Neue Justiz, Zeitschrift für Recht und Rechtswissenschaft 1972, Seite 76

Neue Justiz (NJ), Zeitschrift für Recht und Rechtswissenschaft [Deutsche Demokratische Republik (DDR)], 26. Jahrgang 1972, Seite 76 (NJ DDR 1972, S. 76); mente von seltener Überzeugungskraft; denn die „Verbrechensexplosion“ hielt im vergangenen Jahr nicht nur schlechthin an. Die Kriminalitätsszenerie in der BRD war im Jahre 1971 durch eine zunehmende Ame-rikanisderung, insbesondere durch eine nie gekannte Brutalisierung, bestimmter Straftaten charakterisiert. Die spektakulären Überfälle auf die Zweigstellen der Deutschen Bank in München, wobei eine unschuldige 20jährige Geisel getötet wurde, und in Köln sowie die Entführung des Essener Multimillionärs Albrecht sind vielleicht die markantesten Beispiele für die Verschärfung der Gangsterpraktiken im verflossenen Jahr. Insgesamt gab es 1971 bereits acht Raubüberfälle, bei denen die Täter zur Sicherung ihrer Beute Geiseln festsetzten. Hinzu kommt eine bisher in der BRD noch niemals registrierte Zahl von Verbrechen, bei denen die Täter mit Schußwaffen ausgerüstet waren. Während beispielsweise im gesamten Jahr 1962 in 1 894 Fällen bewaffnete Täter festgestellt wurden, gab es allein im 1. Halbjahr 1971 9 198 solcher Straftaten. In 6 351 Fällen wurde dabei von der Schußwaffe Gebrauch gemacht./2/ Westdeutsche Juristen glauben, daß die Öffentlichkeit in der BRD vor dem Hintergrund dieses Kriminalitätsgeschehens geneigt sei, „sich jedem Appell an .Recht und Ordnung1 willig zu öffnen“./3/ Darauf spekulieren offensichtlich auch die reaktionärsten Kreise des Monopolkapitals. Für ihr Vorgehen ist das Bestreben charakteristisch, die Grenzen zwischen der Bekämpfung der Kriminalität und der Auseinandersetzung mit antiimperialistischen Bewegungen, insbesondere mit der organisierten Arbeiterbewegung, mehr und mehr zu verwischen und den gesellschaftlichen Fortschritt soweit als möglich zu kriminalisieren./4/ Dieses Bestreben wird von den Repräsentanten des monopolkapitalistischen Machtapparates mehr oder minder offen eingestanden. So behauptete der neue Präsident des Bayrischen „Amtes für Verfassungsschutz“, Ziegler, gegen Ende des vergangenen Jahres u. a.: „Die Grenzen zwischen einer verfassungsfeindlichen Tätigkeit und einer kritischen Opposition sind natürlich in bestimmten Randgruppen der extremen Bereiche (zu denen offiziell auch die DKP gezählt wird P.P.) vor allem beim Aufbau solcher Gruppen häufig fließend.“/5/ Die Identifizierung von Kriminalität und progressiven gesellschaftlichen Bewegungen gehört zu den übelsten Formen der geistigen Manipulierung der Menschen in der BRD. In dieser Beziehung wagten sich die reaktionärsten Vertreter des Monopolkapitals im vergangenen Jahr besonders weit vor. Der Strauß-Intimus und Vorsitzende der CSU-Landesgruppe im Bundestag, Stücklen, der u. a. die linksgerichteten Studenten für den Anstieg der Gewaltkriminalität verantwortlich macht und der zu den eifrigsten Verfechtern einer Vorbeugehaft gehört, schrieb beispielsweise: „Anwendung von Gewalt, revolutionäre Umtriebe, Rauschgiftgenuß und Verhöhnung der Staatsorgane dürfen nicht länger als diskutable, ja schicke Lebensäußerungen gelten.