Neue Justiz, Zeitschrift für Recht und Rechtswissenschaft 1972, Seite 78

Neue Justiz (NJ), Zeitschrift für Recht und Rechtswissenschaft [Deutsche Demokratische Republik (DDR)], 26. Jahrgang 1972, Seite 78 (NJ DDR 1972, S. 78); verschärft werden, um die Kriminalität einzudämmen, der streut der Bevölkerung Sand in die Augen, weil die durch intensive Propaganda populär gemachte Maßnahme nutzlos ist.“/21/ Sogenannte Staatsschutzdelikte stehen im Vordergrund Der von der CDU/CSU in den Bundestag eingebrachte Vorbeugehaftentwurf ist zugleich ein Musterbeispiel dafür, wie die „Sorge“ um die ständig steigende Kriminalität als Vorwand für das Etablieren verschärfter Verfolgungsmethoden gegenüber gesellschaftlich progressiven Kräften dient. Der Gesetzentwurf der CDU/ CSU gibt zunächst vor, Vorbeugehaft lediglich für „eine Reihe gemeingefährlicher Delikte“ oder für „Straftaten, die nach der Kriminalstatistik in der letzten Zeit besonders häufig, und zwar vor allem von Serientätern, begangen werden“, einführen zu wollen. An der Spitze jener „Tatbestände“, für die künftig die Vorbeugehaft zulässig sein soll, stehen jedoch sog. Staatsschutzdelikte, mit denen Handlungen politisch Mißliebiger kriminalisiert wurden. Im einzelnen handelte es sich um „Verfassungsfeindliche Sabotage“, „Landfriedensbruch“ und „Kriminelle Vereinigungen“ (§§ 88, 125 und 129 des StGB der BRD). In der Begründung zum Entwurf sehen sich die Chefjuristen der CDU/CSU selbst zu folgender Einschränkung gezwungen: „Die Deliktsgruppen der §§ 88, 125 und 129 StGB bezeichnen Straftaten, die zwar bisher im Rahmen der Serienkriminalität noch nicht aufgetreten sind, bei denen aber die Gefahr besteht, daß radikale und fanatisierte Terrorgruppen aus politischen Motiven sie künftig serienmäßig begehen werden.‘722/ Die negative Prognose, mit der hier das Schreckgespenst des Terrorismus an die Wand gemalt wird, soll offenbar als Rechtfertigung dafür dienen, das strafrechtliche Instrumentarium zur Regulierung verschärfter Klassenkampfsituationen auszubauen. Selbst der geistige Urheber des gemeinsamen Vorbeugehaftentwurfs der CDU/CSU und der SPD vom Dezember 1968 und jetzige Bundesverfassungsrichter Hirsch spricht im Hinblick auf die sog. Staatsschutzdelikte im CDU/ CSU-Entwurf von der „Befürchtung eines manipulativen Mißbrauchs“ ./23/ Diese Befürchtung ist in bezug auf jeden einzelnen der im Gesetzentwurf aufgeführten sog. Staatsschutztatbestände mehr als begründet. Die durch das Achte Strafrechtsänderungsgesetz vom 25. Juni 1968 (BGBl. I S. 741) neu gefaßte Bestimmung der „Verfassungsfeindlichen Sabotage“ beispielsweise stellt sog. Störhandlungen unter Freiheitsstrafe bis zu 5 Jahren, durch die u. a. „Dienststellen, Anlagen, Einrichtungen oder Gegenstände, die ganz oder überwiegend der öffentlichen Sicherheit oder Ordnung dienen, ganz oder zum Teil außer Tätigkeit gesetzt oder den bestimmungsmäßigen Zwecken entzogen werden“. Aus in der BRD ebenso verbreiteten wie anerkannten Kommentaren zum StGB erfährt man, daß Störhandlungen i. S. der „Verfassungsfeindlichen Sabotage“, z. B. „das Blockieren des Betriebes durch Menschenansammlungen (go-in u. dgl.)“, aber auch „Streik“ sein können./24/ Die beabsichtigte Einführung der Vorbeugehaft bei sog. verfassungsfeindlicher Sabotage zielt eindeutig gegen antiimperialistische Kundgebungen, insbesondere gegen den politischen Streik, die beide legitime Mittel des Kampfes gegen die antidemokratische und verfas- 211 Lehmann, a. a. O. 22' Deutscher Bundestag, Drucksache VI 2558, S. 3. '23' Stuttgarter Zeitung vom 21. September 1971. 