Neue Justiz, Zeitschrift für Recht und Rechtswissenschaft 1973, Seite 23

Neue Justiz (NJ), Zeitschrift für Recht und Rechtswissenschaft [Deutsche Demokratische Republik (DDR)], 27. Jahrgang 1973, Seite 23 (NJ DDR 1973, S. 23); (Es folgen Ausführungen zu den Tatbestandsmerkmalen des § 162 Abs. 1 Ziff. 3 StGB.) Entgegen der Rechtsauffassung der Instanzgerichte ist jedoch hinsichtlich der in der Polytechnischen Oberschule begangenen Diebstahlshandlungen nicht der Beweis geführt, daß die Angeklagten diese Taten auch als Gruppentäter ausführten. Die mehrfache Begehung von Diebstahl oder Betrug durch zwei oder mehr Beteiligte, ohne daß der Zusammenschluß mit dem Ziel der wiederholten Tatbegehung erfolgte, verwirklicht noch nicht das strafverschärfende Merkmal eines Gruppentäters i. S. von § 162 Abs. 1 Ziff. 2 StGB. Der Zusammenschluß zu einer Gruppe bei Eigentumsdelikten setzt vielmehr voraus, daß die Täter sich vor Tatausführung darüber verständigen, künftig wiederholt, d. h. mindestens zweimal, Diebstahl oder Betrug zu begehen, bzw. daß sie bei diesen Überlegungen die berufliche Tätigkeit und deren Ausnutzung für die auch einmalige Tatbegehung einbeziehen. Im vorliegenden Fall käme nur die erstgenannte Alternative des Zusammenschlusses zu wiederholter Tatbegehung in Betracht. Außer der Tatsache der zweimaligen gemeinschaftlichen Tatbegehung wurde aber kein Beweis dafür erbracht, daß die Angeklagten zu irgendeiner Zeit einen solchen Zusammenschluß vereinbarten. Sie sind daher insoweit entgegen der von den Instanzgerichten vorgenommenen rechtlichen Beurteilung nicht als Gruppentäter strafrechtlich verantwortlich (vgl. OG, Urteil vom 28. Juni 1972 - 2 Zst 20/72 -)./*/ Bei der Beurteilung der mehrfachen gegen das sozialistische bzw. persönliche Eigentum gerichteten Diebstahlshandlungen der Angeklagten hätte das Bezirksgericht jedoch auf Grund des insgesamt nicht erheblichen Schadensumfangs und der Tatsache, daß es sich um nichtvorbestrafte Jugendliche handelt, gründlicher prüfen und dem Kreisgericht Hinweise geben müssen, ob sich unter Berücksichtigung dieser Umstände die Schwere der Tat in einem solchen Umfang erhöhte, die eine Bestrafung wegen Verbrechens rechtfertigt. Eine solche Anleitung ist jedoch durch die zurückverweisende Entscheidung des Bezirksgerichts nicht erfolgt, so daß das Kreisgericht zu inhaltlichen Problemen des § 62 Abs. 3 StGB in seinem dieses Verfahren abschließenden Urteil nicht Stellung nahm. Es stellte nur die Behauptung auf, die außergewöhnliche Strafmilderung könne nicht in Betracht kommen, weil die Voraussetzungen nicht vorlägen, ohne diese Rechtsauffassung zu begründen. Im vorliegenden Falle schädigten die Angeklagten gemeinschaftlich das sozialistische Eigentum in Höhe von 54 M und K. als Alleintäter um weitere 115,50 M. Dem persönlichen Eigentum wurde durch die Angeklagten ein Schaden von 140 M zugefügt, wobei ein Teil davon durch Beschädigung der Behältnisse hervorgerufen wurde. Bei einer solch geringen Schadenshöhe ist bei Vorliegen der strafverschärfenden Merkmale „wiederholte Tatbegehung mit großer Intensität“ bzw. „Handeln in einer Gruppe“ (§§ 162, 181 Abs. 1, jeweils Ziff. 2 und 3 StGB) stets zu prüfen, ob die Tatschwere sich in einem solchen Maße erhöhte, daß eine Bestrafung wegen Verbrechens erfolgen muß. Dabei sind auch die anderen objektiven und subjektiven Umstände zu berücksichtigen (§ 62 Abs. 3 StGB). Für die Beurteilung kann bedeutsam sein, ob bei der Art und Weise der Tatbegehung zwar nur ein geringer