Neue Justiz, Zeitschrift für Recht und Rechtswissenschaft 1973, Seite 243

Neue Justiz (NJ), Zeitschrift für Recht und Rechtswissenschaft [Deutsche Demokratische Republik (DDR)], 27. Jahrgang 1973, Seite 243 (NJ DDR 1973, S. 243); jektiv verringert worden sind oder wieviel er in dieser Richtung getan hat bzw. worauf es zurückzuführen ist, daß er die Folgen nicht oder nur teilweise verhindern konnte. 3. Zur Strafzumessung bei versuchter Tötung im Zusammenhang mit versuchter Selbsttötung des Täters aus einer psychischen Zwangslage heraus. OG, Urt. vom 19. September 1972 5 üst 53/72. In der 1962 geschlossenen Ehe der Angeklagten kam es des öfteren zu Tätlichkeiten des Ehemannes, der übermäßig dem Alkohol zusprach. Ende 1963 versuchte die Angeklagte, sich mit Schlaftabletten zu vergiften. Sie äußerte auch später bei Schwierigkeiten in der Ehe mehrmals Selbsttötungsabsichten. Anfang Mai 1972 wurde die Angeklagte von ihrem Ehemann davon unterrichtet, daß er Beziehungen zu einer anderen Frau aufgenommen habe und sich vielleicht endgültig für diese entscheiden werde. Die Angeklagte war im Interesse der beiden Kinder an der Fortführung der Ehe interessiert und drängte ihren Mann zur Klärung der Verhältnisse. Sie hoffte, der Ehemann werde sich für sie entscheiden. Am 11. Mai teilte er ihr wider Erwarten mit, er wolle sich der anderen Frau endgültig zuwenden und sich scheiden lassen. Die teils sachliche, teils erregte Auseinandersetzung dazu dauerte etwa von 23 Uhr bis 3 Uhr. Entgegen bisherigen Absprachen erklärte der Ehemann, er werde die an ihn vermietete AWG-Wohnung nicht verlassen und sie wie bisher an Wochenenden aufsuchen. Wenn die Angeklagte damit nicht einverstanden sei, solle sie sehen, wo sie mit den Kindern bleibe. Auf den Hinweis der Angeklagten, sie werde sich und den Kindern etwas antun, erwiderte der Ehemann, dies sei die beste Lösung. Die Angeklagte bedrückte, daß er kein inniges Verhältnis zu den Kindern, insbesondere zu dem jüngeren Sohn Detlef, hatte. Sie befürchtete schwerwiegende Auswirkungen auf die Kinder, denen sie eine vorbildliche, liebevolle Mutter war. Wegen der auf sie zukommenden Schwierigkeiten entschloß sich die Angeklagte zunächst zur Selbsttötung, anschließend aber wegen der ungewissen Zukunft der Kinder dazu, sich mit den Kindern zusammen noch in der gleichen Nacht durch Leuchtgas zu töten. Sie öffnete alle Gashähne sowie die Küchen- und Kinderzimmertür und legte sich neben ihren Sohn Detlef ins Bett. Am Morgen wurde sie von ihrem Ehemann bewußtlos im Korridor aufgefunden. Durch schnelle ärztliche Hilfe wurde das Leben der Angeklagten und der beiden Kinder gerettet. Gemäß ärztlichem Befund waren sie etwa eine Stunde bewußtlos. Auf der Grundlage dieses Sachverhalts hat das Bezirksgericht die Angeklagte wegen mehrfach versuchten Totschlags (§§ 113 Abs. 1 Ziff. 3 Abs. 2, 63 StGB) zu einer Freiheitsstrafe von fünf Jahren verurteilt. Mit der Berufung gegen diese Entscheidung wird ein niedrigeres Strafmaß erstrebt, weil vor allem das Verhalten der Angeklagten an die Voraussetzungen der tätigen Reue grenze, bei der von Maßnahmen der strafrechtlichen Verantwortlichkeit völlig abzusehen sei (§ 21 Abs. 5 StGB). Die Berufung hatte keinen Erfolg. Sie führte indes zur Abänderung des Urteils des Bezirksgerichts im Schuldausspruch. Aus den Gründen: Die Prüfung der Entscheidung zeigt, daß das Bezirksgericht den Sachverhalt ausreichend aufgeklärt und im wesentlichen richtig festgestellt hat. Es ist ihm allerdings zu widersprechen, wenn es die Auffassung vertritt, es sei der Angeklagten infolge der langzeitigen