Neue Justiz, Zeitschrift für Recht und Rechtswissenschaft 1973, Seite 398

Neue Justiz (NJ), Zeitschrift für Recht und Rechtswissenschaft [Deutsche Demokratische Republik (DDR)], 27. Jahrgang 1973, Seite 398 (NJ DDR 1973, S. 398); Gegen diese Entscheidung richtet sich der Kassationsantrag des Generalstaatsanwalts der DDR. Mit ihm wird die Verletzung des Gesetzes durch unrichtige Anwendung der §§ 8 Abs. 2, 185 Abs. 1 und 188 Abs. 1 StGB gerügt. Der Antrag hatte Erfolg. Aus den Gründen: Bei der hier zu treffenden Entscheidung ist von dem durch das Bezirksgericht eindeutig festgestellten Sachverhalt auszugehen. Dieser lag auch dem Urteil des 2. Strafsenats des Obersten Gerichts der DDR zugrunde. Danach war als Ursache des Großbrandes im Lehr- und Versuchsgut T. am 19. Januar 1971 der von der Angeklagten an das Stromnetz angeschlossene und unbeaufsichtigt gelassene Tauchsieder im Umkleide- und Aufenthaltsraum festgestellt worden. Der daraus und aus den weiteren Sachverhaltsfeststellungen gezogenen Schlußfolgerung durch den 2. Strafsenat des Obersten Gerichts der DDR, daß keine strafrechtliche Schuld seitens der Angeklagten vorliege, kann jedoch nicht zugestimmt werden. Bei der Prüfung und Beurteilung der Anforderungen, die an das Vorliegen einer verantwortungslosen Gleichgültigkeit zu stellen sind, ist der Senat zu einem fehlerhaften Ergebnis gekommen. Mit seiner Entscheidung hat der 2. Strafsenat des Obersten Gerichts nicht beachtet, daß bei der Beurteilung der Frage, ob eine verantwortungslose Gleichgültigkeit zum Zeitpunkt der Tat Vorgelegen hat, die Gesamtheit der objektiven und subjektiven Bedingungen zu berücksichtigen und zu bewerten ist. § 8 Abs. 2 StGB bezieht die verantwortungslose Gleichgültigkeit auf das Nichtbewußtmachen der Pflichten, das dem Handelnden dann zur Last gelegt wird, wenn er seine geistigen Fähigkeiten nicht im gebotenen und möglichen Maße genutzt hat, sich die ihm obliegenden Pflichten bewußtzumachen (vgl. Ziff. 4.3. des Berichts des Präsidiums des Obersten Gerichts an die 6. Plenartagung zu Problemen der strafrechtlichen Schuld vom 28. März 1973, NJ-Beilage 3/73 zu Heft 9). Der Senat hätte erkennen müssen, daß es der Angeklagten nicht nur objektiv möglich war, ihre Pflichten wahrzunehmen, sondern daß für sie auch subjektiv die Möglichkeit zum Bewußtmachen der Pflichten bestand. Dabei wird nicht verkannt, daß es bei der in diesem Strafverfahren aufgeworfenen Problematik um die Fixierung der Grenzen strafrechtlicher Verantwortlichkeit bei Vorliegen unbewußter Pflichtverletzung geht und die Notwendigkeit besteht, exakt jene Kriterien im Verhalten der Angeklagten herauszuarbeiten, die die strafrechtliche Schuld charakterisieren und begründen. Der Umgang mit bestimmten elektrischen Geräten, wie z. B. Bügeleisen und Tauchsieder, verlangt wie die allgemeine-Lebenserfahrung und die Praxis zeigen ein besonders verantwortungsbewußtes Verhalten von dem Benutzer, um mögliche schädliche Folgen für die Gesundheit und das Leben sowie für die allgemeine Sicherheit zu vermeiden. Für jeden Bürger erwächst daraus neben dem sach- und fachgerechten Umgang mit solchen Geräten die allgemeine Rechtspflicht, diese Geräte während ihres Benutzens ständig zu kontrollieren und sie nach dem Benutzen so aufzubewahren, daß auf Grund ihres Erhitzungszustandes keine Gefahren oder Brände entstehen können. Bei Verlassen des Raumes, in dem diese Geräte benutzt wurden, ist eine gründliche Kontrolle durchzuführen, und sobald eine ständige Aufsicht auf Grund bestimmter Umstände nicht mehr wahrgenommen werden kann, sind diese Geräte stromlos zu machen. Diese Rechtspflichten er- geben sich sowohl aus den speziellen Arbeits- und Brandschutzanordnungen (wie z. B. BAO Nr. 4 Wohnstätten - vom 21. Juli 1960 [GBl. I S. 438], BAO Nr. 10 Brandschutz in landwirtschaftlichen Betrieben - vom 12. Juli 1963 [GBl. II S. 552], ABAO Nr. 900 Elektrische Anlagen vom 20. Juli 1961 [GBl.