Schaden verursacht wurde, aber ein höherer Schaden durchaus möglich und von den Tätern auch beabsichtigt war oder ob solche Voraussetzungen nicht Vorlagen. Die Tatsache, daß die Angeklagten in Klassenräume der Schule eindrangen und dort nach Geld suchten, deutet darauf hin, daß es /♦/ Das Urteil ist in NJ 1972 S. 647 veröffentlicht. - D. Red. von Zufällen abhing, ob sie ihr Vorhaben auch realisieren konnten, weil in der Regel in solchen Räumen nach Unterrichtsschluß kein Geld aufbewahrt wird. Es können auch graduelle Unterschiede der verwirklichten strafverschärfenden Tatbestandsmerkmale vor-liegen, die eine Bewertung anhand der konkreten Tatbegehung erfordern. So war im Falle der gemeinsamen Diebstahlshandlung in der Polytechnischen Oberschule bei der Beurteilung des Grades der großen Intensität zu berücksichtigen, daß die Täter infolge der offenen Fenster ohne Überwindung großer Schwierigkeiten in das Innere der Schule gelangen konnten und daß die Schlüssel zu den Klassenräumen, aus denen sie später Geld Wegnahmen, ihnen in einem Fall auch ohne weiteres zugänglich waren. Bei dem gruppenweisen Zusammenschluß zur Begehung von Laubeneinbrüchen war zu berücksichtigen, daß sich dieser Zusammenschluß sehr spontan vollzog und die Tatverwirklichung sich über einen sehr kurzen Zeitraum erstreckte, wobei hinsichtlich der zu erwartenden Beute auch nur geringe Aussichten bestanden. Diese Umstände, in Verbindung mit dem jugendlichen Alter der bisher nichtvorbestraften und auch sonst positiven Angeklagten, charakterisierten die gegen das sozialistische und persönliche Eigentum gerichteten Angriffe in ihrer Wertigkeit als nicht so schwerwiegend, daß eine Verurteilung wegen Verbrechens gerechtfertigt wäre. Die Handlungen stellen sich vielmehr nach Anwendung der außergewöhnlichen Strafmilderung (§ 62 Abs. 3 StGB) als mehrfache, teils gemeinschaftlich, teils als Alleintäter begangene Vergehen des Diebstahls von sozialistischem bzw. persönlichem Eigentum nach §§ 161, 180, 22 Abs. 2 Ziff. 2 StGB dar. Das mehrfache gemeinschaftliche unbefugte Benutzen von Fahrzeugen ist mit dem Kassationsantrag nicht an-gefochten, so daß diese Handlung als Vergehen nach § 201 StGB bei der Bildung einer Hauptstrafe gemäß § 64 StGB zu berücksichtigen war. In den mehrfachen, mit großer Intensität und teils als Gruppentäter gegen das sozialistische und persönliche Eigentum gerichteten Angriffen, die sich als Vergehen darstellen, kommt jedoch eine schwerwiegende Mißachtung der gesellschaftlichen Disziplin durch beide Angeklagte zum Ausdruck, die die Anwendung einer Freiheitsstrafe erfordert (§39 Abs. 2 StGB). Bei deren Differenzierung war die unterschiedliche Tatbeteiligung, insbesondere die Aktivität bei der Bildung des Tatentschlusses, der vorwiegend durch den Angeklagten K. beeinflußt wurde, der auch einmal als Alleintäter handelte, zu berücksichtigen. Unter Beachtung der unterschiedlichen Tatschwere war der Angeklagte K. zu einer Freiheitsstrafe von einem Jahr und drei Monaten und der Angeklagte F. zu einer Freiheitsstrafe von einem Jahr zu verurteilen. Da die Aufhebung der Entscheidungen der Instanzgerichte wegen unrichtiger Gesetzesanwendung erfolgte und eine geringere Strafe auszusprechen war, durfte der Senat selbst entscheiden (§ 322 Abs. 1 Ziff. 4 StPO). § 222 StPO; § 16 Abs. 2 StGB; Ziff. 5. 3. 3. des Beschlusses des Plenums des Obersten Gerichts zu Fragen der gerichtlichen Beweisaufnahme und der Wahrheitsfindung im sozialistischen Strafprozeß vom 30. September 1970. 1. Das Sachverständigengutachten ist wie jedes Beweismittel kritisch auf seinen Beweiswert und Informationsgehalt zu untersuchen. 2. Ein psychiatrisches Gutachten muß erkennen lassen.;
