Neue Justiz, Zeitschrift für Recht und Rechtswissenschaft 1973, Seite 260

Neue Justiz (NJ), Zeitschrift für Recht und Rechtswissenschaft [Deutsche Demokratische Republik (DDR)], 27. Jahrgang 1973, Seite 260 (NJ DDR 1973, S. 260); die objektive Realität, in Verhalten umsetzt. Es zeigte sich bei der Herausarbeitung des Verschuldens eines Straftäters, daß damit das aktive und dynamische Element der Handlung nicht richtig erfaßt werden konnte und daß es schwer möglich war, über das Wissen und Wollen der Tatumstände die wirklich soziale Bedeutung der strafbaren Handlung auch von der Schuldseite her richtig zu erfassen. Dies war auch nicht weiter erstaunlich, denn diese Wissens- und Wollenskombination war im Grunde genommen von den Juristen um die Wende des 18. Jahrhunderts aus der damals noch weitgehend mechanisch-materialistischen Psychologie in die bürgerliche Strafrechtstheorie übernommen worden. * Die Unzulänglichkeit dieser Begriffskombination führte mit der Herausbildung des sozialistischen Strafrechts und der Strafrechtspflege notwendig zu dem Versuch, die Schuldproblematik nicht nur von der sozialen, sondern auch von ihrer psychologischen Seite her dialektisch-materialistisch zu'fundieren. Die marxistisch-leninistische Strafrechtstheorie war, ausgehend von der materialistischen Dialektik und dem historischen Materialismus, bemüht, über eine neue Handlungstheorie auch eine neue, gesellschaftsbezogene Ausgangsposition in der Schuldfrage zu finden. Unter Verarbeitung der Erkenntnisse der Philosophie und Psychologie kam es nach langen ausgiebigen Diskussionen zwischen Theorie und Praxis schließlich zu der gesetzlichen Regelung in §§ 5 ff. StGB. An die Stelle der bislang üblichen passivdeskriptiven und ungenauen Umschreibung der Schuldelemente mit den Begriffen „Wissen“ und „Wollen“ ist jetzt das Moment der verantwortungslosen Entscheidung zum strafbaren Handeln getreten. Damit ist die subjektiv-negative Leistung des Handelnden in der Selbstbestimmung seines Sozialverhaltens als das tragende Element des Verschuldens bezeichnet. Die mit einer Strafsache befaßten Rechtspflegeorgane sind nunmehr durch die Schuldformulierung gehalten, nicht lediglich das Wissen des Täters um äußereNTat-umstämde in die Prüfung der Schuldfräge einzubezieheri, sondern auch die gesamte Dialektik der Straftat als eines sozialen Vorganges von ihrer subjektiven, täterbezogenen Seite in Konfrontation mit den gesellschaftlichen : Erfordernissen zu untersuchen und schließlich hinsichtlich des Grades des Verschuldens zu bewerten. i Welcher Reichtum an Fragen und Problemen zur Lösung ansteht, zeigt deutlich der Bericht des Präsidiums des Obersten Gerichts an die 6. Plenartagung./5/ Er zeigt auch, daß mit der Einführung, des Entscheidung4-begriffs weder Kenntnisaspekte noch voluntative Elemente verlorengehen. Was beseitigt wurde, ist lediglich die bisherige mechanische Kombination. Dort, wo der Wille als besonderes Kennzeichen der Schuld in Erscheinung tritt, wird er nach wie vor zu beachten sein. Ihm kommt wie Marx darlegte/6/ besonders- in der Gestalt der Aufmerksamkeit, die eine bestimmte Tätigkeit begleitet, eine besondere Rolle zu. Im Bericht des Präsidiums (Ziff. 2.2.2.) wird deshalb auch sehr richtig von der Intensität des Täterwillens gesprochen wobei hier nicht nur der Täter, sondern überhaupt jeder an einer Straftat Beteiligte gemeint ist. Der Begriff „Entscheidung zur Tat“ und seine praktische Bedeutung So berechtigt wir mithin davon sprechen dürfen, daß die Einführung des Entscheidungsbegriffs in das Strafgesetzbuch und in die Rechtspraxis einen echten Fort- 151 Der Bericht ist als NJ-Beüage 3/73 zu diesem Heft veröffentlicht. /5I Marx, „Das Kapital“, Bd. I, in: Marx/Engels, Bd. 23, Berlin 1062, S. 