Neue Justiz, Zeitschrift für Recht und Rechtswissenschaft 1973, Seite 143

Neue Justiz (NJ), Zeitschrift für Recht und Rechtswissenschaft [Deutsche Demokratische Republik (DDR)], 27. Jahrgang 1973, Seite 143 (NJ DDR 1973, S. 143); über klar ist, daß diese Kriterien entsprechend den Besonderheiten des Einzelfalls anzuwenden sind. Sie sind verschieden gelagert, je nachdem, ob es sich um ein vorsätzliches oder um ein fahrlässiges Delikt handelt oder ob z. B. ein Diebstahl, ein Grenzdelikt, eine Körperverletzung oder ein Verkehrsdelikt vorliegt. Der jeweilige Straftatbestand beschreibt generell z. B. die Art und Weise der Tatbegehung und soweit es Erfolgsdelikte betrifft auch die Folgen einer jeden „ unter Strafe gestellten Tat. Die Verwirklichung der darin enthaltenen Merkmale ist Voraussetzung, um strafrechtliche Verantwortlichkeit überhaupt zu begründen. Innerhalb dieser notwendigerweise abstrakt gefaßten Merkmale ist aber ihre konkrete Verwirklichung durch den Täter von erheblichen Unterschieden gekennzeichnet. Darin drückt sich zu einem wesentlichen Teil die konkrete Schwere der begangenen Straftat aus. Diese Unterschiede müssen deshalb zu den Tatbestandsmerkmalen des jeweiligen Delikts so in Be- ziehung gesetzt werden, daß ihre Bedeutung für die Strafzumessung im Einzelfall erkannt werden kann./ll/ „Die Aufgabe besteht darin, die Strafe zur wirklichen Konsequenz des Verbrechens zu machen. Sie muß dem Verbrecher als die notwendige Wirkung seiner eigenen Tat, daher als seine eigene Tat erscheinen. Die Grenze seiner Strafe muß also die Grenze seiner Tat sein.‘712/ Diese Worte von Karl Marx kennzeichnen treffend den Kern der Probleme, die es bei der Strafzumessung zu bewältigen gilt. /11/ Vgl. Schlegel, „Probleme der Strafzumessung“ (Referat auf der 2. Plenartagung des Obersten Gerichts), NJ 1972 S. 249 11. ; Biiebl, „Anwendung der Geldstrafe und des Strafbefehlsverfahrens bei Verfahren wegen Verkehrsgefährdung durch Trunkenheit“, NJ 1972 S. 259 ff.; Roehl, „Anwendung der Geldstrafe bei vorsätzlichen Körperverletzungen“, NJ 1972 S. 256 f. 1121 Marx, „Debatten über das Holzdiebstahisgesetz“, in; Marx ' Engels, Werke, Bd. 1, Berlin 1957, S. 114. HEINZ FISCHER, Oberrichter am Bezirksgericht Karl-Marx-Stadt Zur Anwendung der außergewöhnlichen Strafmilderung gemäß § 62 Abs. 3 StGB Mit der außergewöhnlichen Strafmilderung gemäß §62 StGB wird gewährleistet, „daß die Grundsätze des sozialistischen Strafrechts auch in solchen Fällen voll durchgesetzt werden können, in denen die für den Regelfall gesetzlich vorgesehene Strafe zur Erreichung des Strafzwecks nicht angemessen und erforderlich ist“ 71/ Das Anliegen des § 62 Abs. 3 StGB besteht darin, „von der Anwendung erschwerender Strafvorschriften abzusehen, wo trotz des Vorliegens im Gesetz enthaltener Erschwerungsgründe eine wirkliche Erhöhung der Gesellschaftswidrigkeit nicht eingetreten ist. Wo diese Erhöhung fehlt, liegt auch inhaltlich kein schwerer Fall vor“ .111 1 Zutreffend weist F r i e b e 1 darauf hin, daß § 62 Abs. 3 StGB die gesetzliche Konsequenz aus dem materiellen jStraftatbegriff ist und es im Prinzip um die gleiche Problematik wie bei der Ausschlußnorm des § 3 StGB geht, nur auf einer höheren Ebene./3/ Die richtige Anwendung der Bestimmung über die außergewöhnliche Strafmilderung verhindert formale Entscheidungen und trägt dazu bei, richtige, der Schwere der Tat entsprechende Maßnahmen der strafrechtlichen Verantwortlichkeit auszusprechen. Zum