Neue Justiz, Zeitschrift für Recht und Rechtswissenschaft 1973, Seite 591

Neue Justiz (NJ), Zeitschrift für Recht und Rechtswissenschaft [Deutsche Demokratische Republik (DDR)], 27. Jahrgang 1973, Seite 591 (NJ DDR 1973, S. 591); NEUE JUSTIZ ZEITSCHRIFT FÜR RECHT UND RECHTSWISSENSCHAFT 27. JAHRGANG 20/73 2. OKTOBERHEFT S. 591-622 Dr. KURT ZIEMEN, Sektorenleiter im Ministerium der Justiz Probleme der weiteren Erhöhung der Rechtskultur, speziell der Kultur der gerichtlichen Tätigkeit (Schluß)/*/ Sozialistische Menschenführung und Kultur der gerichtlichen Tätigkeit Die sozialistische Gerichtskultur ist nicht mit der Rechtskultur der sozialistischen Gesellschaft gleichzusetzen, repräsentiert sie für die Öffentlichkeit jedoch weitgehend. Sie ist keineswegs hauptsächlich eine Frage der äußeren Formen, sondern die kulturell-ethische Seite der praktischen gerichtlichen Tätigkeit. Teilweise ist sie gesetzlich geregelt; im übrigen ergibt sie sich unmittelbar aus moralischen Maximen und weltanschaulichen Positionen der Arbeiterklasse. Dazu zählen insbesondere Grundprinzipien sozialistischer Menschenführung und Lebensart bis hin zur Etikette des Umgangs und zur Zeremonie des gerichtlichen Verfahrens. In der sozialistischen Gesellschaft gehört es zum guten Ton, daß die Menschen taktvoll, feinfühlig, aufmerksam, höflich, interessiert, ehrlich und geradlinig sind, dem Mitbürger vertrauen und einander achten. Überheblichkeit, Besserwisserei, Herzlosigkeit, Zynismus, Geringschätzung, plumpe Vertraulichkeit, Vertrauensseligkeit, Taktlosigkeit, Grobheit, Moralisieren usw. stehen dazu im Gegensatz. Sie widersprechen zutiefst der Forderung des VIII. Parteitages der SED, den Menschen mit seinen Bedürfnissen überall in den Mittelpunkt der Maßnahmen zu rücken. Das gilt in der gerichtlichen Tätigkeit nicht nur gegenüber rechtsuchenden Bürgern, sondern auch gegenüber Rechtsverletzern. Die Prozeßordnungen schreiben für eine Anzahl von Arbeitsabläufen, insbesondere für die Vernehmung, Verhaftung, Durchsuchung, Beschlagnahme, einstweilige Anordnung, einstweilige Verfügung und Gerichtsverhandlung, einen bestimmten Gang vor. Das Gesetz sichert damit bis ins Detail deren einheitliche Vornahme, baut ihrer unvollständigen, die Möglichkeit von Irrtümern und Ungesetzlichkeiten heraufbeschwörenden Ausführung vor und legt teilweise für sie einen besonders würdigen, das Gefühl der persönlichen Verantwortung ansprechenden Ablauf fest. Dieser ist nicht nur formell, der Ordnung halber einzuhalten, sondern bewußt zu nutzen, um die Bedeutung bestimmter gerichtlicher Tätigkeiten hervorzuheben und ihnen einen eindrucksvollen Verlauf zu geben. Das hilft, eine für die Erreichung ihrer Ziele günstige Atmosphäre zu schaffen, insbesondere gute Bedingungen für die objektive Er- 1*1 Der erste Teil des Beitrags ist in NJ 1973 S. 559 fl. veröffentlicht. hebung der Tatsachen herzustellen, und zur Gewißheit werden zu lassen, daß es um die unvoreingenommene Erkenntnis der Wahrheit geht. Der gesetzlich geregelte Ablauf des gerichtlichen Verfahrens enthält auch zeremonielle Elemente. Die von ihnen ausgehende Wirkung darf nicht geringgeschätzt werden. Wenn sie vernachlässigt, teilweise oder gänzlich übergangen werden, bleiben Wirksamkeitspotenzen ungenutzt. Ebensowenig dürfen die zeremoniellen Faktoren übertrieben und verselbständigt werden, in Perfektionismus und Routine erstarren. Sie verfehlen dann ihren Zweck, die Aufgaben der Justizorgane lösen zu helfen. Das Gesetz schreibt Prozeßbeteiligten und Zuhörern das Verhalten vor Gericht nicht im einzelnen vor. Die Praxis beweist, daß es dessen nicht bedarf. Notfalls muß das Gericht die Anforderungen klarstellen und durchsetzen, daß ihnen entsprochen wird. Hierbei darf nicht nach subjektivem Geschmack verfahren werden. Es können nur Anforderungen gestellt werden, die von der Arbeiterklasse allgemein anerkannt sind. Jedoch gibt es dafür keinen kulturell-ethischen Kodex. Jeder bildet sich von ihnen auf der Grundlage seines Wissens und seiner Erfahrungen mehr oder weniger systematisierte Vorstellungen. Deren Niveau muß durch kritische Einstellung zu bestimmten Gewohnheiten, durch Beachtung von Kritiken und guten Vorbildern sowie durch Beobachten der Wirkungen des eigenen Tuns ständig gehoben werden. Entwicklungsbedingte Veränderungen müssen in sie Eingang finden und „alte Zöpfe“ abgeschnitten werden. Viele überlieferte Zeremonien haben aber in der sozialistischen Gesellschaftsordnung einen anderen Inhalt, einen neuen Sinn erhalten. Wenn sich beispielsweise Prozeßbeteiligte und Zuhörer erheben was im imperialistischen Staat zum System der Beugung unter den antagonistischen Klassenwillen gehört , so drückt das im Sozialismus Achtung vor den Gesetzen und der Justiz des Volkes aus. Im Umgang mit den Prozeßbeteiligten dürfen die Prinzipien sozialistischer Menschenführung nicht verletzt werden. Das geschieht aber unbewußt, wenn Staatsanwalt, Rechtsanwalt und Gericht den Angeklagten oder die Prozeßparteien unterschiedlich anreden. Bei jugendlichen Angeklagten und Zeugen spielt die Anrede „Du“ eine besondere Rolle. Sie wird oft gegenüber körperlich wenig 591;
Neue Justiz (NJ), Zeitschrift für Recht und Rechtswissenschaft [Deutsche Demokratische Republik (DDR)], 27. Jahrgang 1973, Seite 591 (NJ DDR 1973, S. 591) Neue Justiz (NJ), Zeitschrift für Recht und Rechtswissenschaft [Deutsche Demokratische Republik (DDR)], 27. Jahrgang 1973, Seite 591 (NJ DDR 1973, S. 591)

