Neue Justiz, Zeitschrift für Recht und Rechtswissenschaft 1973, Seite 150

Neue Justiz (NJ), Zeitschrift für Recht und Rechtswissenschaft [Deutsche Demokratische Republik (DDR)], 27. Jahrgang 1973, Seite 150 (NJ DDR 1973, S. 150); handen. Daraus darf aber nicht der Schluß gezogen werden, daß deshalb für die Angeklagte zur Verhinderung von Bränden beim Umgang mit elektrischen Heiz-und Wärmegeräten aus anderen Rechtsnormen auch keine Rechtspflichten bestanden. Für jeden Bürger ergeben sich auch unmittelbar aus dem Strafgesetzbuch Anforderungen, bestimmte Handlungen zu unterlassen oder vorzunehmen. Durch das Strafgesetzbuch selbst wurden damit für alle bzw. für bestimmte Bürger Rechtspflichten begründet. Nach §§ 185 Abs. 1, 188 Abs. 1 StGB hat ein Bürger alle, Handlungen zu unterlassen, die geeignet sind, u. a. Wohnstätten, Betriebe oder andere Bauwerke in Brand zu setzen, auch wenn diese Anforderungen nicht nochmals in speziellen Rechtsvorschriften beschrieben sind. Das Gesetz erfaßt dabei die an jeden Bürger zu stellenden Grundanforderungen zur Verhinderung von Bränden, die jedem Bürger bekannt sind. Zu diesen Grundanforderungen, die einer speziellen Regelung in Rechtsvorschriften nicht bedürfen, gehört auch der Umgang mit elektrischen Heiz- und Wärmegeräten. Für jeden Bürger erwächst daraus die Rechtspflicht, mit diesen Geräten entsprechend der Gebrauchsanweisung bzw. Betriebsanleitung umzugehen. Ferner ergibt sich daraus die Rechtspflicht, daß elektrische Heiz- und Wärmegeräte, wie Kocher und Tauchsieder, sowie elektrische Strahlungsgeräte, wie Heizsonnen und dergleichen, während der Benutzung zu kontrollieren sind. Diese Rechtspflicht hat die Angeklagte nach den getroffenen Feststellungen objektiv verletzt. Zur Zeit der Handlung war sie sich jedoch der Rechtspflichtverletzung nicht bewußt, weil sie Wie aus dem festgestellten Sachverhalt geschlußfolgert werden muß das Anschließen des Tauchsieders bewußtseinsmäßig nicht wahrgenommen hat. Dafür, daß es sich bei dem Anschließen des Tauchsieders an das Stromnetz um einen Bewegungsablauf handelte, den die Angeklagte nicht in ihr Bewußtsein aufgenommen hat, spricht nicht nur die fehlende Erinnerung an das Anschließen, sondern insbesondere auch der Umstand, daß für die Inbetriebnahme des Tauchsieders kein sinnvoller Anlaß bestand. Die Mittagspause, während der heißes Wasser gebraucht wurde, sollte erst etwa drei Stunden später sein. Auch die spätere Frage an die Zeugin Sch., ob sie den Tauchsieder wieder vom Stromnetz getrennt habe, spricht dafür, daß die Angeklagte das Anschließen des Tauchsieders an das Stromnetz nach der Reinigung desselben nicht in ihr Bewußtsein aufgenommen hatte. In diesem Zusammenhang hätte das Bezirksgericht beachten müssen, daß diese Zeugin bei der Angeklagten aufgekommene Zweifel noch zerstreute, indem sie die Vorstellungen der Angeklagten über die Beendigung des Umgangs mit dem Tauchsieder, nämlich den Zeitpunkt der Reinigung mit'dem Tuch, bestätigte. Strafrechtlich verantwortlich ist die Angeklagte indes nur dann, wenn sie sich der Pflichtverletzung nicht bewußt war, weil sie sich ihre Pflicht infolge verantwortungsloser Gleichgültigkeit nicht bewußt gemacht hat (§ 8 Abs. 2 StGB, 1. Alternative). Die 2. Alternative Gewöhnung an pflichtwidriges Verhalten auf Grund einer disziplinlosen Einstellung kommt im vorliegenden Fall angesichts der Sachverhaltsfeststellungen nicht in Betracht. Bei der Auslegung des Begriffs der verantwortungslosen Gleichgültigkeit ist von der gesetzlichen Schulddefinition auszugehen. § 5 Abs. 1 StGB charakterisiert die Schuld als spezifische Beziehung des Handelnden zur Gesellschaft; der Inhalt der Schuld wird durch die Verantwortungslosigkeit des Handelnden bestimmt. Das Oberste Gericht hat den Begriff der Gleichgültigkeit dahingehend präzisiert, daß es sich um eine zeitweilige oder dauerhafte gesellschaftswidrige Einstellung eines Täters handelt, die dadurch gekennzeichnet ist, daß er seinen konkreten Rechtspflichten eine ungenügende Bedeutung beimißt, in diesem Zusammenhang eine herabgesetzte Bereitschaft zur pflichtgemäßen Auseinandersetzung mit der konkreten Situation besteht, die schließlich oberflächliche oder vorschnelle Handlungen nach sich zieht (vgl. Ziff. 1.2.5. des Beschlusses des Plenums des Obersten Gerichts zu