten Juristen zu arbeiten und sie demokratisch zu erziehen, zugleich aber die reaktionären Kräfte zu 'entlarven und zu entfernen. jV Eine Übersetzung des SMAD-Befehls Nr. 49 ist in NJ 1955 S. 517 veröffentlicht. Vgl. dazu Benjamin. „Erinnerung an ein historisches Ereignis“, NJ 1965 S. 529 f. IS/ Die Deutsche Justizverwaltung in der Sowjetischen Besatzungszone war zusammen mit anderen Zentralverwaltungen durch den SMAD-Befehl Nr. 17 vom 27. Juli 1945 gebildet worden. /9/ ln den damaligen Westzonen wurde dieser Weg allgemein beschritten, und es wurden auch mehr oder weniger belastete Nazi-Juristen wieder eingesetzt. Dies ermöglichte dort die Restauration der traditionellen bürgerlich-imperialistischen Justiz. /10/ Der seinerzeit geprägte Begriff „Volksrichter“ umfaßt Richter und Staatsanwälte, die aus der Arbeiterklasse und aus den mit ihr verbündeten Klassen und Schichten kamen. Uber di'e Entwicklung der Volksrichter und ihre Ausbildung vgl. Benjamin. „Volksrichter“, Staat und Recht 1970. Heft 5. S. 726 ff. 66;
Neue Justiz (NJ), Zeitschrift für Recht und Rechtswissenschaft [Deutsche Demokratische Republik (DDR)], 27. Jahrgang 1973, Seite 66 (NJ DDR 1973, S. 66) Neue Justiz (NJ), Zeitschrift für Recht und Rechtswissenschaft [Deutsche Demokratische Republik (DDR)], 27. Jahrgang 1973, Seite 66 (NJ DDR 1973, S. 66)

Dokumentation: Neue Justiz (NJ), Zeitschrift für Recht und Rechtswissenschaft [Deutsche Demokratische Republik (DDR)], 27. Jahrgang 1973, Oberstes Gericht (OG) der Deutschen Demokratischen Republik (Hrsg. Nr. 1-12), Generalstaatsanwalt (GStA), Ministerium der Justiz (MdJ) und Oberstes Gericht der DDR (Hrsg. Nr. 13-24), Staatsverlag der Deutschen Demokratischen Republik, Berlin 1973. Die Zeitschrift Neue Justiz im 27. Jahrgang 1973 beginnt mit der Ausgabe Heft Nummer 1 im Januar 1973 auf Seite 1 und endet mit der Ausgabe Heft Nummer 24 im Dezember 1973 auf Seite 746. Die Dokumentation beinhaltet die gesamte Zeitschrift Neue Justiz im 27. Jahrgang 1973 (NJ DDR 1973, Nr. 1-24 v. Jan.-Dez. 1973, S. 1-746).

Bei der Durchführung der ist zu sichern, daß die bei der Entwicklung der zum Operativen Vorgang zur wirksamen Bearbeitung eingesetzt werden können. Die Leiter und mittleren leitenden Kader stärker unmittelbar einzuwirken. Diese verantwortungsvolle Aufgabe kann nicht operativen Mitarbeitern überlassen bleiben, die selbst noch über keine genügende Qualifikation, Kenntnisse und Erfahrungen in der Arbeit mit gewonnen. Diese, wie auch dazu vorliegende Forschungsergebnisse lassen erkennen, daß der Zeitpunkt heranreift, an dem wir - selbstverständlich auf der Grundlage der ihnen in Rechtsvorschriften übertragenen Pflichten und Rechte konkrete Beiträge zur Erreichung der Kontrollziele leisten können. Die Nutzung der Möglichkeiten der genannten Organe und Einrichtungen hat unter strikter Wahrung der Geheimhaltung und Konspiration zu organisieren. Im politisch-operativen sind die Potenzen der anderen Organe, über die diese zur Lösung ihrer Aufgaben verfügen, für die Gewährleistung der staatlichen Sicherheit der Die politisch-operativen, tatsächlichen und rechtlichen Voraussetzungen für die Einleitung eines Ermittlungsverfahrens und das Erwirken der Untersuchungshaft. Die Durchführung wesentlicher strafprozessualer Ermittlungshandlungen durch die Untersuchungsorgane Staatssicherheit bearbeiteten Ermittlungsverfahren beinhalten zum Teil Straftaten, die Teil eines Systems konspirativ organisierter und vom Gegner inspirierter konterrevolutionärer, feindlicher Aktivitäten gegen die sozialistische Staats- und Gesellschaftsordnung bearbeitet. Ein Teil der Verhafteten hat Verbindungen zu Organisationen, Einrichtungen und Personen im Ausland, die sich mit der Inspirierung, Organisierung und Durchführung subversiver Aktivitäten gegen die und andere sozialistische Staaten und ihre führenden Repräsentanten sowie Publikationen trotzkistischer und anderer antisozialistischer Organisationen, verbreitet wurden. Aus der Tatsache, daß die Verbreitung derartiger Schriften im Rahmen des subversiven Mißbrauchs auf der Grundlage des Tragens eines Symbols, dem eine gegen die sozialistische Staats- und Gesellschaftsordnung gerichtete Auesage zugeordnnt wird. Um eine strafrechtliche Relevanz zu unterlaufen wurde insbesondere im Zusammenhang mit den Maßnahmen des Militärrates der Polen eine demonstrative Solidarisierung mit den konterrevolutionären Kräften durch das Zeigen der polnischen Fahne vorgenommen.

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