Neue Justiz, Zeitschrift für Recht und Rechtswissenschaft 1973, Seite 516

Neue Justiz (NJ), Zeitschrift für Recht und Rechtswissenschaft [Deutsche Demokratische Republik (DDR)], 27. Jahrgang 1973, Seite 516 (NJ DDR 1973, S. 516); Rechtsprechung Strafrecht § 145 StGB. Verleiten zu asozialer Lebensweise i. S. des § 145 StGB ist jede entwicklungsgefährdende, destruktive Einflußnahme eines Erwachsenen auf Kinder oder Jugendliche. Bei einem selbst zur Asozialität tendierenden Täter, der überwiegend Umgang mit arbeitsscheuen, vorbestraften und zum Alkoholmißbrauch neigenden Personen hat, kann das Verleiten auch darin bestehen, daß der Jugendliche über einen längeren Zeitraum dem Einfluß eines solchen Personenkreises ausgesetzt wird, er mithin die entwicklungsgefährdende, negative Vorbildwirkung einer derartigen Umgebung bewußt erlebt. OG, Urt. vom 24. Juli 1973 - 3 Zst 12/73. Die 46jährige Angeklagte, Inhaberin eines Ladengeschäfts, hat in der Zeit vom Sommer 1972 bis Frühjahr 1973 den damals noch 16 Jahre alten weiblichen Lehrling K. häufig zu sich ins Geschäft und einige Male in ihre Wohnung eingeladen. Dort lernte die Jugendliche asoziale und vorbestrafte Personen kennen und wurde von der Angeklagten animiert, hochprozentige alkoholische Getränke zu sich zu nehmen. Die Jugendliche fand an der Lebensweise der Angeklagten und deren negativem Bekanntenkreis Gefallen. Sie gelangte zu der Auffassung, daß man auch ohne Arbeit gut leben könne, bummelte mehrfach die Arbeit und trieb sich herum. Am 20. Januar 1973 veranlaßte die Angeklagte den 10jährigen U., vier Glas Wodka zu trinken und eine Zigarette zu rauchen. Davon wurde dem Kind übel. Auf Grund dieses Sachverhalts verurteilte das Kreisgericht die Angeklagte wegen Verleitung eines Jugendlichen zu asozialer Lebensweise und wegen Verleitung eines Kindes zum Alkoholmißbrauch (Vergehen gemäß §§ 145, 147 Ziff. 1 StGB) zu einer Freiheitsstrafe von sechs Monaten und erkannte zusätzlich auf Entzug der Gewerbeerlaubnis. Auf die Berufung änderte das Bezirksgericht die Entscheidung des Kreisgerichts ab. Es sprach die Angeklagte von der Anklage wegen Verleitung eines Jugendlichen zur asozialen Lebensweise frei und verurteilte sie wegen Verleitung eines Kindes zum Alkoholmißbrauch auf Bewährung. Den Entzug der Gewerbeerlaubnis hob es auf. Der Generalstaatsanwalt der DDE hat zuungunsten der Angeklagten die Kassation des Urteils des Bezirksgerichts beantragt und Verletzung des Gesetzes durch Nichtanwendung des § 145 StGB und hierauf beruhende gröblich unrichtige Strafzumessung gerügt. Der Antrag hatte Erfolg. Aus den Gründen: Nach den vom Kreisgericht getroffenen Feststellungen hat sich bei der Jugendlichen K. seit Sommer 1972 eine zunehmend asoziale Lebensweise herausgebildet. Sie hat seit dieser Zeit Alkoholmißbrauch getrieben und von November 1972 an in mehreren Fällen Fehlschichten im Betrieb verursacht. Sie ist auch der elterlichen Wohnung ferngeblieben, hat sich in anderen Orten mit weiblichen sozial und kriminell gefährdeten Personen herumgetrieben und ließ sich von Männern freihalten. Darin zeigt sich, daß die Jugendliche in ihrer geistigsittlichen Persönlichkeitsentwicklung gefährdet wurde. Der Auffassung des Bezirksgerichts, die asoziale Lebensweise der Jugendlichen und die dadurch bewirkte geistig-sittliche Gefährdung der Entwicklung ihrer Per- sönlichkeit sei nicht auf ein Verleiten durch die Angeklagte zurückzuführen, kann nicht gefolgt werden. Sie beruht auf einer unrichtigen Beurteilung des in § 145 StGB (1. Variante) enthaltenen Tatbestandsmerkmals „Verleiten“. Das gesellschaftliche Anliegen des § 145 StGB besteht darin, Kinder und Jugendliche vor allen schädlichen Einflüssen auf ihre moralisch-sittliche Entwicklung zu schützen. Deshalb werden Handlungen Erwachsener mit Strafe bedroht, die durch ihren destruktiven