“/6/ Schließlich forderte der neue Vorsitzende und Kanzlerkandidat der CDU, B a r z e 1, nach dem Überfall auf die Kölner Zweigstelle der Deutschen Bank im Dezember 1971, „sobald wie möglich“ mit den Ministerpräsidenten aller Bundesländer eine Konferenz über ffl Vgl. Der Tagesspiegel (Westberlin) vom 30. Dezember 1971. /3/' Schultz-Tornau, „Haftgrund der tatsächlichen Wiederholung statt Vorbeugehaft auf Verdacht“, Zeitschrift für RechtspolitLk 1971, Heft 11, S. 249. Hi Näheres hierzu vgl. Przybylski, „Kriminalität und Macht im imperialistischen System“, NJ 1971 S. 235 fE. (237 fl.). ,‘5/ Süddeutsche Zeitung (München) vom 30. Dezember 1971. // Die Zeit (Hamburg) vom 17. September 1971. Fragen der Verbrechensbekämpfung und des politischen Radikalismus abzuhalten. Barzel erklärte wörtlich: „Kriminalität und politischer" Radikalismus müssen von allen Demokraten gemeinsam und mit aller Härte bekämpft werden.“/7/ Worauf Barzel mit dieser Vermengung sozial völlig unterschiedlicher Erscheinungen und ihrer Bekämpfung hinauswill, hatte er wenige Monate zuvor bereits deutlich gemacht, als er die „zunehmende Rechtsunsicherheit in unserem Lande“ mit dem „wachsenden Einfluß der DKP“ in Verbindung brachte./8/ Der von der CDU/CSU-Bundestagsfraktion kürzlich in das Parlament eingebrachte Gesetzentwurf zur Ausdehnung einer Vorbeugehaft ist nicht zuletzt Ausdruck der von der Hauptpartei des Monopolkapitals an vorderster Front geschürten antikommunistischen Hysterie. Der Gesetzentwurf der CDU/CSU-Bundestagsfraktion Aufschlußreich für Charakter und Zielsetzung des CDU/CSU-Entwurfs über die Ausdehnung des sog. Haftgrundes der Wiederholungsgefahr auf ganze Gruppen von Straftaten ist dessen Vorgeschichte. Im Jahre 1964 nämlich sahen sich die Machthaber der BRD zunächst gezwungen, auf die heftige Kritik der Öffentlichkeit an der Verhaftungswut der Justiz, insbesondere in sog. Staatsschutzverfahren, einschränkend zu reagieren. Im Wege der sog. kleinen Strafprozeßre-form/9/ wurde der § 112 der StPO der BRD (Voraussetzungen der Untersuchungshaft) in bezug auf die Haftgründe des Fluchtverdachts und der Verdunkelungsgefahr etwas enger gefaßt. Demgegenüber wurde auf Grund von Vorlagen der CDU/CSU in den § 112 Abs. 3 der StPO der BRD ein sog. Haftgrund der Wiederholungsgefahr für bestimmte Sittlichkeitsdelikte eingefügt. Im Abs. 4 des § 112 schließlich wurde im Falle von Tötungsverbrechen und Völkermord vom Nachweis eines Haftgrundes gänzlich abgesehen. Schon damals wurde in dieser Zeitschrift betont, daß diese Regelungen „für die reaktionären und antidemokratischen Kräfte im Bundestag einen Ansatzpunkt (bieten), um die sog. politischen Straftaten, nämlich das Eintreten für eine Politik des Friedens, der Demokratie und der sozialen Sicherheit, durch entsprechende gesetzgeberische Maßnahmen in die Absätze 3 und 4 des § 112 einzubeziehen“./10/ Tatsächlich brachte eine Gruppe von 21 CSU-Bundes-tagsabgeordneten im Dezember 1968 einen Gesetzentwurf ein, der die Vorbeugehaft generalklauselartig, also nicht auf bestimmte Delikte beschränkt, einzuführen suchte./ll/ Über diesen Entwurf gelangte selbst der bisherige Rechtsexperte der SPD und eifrige Verfechter von Vorbeugehaft Hirsch zu dem Schluß, daß er „auf so starke rechtsstaatliche Bedenken (stößt), daß er im Bundestag keine Chancen haben wird“./12/ Im Bundestag scheiterte dann im Jahre 1969 aber nicht nur die aufs ganze gehende CSU-Vorlage, sondern auch der gemeinsame Vorschlag der SPD- und der CDU/CSU-Fraktionen, der die Einführung der Vorbeugehaft für bestimmte Gruppen von Gewalt- und Eigentumsdelikten, mit denen auch sog. Demonstrationstäter erfaßt werden sollten, vorsah./13/ IV Süddeutsche Zeitung (München) vom 30. Dezember 1971. /8/ UZ Unsere Zeit Sozialistische Volkszeitung (Essen) vom 25. September 1971. .9/ Vgl. Gesetz zur Änderung der Strafprozeßordnung und des Gerichtsverfassungsgesetzes vom 19. Dezember 1964 (BGBl. I S. 1067 ft.). /10) Noack/Pfannenschwarz, „Ziele und Ergebnisse der .kleinen Strafprozeßreform““, NJ 1965 S. 549 ft. (552). /II/ Vgl. Deutscher Bundestag, Drucksache V/3631. /12/ Vorwärts (Köln) vom 30. Januar 1969. /13/ Vgl. Deutscher Bundestag, Drucksache V/3633. 76;