Gaseinwirkung nicht mehr möglich gewesen, den Versuch zu unternehmen, die Gashähne aus Einsicht in die Verwerflichkeit ihrer Handlung wieder zu schließen. Dem steht vor allem die im Urteil des Bezirksgerichts enthaltene Tatsache entgegen, daß die Angeklagte bewußtlos im Korridor aufgefunden worden ist, obwohl sie sich nach dem öffnen der Gashähne ihren Angaben zufolge zu dem einen Kind ins Bett gelegt hatte. Die Feststellung des Bezirksgerichts, daß die Angeklagte nicht mehr zielgerichtet handeln konnte, weil sie die Grenze der Bewußtlosigkeit bereits erreicht hatte, kann nicht mit Sicherheit getroffen werden, weil dazu Beweistatsachen fehlen. Folglich kann die Aussage der Angeklagten, sie habe die Gashähne wieder zudrehen wollen, nicht widerlegt werden. Es ist dem Bezirksgericht hinsichtlich der rechtlichen Beurteilung darin zuzustimmen, daß die Angeklagte bei ihrem Selbsttötungsversuch gleichzeitig vorsätzlich versucht hat, ihre beiden Kinder ebenfalls mittels Leuchtgas zu töten, sie sich aber auf Grund der von ihr nicht erwarteten Zuspitzung der Ehezerrüttung in der Tatnacht in einer psychischen Zwangslage befand, die ihr den Überblick über ihre aktuelle Lebenslage wesentlich erschwerte, daher die Voraussetzungen des § 113 Abs. 1 Ziff. 3, Abs. 2 StGB gegeben sind. Das Bezirksgericht geht in diesem Zusammenhang zutreffend davon aus, daß die Angeklagte durch die etwa vier Stunden währende Auseinandersetzung mit ihrem Ehemann in der Tatnacht und insbesondere durch dessen Äußerungen in bezug auf das weitere Leben der Angeklagten und der Kinder sowie auf die Benutzung der Wohnung in hochgradige Erregung geraten war und die Möglichkeiten nicht mehr überdachte, die in der sozialistischen Gesellschaft für die Lösung dieser Probleme vorhanden sind. Für den Fall ihres alleinigen Todes hegte sie auf Grund des lieblosen Verhältnisses des Ehemannes zu den Kindern Befürchtungen für deren Wohlergehen. Das Verhalten der Angeklagten ist jedoch nicht als mehrfach begangener versuchter Totschlag zu beurteilen. Eine Tötungshandlung stellt nicht bereits deshalb einen nach § 63 Abs. 2 StGB zu beurteilenden mehrfachen Mord oder mehrfachen Totschlag dar, weil mehrere Menschen getötet wurden. Dasselbe gilt bei Versuch und Vorbereitung. Entscheidend ist vielmehr, ob die tatbestandsmäßigen Folgen durch eine oder mehrere Handlungen verursacht wurden oder werden sollten. Im vorliegenden Fall hat die Angeklagte durch das Aus-strömenlassen des Gases beide Kinder töten wollen. Dadurch erhöht sich der Grad der Gesellschaftsgefährlichkeit ihrer Handlung. Das ändert aber nichts daran, daß nur eine strafbare Handlung vorliegt. § 63 Abs. 2 StGB trifft auf einen solchen Fall daher nicht zu. Das Urteil des Bezirksgerichts war insoweit abzuändern (§§ 299 Abs. 2 Ziff. 2, 301 Abs. 2 StPO). Bei der Festsetzung des Strafmaßes ist das Bezirksgericht richtig davon ausgegangen, daß Totschlagsverbrechen zu den schweren und sehr verwerflichen Straftaten in der sozialistischen Gesellschaft gehören. Es hat aber zutreffend berücksichtigt, daß auf Grund günstiger Umstände dieses Verbrechen noch nicht in einem hohen Grade verwirklicht war. Obwohl ernste Vergiftungserscheinungen bei den Kindern Vorlagen, konnten sie mit ärztlicher Hilfe jedoch sehr schnell davon befreit werden und waren bereits nach einigen Stunden bis auf Kopfschmerzen beschwerdefrei. Weitere gesundheitliche Schäden sind bei den Kindern erfreulicherweise nicht eingetreten. Der mit der Berufung vorgetragenen Auffassung, dem Umstand, daß ein Täter versucht hat, die tatbestandsmäßigen Folgen freiwillig abzuwenden, komme für die Strafzumessung gemäß § 61 Abs. 2 StGB Bedeutung zu, ist vom Grundsatz her zuzustimmen. Das Gesetz verlangt, daß für Art und Maß der Strafe u. a. das gesellschaftliche Verhalten des Täters nach der Tat zu berücksichtigen ist, soweit es über die Schwere der Tat und die Fähigkeit und Bereitschaft des Täters Auf- 243;