-Sdr. Nr. 339] usw.) als auch aus den Bestimmungen des Strafgesetzbuchs selbst. Auch in den Gebrauchs- und Bedienungsanleitungen zu diesen Geräten sind diese Verhaltensanforderungen teilweise enthalten. Der 2. Strafsenat des Obersten Gerichts hat in seinem angefochtenen Urteil richtig herausgearbeitet, daß z. B. nach §§ 185, 188 StGB jeder Bürger die Pflicht hat, Handlungen zu unterlassen, die geeignet sind, Wohnstätten, Betriebe usw. in Brand zu setzen. Er hat begründet, daß es sich hierbei um Grundanforderungen handelt, die die Gesellschaft an ihre Mitglieder stellt und die keiner speziellen Regelung bedürfen. Diese allgemeine Rechtspflicht hat die Angeklagte nicht nur objektiv wie der 2. Strafsenat selbst festgestellt hat , sondern auch subjektiv nach den getroffenen Sachverhaltsfeststellungen nicht erfüllt. Auch wenn, den Einlassungen der Angeklagten folgend, berücksichtigt wird, daß sie das Unterstromsetzen des Tauchsieders bewußtseinsmäßig nicht wahrgenommen hat, ist die vom 2. Strafsenat hieraus gezogene Schlußfolgerung, es müsse von einem von der Angeklagten nicht zu verantwortenden persönlichen Versagen ausgegangen werden, fehlerhaft. Abgesehen davon, daß die von der Angeklagten im Umgang mit dem Tauchsieder gezeigte Gedankenlosigkeit zum Zeitpunkt des erneuten Unterstromsetzens schon eine verantwortungslose Gleichgültigkeit gegenüber den konkreten Verhaltensanforderungen sichtbar werden läßt, wird dies durch ihr weiteres gedanken-und sorgloses Verhalten im Hinblick auf wahrzunehmende Pflichten nachhaltig unterstrichen. Die Angeklagte hat bei Verlassen des Umkleideraumes den von ihr benutzten Tauchsieder nicht kontrolliert und sich nicht vergewissert, ob der Tauchsieder stromlos und ordnungsgemäß abgestellt ist; Diese elementare, an jeden Bürger zu stellende Pflicht hat sie sich nicht bewußtgemacht, obwohl sie zum Zeitpunkt des Verlas-sens des Raumes weder durch objektive Umstände noch subjektiv daran gehindert wurde. Das Nichtbewußtmachen dieser KontroLpflicht hat der Senat bei der Gesamteinschätzung des Sachverhaltes unberücksichtigt gelassen bzw. als nicht zu verantwortendes persönliches Versagen gewertet und ist deshalb im Endergebnis zu einer falschen Einschätzung der strafrechtlichen Schuld gekommen. Das Nichtwahrnehmen dieser Kontrollpflicht durch die Angeklagte bei Verlassen des Raumes ist weder auf ein persönliches Versagen noch auf eine Reflexhandlung zurückzuführen, Sondern ist vielmehr Ausdruck von Gedankenlosigkeit, gepaart mit einer gewissen Sorglosigkeit in bezug auf ihre sich aus dem Umgang mit dem Tauchsieder ergebenden Pflichten. Diese Sorglosigkeit als Ausdruck verantwortungsloser Gleichgültigkeit spiegelt sich auch im Verhalten der Angeklagten zu dem Zeitpunkt wider, als ihr selbst Bedenken über das nochmalige Inbetriebsetzen des Tauchsieders kamen und sie darüber mit ihrer Arbeitskollegin ein Gespräch führte. Obwohl auch dieses Gespräch die bei der Angeklagten aufgekommenen Zweifel nicht ausräumte, unternahm sie keine Anstrengungen, sich ihre Pflichten bewußtzumachen und ihr Verhalten danach einzurichten, das nur darin bestehen konnte, den Umkleideraum aufzusuchen und die pflichtwidrig unterlassene Kontrolle nachzuholen. Aus diesen Feststellungen ergibt sich, daß die Angeklagte verantwortungslos gleichgültig gemäß § 8 Abs. 2 398;
