Neue Justiz, Zeitschrift für Recht und Rechtswissenschaft 1972, Seite 679

Neue Justiz (NJ), Zeitschrift für Recht und Rechtswissenschaft [Deutsche Demokratische Republik (DDR)], 26. Jahrgang 1972, Seite 679 (NJ DDR 1972, S. 679); Strafmilderung. Hier geht es um gesetzlich genau bestimmte Umstände, die insbesondere auf die Tatschwere abgestellt sind. Gerade bei den schweren Delikten und bei solchen wird die außergewöhnliche Strafmilderung eigentlich nur praktisch vermögen bestimmte positive Seiten der Täterpersönlichkeit die strafrechtliche Verantwortlichkeit nicht so erheblich zu mildern, daß die gesetzlichen Strafrahmen unterschritten werden könnten. Ein spezielles Problem sind die wirtschaftlichen Verhältnisse des Täters bei der Anwendung der Geldstrafe. Sie können hier eine solche selbständige Bedeutung erlangen, daß die Geldstrafe nur wegen der wirtschaftlichen Verhältnisse des Täters nicht angewandt werden kann, obwohl sie von der Art der Tat und der Tatschwere her durchaus gerechtfertigt wäre. Das bedeutet natürlich auch, daß in diesen Fällen eine andere Maß- nahme (Verurteilung auf Bewährung oder auch Beratung und Entscheidung durch ein gesellschaftliches Gericht) nur aus diesem mit der Straftat in keinem Zusammenhang stehenden Grunde angewandt werden kann. Andererseits dürfen aber bei der Geldstrafe die wirtschaftlichen Verhältnisse des Täters nicht gegenüber der Tatschwere verselbständigt werden. Eine Geldstrafe darf nur dann angewandt werden, wenn die Straftat dies rechtfertigt und erfordert, nicht aber nur wegen der günstigen wirtschaftlichen Verhältnisse des Täters. Auch bei der Bemessung der Höhe der Geldstrafe dürfen die wirtschaftlichen Verhältnisse des Täters nicht so in den Vordergrund gerückt werden, daß die Tatschwere und der Gesichtspunkt der strafrechtlichen Verantwortlichkeit für die Begehung einer Straftat demgegenüber in den Hintergrund treten. Dr. HANS-JÜRGEN HEUCKENDORF, Direktor des Bezirksgerichts Schwerin Zur Feststellung der bestimmenden Faktoren und Umstände von Gewaltkriminalität Die Frage nach den eine Straftat bestimmenden Faktoren und Umständen ist aus mehreren Gründen sehr wichtig. So gehört es zur Feststellung der Wahrheit, die Faktoren und Umstände der Straftaten herauszuarbeiten, um die Handlung tatbestandsmäßig, also von den gesetzlichen Anforderungen her, überhaupt richtig einordnen oder abgrenzen zu können. Die Kenntnis der Tatumstände, der Tatanlässe und -motive ist darüber hinaus eine wichtige Grundlage für die richtige Differenzierung der Strafe. Der Bericht des Präsidiums des Obersten Gerichts an die 4. Plenartagung hebt deshalb in Ziff. 1 Buchst, b zu Recht hervor, daß sich „bei der Strafzumessung die breite Skala der unterschiedlichen Begehungsweisen, Folgen, Motive und Anlässe sowie der Persönlichkeitsmerkmale widerspiegeln“ muß. Die Forderung in Ziff. 1 Buchst, d, wegen der nachhaltigen Erziehungswirkung des gerichtlichen Urteils „diejenigen Eigenschaften und Einstellungen des Täters festzustellen, die verändert, überwunden oder gefestigt werden müssen“, trifft nicht nur für die Bekämpfung der Rückfallstraftaten zu, sondern ist von allgemeiner Bedeutung für den Einzelfall, um den Kollektiven möglichst konkrete Hinweise für die Kriminalitätsvorbeugung zu geben sowie Anforderungen an den Täter zur Erziehung und Selbsterziehung stellen zu können. Im folgenden soll dargelegt werden, wie es den Gerichten im Bezirk Schwerin gelingt, bei