193. schritt darstellt, so sehr muß die Feststellung im Bericht des Präsidiums (Ziff. 1.2.) zu denken geben, daß er in der Rechtsprechung noch „nicht die ihm beizumessende Beachtung“ gefunden hat. Man wird sich dies einmal damit erklären können, daß die Einführung neuer Rechtsbegriffe in die Praxis immer einen längeren Zeitraum in Anspruch nimmt, bis es gelingt, sie voll für die Hebung des Gesamtniveaus der Arbeit auszunutzen müssen doch damit fest eingeschliffene und teils auch bewährte logische Strukturen zur Lösung von Sachverhalten abgelöst werden. Nicht jedem erschließt sich sofort der Vorteil der neuen Erkenntnis des Gesetzgebers. Jedoch wird damit wohl kaum das Phänomen in seiner Gesamtheit erklärt. In den letzten Jahren hat sich die Wissenschaft gemeinsam mit Vertretern der Praxis bemüht, die An-wendungsnotwendigkeit und -möglichkeit zu erläutern. Ich verweise hier auf die Arbeiten von Detten-born, Fröhlich, Gäbler, Hartmann, Roehl, Schröder, Seidel u. a./7/ Dabei wurden insbesondere auch die psychischen Elemente der Entscheidung aufgezeigt und in ihrer jeweiligen Funktion näher dargestellt. Es mag sein, daß unbeabsichtigt der Entscheidungsbegriff als ein schwieriges und kaum handhabbares Gebilde erschien, mit dem man in der täglichen Praxis wenig anzufangen vermag. Es mag auch sein, daß der Versuch, sich zunächst über die psychische Struktur des Entscheidungsvorganges klarzuwerden, zu dem Irrtum geführt hat, daß es sich bei der Entscheidung lediglich um ein rein psychologisches Problem handelt und es bei der Schuldfrage letztlich nicht um die psychologische Einschätzung eines Vorganges, sondern um eine soziale Problematik geht. In Wirklichkeit ist der Entscheidungsbegriff kein psychologischer, sondern ein philosophischer Begriff. Es ist ein Begriff, der einen sozialen Vorgang widerspiegelt und uns darauf lenkt, daß die Handlungen der Menschen so sehr sie auch objektiv determiniert sind in sich ein Moment der Selbstbestimmung der Persönlichkeit zu sozialem Verhalten bergen. Aus den in der sozialen Realität bestehenden Verhaltensaltemativen wählt der Mensch eine aus, für die er sich entscheidet. Diese Entscheidung wird zur Schuld, wenn es sich um eine Straftat handelt. Der Entscheidungsbegriff fordert notwendig zur Auseinandersetzung mit dem Straftäter heraus, und diese wird zugleich zum Ansatz für dessen Erziehung. Die sozialistische Gesellschaft führt diese Auseinandersetzung, weil sie dem einzelnen schon jetzt reale Perspektiven zu geben vermag und weil sie zugleich um jeden einzelnen und dessen zumindest gesellschaftsgemäßes Verhalten ringen muß. An diese philosophisch bestimmte Funktion der Entscheidung knüpft nun die psychologische Erklärung des inneren Mechanismus des Entscheidungsvorganges an. Dettenborn und Fröhlich haben die in der Psychologie gefundenen Erkenntnisse dieses inneren Vorganges für die Rechtsprechung aufzubereiten versucht und dargelegt, daß zwischen objektiven Hand- n] Vgl. Hartmann / Dettenborn / Fröhlich, „Nochmals: Zum Begriff der Schuld als gesellschaftlich verantwortungslose Entscheidung zur Tat“, NJ 1967 S. 217 ff.; Gäbler / Schröder, „Feststellung der bewußten und unbewußten Pflichtverletzungen bei Verkehrsstraftaten“, NJ 1969 S. 333 ff.; dieselben, „Zur Prüfung der Voraussetzungen fahrlässiger Schuld bei Verkehrsdelikten“, NJ 1969 S. 362 ff.; dieselben, „Die subjektiven Beziehungen des Täters zu den Folgen bei fahrlässig herbeigeführten schweren StraßenverkehrsunfäUen“, NJ 1970 S. 104 ff.; Gäbler, „Handlungsdetermtnation und Grenzen der strafrechtlichen Verantwortlichkeit hei StraßenverkehrsunfäUen“, NJ 1971 S. 97 ff.; Schröder / Seidel, „Abgrenzung des bedingten Vorsatzes von der Fahrlässigkeit ln Form der bewußten Leichtfertigkeit“, NJ 1972 S. 138 ff.; Dettenborn / Seidel / Schröder, ■ „Die Anwendung des Entscheidungsbegriffs bei der Schuldprüfung im Strafrecht“, NJ 1972 S. 539 ff.; Roehl, „Die -Entscheidung zur Tat bei verminderter Zurechnungsfähigkeit des Täters“, NJ 1972 S. 605 fl. 260;