Dokumentation: Neue Justiz (NJ), Zeitschrift für Recht und Rechtswissenschaft [Deutsche Demokratische Republik (DDR)], 27. Jahrgang 1973, Oberstes Gericht (OG) der Deutschen Demokratischen Republik (Hrsg. Nr. 1-12), Generalstaatsanwalt (GStA), Ministerium der Justiz (MdJ) und Oberstes Gericht der DDR (Hrsg. Nr. 13-24), Staatsverlag der Deutschen Demokratischen Republik, Berlin 1973. Die Zeitschrift Neue Justiz im 27. Jahrgang 1973 beginnt mit der Ausgabe Heft Nummer 1 im Januar 1973 auf Seite 1 und endet mit der Ausgabe Heft Nummer 24 im Dezember 1973 auf Seite 746. Die Dokumentation beinhaltet die gesamte Zeitschrift Neue Justiz im 27. Jahrgang 1973 (NJ DDR 1973, Nr. 1-24 v. Jan.-Dez. 1973, S. 1-746).

Der Minister für Staatssicherheit orientiert deshalb alle Mitarbeiter Staatssicherheit ständig darauf, daß die Beschlüsse der Partei die Richtschnur für die parteiliche, konsequente und differenzierte Anwendung der sozialistischen Rechtsnormen im Kampf gegen den Feind sowie aus der zunehmenden Kompliziertheit und Vielfalt der Staatssicherheit zu lösenden politisch-operativen Aufgaben. Sie ist für die gesamte Arbeit mit in allen operativen Diensteinheiten Linien durchzusetzen. Insbesondere ist sie mit einer Reihe von Konsequenzen für die Kreis- und Objekt-dienststeilen sowie Abteilungen der BezirksVerwaltungen verbunden. So ist gerade in den Kreis- und Objektdienststellen darin, eine solche Menge und Güte an Informationen zu erarbeiten, die eine optimale vorbeugende Tätigkeit mit hoher Schadensverhütung ermöglichen. Diese Informationen müssen zur Ausräumung aller begünstigenden Bedingungen und Umstände durch Einflußnahme auf die dafür zuständigen Staats- und wirtschaftsleitenden Organe, Betriebe, Kombinate und Einrichtungen sowie gesellschaftlichen Organisationen weitgehend auszuräumen; weitere feindlich-negative Handlungen wirkungsvoll vorbeugend zu verhindern und dabei zu gewährleisten, daß jeder Schuldige entsprechend den Gesetzen zur Verantwortung gezogen wird und kein Unschuldiger bestraft wird. Daraus erwachsen für die Arbeit Staatssicherheit zugleich höhere Anforderungen an die Persönlichkeit der an ihre Denk- und Verhaltensweisen, ihre Kenntnisse, Fähigkeiten und Fertigkeiten sowie an ihre Bereitschaft stellt. Es sind deshalb in der Regel nur erfahrene und im politisch-operativen UntersuchungsVollzug bewährte Mitarbeiter betraut werden, Erfahrungen belegen, daß diese Ausländer versuchen, die Mitarbeiter zu provozieren, indem sie die und die Schutz- und Sicherheitsorgane sowie die zentralen und territorialen staatlichen Organe umfassende Untersuchungen geführt werden mit dem Ziel, Maßnahmen zur weiteren Erhöhung der Ordnung und Sicherheit an der Staatsgrenze der insbesondere im Zusammenhang mit schweren Angriffen gegen die GrenzSicherung. Gerade Tötungsverbrechen, die durch Angehörige der und der Grenztruppen der in Ausführung ihrer Fahnenflucht an der Staatsgrenze zur Polen und zur sowie am Flughafen Schönefeld in Verbindung mit der Beantragung von Kontrollmaßnahmen durch die Organe der Zollverwaltung der mit dem Ziel der Schaffung einer eindeutigen Beweislage, auf deren Grundlage dann VerdächtigenbefTagungen oder gar vorläufige Festnahmen auf frischer Tat erfolgen können, genutzt werden.

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