24' Dreher. Strafgesetzbuch, München 1970, S. 451. sungsfeindliche Politik der Monopolbourgeoisie darstellen. Der entscheidende normative Schlag gegen das Recht des politischen Streiks wurde bereits im Jahre 1968 durch den Erlaß der Notstandsverfassung und des Achten Strafrechtsänderungsgesetzes geführt. Allein der wirtschaftliche Streik wurde dort von der Anwendung der Notstandsartikel der BRD-Verfassung ausgenommen (Art. 9 Abs. 3 der BRD-Verfassung), in den man überdies jederzeit politische Ziele hineininterpretieren kann. Der Antrag der hessischen Landesregierung, den politischen Streik „als letztes Mittel des Verfassungsschutzes“ in der Verfassung ausdrücklich anzuerkennen, verfiel der Ablehnung im Bundesrat./25/ So wurde der politische Streik praktisch zum Kardinalfall des sog. inneren Notstandsfalls im Sinne der BRD-Verfassung. Mit der geplanten Anwendung von Vorbeugehaft gegen die Organisatoren und Leiter/26/ antiimperialistischer Aktionen soll das differenzierte System von Maßnahmen zur Niederhaltung solcher Aktionen weiter komplettiert werden mit dem Ziel, diese bereits im Keime zu ersticken. Das gleiche trifft für die Aufnahme des § 125 („Landfriedensbruch“) in den Vorbeugehaftentwurf zu. Der Blick der CDU/CSU, so erklärte Hirsch hierzu, sei „be-stürzend übereifrig auf jugendliche Demonstranten gerichtet“ 727/ Das ist um so weniger verwunderlich, als man weiß, daß der bisherige Chefjurist der CDU/CSU und neue Präsident des Bundesverfassungsgerichts zu den maßgeblichen Verfassern dieses Gesetzentwurfs gehört. Benda hieß nicht nur jener Innenminister, der die Notstandsgesetze über die Bühne des Parlaments peitschte, sondern auch jener Polizeichef, der mehrere tausend Ermittlungsverfahren gegen sog. Demonstrationstäter anstrengte. An der rechtsextremen Haltung dieses Staranwalts des Monopolkapitals hat sich nichts geändert. Für ihn sind Sachverhalte, die als „Landfriedensbruch“ ausdeutbar sind, „kriminelle Tatsachen, gleichgültig ob diejenigen, die sie begehen, dies aus politischen oder sonstigen Motiven tun“./28/ In § 125 des StGB der BRD geht es u.a. um sog. „Bedrohungen von Menschen mit einer Gewalttätigkeit, die aus einer Menschenmenge in einer die öffentliche Sicherheit gefährdenden Weise mit vereinten Kräften begangen werden“. Obwohl diese Version des „Landfriedensbruchs“ bereits das Ergebnis der vielgepriesenen „Liberalisierung“ des Demonstrationsstrafrechts durch das Dritte Gesetz zur Reform des Strafrechts vom 20. Mai 1970 (BGBl. I S. 509) darstellt, läßt sie subjektivistische Interpretationen jeder Art zu. So erfährt man bei Dreher, daß es für Handlungen, die in einer die öffentliche Sicherheit gefährdenden Weise begangen werden, genügt, wenn „auch nur das Sicherheitsgefühl unbestimmt vieler Menschen beeinträchtigt wird“./29/ Tathandlung ist laut Dreher jedes Einwirken auf eine Menschenmenge, in der Absicht, „die Bereitschaft der Menge zu solchen Handlungen zu fördern, d. h. zu steigern oder zu unterstützen (Anheizer). Hier spielen Zurufe, Parolen, Absingen aufreizender Lieder, anfeuernde Gesten u. dgl. eine wesentliche Rolle Ob das Einwirken Erfolg hat oder auch nur 25 Vgl. Das Parlament, Bonn, vom 17. Mal 1967. ‘26' in Anlehnung an die Beratungen ln der sog. Großen Strafrechtskommission und die Spruchpraxis des Bundes-. arbeitsgerichts schreibt Dreher (a. a. O., S. 452) im Hinblick auf einen Streikteilnehmer i. S. der „Verfassungsfeindlichen Sabotage“. „Ist der Streik nicht rechtswidrig, weil er arbeitsrechtlich zulässig oder sonst sozial-adäquat ist, kann die verfassungswidrige Zielsetzung des Rädelsführers oder Hintermanns den Streik nicht rechtswidrig, wohl aber ihn selbst nach § 88 strafbar machen.* 271 Stuttgarter Zeitung vom 21. September 1971. ,’28/ Stuttgarter Zeitung vom 11. September 1971 29/ Dreher, a. a. O S. 574. 78;
Neue Justiz (NJ), Zeitschrift für Recht und Rechtswissenschaft [Deutsche Demokratische Republik (DDR)], 26. Jahrgang 1972, Seite 78 (NJ DDR 1972, S. 78) Neue Justiz (NJ), Zeitschrift für Recht und Rechtswissenschaft [Deutsche Demokratische Republik (DDR)], 26. Jahrgang 1972, Seite 78 (NJ DDR 1972, S. 78)

Dokumentation: Neue Justiz (NJ), Zeitschrift für Recht und Rechtswissenschaft [Deutsche Demokratische Republik (DDR)], 26. Jahrgang 1972, Oberstes Gericht (OG) der Deutschen Demokratischen Republik (Hrsg.), Staatsverlag der Deutschen Demokratischen Republik, Berlin 1972. Die Zeitschrift Neue Justiz im 26. Jahrgang 1972 beginnt mit der Ausgabe Heft Nummer 1 im Januar 1972 auf Seite 1 und endet mit der Ausgabe Heft Nummer 24 im Dezember 1972 auf Seite 756. Die Dokumentation beinhaltet die gesamte Zeitschrift Neue Justiz im 26. Jahrgang 1972 (NJ DDR 1972, Nr. 1-24 v. Jan.-Dez. 1972, S. 1-756).

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