einigen Fragen der Rechtsprechung in Verkehrsstrafsachen vom 2. Juli 1969, NJ 1969 S. 459 ff.). Die das Wesen fahrlässiger Schuld charakterisierende mangelnde Selbstbestimmung zu verantwortungsgemäßem Verhalten besteht bei der unbewußt fahrlässigen Pflichtverletzung nach § 8 Abs. 2 StGB darin, daß sich der Täter die ihm obliegenden Pflichten nicht bewußt gemacht hat, obwohl er dazu gesellschaftlich verpflichtet und persönlich in der Lage war. Das Bewußtmachen der Pflichten ist die elementarste Voraussetzung für ein verantwortungsbewußtes, an den gesellschaftlichen Verhaltensanforderungen orientiertes Handeln. § 8 Abs. 2 StGB bezieht die „verantwortungslose Gleichgültigkeit“ auf das Nichtbewußtmachen der Pflichten. Der Begriff der Pflichtverletzung in § 8 Abs. 2 StGB ist als objektiv pflichtwidriges Verhalten zu verstehen und enthält demzufolge noch keine Aussage über die subjektive Pflichtwidrigkeit des Verhaltens. Es muß also festgestellt werden, ob das Nichtbewußtmachen der Pflichten selbst ein pflicht- und verantwortungswidriges Verhalten darstellt. Das Niihtbewußtmachen der Pflichten muß dem Handelnden zur Last gelegt werden, wenn er seine geistigen Fähigkeiten nicht im gebotenen und möglichen Maße genutzt hat, um sich die ihm obliegenden Pflichten bewußt zu machen, d. h. wenn es selbst Ausdruck eines pflichtwidrigen Unterlassens ist. Das Bezirksgericht hat nicht im genügenden Maße Inhalt und Umfang der Pflichten sowie die individuellen Möglichkeiten und die Grenzen der Wahrnehmungsund Urteilsfähigkeit der Angeklagten berücksichtigt und hat deshalb den fehlerhaften Schluß gezogen, daß die Angeklagte nicht das ihr Mögliche getan hat, um sich pflichtgemäß zu verhalten. Darüber hinaus war zu berücksichtigen, daß nach § 8 Abs. 2 StGB die Gleichgültigkeit den Charakter einer verantwortungslosen Gleichgültigkeit haben muß, um strafrechtliche Fahrlässigkeit zu begründen. Der Begriff „verantwortungslos“ verlangt eine bestimmte Qualität des gleichgültigen Verhaltens, einen höheren Grad der Gleichgültigkeit. Dieser höhere Grad der Gleichgültigkeit drückt sich nicht schon darin aus, daß durch eine objektive Pflichtverletzung ein hoher materieller Schaden verursacht wurde. Vielmehr muß die als Gleichgültigkeit zu bezeichnende negative Einstellung gegenüber der Gesellschaft oder dem einzelnen einen auf der subjektiven Seite höheren Grad erreicht haben. Selbstverständlich muß von jedem Bürger bei der Entscheidung zu einer Handlung, die möglicherweise schwere Folgen für die Gesellschaft oder den einzelnen haben kann, erhöhte Aufmerksamkeit gefordert werden; gleichwohl haben die Gerichte auch in einem solchen Fall exakt zu prüfen, ob unter Berücksichtigung dieser erhöhten Anforderungen eine subjektive Pflichtwidrigkeit vorliegt und, wenn dies zu bejahen ist, ob die Pflichtwidrigkeit die Schwere der verantwortungslosen Gleichgültigkeit erreicht. Zusammenfassend ist festzustellen: Verantwortungslos gleichgültig handelt nur derjenige Täter, dem die Erfüllung der ihm im konkreten Fall obliegenden Pflichten objektiv und subjektiv möglich war und dem ein pflichtgemäßes Verhalten unter Berücksichtigung aller sachlichen und personellen Verhaltensbedingungen nicht unmöglich war. 150;
Neue Justiz (NJ), Zeitschrift für Recht und Rechtswissenschaft [Deutsche Demokratische Republik (DDR)], 27. Jahrgang 1973, Seite 150 (NJ DDR 1973, S. 150) Neue Justiz (NJ), Zeitschrift für Recht und Rechtswissenschaft [Deutsche Demokratische Republik (DDR)], 27. Jahrgang 1973, Seite 150 (NJ DDR 1973, S. 150)

Dokumentation: Neue Justiz (NJ), Zeitschrift für Recht und Rechtswissenschaft [Deutsche Demokratische Republik (DDR)], 27. Jahrgang 1973, Oberstes Gericht (OG) der Deutschen Demokratischen Republik (Hrsg. Nr. 1-12), Generalstaatsanwalt (GStA), Ministerium der Justiz (MdJ) und Oberstes Gericht der DDR (Hrsg. Nr. 13-24), Staatsverlag der Deutschen Demokratischen Republik, Berlin 1973. Die Zeitschrift Neue Justiz im 27. Jahrgang 1973 beginnt mit der Ausgabe Heft Nummer 1 im Januar 1973 auf Seite 1 und endet mit der Ausgabe Heft Nummer 24 im Dezember 1973 auf Seite 746. Die Dokumentation beinhaltet die gesamte Zeitschrift Neue Justiz im 27. Jahrgang 1973 (NJ DDR 1973, Nr. 1-24 v. Jan.-Dez. 1973, S. 1-746).

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