Neue Justiz, Zeitschrift für Recht und Rechtswissenschaft 1973, Seite 258

Neue Justiz (NJ), Zeitschrift für Recht und Rechtswissenschaft [Deutsche Demokratische Republik (DDR)], 27. Jahrgang 1973, Seite 258 (NJ DDR 1973, S. 258); Schuld viel schwerwiegender sein kann als eine vorsätzliche Sachbeschädigung. Für eine generelle mildere Bewertung fahrlässig begangener Handlungen ohne Berücksichtigung der konkreten objektiven Schädlichkeit ist daher kein Raum. Zum Tatbestandsmerkmal „verantwortungslose Gleichgültigkeit“ gemäß § £ Abs. 2 StGB Die Mehrzahl der Fahrlässigkeitstäter wird wegen unbewußter Pflichtverletzung, infolge verantwortungsloser Gleichgültigkeit gemäß § 8 Abs. 2 StGB zur Verantwortung gezogen. Oft wird jedoch die verantwortungslose Gleichgültigkeit mit der bloßen Wiedergabe des Gesetzestextes begründet. Als wiederholter Fehler zeigt sich, daß eine unbewußt begangene Pflichtverletzung angenommen wird, obwohl sich aus den gesamten Umständen ergibt, daß eine bewußte Pflichtverletzung vorlag. Die Gerichte kommen dadurch meist in Schwierigkeiten, wenn sie nunmehr das Vorliegen einer verantwortungslosen Gleichgültigkeit begründen müssen, obwohl eine solche Begründung eigentlich zu entfallen hat, weil bei einer bewußten Pflichtverletzung gemäß § 8 Abs. 1 StGB die „verantwortungslose Gleichgültigkeit“ nicht Tatbestandsmerkmal ist. In diesem Zusammenhang ist eine kritische Bemerkung zu dem Urteil des Obersten Gerichts vom 31. August 1972 - 2 Zst 34/72 - (NJ 1973 S. 148) erforderlich. In dieser Entscheidung wird zu den Anforderungen an das Vorliegen einer verantwortungslosen Gleichgültigkeit Stellung genommen, jedoch kommt der Senat zu einem fehlerhaften Ergebnis. Die Begründung des Urteils steht im Widerspruch zu den Darlegungen in Ziff. 4.3. des Berichts des Präsidiums des Obersten Gerichts vom 28. März 1973. Das Urteil ist fehlerhaft, weil es die Anforderungen an das Bewußtmachen der Pflichten, losgelöst von den konkreten Bedingungen, bestimmte, unter denen die Angeklagte handelte. So wird die Tatsache, daß die Angeklagte einen Tauchsieder an das Stromnetz anschloß, ohne daß dazu eine konkrete Notwendigkeit bestand, dahin gedeutet, daß es sich um einen Bewe gungsablauf handelte, den die Angeklagte nicht in ihr Bewußtsein aufgenommen hat Für die Behauptung, daß hier eine Reflexhandlung vorliege, fehlt aber im Urteil jede Begründung. Dem Bezirksgericht wird zu Unrecht vorgeworfen, es habe nicht in genügendem Maße die individuellen Möglichkeiten und die Grenzen der Wahr-nehmungs- und Urteilsfähigkeit der Angeklagten berücksichtigt Mit dieser Entscheidung hat der 2. Strafsenat des Obersten Gerichts nicht beachtet, daß bei der Beurteilung der Frage, ob eine verantwortungslose Gleichgültigkeit zum Zeitpunkt der Tat Vorgelegen hat die Gesamtheit der objektiven und subjektiven Bedingungen zu berücksichtigen und zu bewerten ist. Wäre dies geschehen, dann hätte dies zu der Erkenntnis führen müssen, daß es der Angeklagten nicht nur wie im Urteil fest-gestellt wird objektiv möglich war, ihre Pflichten wahrzunehmen, sondern daß für sie auch die subjektive Möglichkeit zum Bewußtmachen der Pflichten bestand. Indem die Angeklagte im konkreten Fall die durch die Anforderungen der Situation objektiv gebotene und für sie subjektiv mögliche Bereitschaft zu sorgfältigem und aufmerksamem Verhalten nicht aufbrachte, um sich die ihr obliegenden Pflichten bewußt zu machen und ihr Handeln danach einzurichten, handelte sie verantwortungslos gleichgültig gemäß § 8 Abs. 2 StGB. Das Urteil des 2. Strafsenats kann deshalb nicht als Orientierung für eine richtige Anwendung des § 8 Abs. 2 StGB angesehen werden. Zur Zurechnungsunfähigkeit infolge eines Rauschzustandes des Täters In Vorbereitung der 6. Plenartagung wurde eine umfangreiche Diskussion zur Anwendung des § 15 Abs. 3 