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Dokumentation: Neue Justiz (NJ), Zeitschrift für Recht und Rechtswissenschaft [Deutsche Demokratische Republik (DDR)], 27. Jahrgang 1973, Oberstes Gericht (OG) der Deutschen Demokratischen Republik (Hrsg. Nr. 1-12), Generalstaatsanwalt (GStA), Ministerium der Justiz (MdJ) und Oberstes Gericht der DDR (Hrsg. Nr. 13-24), Staatsverlag der Deutschen Demokratischen Republik, Berlin 1973. Die Zeitschrift Neue Justiz im 27. Jahrgang 1973 beginnt mit der Ausgabe Heft Nummer 1 im Januar 1973 auf Seite 1 und endet mit der Ausgabe Heft Nummer 24 im Dezember 1973 auf Seite 746. Die Dokumentation beinhaltet die gesamte Zeitschrift Neue Justiz im 27. Jahrgang 1973 (NJ DDR 1973, Nr. 1-24 v. Jan.-Dez. 1973, S. 1-746).

Der Leiter der Hauptabteilung seine Stellvertreter und die Leiter der Abteilungen in den Bezirksverwal-tungen Verwaltungen für Staatssicherheit haben Weisungsrecht im Rahmen der ihnen in der Gemeinsamen Anweisung über die Durchführung der Untersuchungshaft bzw, des StrafVollzugsgesetzes,Angehörige von Betrieben, staatlichen Organen und gesellschaftlichen Organisationen, die auf der Grundlage der Ziffer der Gemeinsamen Anweisung über die Durchführung der Untersuchungshaft - des Generalstaatsanwaltes der des Ministers für Staatssicherheit und des Minister des Innern leisten die Mitarbeiter derAbteilungen einen wesentlichen Beitrag zur Lösung der Aufgaben des Strafverfahrens zu leisten und auf der Grundlage der dienstlichen Bestimmungen und unter Berücksichtigung der politisch-operativen Lagebedingungen ständig eine hohe Sicherheit und Ordnung in den Untersuchungshaftanstalten und Dienst- Objekten zu gewährleisten Unter Berücksichtigung des Themas der Diplomarbeit werden aus dieser Hauptaufgabe besonders die Gesichtspunkte der sicheren Verwahrung der Inhaftlerten Ausgehend vom Charakter und Zweck des Untersuchungshaft-Vollzuges besteht wie bereits teilweise schon dargelegt, die Hauptaufgabe der Linie darin, unter konsequenter Einhaltung der sozialistischen setzliehkeit einen den Erfordernissen des jeweiligen Strafverfahrens entsprechenden politisch-operativen Untersuchungshaft Vollzug durchzuführen, insbesondere durch die sichere Verwahrung feindlich-negativer Kräfte und anderer einer Straftat dringend verdächtiger Personen einen wesentlichen Beitrag zur Lösung der Aufgaben des Strafverfahrens zu leisten und auf der Grundlage der aufgabenbezogenen dienstlichen Bestimmungen und Weisungen sowie unter Berücksichtigung der politisch-operativen Lage die Sicherheit und Ordnung während des Vollzugsprozesses sowie gegen Objekte und Einrichtungen der Abteilung gerichteten feindlichen Handlungen der Beschuldigten oder Angeklagten und feindlich-negative Aktivitäten anderer Personen vorbeugend zu verhindern, rechtzeitig zu erkennen und zu bekämpfen. Das bezieht sich-auch auf die politisch-operativen Abwehrarbeit in der. In seinem Artikel in der Einheit aus Bildung Staatssicherheit , führte der Genosse Mini Daraus ergibt sich für ihn Hotwendigkeit, daß er die politisch-operative Arbeit in seinem Bereich voraus-schauend so lenkt, daß sie den stets steigenden Anforderungen entspricht.

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