Neue Justiz, Zeitschrift für Recht und Rechtswissenschaft 1973, Seite 115

Neue Justiz (NJ), Zeitschrift für Recht und Rechtswissenschaft [Deutsche Demokratische Republik (DDR)], 27. Jahrgang 1973, Seite 115 (NJ DDR 1973, S. 115); Auf Grund dieses Artikels erhob die in Hamburg lebende Tochter Fiete Schulzes gegen Dr. Frey Klage beim Landgericht Hamburg mit dem Antrag, den Verklagten zu verurteilen, die Behauptung zu widerrufen, daß Fiete Schulze ein „Mörder“, ein „Kilier“, „ein verbrecherisches Vorbild für den Bundespräsidenten Heinemann“ war. Am 19. März 1971 wies das Landgericht Hamburg abgesehen von dem Antrag auf Widerruf der Behauptung, Fiete Schulze sei ein Killer gewesen, die Klage ab. In der Begründung des Urteils heißt es: „Bei der Beurteilung ist zunächst von der historischen Tatsache auszugehen, daß Fiete Schulze vom Hanseatischen Oberlandesgericht wegen Mordes zum Tode verurteilt worden ist Die Existenz dieses Urteils könnte zugleich die Folge haben, daß die Verurteilung von Fiete Schulze als Mörder nicht nur als eine historische Tatsache anzusehen ist, sondern auch gemäß § 190 StGB/4/ den unwiderlegbaren Beweis dafür darstellt, daß die über ihn behauptete Tatsache wahr ist Die Kammer neigt dazu, diese Frage zu bejahen.“ Nun hatte die Klägerin dargelegt, das von Frey verherrlichte Urteil des Strafsenats des Hanseatischen Oberlandesgerichts sei das „Ergebnis einer wegen seiner politischen Überzeugung gegen ihren Vater gerichteten nazistischen Verfolgung“ gewesen. Dazu sagte das Hamburger Landgericht in der Begründung seines Urteils: „Die damit aufgeworfene Frage, ob § 190 StGB auch dann anzuwenden ist, wenn es sich bei dem rechtskräftigen Urteil um ein solches mit politischem Einschlag aus der Zeit nach der sogenannten Machtergreifung“ handelt, oder ob ein solches Urteil als nicht existent anzusehen ist, ist vom Gesetzgeber in anderem Zusammenhang eindeutig beantwortet worden.“ Das Landgericht bezog sich auf § 18 Abs. 2 des Zuständigkeitsergänzungsgesetzes vom 7. August 1952 (BGBl. I S. 407), wonach ein Strafverfahren, das rechtskräftig durch Urteil eines. Sondergerichts abgeschlossen ist, außer nach den Bestimmungen der Strafprozeßordnung zugunsten des Verurteilten auch dann wiederaufgenommen werden kann, wenn Umstände vorliegen, die es erforderlich erscheinen lassen, die Sache im ordentlichen Verfahren nachzuprüfen. Unter Hinweis hierauf erklärte das Landgericht: „Aufgabe der Kammer kann es nicht sein, als Zivilgericht ein zur Zuständigkeit der Strafgerichte gehörendes Wiederaufnahmeverfahren in der Form eines zivilrechtlichen Widerrufsprozesses zu führen.“ Aber selbst, wenn es sich dazu entschließen würde meinte das Landgericht , müßte die Klägerin angesichts der Existenz des Strafurteils bis ins einzelne beweisen, daß ihr Vater weder mit der Tötung der zwei Personen am 21. Februar noch mit der Tötung des Hitlerjungen am 26. Februar 1933 etwas zu tun gehabt habe, da „der Beklagte nach allgemeinen Grundsätzen nicht zum Widerruf einer möglicherweise richtigen Tatsachenbehauptung verurteilt werden kann“. Das Landgericht sagte in seiner Begründung ferner: „Der Widerrufsantrag der Klägerin ist schließlich auch insoweit unbegründet, als er die Behauptung betrifft, ihr Vater sei ein .verbrecherisches Vorbild“ für den Bundespräsidenten gewesen. Denn wenn der Beklagte seine Behauptung, Fiete Schulze sei ein Hl § 190 Satz 1 StGB der BRD lautet: „Ist die behauptete oder verbreitete Tatsache eine strafbare Handlung, so ist der Beweis der Wahrheit als erbracht anzusehen, wenn der Beleidigte wegen dieser Handlung rechtskräftig verurteilt worden ist.“ Mörder gewesen, nicht zu widerrufen braucht, gilt das ebenso für-die obengenannte Behauptung. Mord ist, wie nicht weiter ausgeführt zu werden braucht, ein Verbrechen, und beide Behauptungen hängen damit untrennbar miteinander zusammen. Auf die etwaige Motivation (des Täters) kommt: es nicht an.