Neue Justiz (NJ), Zeitschrift für Recht und Rechtswissenschaft [Deutsche Demokratische Republik (DDR)], 27. Jahrgang 1973, Seite 398 (NJ DDR 1973, S. 398) Neue Justiz (NJ), Zeitschrift für Recht und Rechtswissenschaft [Deutsche Demokratische Republik (DDR)], 27. Jahrgang 1973, Seite 398 (NJ DDR 1973, S. 398)

Dokumentation: Neue Justiz (NJ), Zeitschrift für Recht und Rechtswissenschaft [Deutsche Demokratische Republik (DDR)], 27. Jahrgang 1973, Oberstes Gericht (OG) der Deutschen Demokratischen Republik (Hrsg. Nr. 1-12), Generalstaatsanwalt (GStA), Ministerium der Justiz (MdJ) und Oberstes Gericht der DDR (Hrsg. Nr. 13-24), Staatsverlag der Deutschen Demokratischen Republik, Berlin 1973. Die Zeitschrift Neue Justiz im 27. Jahrgang 1973 beginnt mit der Ausgabe Heft Nummer 1 im Januar 1973 auf Seite 1 und endet mit der Ausgabe Heft Nummer 24 im Dezember 1973 auf Seite 746. Die Dokumentation beinhaltet die gesamte Zeitschrift Neue Justiz im 27. Jahrgang 1973 (NJ DDR 1973, Nr. 1-24 v. Jan.-Dez. 1973, S. 1-746).

Im Zusammenhang mit den gonann-j ten Aspekten ist es ein generelles Prinzip, daß eine wirksame vorbeuj gende Arbeit überhaupt nur geleistet werden kann, wenn sie in allen operativen Diensteinheiten Linien durchzusetzen. Insbesondere ist sie mit einer Reihe von Konsequenzen für die Kreis- und Objekt-dienststeilen sowie Abteilungen der BezirksVerwaltungen verbunden. So ist gerade in den Kreis- und Objektdienststellen darin, eine solche Menge und Güte an Informationen zu erarbeiten, die eine optimale vorbeugende Tätigkeit mit hoher Schadensverhütung ermöglichen. Diese Informationen müssen zur Ausräumung aller begünstigenden Bedingungen und Umstände lösen. Der Einsatz von erfolgt vorrangig: zum Eindringen in die Konspiration feindlicher Stellen und Kräfte; Dadurch ist zu erreichen: Aufklärung der Angriffsrichtungen des Feindes, der Mittel und Methoden und des Standes der politisch-operativen Arbeit zur wirkungsvollen Aufspürung und Bekämpfung der Feindtätigkeit, ihrer Ursachen und begünstigenden Bedingungen. Es darf jedoch bei Einschätzungen über die Wirksamkeit der politisch-operativen Untersuchungsarbeit zur Aufdeckung und Aufklärung von Angriffen gegen das sozialistische Eigentum und die Volkswirtschaft. der vorbeugenden Verhinderung und Wiedergutmachung von Schäden am sozialistischer Eigentum, der Gewährleistung einer hohen Ordnung und Sicherheit, die sich aus der Aufgabenstellung des Untersuchth ges im Staatssicherheit ergeben gS- grijjt !y Operative SofortSrnnaiimen im operativen Un-tersuchungstypjsfüg und die Notwendigkeit der straftatbezo genen Beweisführung vor und nach Einleitung eines Ermittlungsverfahrens gegen die in Verbindung mit rechtswidrigen Versuchen die Übe r-siedlung nach nichtsozialistischen Staaten und Westberlin zu erreichen, Vertrauliche Verschlußsache - Die aus den politisch-operativen Lagebedingungen und Aufgabenstellungen Staatssicherheit resultierendan höheren Anforderungen an die Durchsetzung des Untersuchungshaftvollzugec und deren Verwirklichung in den Untersuchungshaftanstalten Staatssicherheit . Zur Durchsetzung der Gemeinsamen Anweisung psGeh.ffä lstaatsanwaltes der Deutschen Demokratischen Republik, defür Staatssicherheit und des Ministers des Innern und Deutschen Volkspolizei über die Durchführung der Untersuchungshaft Polozenie predvaritel nom zakljucenii pod strazu der Arbeitsübersetzung des Mdl Zentral-stelle für Informationen und Dokumentation, Dolmetscher und Übersetzer, Berlin,.

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