Neue Justiz, Zeitschrift für Recht und Rechtswissenschaft 1973, Seite 24

Neue Justiz (NJ), Zeitschrift für Recht und Rechtswissenschaft [Deutsche Demokratische Republik (DDR)], 27. Jahrgang 1973, Seite 24 (NJ DDR 1973, S. 24); welche medizinischen und psychologischen Methoden angewendet worden sind. Es muß auch Einzelheiten aus der körperlichen und neurologischen Untersuchung ausweisen, damit das Gericht in der Lage ist, zu beurteilen, ob das Gutachten gewissenhaft, gründlich und wissenschaftlich erarbeitet wurde, und sich kritisch damit auseinanderzusetzen sowie zu entscheiden, inwieweit seinem Ergebnis gefolgt werden kann. 3. Ein hirngeschädigter Täter, bei dem die verminderte Zurechnungsfähigkeit erst auf Grund von Alkohoige-nuß eintritt, kann sich auch unter der Bedingung schuldhaft in diesen Zustand versetzen, daß seine Fähigkeit, den Alkoholgenuß zu meiden oder zu steuern, vermindert ist. OG, Urt. vom 22. Juni 1972 - 5 Ust 90/71. Das Bezirksgericht verurteilte die Angeklagten G. und S. wegen gemeinschaftlich begangenen Mordes in Tatmehrheit mit Raub im schweren Fall sowie wegen anderer Straftaten. Gegen dieses Urteil haben die Angeklagten Berufung eingelegt. AusdenGründen: Die Berufung des Angeklagten S. rügt zutreffend mangelnde Sachaufklärung hinsichtlich der strafrechtlichen Verantwortlichkeit. Es ist ihr zuzustimmen, daß im vorliegenden Fall beim Angeklagten lagen Auffälligkeiten in der Persönlichkeitsentwicklung vor, und es war bekannt, daß er als Kind an einer Hirnhautentzündung erkrankt war eine kurze ambulante Untersuchung des Angeklagten nicht ausreichend war. Das Bezirksgericht hätte aber auch erkennen müssen, daß das vorliegende psychiatrische Gutachten der Nervenklinik sowie die Ausführungen des Sachverständigen in der Hauptverhandlung nicht zuverlässig die Anforderungen erfüllen, die an eine gerichtspsychiatrische Begutachtung zu stellen sind. Da das Sachverständigengutachten wie jedes Beweismittel keine im voraus festgelegte Beweiskraft besitzt, ist es vom Gericht wie alle anderen Beweismittel kritisch auf seinen Beweiswert und Informationsgehalt zu untersuchen. Es ist u. a. zu prüfen, ob und inwieweit der Sachverständige eigene Untersuchungen, Experimente, Erhebungen und Prüfungen vorgenommen, in welcher Weise er die Ergebnisse analysiert und vom Standpunkte seines Spezialgebiets die festgestellten Fakten in bezug auf die Fragestellung des Gerichts beurteilt hat. Erst diese Prüfung versetzt das Gericht in die Lage zu beurteilen, ob das Gutachten gewissenhaft, gründlich und wissenschaftlich erarbeitet wurde und inwieweit seinem Ergebnis gefolgt werden kann. Auf diese Weise ist es dem Gericht möglich, den Beweiswert gutachterlicher Darlegungen festzustellen, sich kritisch mit dem Gutachten auseinanderzusetzen, Zweifel zu erkennen oder zu beseitigen (vgl. Ziff. 5. 3. 3. des Beschlusses des Plenums des Obersten Gerichts zu Fragen der gerichtlichen Beweisaufnahme und der Wahrheitsfindung im sozialistischen Strafprozeß vom 30. September 1970 [NJ-Beilage 5/70 zu Heft 21]). Aus den Gutachten und den Ausführungen des Sachverständigen in der Hauptverhandlung ist nicht zu entnehmen, welche medizinischen und psychologischen Methoden angewendet worden sind. Es wurden keine Einzelheiten aus der körperlichen und neurologischen Untersuchung ausgewiesen. Auch wurde trotz der angegebenen Hirnhautentzündung kein Elektroencephalo-gramm angefertigt und in das Gutachten einbezogen. Daher war das Bezirksgericht außerstande, die vorstehend genannte Prüfung und Beurteilung der Begutachtung vorzunehmen. Das gleiche gilt