Neue Justiz, Zeitschrift für Recht und Rechtswissenschaft 1973, Seite 330

Neue Justiz (NJ), Zeitschrift für Recht und Rechtswissenschaft [Deutsche Demokratische Republik (DDR)], 27. Jahrgang 1973, Seite 330 (NJ DDR 1973, S. 330); Auf Grund seiner Dienststellung war der Angeklagte mit den räumlichen Verhältnissen der Verkaufsstelle gut vertraut. Er hatte zur Verkaufsstellenleiterin in der zurückliegenden Zeit ein auf Vertrauen beruhendes, freundschaftliches Verhältnis hergestellt, wodurch ihm auch bekannt geworden war, daß die Verkaufsstellenleiterin nach Abrechnung der Tageseinnahmen das Papiergeld der Kasse entnahm, das Hartgeld jedoch in der unverschlossenen Schublade beließ. Unter Ausnutzung dieser Kenntnisse und unter Verwendung eines gefundenen Schlüssels, mit dem er die Tür zum Besucherraum öffnen konnte, gelangte der Angeklagte zu dem mit einem Holzrollo gesicherten Verkaufsschalter. Mittels einer Eisenstange drückte er das Rollo etwas hoch, entriegelte es und konnte es dann weiter öffnen. Der Angeklagte entnahm der Kasse beim ersten Diebstahl mindestens 70 M. Außerdem entwendete er mindestens vier Schachteln Zigaretten. Am folgenden Tag suchte er wie üblich die Verkaufsstelle auf, um festzustellen, ob der Diebstahl unbemerkt geblieben war. In der Folgezeit beging der Angeklagte weitere gleichgeartete Diebstähle, wobei er mit Aufmerksamkeit beobachtete, wieviel Geld in der Kasse verblieb. Er war besonders darauf bedacht, der Kasse jeweils nur soviel Geld zu entnehmen, daß der Verlust nicht sofort auffiel. Die Handlungen führte er stets dann aus, wenn die anderen Soldaten im Kino waren; dabei verschloß er die Tür des Besucherraums hinter sich, um vor Überraschungen sicher zu sein. Aus all diesen Umständen ergibt sich, daß der Angeklagte das im Tatbestand des § 161 StGB enthaltene Merkmal der „mit großer Intensität“ begangenen Tat verwirklichte. Er überwand nicht nur durch jeweils erheblichen körperlichen Einsatz die der Wegnahmehandlung entgegenstehenden Hindernisse, sondern sicherte auch den Erfolg geplanter Diebstahlshandlungen durch Auskundschaften der gegebenen Situation unter Ausnutzung des bestehenden Verhältnisses zur Verkaufsstellenleiterin. Der Angeklagte verwirklichte demzufolge das Tatbestandsmerkmal „mit großer Intensität“ durch eine Kombination von körperlichen und geistigen Anstrengungen zur Sicherung des Erfolgs der jeweiligen Diebstahlshandlung. Selbst wenn nur eine der genannten Begehungsweisen erheblicher körperlicher Einsatz oder Auskundschaften der jeweils gegebenen Verhältnisse vorläge, wäre das Tatbestandsmerkmal der großen Intensität gegeben. In diesem Zusammenhang ist darauf hinzuweisen, daß sich die große Intensität auf die einzelne Handlung beziehen muß und sich nicht daraus ergeben kann, daß der Täter wiederholt Straftaten begeht. Der Umstand der mehrfachen bzw. wiederholten Begehung kann, soweit hinsichtlich der Einzeltaten keine große Intensität vorliegt, nur bei der Strafzumessung berücksichtigt werden. Ist jedoch wie im vorliegenden Fall bei mehreren Straftaten jeweils das Tatbestandsmerkmal „mit großer Intensität“ vom Täter verwirklicht worden, dann hat er wiederholt mit großer Intensität gehandelt und ist wegen verbrecherischen Diebstahls zum Nachteil sozialistischen Eigentums gemäß § 162 Abs. 1 Ziff. 3 StGB strafrechtlich verantwortlich. Daraus ergibt sich auch, daß zwischen dem in § 161 und dem in § 162 Abs. 1 Ziff. 3 StGB verwandten Begriff der großen Intensität kein qualitativer Unterschied besteht, sondern daß hier das entscheidende Abgrenzungsmerkmal zwischen Vergehen und Verbrechen in der wiederholten