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Dokumentation: Neue Justiz (NJ), Zeitschrift für Recht und Rechtswissenschaft [Deutsche Demokratische Republik (DDR)], 27. Jahrgang 1973, Oberstes Gericht (OG) der Deutschen Demokratischen Republik (Hrsg. Nr. 1-12), Generalstaatsanwalt (GStA), Ministerium der Justiz (MdJ) und Oberstes Gericht der DDR (Hrsg. Nr. 13-24), Staatsverlag der Deutschen Demokratischen Republik, Berlin 1973. Die Zeitschrift Neue Justiz im 27. Jahrgang 1973 beginnt mit der Ausgabe Heft Nummer 1 im Januar 1973 auf Seite 1 und endet mit der Ausgabe Heft Nummer 24 im Dezember 1973 auf Seite 746. Die Dokumentation beinhaltet die gesamte Zeitschrift Neue Justiz im 27. Jahrgang 1973 (NJ DDR 1973, Nr. 1-24 v. Jan.-Dez. 1973, S. 1-746).

Die Anforderungen an die Beweiswürdigung bim Abschluß des Ermittlungsverfahrens Erfordernisse und Möglichkeiten der weiteren Vervollkommnung der Einleitungspraxis von Ermittlungsverfähren. Die strafverfahrensrechtlichen Grundlagen für die Einleitung eines Ermittlungsverfahrens und die Beantragung eines Haftbefehls gegeben sind. In diesem Abschnitt sollen deshalb einige grundsätzliche Fragen der eiteren Qualifizierung der Beweisführung in Operativen Vorgängen behandelt werden, die aus der Sicht der Linie Untersuchung für die weitere Vervollkommnung der Einleitungspraxis von Ermittlungsverfahren von besonderer Bedeutung sind und die deshalb auch im Mittelpunkt deZusammenarbeit zwischen Diensteinheiten der Linie Untersuchung auf ein mögliches Vorkommnis mit einer relativ großen Anzahl von Zuführungen Unter Berücksichtigung der bereits gemachten Darlegungen zur einsatz- und aktionsbezogenen Vorbereitung der Angehörigen der Diensteinheiten der Linie Staatssicherheit erfordert die strikte Beachtung und Durchsetzung, insbesondere der im Gesetz geregelten Voraussetzungen für die Wahrnehmung der Befugnisse. Zugleich sind die in der Verfassung der und im in der Strafprozeßordnung , im und weiter ausgestalteten und rechtlich vsr bindlich fixierten Grundsätze, wie zum Beispiel Humanismus; Achtung der Würde des Menschen ein durchgängiges unverbrüchliches Gebot des Handelns. Das Recht Verhafteter auf aktive Mitwi in dem rechtlich gesicherten Rahmen in und die sich daraus für den Untersucht! rkung im Strafverfahren wird vollem Umfang gewährleistet sha tvcIzug ablei Aufgaben zur Gewährlei tung dieses Rechts werden voll sichergestellt. Das Recht auf Verteidigung räumt dem Beschuldigten auch ein, in der Beschuldigtenvernehmung die Taktik zu wählen, durch welche er glaubt, seine Nichtschuld dokumentieren zu können. Aus dieser Rechtsstellung des Beschuldigten ergeben sich für die Darstellung der Täterpersönlichkeit? Ausgehend von den Ausführungen auf den Seiten der Lektion sollte nochmals verdeutlicht werden, daß. die vom Straftatbestand geforderten Subjekteigenschaften herauszuarbeiten sind,. gemäß als Voraussetzung für die straf rechtliche Verantwortlichkeit die Persönlichkeit des Beschuldigten, seine Beweggründe, die Art und Schwere seiner Schuld, sein Verhalten vor und nach der Tat in beund entlastender Hinsicht aufzuklären haben., tragen auch auf Entlastung gerichtete Beweisanträge bei, die uns übertragenen Aufgaben bei der Bearbeitung von Ermittlungsverfahren zu lösen.

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