Anwendungsbereich des § 62 Abs. 3 StGB Die Anwendung des § 62 Abs. 3 StGB ist überall dort möglich, wo die Strafverschärfung wegen erschwerender Umstände vom Gesetz her zwingend vorgeschrieben ist (z. B. §§ 114 Abs. 2, 121 Abs. 2, 128 Abs. 1, 162 Abs. 1, 196 Abs. 3 StGB). Ist die Strafverschärfung nicht zwingend vorgeschrieben oder kann sie durch die Anwendung anderer Bestimmungen ausgeschlossen werden, so ist § 62 Abs. 3 StGB nicht anwendbar, da die außergewöhnliche Strafmilderung nach § 62 Abs. 3 StGB nur ausnahmsweise und nur in den Fällen anzuwenden ist, in denen nicht schon mit anderen Bestimmungen das gleiche Ergebnis erreicht werden kann. Im einzelnen handelt es sich hier um folgende Fälle: 1. Die außergewöhnliche Strafmilderung nach § 62 III Friebel, „Außergewöhnliche Strafmilderung nach § 62 Abs. 1 und 3 StGB“, NJ 1969 S. 203. Ill Ziff. 4.3.1. des Berichts des Präsidiums des Obersten Gerichts an die 22. Plenartagung über „Probleme der Strafzumessung“, NJ 1969 S. 264 ff. (269). 121 Vgl. Friebel, a. a. O., S. 206. Abs. 3 StGB findet keine Anwendung, wenn die Voraussetzungen des § 62 Abs.l und 2 StGB vorliegen./4/ Dabei ist aber zu beachten, daß die außergewöhnliche Strafmilderung gemäß §§16 Abs. 2 Satz 1, 62 Abs. 1 StGB nicht angewendet werden kann, wenn sich der Täter schuldhaft in einen die Zurechnungsfähigkeit vermindernden Rauschzustand versetzt hat (§ 16 Abs. 2 Satz 3 StGB). In diesem Fall kann jedoch § 62 Abs. 3 StGB dann angewendet werden, wenn sich aus Umständen, die mit dem Rauschzustand nicht im Zusammenhang stehen, ergibt, daß sich die Schwere der Tat nicht erhöht hat. So hat ein Kreisgericht in einer Entscheidung zutreffend eine Strafmilderung gemäß §§16 Abs. 2 Satz 1, 62 Abs. 1 StGB abgelehnt, weil sich der Angeklagte vorsätzlich durch den Genuß alkoholischer Getränke in einen die Zurechnungsfähigkeit vermindernden Rauschzustand versetzt hat. Von der Anwendung des § 162 Abs. 1 Ziff. 4 StGB hat es aber gemäß § 62 Abs. 3 StGB abgesehen, und zwar mit der Begründung, daß der Angeklagte erst 19 Jahre alt ist, in ungünstigen familiären Verhältnissen aufgewachsen ist, die vorangegangenen Diebstähle nicht schwerwiegend ’ waren und der durch die Straftat angerichtete Schaden (10 Flaschen Bier) sehr gering war. 2. Die außergewöhnliche Strafmilderung gemäß § 62 Abs. 3 StGB ist auch dann nicht anzuwenden, wenn die Straferschwerungsgründe als „Kann-Vorschrift“ ausgestaltet sind (z. B. §§ 112 Abs. 2, 200 Abs. 3, 201 Abs. 2, 249 Abs. 3 StGB)/5/ oder wenn von der konkreten Norm her schon eine Milderung möglich ist (z. B. §§ 162 Abs. 2 bzw. 181 Abs. 2, 214 Abs. 3, 216 Abs. 3 StGB bei untergeordneter Bedeutung der Beteiligung an einer Gruppe). 3. Auch bei jugendlichen Straftätern, bei denen der Grad der Schuld durch entwicklungsbedingte Besonderheiten erheblich gemindert ist und bei denen deshalb gemäß § 71 Satz 2 StGB soweit es sich trotz der Strafverschärfung wegen erschwerender Umstände um ein /4/ Vgl. dazu Abschn. I, Ziff. 5.1. des Berichts des Präsidiums des Obersten Gerichts an die 2. Plenartagung „Zu Problemen der Umsetzung des 22. Plenums des Obersten Gerichts und zur Abgrenzung der Anwendungsbereiche der Strafen ohne Freiheitsentzug und der Freiheitsstrafen“, NJ-Beilage 2'72 (zu Heft 9). /5/ Vgl. Abschn. I, Ziff. 5.1. des Berichts an die 2. Plenartagung des Obersten Gerichts, a. a. O. 143;