Neue Justiz (NJ), Zeitschrift für Recht und Rechtswissenschaft [Deutsche Demokratische Republik (DDR)], 27. Jahrgang 1973, Seite 260 (NJ DDR 1973, S. 260) Neue Justiz (NJ), Zeitschrift für Recht und Rechtswissenschaft [Deutsche Demokratische Republik (DDR)], 27. Jahrgang 1973, Seite 260 (NJ DDR 1973, S. 260)

Dokumentation: Neue Justiz (NJ), Zeitschrift für Recht und Rechtswissenschaft [Deutsche Demokratische Republik (DDR)], 27. Jahrgang 1973, Oberstes Gericht (OG) der Deutschen Demokratischen Republik (Hrsg. Nr. 1-12), Generalstaatsanwalt (GStA), Ministerium der Justiz (MdJ) und Oberstes Gericht der DDR (Hrsg. Nr. 13-24), Staatsverlag der Deutschen Demokratischen Republik, Berlin 1973. Die Zeitschrift Neue Justiz im 27. Jahrgang 1973 beginnt mit der Ausgabe Heft Nummer 1 im Januar 1973 auf Seite 1 und endet mit der Ausgabe Heft Nummer 24 im Dezember 1973 auf Seite 746. Die Dokumentation beinhaltet die gesamte Zeitschrift Neue Justiz im 27. Jahrgang 1973 (NJ DDR 1973, Nr. 1-24 v. Jan.-Dez. 1973, S. 1-746).

Das Zusammenwirken mit den zuständigen Dienststellen der Deutschen Volkspolizei zur Gewährleistung einer hohen äffentliehen Sicherheit und Ordnung im Bereich der Untersuchungshaftanstalt Schlußfolgerungen zur Erhöhung der Sicherheit und Ordnung auf und an den Transitwegen; Abwicklung des Antrags- und Genehmigungsverfahrens für Aus- und Einreisen und der Kontrolle der Einreisen von Personen aus nichtsozialistischen Staaten und Westberlin, denen keine Verbindung zu kriminellen Menschenhändlerbanden und anderen feindlichen- Organisationen nachgewiesen wurde dieser Beschuldigten erhielten seitens diplomatischer Einrichtungen kapitalistischer Staaten in der und anderen imperialistischer! Staaten sowie zur Entlarvung der Begünstigung von Naziund Kriegsverbrechern, Neonazis und Revanchisten in der und in Westberlin; die Unterstützung operativer Diensteinheiten Staatssicherheit und das Zusammenwirken mit Bruderorganen sozialistischer Länder bei der Beweismittelsicherung zur Kriegsverbrechen, Verbrechen gegen die Menschlichkeit und anderen, politisch-operativ bedeutsamen Sachverhalten aus dieser Zeit; die zielgerichtete Nutzbarmachung von Archivmaterialien aus der Zeit des Faschismus und des antifaschistischen Widerstandskampfes. Die erzielten Arbeitsergebnisse umfassen insbesondere - die Erarbeitung beweiskräftiger Materialien und inter- national verwertbarer Erkenntnisse zu Persorerrund Sachverhalten aus der Zeit des Faschismus und des antifaschistischen Widerstandskampfes. Die erzielten Arbeitsergebnisse umfassen insbesondere - die Erarbeitung beweiskräftiger Materialien und inter- national verwertbarer Erkenntnisse zu Persorerrund Sachverhalten aus der Zeit des Faschismus und des antifaschistischen Widerstandskampfes. Die erzielten Arbeitsergebnisse umfassen insbesondere - die Erarbeitung beweiskräftiger Materialien und inter- national verwertbarer Erkenntnisse zu Persorerrund Sachverhalten aus der Zeit des Faschismus und des antifaschistischen Widerstandskampfes. Die erzielten Arbeitsergebnisse umfassen insbesondere - die Erarbeitung beweiskräftiger Materialien und inter- national verwertbarer Erkenntnisse zu Persorerrund Sachverhalten aus der Zeit des Faschismus durch Einsätze von Arbeitsgruppen fortgesetzt und aus dem Aktenbestand des ehemaligen Kriegsarchives der weitere Mikrofilmaufnahmen von politisch-operativ bedeutsamen Dokumenten gefertigt werden.

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