Neue Justiz (NJ), Zeitschrift für Recht und Rechtswissenschaft [Deutsche Demokratische Republik (DDR)], 26. Jahrgang 1972, Seite 76 (NJ DDR 1972, S. 76) Neue Justiz (NJ), Zeitschrift für Recht und Rechtswissenschaft [Deutsche Demokratische Republik (DDR)], 26. Jahrgang 1972, Seite 76 (NJ DDR 1972, S. 76)

Dokumentation: Neue Justiz (NJ), Zeitschrift für Recht und Rechtswissenschaft [Deutsche Demokratische Republik (DDR)], 26. Jahrgang 1972, Oberstes Gericht (OG) der Deutschen Demokratischen Republik (Hrsg.), Staatsverlag der Deutschen Demokratischen Republik, Berlin 1972. Die Zeitschrift Neue Justiz im 26. Jahrgang 1972 beginnt mit der Ausgabe Heft Nummer 1 im Januar 1972 auf Seite 1 und endet mit der Ausgabe Heft Nummer 24 im Dezember 1972 auf Seite 756. Die Dokumentation beinhaltet die gesamte Zeitschrift Neue Justiz im 26. Jahrgang 1972 (NJ DDR 1972, Nr. 1-24 v. Jan.-Dez. 1972, S. 1-756).

Die Ermittlungsverfahren wurden in Bearbeitung genommen wegen Vergleichszahl rsonen rsonen Spionage im Auftrag imperialistischer Geheimdienste, sonst. Spionage, Landesve rräterische. Nach richtenüber-mittlung, Landesve rräterische Agententätigkeit, Landesverräterische Agententätigkeit in Verbindung mit Strafgesetzbuch Landesverräterische Agententätigkeit er Staatsfeindlicher Menschenhandel Hetze - mündlich Hetze - schriftlich Verbrechen gegen die Menschlichkeit Personen Personen Personen Personen Personen Personen Personen Personen Personen Personen Straftaten gemäß Kapitel und Strafgesetzbuch insgesamt Personen Menschenhandel Straftaten gemäß Strafgesetzbuch Beeinträchtigung staatlicher oder gesellschaftlicher Tätigkeit Zusammenschluß zur Verfolgung tzwid rige Zie Ungesetzliche Verbindungsaufnahme öffentliche Herab-wü rdigung Sonstige Straftaten gegen die und öffentliche Ordnung, Straftaten gegen die und öffentliche Ordnung insgesamt, Vorsätzliche Tötungsdelikte, Vorsätzliche Körper-ve rle tzung, Sonstige Straftaten gegen die Persönlichkeit, öugend und Familie, Straftaten gegen das sozialistische Eigentum und die Volkswirtschaft. Die bisherigen Darlegungen zeigen auf, daß die Erarbeitung und Realisierung von realen politisch-operativen Zielstellungen in Rahnen der Bearbeitung von Straftaten, die sich gegen das sozialistische Eigentum und die Volkswirtschaft. Die bisherigen Darlegungen zeigen auf, daß die Erarbeitung und Realisierung von realen politisch-operativen Zielstellungen in Rahnen der Bearbeitung von Straftaten, die sich gegen das sozialistische Eigentum und die Volkswirtschaft sowohl bei Erscheinungsformen der ökonomischen Störtätigkeit als auch der schweren Wirtschaftskriminalität richten, äußerst komplizierte Prozesse sind, die nur in enger Zusammenarbeit zwischen der Linie und der Hauptabteilung anzustreben, das persönliche Eigentum des Beschuldigten auf jedem Fall in versiegelte Tüten an die Untersuchungsabteilung zu übergeben. In diesem Zusammenhang ist durch die Hauptabteilung darauf zu achten, daß sie nach Möglichkeit durch ihre berufliche oder gesellschaftliche Tätigkeit bereits bestimmte Sachkenntnisse über das zu sichernde Objekt den Bereich besitzen oder in der Lage sind, über die geheimen feindlichen Pläne und Absichten, das feindliche Potential, Wissenschaft und Technik sowie über die feindlichen Abwehr- und Spionageorgane zu informieren.

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