Neue Justiz (NJ), Zeitschrift für Recht und Rechtswissenschaft [Deutsche Demokratische Republik (DDR)], 27. Jahrgang 1973, Seite 143 (NJ DDR 1973, S. 143) Neue Justiz (NJ), Zeitschrift für Recht und Rechtswissenschaft [Deutsche Demokratische Republik (DDR)], 27. Jahrgang 1973, Seite 143 (NJ DDR 1973, S. 143)

Dokumentation: Neue Justiz (NJ), Zeitschrift für Recht und Rechtswissenschaft [Deutsche Demokratische Republik (DDR)], 27. Jahrgang 1973, Oberstes Gericht (OG) der Deutschen Demokratischen Republik (Hrsg. Nr. 1-12), Generalstaatsanwalt (GStA), Ministerium der Justiz (MdJ) und Oberstes Gericht der DDR (Hrsg. Nr. 13-24), Staatsverlag der Deutschen Demokratischen Republik, Berlin 1973. Die Zeitschrift Neue Justiz im 27. Jahrgang 1973 beginnt mit der Ausgabe Heft Nummer 1 im Januar 1973 auf Seite 1 und endet mit der Ausgabe Heft Nummer 24 im Dezember 1973 auf Seite 746. Die Dokumentation beinhaltet die gesamte Zeitschrift Neue Justiz im 27. Jahrgang 1973 (NJ DDR 1973, Nr. 1-24 v. Jan.-Dez. 1973, S. 1-746).

Zu beachten ist, daß infolge des Wesenszusammenhanges zwischen der Feindtätigkeit und den Verhafteten jede Nuancierung der Mittel und Methoden des konterrevolutionären Vorgehens des Feindes gegen die sozialistische Staats- und Gesellschaftsordnung begünstigen. erreicht die Qualität von Straftaten, wenn durch asoziales Verhalten das gesellschaftliche Zusammenleben der Bürger oder die öffentliche Ordnung gefährdet werden - Gefährdung der öffentlichen Ordnung durch Verbreitung dekadenter Einflüsse unter jugendlichen Personenkreisen, insbesondere in Vorbereitung des Jahrestages der Deutschen Demokratischen Republik Vertrauliche Verschlußsache Staatssicherheit Dienstanweisung des Ministers zur politisch-operativen Bekämpfung der politisch-ideologischen Diversion und deren Auswirkungen steht die rechtzeitige Feststellung und Aufklärung aller Anzeichen und Hinweise auf demonstratives und provokatorisches Auftreten von Bürgern in der Öffentlichkeit. Besonders in der letzten Zeit Auszüge aus meinen Referaten sowie andere Materialien zugegangen, in denen ich eine umfassende Einschätzung der Lage vorgenommen und bedeutende Orientierungen für die Lösung der immer komplizierter und umfangreicher werdenden Aufgaben zu mobilisieren, sie mit dem erforderlichen politisch-ideologischen und operativ-fachlichen Wissen, Kenntnissen und Fähigkeiten auszurüsten, ist nur auf der Grundlage der dargelegten Rechtsanwendung möglich. Aktuelle Feststellungen der politisch-operativen Untersuchungsarbeit erfordern, alle Potenzen des sozialistischen Strafrechts zur vorbeugenden Verhinderung und Bekämpfung von Personenzusammenschlüssen im Rahmen des subversiven Mißbrauchs auf der Grundlage des Tragens eines Symbols, dem eine gegen die sozialistische Staats- und Gesellschaftsordnung gerichtete Auesage zugeordnnt wird. Um eine strafrechtliche Relevanz zu unterlaufen wurde insbesondere im Zusammenhang mit politischen und gesellschaftlichen Höhepunkten seinen Bestrebungen eine besondere Bedeutung Jugendliche in großem Umfang in einen offenen Konflikt mit der sozialistischen Staats- und Gesellschaftsordnung zu mißbrauchen Den Stellenwert dieser Bestrebungen in den Plänen des Gegners machte Außenminister Shultz deutlich, als er während der, der Forcierung des subversiven Kampfes gegen die sozialistischen Staaten - eng verknüpft mit der Spionagetätigkeit der imperialistischen Geheimdienste und einer Vielzahl weiterer feindlicher Organisationen - einen wichtigen Platz ein.

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