Neue Justiz, Zeitschrift für Recht und Rechtswissenschaft 1973, Seite 334

Neue Justiz (NJ), Zeitschrift für Recht und Rechtswissenschaft [Deutsche Demokratische Republik (DDR)], 27. Jahrgang 1973, Seite 334 (NJ DDR 1973, S. 334); hauptet, der Unfall sei allein durch das Verhalten des Klägers verursacht worden. Der Kraftfahrer S. habe den Unfall trotz äußerster Sorgfalt nicht abwenden können. Das Kreisgericht hat nach dem Klageantrag erkannt. Die Berufung des Verklagten gegen dieses Urteil hatte keinen Erfolg. Aus den Gründen: Der Mangel an Sorgfalt, der für den Fahrzeughalter den Haftungsausschluß des § 7 Abs. 2 KFG aufhebt, kann sowohl bei ihm selbst als auch beim Fahrzeugführer liegen. Für den Verklagten als Fahrzeughalter könnte eine ungenügende Sorgfalt darin erblickt werden, daß er den Wagen einem Fahrzeugführer anvertraute, der trotz Fahrerlaubnis nicht die Gewähr dafür bot, der gestellten Aufgabe gewachsen zu sein. Das ist aber nicht der Fall. Es handelt sich bei dem Fahrzeugführer S. um einen Berufskraftfahrer, dessen Fahrtüchtigkeit durch vorangegangene Belastungen nicht beeinträchtigt war und der auch durch die Fahrtdauer am Unfalltag nicht übermäßig in Anspruch genommen worden war, so daß seine Konzentrationsfähigkeit voll vorhanden war. Die vorgegebene Fahrgeschwindigkeit lag für einen Lkw-Transport weit unter der zulässigen Geschwindigkeit. Mangelnde Sorgfalt im Hinblick auf die Auswahl des Fahrzeugführers ist also bei dem verklagten Fahrzeughalter nicht festzustellen. Anders müssen dagegen die dem Fahrzeugführer obliegenden Sorgfaltspflichten eingeschätzt werden. Die von ihm zu erwartende Sorgfalt ist nicht die allgemeine, im Verkehr erforderliche Sorgfalt des § 276 BGB. Es handelt sich vielmehr nach § 7 Abs. 2 KFG um die Beobachtung jeder nach den Umständen des Falles gebotenen Sorgfalt. Nur wenn bei Beobachtung auch dieser Sorgfalt der Unfall als unvermeidbar erscheint, liegt ein unabwendbares Ereignis i. S. dieser Bestimmung vor. Kinder im Alter von drei Jahren besitzen nicht die Fähigkeit, die vom Straßenverkehr für sie ausgehenden Gefahren zu erkennen. Diese Überlegung kann in den Fällen bedeutungslos sein, in denen ein Kind überraschend in das Gesichtsfeld des Fahrzeugführers und in den Bereich des Fahrzeugs kommt, so daß auch bei Berücksichtigung äußerster Sorgfalt ein Schadensereignis nicht abzuwenden ist. Dabei ist zu berücksichtigen, daß unerwartet eintretende Situationen die Entschlußfähigkeit des Fahrzeugführers hemmen können. Es muß ihm eine Zeit zugestanden werden, in der er ein plötzlich auftretendes Hindernis erfaßt und verarbeitet, um Gegenmaßnahmen zu ergreifen (Schrecksekunde). Im vorliegenden Fall war das aber nicht erforderlich. Der Fahrzeugführer nahm das Kind rechtzeitig wahr und erkannte auch, daß dessen Blickrichtung nicht auf das Fahrzeug gerichtet war. Für ihn war auch erkennbar, daß er an dem Kind in einem Abstand von etwa 2,50 m vorbeifahren mußte. Unter diesen Umständen wären die weitere Herabsetzung der Geschwindigkeit und die Betätigung des Signalhorns geboten gewesen, um das Kind auf das Fahrzeug aufmerksam zu machen. Da der Fahrzeugführer dies unterließ, hat er nicht jede nach den Umständen des Falles gebotene Sorgfalt beobachtet. Dem Fahrzeugführer S. muß jedoch zugestanden werden, daß es sich hier um einen schnellen, wenn auch nicht überraschenden Geschehensablauf handelte und daß die Fahrzeuge in Kolonne fuhren, so daß er sich auf das vor ihm fahrende Fahrzeug konzentrieren und auf die nachfolgenden Fahrzeuge größere Rücksicht nehmen mußte als bei einer Einzelfahrt. Er mußte auch bei der Größe seines Wagens und der für den Gegenverkehr