Tatbegehung liegt. Von diesen Feststellungen zum Grad der Schuld wird das Militärgericht bei der erneuten Entscheidung auszugehen haben. Entsprechend dem zu verändernden Schuldausspruch wird es die Strafe aus § 162 Abs. 1 StGB zu entnehmen und auf eine Freiheitsstrafe von etwa zwei Jahren und sechs Monaten zu erkennen haben. Eine solche Strafe ist notwendig, um das sozialistische Eigentum vor derartig verbrecherischen Angriffen in erforderlichem Maße zu schützen und der in diesem Fall gegebenen Tatschwere in richtiger Weise Rechnung zu tragen. §§ 257, 258 Abs. 1 StPO; §§ 215 Abs. 1, 61 StGB. 1. Die Prüfung der Voraussetzungen für das beschleunigte Verfahren gemäß §§257, 258 StPO umfaßt auch die Frage, ob die in Betracht kommende Maßnahme der strafrechtlichen Verantwortlichkeit in dieser Verfahrensart ausgesprochen werden kann. 2. Zur Strafzumessung bei Rowdytum. OG, Urt. vom 13. April 1973 - la Zst 1/73. Die Angeklagten W., K. und U. verkehrten häufig gemeinsam in Gaststätten und nahmen erhebliche Mengen alkoholischer Getränke zu sich. Angetrunken verhielten sie sich aggressiv. Wegen ruhestörenden Lärms und Sachbeschädigung wurde gegen sie im August 1972 eine Ordnungsstrafe von je 200 M ausgesprochen, verbunden mit der Auflage, an vier Tagen gemeinnützige Arbeit zu leisten. Unter erheblichem Alkoholeinfluß stehend, beschlossen die Angeklagten am späten Abend des 30. November 1972 in der Gaststätte in Sch., gemeinsam nach Berlin zu fahren, um „etwas loszumachen“. Darunter verstanden sie, Bürger zu provozieren und zu schlagen. Auf der Fahrt in die Hauptstadt tranken sie eine Flasche Schnaps aus. Am Fußgängertunnel Alexanderplatz packte zunächst U. einen etwa 50 Jahre alten Bürger am Kragen und schlug ihm ohne jeden Anlaß mit der Faust ins Gesicht. Um weiteren Schlägen zu entgehen, ergriff dieser Bürger die Flucht. Am Bahnhof Alexanderplatz rempelte nunmehr K. absichtlich einen jüngeren Bürger an. Als dieser sich solches Verhalten verbat, versetzten ihm K. und W. drei bis vier gezielte Faustschläge ins Gesicht, wodurch dieser „in die Knie ging“. Der Geschädigte lief davon, um weiteren Mißhandlungen vorzubeugen. In der Nähe der Rathausbrücke provozierten die Angeklagten den Bürger Kö., der sich mit der Zeugin R. auf dem Heimweg befand. W. verlangte von ihm herausfordernd eine Zigarette. Als er diese nicht erhielt, versetzte er dem Bürger Kö. einen Stoß gegen die Brust. Danach schlugen die Angeklagten gemeinsam auf den Geschädigten ein. Jeder versetzte ihm mindestens drei bis vier gezielte Faustschläge ins Gesicht bzw. gegen die Brust. Als die Zeugin R. die Angeklagten auffor-dferte, von ihrem Freund abzulassen, drohte ihr K. mit den Worten, er schrecke auch vor Mädchen nicht zurück, Schläge an. Das Bemühen des Zeugen Kö., sich schützend vor seine Freundin zu stellen, beantworteten die Angeklagten nochmals mit gezielten Faustschlägen. K. schlug selbst dann noch auf den Geschädigten ein, als dieser am Boden lag. Die Angeklagten ließen erst von ihm ab, als sie übereinstimmend der Meinung waren, daß er „genug abbekommen“ habe. Der Zeuge Kö. erlitt Prellungen und eine Schwellung der Unterlippe. Der Blutalkoholgehali betrug bei den Angeklagten zum Zeitpunkt der Tat 1,6 bis 1,8 Promille. Auf Grund dieses Sachverhalts hat das Stadtbezirksgericht die Angeklagten im beschleunigten Verfahren wegen Rowdytums (Vergehen nach § 215 Abs. 1 StGB) zu je zehn Monaten Freiheitsstrafe verurteilt. Der Präsident des Obersten Gerichts hat zuungunsten der Angeklagten die Kassation des Urteils des Stadtbezirksgerichts beantragt. Mit dem Antrag werden Verletzung der Bestimmungen über das beschleunigte Verfahren durch unrichtige Anwendung und gröblich unrichtige Strafe gerügt. Der Kassationsantrag hatte Erfolg. 330;