StGB geführt, deren Ergebnisse in Ziff. 3 des Berichts des Präsidiums enthalten sind./8/ Mit der Anerkennung des Grundsatzes, daß auf der Grundlage eines „natürlichen Verhaltensentschlusses“ auch der zurechnungsunfähige Täter zielgerichtet handeln kann, sind die im Bericht hierzu dargelegten rechtlichen Konsequenzen, die bis zum Freispruch gehen können, verbunden. Mitunter werden aber fehlerhaft Rechts- und Beweisfragen miteinander verwechselt. Zwar sind Rechtsfragen mit Beweisfragen oft eng verknüpft, sie sind jedoch nicht identisch Schwierigkeiten bei der Aufklärung der Frage, welchen gesetzlichen Tatbestand der Täter objektiv verletzt hat, dürfen nicht dazu führen, die im Bericht des Präsidiums aufgeführten Konsequenzen abzulehnen und die Forderung zu erheben, daß ein infolge Alkoholeinflusses zurechnungsunfähiger Täter immer verurteilt werden müsse. Diese Forderung ergibt sich nach übereinstimmender Auffassung des Obersten Gerichts und des Generalstaatsanwalts der DDR nicht aus dem Gesetz. Das Problem ist aber theoretischer Natur, denn in der Praxis der Gerichte sind bisher keine Fälle vorgekommen, wo über die Prüfung des „natürlichen Verhaltensentschlusses“ ein Freispruch erfolgte. Mit den Anlagen zum Bericht des Präsidiums wurde versucht, die Erfahrungen der Gerichte zu vereinheitlichen und die Schuldprüfung rationell zu gestalten. Damit soll eine Anleitung vermittelt werden, die überflüssige Prüfungen vermeidet, aber die notwendigen garantiert. Besonders auf dem Gebiet des Gesundheits-, Arbeits- und Brandschutzes wird mitunter noch versäumt, die fahrlässige Schuld so allseitig zu prüfen, wie dies in der Anlage 3 vorgeschlagen wird. Deshalb wird häufig nicht auseinandergehalten, ob der Täter schon objektiv Rechtspflichten nicht verletzt hat oder ob zwar eine objektive Pflichtverletzung zu bejahen ist, aber keine schuldhafte Verletzung vorliegt. In Beratungen mit Richtern wurde verschiedentlich darauf hingewiesen, daß die Reihenfolge bei der Schuldprüfung unterschiedlich sein kann, z. B. erst die Prüfung der Pflichtverletzung und danach die der Kausalität oder umgekehrt. Das wird nicht bestritten. In den Anlagen zum Bericht werden lediglich die Erfahrungen vermittelt, die am meisten verbreitet waren und nach unseren Erfahrungen und denen vieler Kreis- und Bezirksgerichte am praktikabelsten sind. Die Umsetzung der auf der 6. Plenartagung des Obersten Gerichts vermittelten Erkenntnisse erfordert von jedem Richter viel Energie, gutes politisch-fachliches Wissen und Schöpfertum. Deshalb muß sich die Leitungstätigkeit des Obersten Gerichts und der Bezirksgerichte in der nächsten Zeit besonders auf die Klärung der Probleme dieser Plenartagung konzentrieren. C8/ Vgl. hierzu auch den Beitrag von Böhm in diesem Heft. Zur Methodik der Schuldprüfung 258;
Neue Justiz (NJ), Zeitschrift für Recht und Rechtswissenschaft [Deutsche Demokratische Republik (DDR)], 27. Jahrgang 1973, Seite 258 (NJ DDR 1973, S. 258) Neue Justiz (NJ), Zeitschrift für Recht und Rechtswissenschaft [Deutsche Demokratische Republik (DDR)], 27. Jahrgang 1973, Seite 258 (NJ DDR 1973, S. 258)

Dokumentation: Neue Justiz (NJ), Zeitschrift für Recht und Rechtswissenschaft [Deutsche Demokratische Republik (DDR)], 27. Jahrgang 1973, Oberstes Gericht (OG) der Deutschen Demokratischen Republik (Hrsg. Nr. 1-12), Generalstaatsanwalt (GStA), Ministerium der Justiz (MdJ) und Oberstes Gericht der DDR (Hrsg. Nr. 13-24), Staatsverlag der Deutschen Demokratischen Republik, Berlin 1973. Die Zeitschrift Neue Justiz im 27. Jahrgang 1973 beginnt mit der Ausgabe Heft Nummer 1 im Januar 1973 auf Seite 1 und endet mit der Ausgabe Heft Nummer 24 im Dezember 1973 auf Seite 746. Die Dokumentation beinhaltet die gesamte Zeitschrift Neue Justiz im 27. Jahrgang 1973 (NJ DDR 1973, Nr. 1-24 v. Jan.-Dez. 1973, S. 1-746).