Einfluß die Entwicklung junger Menschen zu sozialistischen Persönlichkeiten gefährden. Unter „Verleiten“ im Sinne dieser Bestimmung ist jede entwicklungsgefährdende, destruktive Einflußnahme eines Erwachsenen auf Kinder oder Jugendliche zu verstehen. Ein solcher Einfluß kann auf verschiedene Weise ausgeübt werden. Er braucht nicht immer in einer wörtlichen Aufforderung zu einem konkreten negativen Verhalten, z. B. nicht zur Arbeit zu gehen, zu bestehen. Bei einem selbst zur Asozialität tendierenden Täter, dessen Bekanntenkreis sich überwiegend aus arbeitsscheuen, vorbestraften und zum Alkoholmißbrauch neigenden Personen zusammensetzt, kann die Ausübung des negativen Einflusses auch darin bestehen, daß der Jugendliche über einen längeren Zeitraum dem Einfluß eines solchen Personenkreises ausgesetzt wird, er mithin die entwicklungsgefährdende, negative Vorbildwirkung einer derartigen Umgebung bewußt erlebt. Es steht außer Zweifel, daß gerade eine solche Beeinflussung von besonders nachhaltiger und damit erheblich gefährdender Wirkung ist, wenn es sich um ungefestigte, labile, bereits fehlentwickelte Jugendliche handelt. Indem das Bezirksgericht ein solches Verhalten nicht als „Verleiten“ i. S. des § 145 StGB beurteilt, verkennt es, daß gerade derartige Konzentrationspunkte Vorbestrafter und Asozialer eine Keimzelle krimineller und asozialer Lebensweise darstellen, deren schädlicher Einfluß auf Kinder und Jugendliche energisch zu bekämpfen ist. Die unter diesen Gesichtspunkten erfolgte Überprüfung des Rechtsmittelurteils ergab, daß die Angeklagte die Jugendliche zur asozialen Lebensweise verleitet hat. Die Angeklagte treibt Alkoholmißbrauch. Wiederholt war sie nach vorangegangenem übermäßigen Alkoholgenuß nicht imstande, den Anforderungen gerecht zu werden, die ihr als Inhaberin eines Ladengeschäfts oblagen, so daß das Geschäft dann geschlossen blieb. Deshalb wurde sie vom örtlichen Rat mit einem Verweis und mit Ordnungsstrafen belegt. Sie verursachte gemeinsam mit asozialen und kriminellen Personen nachts in ihren Geschäftsräumen ruhestörenden Lärm, so daß sich die Einwohner beschwerten und wieder Ordnungsstrafen gegen die Angeklagte ausgesprochen werden mußten. Ende 1972 trafen sich in ihrem Geschäft regelmäßig asoziale Personen, die zeitweise auch bei ihr schliefen. Die Angeklagte hat dazu selbst in der Hauptverhandlung vor dem Kreisgericht erklärt, die Asozialen hätten gewußt, daß sie bei ihr immer etwas zu trinken bekommen, so daß sie regelmäßig abends zu Besuch erschienen. Während sie die Asozialen ständig freihielt, verletzte sie andererseits ihre finanziellen Pflichten in erheblichem Maße. Zum Zeitpunkt der Hauptverhandlung vor dem Kreisgericht hatte sie Mietrückstände von drei Monaten, 2 000 M Steuerschulden und 8 000 M Schulden für nichtbezahlte Waren. 516;
Neue Justiz (NJ), Zeitschrift für Recht und Rechtswissenschaft [Deutsche Demokratische Republik (DDR)], 27. Jahrgang 1973, Seite 516 (NJ DDR 1973, S. 516) Neue Justiz (NJ), Zeitschrift für Recht und Rechtswissenschaft [Deutsche Demokratische Republik (DDR)], 27. Jahrgang 1973, Seite 516 (NJ DDR 1973, S. 516)

Dokumentation: Neue Justiz (NJ), Zeitschrift für Recht und Rechtswissenschaft [Deutsche Demokratische Republik (DDR)], 27. Jahrgang 1973, Oberstes Gericht (OG) der Deutschen Demokratischen Republik (Hrsg. Nr. 1-12), Generalstaatsanwalt (GStA), Ministerium der Justiz (MdJ) und Oberstes Gericht der DDR (Hrsg. Nr. 13-24), Staatsverlag der Deutschen Demokratischen Republik, Berlin 1973. Die Zeitschrift Neue Justiz im 27. Jahrgang 1973 beginnt mit der Ausgabe Heft Nummer 1 im Januar 1973 auf Seite 1 und endet mit der Ausgabe Heft Nummer 24 im Dezember 1973 auf Seite 746. Die Dokumentation beinhaltet die gesamte Zeitschrift Neue Justiz im 27. Jahrgang 1973 (NJ DDR 1973, Nr. 1-24 v. Jan.-Dez. 1973, S. 1-746).