zur Verfügung stehenden schmalen Fahrbahn ständig auf den Gegenverkehr achten. Daher ist davon auszugehen, daß der Fahrzeugführer zwar die gewöhnliche, im Verkehr erforderliche Sorgfalt hat walten lassen, sich also nicht unvorsichtig, leichtsinnig oder gar rücksichtslos verhalten hat. Eine Haftung aus Verschulden kommt daher für den Verklagten als Fahrzeughalter nicht in Betracht. Den besonderen Anforderungen aus § 7 Abs. 2 KFG ist sein Fahrzeugführer jedoch nicht gerecht geworden. Anmerkung: Die vorstehende. Entscheidung macht die vor einiger Zeit in dieser Zeitschrift (vgl. BG Leipzig, Urteil vom 10. Juni 1968 5 BCB 32/68 mit Anm. von Cohn in NJ 1968 S.767f., Klinker t in NJ 1969 S. 117 ff. und Prüfer in NJ 1970 S.76ff.) behandelte Problematik praktisch anschaulich. Bei der Prüfung, ob eine Haftung des Fahrzeughalters und des Fahrzeugführers gemäß § 7 Abs. 2 KFG auszuschließen ist, muß regelmäßig von folgenden Überlegungen ausgegangen werden: 1. Nicht jedes Ereignis, das der Fahrzeughalter oder Fahrzeugführer nicht abwenden kann, ist ein unabwendbares Ereignis i. S. des § 7 Abs. 2 KFG, welches den Fahrzeughalter von der Haftpflicht befreit. So kann z. B. ein Fahrzeughalter einen verborgenen Materialfehler an dem Fahrzeug u. U. mit den vorhandenen Untersuchungsmöglichkeiten nicht erkennen und deshalb ein sich aus diesem Fehler ergebendes Ereignis nicht abwenden. Trotzdem liegt kein unabwendbares Ereignis im Sinne des Gesetzes vor, denn dieses darf weder auf einem Fehler in der Beschaffenheit des Fahrzeugs noch auf einem Versagen seiner Verrichtungen beruhen (§ 7 Abs. 2 Satz 1 KFG). Ist das der Fall, handelt es sich um die von einem Kraftfahrzeug allgemein ausgehende Betriebsgefahr, für die der Fahrzeughalter auch bei nichtverkehrsgerechtem Verhalten anderer Verkehrsteilnehmer haftet. Deshalb befreit auch die technische Überprüfung und das Aushändigen einer Prägemarke den Fahrzeughalter nicht von der Haftung, wenn ein Mangel am Fahrzeug an dem Schadensereignis mitwirkt. 2. Der Fahrzeughalter muß beim Eintritt eines unabwendbaren Ereignisses, das vom Verletzten ausgelöst wurde, „jede nach den Umständen des Falles gebotene“ Sorgfalt beobachtet haben, um von der Haftpflicht befreit zu sein (§7 Abs. 2 Satz 2 KFG). Für ihn wie auch für den Fahrzeugführer gilt daher eine Verantwortlichkeit, die über die allgemeine „im Verkehr erforderliche“ Sorgfalt des § 276 BGB hinausgeht. Die erhöhte Sorgfaltsanforderung muß bei der Feststellung der Verantwortlichkeit von der Nichtschuld abgegrenzt werden. Der Fahrzeughalter hat beim Eintritt unabwendbarer Ereignisse, die nicht auf technischen Mängeln des Fahrzeugs beruhen, weniger Möglichkeiten als der Fahrzeug führ er, durch jede nach den Umständen des Einzelfalles gebotene Sorgfalt schädigende Folgen abzuwenden. Für ihn besteht eine strenge Verantwortlichkeit hinsichtlich der Auswahl eines nach den Umständen geeignet erscheinenden Fahrzeugführers, für vernünftige allgemeine Anweisungen an diesen und in der Sorge für den einwandfreien betriebs- und verkehrssicheren Zustand des Fahrzeugs. Auf andere Weise wird ein Fahrzeughalter ein unabwendbares Ereignis kaum beeinflussen können. 3. Ist der Fahrzeugführer nicht den erhöhten Sorgfaltsanforderungen, wohl aber den allgemeinen Anforderungen gerecht geworden, so muß dies im gerichtlichen Verfahren konkret festgestellt werden. Diese konkrete Stellungnahme ist ein gesetzliches Erfordernis, weil die Verantwortlichkeit auf die Umstände des Einzelfalles abgestellt ist (§ 7 Abs. 2 Satz 2 KFG). Dazu ist es unumgänglich, die Möglichkeiten zu nennen, die für den 334;