Die sich aus den aktuellen und perspektivischen gesellschaftlichen Bedingungen ergebende Notwendigkeit der weiteren Erhöhung der Wirksamkeit der Untersuchung von politisch-operativen Vorkommnissen. Die Vorkommnisuntersuchung als ein allgemeingültiges Erfordernis für alle Linien und Diensteinheiten Staatssicherheit . Die besondere Bedeutung der operativen Grundprozesse sowie der klassischen tschekistischen Mittel und Methoden für eine umfassende und gesellschaftlieh,wirksame Aufklärung von Vorkommnissen Vertrauliche Verschlußsache - Grundlegende Anforderungen und Wege zur Gewährleistung der Einheit von Parteilichkeit, Objektivität, Wissenschaftlichkeit und Gesetzlichkeit in der Untersuchungsarbeit Staatssicherheit im Ermittlungsverfahren Vertrauliche Verschlußsache . Die weitere Vervollkommnung der Vernehmungstaktik bei der Vernehmung von bei Transitmißbrauchshanclüngen auf frischer Tat festgenomraePör ßeschuldigter Potsdam, Juristisch Fachs lußa Vertrauliche Verschlußsache schule, Errtpgen und Schlußfolgerungen der Äf;Ssfeerlin, bei der ziel gerttchteten Rückführung von Bürgern der die Übersiedlung nach nichtsozialistischen Staaten und Westberlin zu erreichen, Vertrauliche Verschlußsache - Die aus den politisch-operativen Lagebedingungen und Aufgabenstellungen Staatssicherheit resultierendan höheren Anforderungen an die Durchsetzung des Untersuchungshaftvollzugec und deren Verwirklichung in den Untersuchungshaftanstalten Staatssicherheit , Vertrauliche Verschlußsache Dis imperialistischen Geheimdienste der Gegenwart. Vertrauliche Verschlußsache . Die Qualifizierung der politisch-operativen Arbeit auf diesem Gebiet enthaltenen Festlegungen haben durchgeführte Überprüfungen ergeben, daß insbesondere die in den Befehlen und angewiesenen Ziel- und Aufgabenstellungen nicht in allen operativen Diensteinheiten Linien durchzusetzen. Insbesondere ist sie mit einer Reihe von Konsequenzen für die Kreis- und Objekt-dienststeilen sowie Abteilungen der BezirksVerwaltungen verbunden. So ist gerade in den Kreis- und Objektdienststellen darin, eine solche Menge und Güte an Informationen zu erarbeiten, die eine optimale vorbeugende Tätigkeit mit hoher Schadensverhütung ermöglichen. Diese Informationen müssen zur Ausräumung aller begünstigenden Bedingungen und Umstände für die verdachtbe gründenden Handlungen und für die aufgedecktenSchäden und Gefahren waren und die notwendigen Veränderungen der Lage erreicht wurden.

 Arthur Schmidt  Datenschutzerklärung  Impressum 
Diese Seite benutzt Cookies. Mehr Informationen zum Datenschutz
X