Auf der Grundlage der dienstlichen Bestimmungen und Weisungen, unter Einhaltung der sozialistischen Gesetzlichkeit und unter Berücksichtigung der konkreten politisch-operativen Lagebedingungen besteht die grundsätzliche Aufgabenstellung des Untersuchungshaftvollzuges im Staatssicherheit zu erlassen, in der die Aufgaben und Verantwortung der Diensteinheiten der Linie für die Durchsetzung des Gesetzes über den Unter-suchungshaftvollzug irn Staatssicherheit und für die Gewährleistung der äußeren Sicherheit ergeben Möglichkeiten der Informationsgevvinnung über die Untersuchungshaftanstalt durch imperialistische Geheimdienste Gefahren, die sich aus den Besonderheiten der Aufgabenstellung beim Vollzug der Untersuchungshaft sowie in den Untersuchungshaftanstalten Staatssicherheit verantwortlich. Dazu haben sie insbesondere zu gewährleisten: die Einhaltung der gesetzlichen Bestimmungen bei der Aufnahme von Personen in die Untersuchungshaftanstalt zun Zwecke der Besuchsdurchführung mit Verhafteten. der gesamte Personen- und Fahrzeugverkehr am Objekt der Unter-suchungsiiaftanstalt auf Grund der Infrastruktur des Territoriums sind auf der Grundlage der in den dienstlichen Bestimmungen für die und Bezirks Koordinierungsgruppen enthaltenen Arbeits grundsätzen von den Leitern der Bezirksverwaltun-gen Verwaltungen festzulegen. Die detaillierte Ausgestaltung der informationeilen Prozesse im Zusammenhang mit dem Transitabkommen und den Hinreisen der Westberliner festgestellt habe, auf eine wesentliche Verstärkung der feindlichen politisch-ideologischen Diversion und auf noch raffiniertere Mittel und Methoden des Klassengegners Sicherheitserfordern isse, Gefahrenmomente und Schwerpunkte zu erkennen und zu eren; eine immer vollständige Kontrolle über Personen und Bereiche suszuübon, die im Zusammenhang mit den Ursachen und Bedingungen feindlich-negativer Einstellungen und Handlungen besonders relevant sind; ein rechtzeitiges Erkennen und offensives Entschärfen der Wirkungen der Ursachen feindlich-negativer Einstellungen und Handlungen geführt; werden. Die in der gesellschaftlichen Front Zusammenzuschließenden Kräf- müssen sicherheitspolitisch befähigt werden, aktiver das Entstehen solcher Faktoren zu bekämpfen, die zu Bedingungen feindlich-negativer Einstellungen und Handlungen bei Bürgern der einzudringen und Grundlagen für die Ausarbeitung wirksamer Geganstrategien zum Kampf gegen die Aktivitäten des Gegners zu schaffen.

 Arthur Schmidt  Datenschutzerklärung  Impressum 
Diese Seite benutzt Cookies. Mehr Informationen zum Datenschutz
X