“ Gegen dieses Urteil legte die Tochter Fiete Schulzes am 22. Juli 1971 beim Hanseatischen Oberlandesgericht in Hamburg Berufung ein. Der 3. Zivilsenat des Oberlandesgerichts wies die Berufung am 13. Juli 1972 zurück. In der Urteilsbegründung führt der Senat aus, die mit der Klage erhobene Forderung auf Widerruf der Behauptungen, Fiete Schulze sei ein „politischer Mörder“ und ein „verbrecherisches Vorbild“, sei unberechtigt. Die Ausdrücke „Mord“ und „Verbrechen“ seien der Form nach Werturteile, deren Richtigkeit der Nachprüfung durch das Gericht entzogen seien. Soweit sie sich aber „als Zusammenfassung oder Wiederholung bestimmter Tatsachen darstellen“, sei es „zweifelhaft, ob die Veröffentlichung (in der .Deutschen Nationalzeitung“ F. K. K.) diese Vorgänge behauptet, d. h. als nach eigener Überzeugung des Autors wahr hinstellt, oder ob nicht vielmehr nur eine fremde Überzeugung, die des Strafsenats, der das Todesurteil gefällt hat, wiedergegeben ist“. Nach Ansicht des 3. Zivilsenats konnte bei den Lesern der Veröffentlichung kein Zweifel darüber aufkommen, daß „die mitgeteilten Tatsachen auf den Feststellungen des Strafsenats beruhten und nicht das Ergebnis eigener Recherchen des Presseorgans bildeten Unter diesen Umständen ist die Veröffentlichung als bloße Wiedergabe einer fremden Überzeugung zu verstehen, verknüpft mit dem Ausdruck der Ansicht, das Urteil sei richtig. Ob diese Beurteilung richtig ist, kann aber letztlich dahinstehen.“ Anschließend analysiert der 3. Zivilsenat das Urteil des Strafsenats vom 18. März 1935, durch das Fiete Schulze zum Tode verurteilt wurde, und kommt dann zu dem Schluß: „Der erkennende Senat findet nach alledem in den Urteilsgründen keine Gesichtspunkte, aus denen die Verurteilung unvertretbar erschiene. Er vermag das Urteil wie schon gesagt nicht für richtig zu erklären, kann es aber auch nicht falsch nennen Die sicherlich berechtigten Zweifel reichen nicht aus, um die in dieser Sache entscheidende Feststellung zu rechtfertigen, es gebe keinen Anhaltspunkt dafür, daß Fiete Schulze mit den Gewalttaten etwas zu tun hatte.“ Ferner heißt es im Urteil des 3. Zivilsenats, dem Anspruch auf Widerruf der Behauptungen stünde § 190 StGB, entgegen, der Auseinandersetzungen über das Vorliegen strafbarer Handlungen nicht zuläßt, wenn über diese „schon ein rechtskräftiges Urteil vorliegt“ : „In § 190 StGB drückt sich das Werturteil aus, daß, wer rechtskräftig wegen einer Straftat verurteilt ist, die Behauptung hinnehmen muß, er habe die Straftat begangen, es sei denn, seine Ehre oder sein Persönlichkeitsrecht würden schon mit der Behauptung einer wahren Tatsache dieser Art verletzt Diese Ausnahme ist hier ohne Belang.“ Mit dem letzten Satz wischt die Urteilsbegründung gerade die in ständiger Spruchpraxis geschaffenen Zusammenhänge vom Tisch, in denen § 190 StGB beim Vorliegen einer persönlichen Verunglimpfung nicht zum Zuge kommt. Gewiß nicht ohne Grund: denn gerade diese „Ausnahme“ ist für die Entscheidung des Falles als Anknüpfungspunkt von entscheidender Bedeutung. 115;
Neue Justiz (NJ), Zeitschrift für Recht und Rechtswissenschaft [Deutsche Demokratische Republik (DDR)], 27. Jahrgang 1973, Seite 115 (NJ DDR 1973, S. 115) Neue Justiz (NJ), Zeitschrift für Recht und Rechtswissenschaft [Deutsche Demokratische Republik (DDR)], 27. Jahrgang 1973, Seite 115 (NJ DDR 1973, S. 115)

Dokumentation: Neue Justiz (NJ), Zeitschrift für Recht und Rechtswissenschaft [Deutsche Demokratische Republik (DDR)], 27. Jahrgang 1973, Oberstes Gericht (OG) der Deutschen Demokratischen Republik (Hrsg. Nr. 1-12), Generalstaatsanwalt (GStA), Ministerium der Justiz (MdJ) und Oberstes Gericht der DDR (Hrsg. Nr. 13-24), Staatsverlag der Deutschen Demokratischen Republik, Berlin 1973. Die Zeitschrift Neue Justiz im 27. Jahrgang 1973 beginnt mit der Ausgabe Heft Nummer 1 im Januar 1973 auf Seite 1 und endet mit der Ausgabe Heft Nummer 24 im Dezember 1973 auf Seite 746. Die Dokumentation beinhaltet die gesamte Zeitschrift Neue Justiz im 27. Jahrgang 1973 (NJ DDR 1973, Nr. 1-24 v. Jan.-Dez. 1973, S. 1-746).

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