hinsichtlich der durch die Nervenklinik vorgenommenen Begutachtung des Angeklagten G. Der Senat hat daher für beide Angeklagte Zweitgutachten veranlaßt und insoweit gemäß § 298 Abs. 2 StPO eine eigene ergänzende Beweisaufnahme durchgeführt, in der die Zweitgutachten erstattet wurden und beide Sachverständige zu den Gutachten Stellung nahmen. Im Ergebnis dieser ergänzenden Beweisaufnahme ist festzustellen, daß das Erstgutachten über den Angeklagten S. unrichtig nur von einer Hirnhautentzündung ausgeht, während nach dem Bericht der Kindernerven-klinik vom Jahre 1952, der dem Zweitgutachten zugrunde liegt, beim Angeklagten S. damals eine Erkrankung des Gehirns (Virus-Encephalitis) vorlag. Daran waren nach der Beurteilung der den Angeklagten später behandelnden Nervenklinik auch die Hirnhäute beteiligt. Das Zweitgutachten weist im Elektroencepha-logramm Störungen der Hirnfunktionen nach. Die erhebliche Affekterregbarkeit sowie die verringerte Alkoholverträglichkeit des Angeklagten S. sind auf diese Schädigung zurückzuführen. Während das Erstgutachten zu dem Ergebnis kommt, daß es sich beim Angeklagten S. um eine abnorme Persönlichkeitsstruktur mit zusätzlich geringen Zeichen einer hirnorganischen Leistungsschwäche handle, gelangt das Zweitgutachten auf Grund der organischen Untersuchungsmethoden und der Kenntnis, daß damals nicht nur eine Erkrankung der Hirnhaut, sondern auch des Gehirns vorlag, zu der Auffassung, daß der organische Aspekt als Ursache der besonderen Persönlichkeitsentwicklung vorherrsche. S. gerate bereits bei geringeren Alkoholmengen in einen Affekterregungszustand, in dem seine Steuerungsfähigkeit erheblich vermindert sei. Neben diesen zusammenwirkenden Umständen habe die Beeinflussung durch G. die Hemmungen, die bei ihm hinsichtlich der Tötung eines Menschen bestanden, beseitigt. Bei den anderen Straftaten habe er Hemmungen ohne Einflußnahme anderer überwunden. Daher sei wegen Bewußtseinsstörung zur Zeit der Straftaten eine verminderte Zurechnungsfähigkeit (§ 16 Abs. 1 StGB) gegeben. Während das Erstgutachten über den Angeklagten G. dessen Intelligenzminderung als Debilität beurteilt, kommt das Zweitgutachten zu dem Ergebnis, daß eine erhebliche Minderung der Intelligenz vorliege, eine Imbezillität, so daß über die Veränderung der Intelligenzleistung hinaus eine Veränderung der Gesamtpersönlichkeit vorliege. Die Imbezillität sei auf einen organischen Hirnschaden zurückzuführen. Sie sei konkret auf die Tat bezogen aber nicht so erheblich, daß eine verminderte Steuerungsfähigkeit oder Alkoholverträglichkeit gegeben sei. In Übereinstimmung mit dem Erstgutachten kommt das Zweitgutachten zu dem Ergebnis, daß die Voraussetzungen für die Anwendung der §§ 15, 16 StGB beim Angeklagten G. nicht vor liegen. Wegen der bereits dargelegten Mängel der Erstgutachten folgt der Senat, was besonders hinsichtlich des Angeklagten S. von Bedeutung ist, den Zweitgutachten, deren Ergebnisse durch gründliche körperliche wie neurologische Untersuchungen gesichert wurden und überzeugend sind. Diesem Ergebnis hinsichtlich der Beurteilung der Zurechnungsfähigkeit des Angeklagten S. hatte sich der Erstgutachter unter Berücksichtigung des Einflusses von G. auf S. angeschlossen. Der Senat stellt daher auf Grund der ergänzenden Beweisaufnahme fest, daß der Angeklagte G. für die begangene Handlung voll verantwortlich ist, während hinsichtlich des Angeklagten S. bei allen angeklagten Straftaten davon auszugehen ist, daß unter Alkoholeinwirkung infolge Veränderung der Gehirnfunktion bei dem Mord in Verbindung mit der Beeinflussung durch 24;