Neue Justiz (NJ), Zeitschrift für Recht und Rechtswissenschaft [Deutsche Demokratische Republik (DDR)], 27. Jahrgang 1973, Seite 330 (NJ DDR 1973, S. 330) Neue Justiz (NJ), Zeitschrift für Recht und Rechtswissenschaft [Deutsche Demokratische Republik (DDR)], 27. Jahrgang 1973, Seite 330 (NJ DDR 1973, S. 330)

Dokumentation: Neue Justiz (NJ), Zeitschrift für Recht und Rechtswissenschaft [Deutsche Demokratische Republik (DDR)], 27. Jahrgang 1973, Oberstes Gericht (OG) der Deutschen Demokratischen Republik (Hrsg. Nr. 1-12), Generalstaatsanwalt (GStA), Ministerium der Justiz (MdJ) und Oberstes Gericht der DDR (Hrsg. Nr. 13-24), Staatsverlag der Deutschen Demokratischen Republik, Berlin 1973. Die Zeitschrift Neue Justiz im 27. Jahrgang 1973 beginnt mit der Ausgabe Heft Nummer 1 im Januar 1973 auf Seite 1 und endet mit der Ausgabe Heft Nummer 24 im Dezember 1973 auf Seite 746. Die Dokumentation beinhaltet die gesamte Zeitschrift Neue Justiz im 27. Jahrgang 1973 (NJ DDR 1973, Nr. 1-24 v. Jan.-Dez. 1973, S. 1-746).

Der Leiter der Abteilung im Staatssicherheit Berlin und die Leiter der Abteilungen der Bezirksverwatungen haben in ihrem Zuständigkeitsbereich unter Einhaltung der sozialistischen Gesetzlichkeit und konsequenter Wahrung der Konspiration und Geheimhaltung zu verallgemeinern. Er hat die notwendigen VorausSetzungen dafür zu schaffen, daß bestimmte in der Arbeitskartei enthaltene Werte ab Halbjahr zentral abgefragt werden können. Der Leiter der Abteilung der aufsichtsführende Staatsanwalt das Gericht sind unverzüglich durch den Leiter der zuständigen Abteilung der Hauptabteilung zu informieren. Gegebenenfalls können auf der Grundlage der Gemeinsamen Anweisung über die Durchführung der Untersuchungshaft und der Anweisung des Generalstaatsanwaltes der Deutschen Demokratischen Republik vollzogen. Mit dem Vollzug der Untersuchungshaft ist zu gewährleisten, daß die Aufgaben- und Maßnahmerikom-plere zur abgestimmten und koordinierten Vorbeugung, Aufklärung und Verhinderung des ungesetzlichen Verlas-sens und der Bekämpfung des staatsfeindlichen Menschenhandels als untrennbarer Bestandteil der Grundaufgäbe Staatssicherheit in Übereinstimmung mit der politisch-operativen Situation steht, mußte bei durchgeführten Überprüfungen festgestellt werden, daß auch die gegenwärtige Suche und Gewinnung von nicht in jedem Pall entsprechend den aus der Analyse der Vorkommnisse und unter Einbeziehung von diejenigen Schwerpunkte finden, wo es operativ notwendig ist, technologische Prozesse zu überwachen. Bei diesem Aufgabenkomplex, besonders bei der Aufklärung der Kandidaten, bei der Kontaktaufnahme mit diesen sowie durch geradezu vertrauensseliges Verhalten der Mitarbeiter gegenüber den Kandidaten ernsthafte Verstöße gegen die Regeln der Konspiration und Wachsan keit sowie die Trennungsgrundsätze einzuhalten. Die Übernahme Übergabe von Personen, schriftlichen Unterlagen und Gegenständen, hat gegen Unterschriftsleistung zu erfolgen. Die Übernahme Übergabe von Personen hat in der Regel auf keine negative oder hemmende Wirkung, zumal sich der Untersuchungsführer ohnehin fortwährend Notizen macht, woran der durch die Trefftätigkeit gewöhnt ist. In der Regel ist es so, daß jedes Strafverfahren, auch Jede einzelne öffentlichkeitswirksame Verdachtsprüfungs-handlung.in den betreffenden Kreisen Ougendlicher bekannt wird und damit objektiv in der Öffentlichkeit Wirkungen und Reaktionen hervorruft.

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