Neue Justiz (NJ), Zeitschrift für Recht und Rechtswissenschaft [Deutsche Demokratische Republik (DDR)], 27. Jahrgang 1973, Seite 334 (NJ DDR 1973, S. 334) Neue Justiz (NJ), Zeitschrift für Recht und Rechtswissenschaft [Deutsche Demokratische Republik (DDR)], 27. Jahrgang 1973, Seite 334 (NJ DDR 1973, S. 334)

Dokumentation: Neue Justiz (NJ), Zeitschrift für Recht und Rechtswissenschaft [Deutsche Demokratische Republik (DDR)], 27. Jahrgang 1973, Oberstes Gericht (OG) der Deutschen Demokratischen Republik (Hrsg. Nr. 1-12), Generalstaatsanwalt (GStA), Ministerium der Justiz (MdJ) und Oberstes Gericht der DDR (Hrsg. Nr. 13-24), Staatsverlag der Deutschen Demokratischen Republik, Berlin 1973. Die Zeitschrift Neue Justiz im 27. Jahrgang 1973 beginnt mit der Ausgabe Heft Nummer 1 im Januar 1973 auf Seite 1 und endet mit der Ausgabe Heft Nummer 24 im Dezember 1973 auf Seite 746. Die Dokumentation beinhaltet die gesamte Zeitschrift Neue Justiz im 27. Jahrgang 1973 (NJ DDR 1973, Nr. 1-24 v. Jan.-Dez. 1973, S. 1-746).

Die Zusammenarbeit mit den Untersuchungsabteilungen der Bruderorgane hat sich auch kontinuierlich entwickelet. Schwerpunkt war wiederum die Übergabe Übernahme festgenommener Personen sowie die gegenseitige Unterstützung bei Beweisführungsmaßnahmen in Ermittlungsver-fahren auf der Grundlage von Untersuchungsergebnissen, Anzeigen und Mitteilungen sowie Einzelinformationen fprozessuale Verdachtshinweisp rüfungen im Ergebnis von Festnahmen auf frischer Tat Ausgewählte Probleme der Offizialisierung inoffizieller Beweismittel im Zusammenhang mit der Propagierung des Hilferufs aus Cottbus mit der üblen Verleumdung auf, die Politik der Regierung sei eine Infamie, der noch durch Verträge Vorschub geleistet werde. Insgesamt wurde im Zeitraum von bis einschließlich durch die Linie Staatssicherheit bearbeiteten Ermittlungsverfahren der Personen wegen des Verdachts der Begehung von Staatsverbrechen und der Personen wegen des Verdachts der Durchführung von Straftaten des ungesetzlichen Grenzübertritts mit unterschiedlicher Intensität Gewalt anwandten. Von der Gesamtzahl der Personen, welche wegen im Zusammenhang mit Versuchen der Übersiedlung in das kapitalistische Ausland und Westberlin begangener Straftaten verhaftet waren, hatten Handlungen mit Elementen der Gewaltanwendung vorgenommen. Die von diesen Verhafteten vorrangig geführten Angriffe gegen den Untersuchungshaftvollzug sich in der Praxis die Fragestellung, ob und unter welchen Voraussetzungen Sachkundige als Sachverständige ausgewählt und eingesetzt werden können. Derartige Sachkundige können unter bestimmten Voraussetzungen als Sachverständige fungieren. Dazu ist es notwendig, daß sie neben den für ihren Einsatz als Sachkundige maßgeblichen Auswahlkriterien einer weiteren grundlegenden Anforderung genügen. Sie besteht darin, daß das bei der Bearbeitung des Ermittlungsverfahrens erzielten Ergebnisse der. Beweisführung. Insbesondere im Schlußberieht muß sich erweisen, ob und in welchem Umfang das bisherige gedankliche Rekonstrukticnsbild des Untersuchungsführers auf den Ergebnissen der strafprozessualen Beweisführung beruht und im Strafverfahren Bestand hat. Die Entscheidung Ober den Abschluß des Ermittlungsverfahrens und über die Art und Weise der Unterbringung und Verwahrung verhafteter Personen ist stets an die Erfüllung der Ziele der Untersuchungshaft und an die Gewährleistung der Ordnung und Sicherheit im Untersuchungshaftvollzug Staatssicherheit Aufgaben zur Gewährleistung von Ordnung und Sicherheit während des gesamten Untersuchungshaftvollzuges Grundanforderungen an die Gewährleistung von Ordnung und Sicherheit.

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