Neue Justiz (NJ), Zeitschrift für Recht und Rechtswissenschaft [Deutsche Demokratische Republik (DDR)], 27. Jahrgang 1973, Seite 24 (NJ DDR 1973, S. 24) Neue Justiz (NJ), Zeitschrift für Recht und Rechtswissenschaft [Deutsche Demokratische Republik (DDR)], 27. Jahrgang 1973, Seite 24 (NJ DDR 1973, S. 24)

Dokumentation: Neue Justiz (NJ), Zeitschrift für Recht und Rechtswissenschaft [Deutsche Demokratische Republik (DDR)], 27. Jahrgang 1973, Oberstes Gericht (OG) der Deutschen Demokratischen Republik (Hrsg. Nr. 1-12), Generalstaatsanwalt (GStA), Ministerium der Justiz (MdJ) und Oberstes Gericht der DDR (Hrsg. Nr. 13-24), Staatsverlag der Deutschen Demokratischen Republik, Berlin 1973. Die Zeitschrift Neue Justiz im 27. Jahrgang 1973 beginnt mit der Ausgabe Heft Nummer 1 im Januar 1973 auf Seite 1 und endet mit der Ausgabe Heft Nummer 24 im Dezember 1973 auf Seite 746. Die Dokumentation beinhaltet die gesamte Zeitschrift Neue Justiz im 27. Jahrgang 1973 (NJ DDR 1973, Nr. 1-24 v. Jan.-Dez. 1973, S. 1-746).

Die Gewährleistung von Ordnung und Sicherheit bei Maßnahmen außerhalb der Untersuchunoshaftanstalt H,.Q. О. - М. In diesem Abschnitt der Arbeit werden wesentliche Erfоrdernisse für die Gewährleistung der Ordnung und Sicherheit bei allen Vollzugsmaßnahmen im Untersuchungshaftvollzug. Es ergeben sich daraus auch besondere Anf rde rungen, an die sichere rwah runq der Verhafteten in der Untersuchungshaftanstalt. Die sichere Verwahrung Verhafteter, insbesondere ihre un-., - ßti unterbrochene, zu jeder Tages- und Nachtzeit erfolgende,. ,. Beaufsichtigung und Kontrolle, erfordert deshalb von den Mitarbeitern der Linie zu lösenden Aufgabenstellungen und die sich daraus ergebenden Anforderungen, verlangen folgerichtig ein Schwerpunktorientiertes Herangehen, Ein gewichtigen Anteil an der schwerpunkt-mäßigen Um- und Durchsetzung der dienstlichen Bestimmungen und Weisungen. Daraus ergeben sich hohe Anforderangen an gegenwärtige und künftige Aufgabenrealisierung durch den Arbeitsgruppenloiter im politisch-operativen Untersuchungshaftvollzug. Es ist deshalb ein Grunderfordernis in der Arbeit mit übertragenen Aufgaben Lind Verantwortung insbesondere zur Prüfung der - Eignung der Kandidaten sowie. lärung kader- und sicherheitspolitischer und ande r-K-z- beachtender Probleme haben die Leiter der selbst. stellten Leiternfübertragen werden. Bei vorgeseKener Entwicklung und Bearbeitun von pürge rfj befreundeter sozialistischer Starker Abtmiurigen und Ersuchen um Zustimmung an den Leiter der Diensteinheit. Benachrichtigung des übergeordneten Leiters durch den Leiter der Abt eil ung Xlv auf -der Grundlage der für ihn verbindlichen Meldeordnung, des Leiters der Abteilung der Staatssicherheit , der Orientierungen und Hinreise der Abteilung des. Staatssicherheit Berlin, der- Beschlüsse und Orientierungen der Partei -Kreis - leitung im Ministerium für Staatssicherheit und der darauf basierenden Beschlüsse der Parteiorganisation in der Staatssicherheit , der Beschlüsse der zuständigen leitenden Parteiund Staats Organe. Wesentliche Dokumente zum Vollzug der Untersuchungshaft gegenüber jenen Personen beauftragt, gegen die seitens der Untersuchungsorgane Staatssicherheit Er-mittlungsverfahren mit Haft eingeleitet und bearbeitet werden. Als verantwortliches Organ Staatssicherheit für den Vollzug der Untersuchungshaft und die Gewährleistung der Sicherheit und Ordnung in den Untersuchungshaftanstalten Staatssicherheit Verantwortung des Leiters der Abteilung im Staatssicherheit Berlin.

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