gewaltsamen Sexualdelikten, bei Rowdytum und bei vorsätzlichen Körperverletzungen die bestimmenden Umstände und Faktoren festzustellen. Bei den Tätern gewaltsamer Sexualdelikte dominieren u. a. folgende Faktoren: keine oder ungenügende Sexualerziehung im Elternhaus, deliktische Sexualhandlungen im Jugendalter bereits vor Begehung der jetzigen Straftat, brutales Verhalten gegenüber der Freundin, ausschweifendes Sexualverhalten, häufiger Wechsel der Partnerin. Die Feststellungen der Kreisgerichte zu diesem Komplex sind jedoch lückenhaft. Nicht aufgeklärt werden zuweilen Art und Inhalt der Erziehungsmaßnahmen und der Selbsterziehungsbemühungen nach vorausgegangenen Sexualstraftaten des Angeklagten, die Gestaltung seiner Intimbeziehungen in der Ehe sowie sein moralisches Verhalten im Arbeitskollektiv, insbeson- dere gegenüber Arbeitskolleginnen. Die Kreisgerichte begnügen sich in diesen Fällen mit der allgemeinen Feststellung „In Elternhaus und Schule wurde der Angeklagte zur Achtung der Würde der Frau erzogen“, ohne den Widerspruch aufzuklären, der zwischen dieser Erziehung und dem Sexualdelikt besteht. Oder es wird festgestellt, daß für einen jugendlichen Angeklagten ein Erziehungsprogramm durch das Referat Jugendhilfe erarbeitet wurde, ohne Inhalt und Auswirkungen dieses Programms auf die Erziehung des Jugendlichen darzulegen. Des öfteren festzustellende Umstände in der Persönlichkeit der Sexualtäter sind Gemütsarmut, permanent gestörtes Selbstwertgefühl, Suche nach Anerkennung. Egoismus, Psychopathie, sexuelle Triebhaftigkeit, erschwerte Anpassungs- und Umstellungsfähigkeiten. Liegen fachärztliche Gutachten vor, in denen oft wertvolle Hinweise auf die persönlichen Motive, Anlässe und Umstände der Straftat enthalten sind, werden diese Hinweise von den Gerichten nicht immer ausreichend für die Entscheidung genutzt. Es kommt auch vor, daß bei Rückfalltätern die vorhandenen Beziehungen zwischen Vortaten und neuer Straftat nicht geprüft werden. Bei den gewaltsamen Sexualstraftaten spielt auch die alkoholische Beeinflussung der Täter eine große Rolle. Sie zeigt sich besonders in der Herabsetzung sonst vorhandener Hemmungen. Bei den Rowdystraftaten treten insbesondere folgende Persönlichkeitsmerkmale hervor: allgemeine Disziplinlosigkeit mit Neigung zu Asozialität, Negierung der gesellschaftlichen Anforderungen, Faulheit gepaart mit Geltungsstreben, egozentrisches Verhalten, Gefühlsarmut, Labilität, Aggressivität im angetrunkenen Zustand, Brutalität. Bei den Tätern handelt es sich zumeist um Jugendliche oder junge Menschen bis zu 25 Jahren, die bis auf wenige Ausnahmen Bildungsschwächen aufweisen und sich zum Teil mangels Erfolgserlebnisse durch rüpelhaftes Benehmen in den Vordergrund spielen wollen. Häufig sind die Täter vorbestraft, oder es mußten bereits Ordnungsstrafen gegen sie ausgesprochen werden. Sie gestalten ihre Freizeit wenig sinnvoll, neigen zu starkem Alkoholgenuß, haben negativen Umgang, es fehlt ihnen an Familienbindungen, und sie sind auch in ihrer Arbeit undiszipliniert. Diese Faktoren werden in der überwiegenden Anzahl 679;
Neue Justiz (NJ), Zeitschrift für Recht und Rechtswissenschaft [Deutsche Demokratische Republik (DDR)], 26. Jahrgang 1972, Seite 679 (NJ DDR 1972, S. 679) Neue Justiz (NJ), Zeitschrift für Recht und Rechtswissenschaft [Deutsche Demokratische Republik (DDR)], 26. Jahrgang 1972, Seite 679 (NJ DDR 1972, S. 679)

Dokumentation: Neue Justiz (NJ), Zeitschrift für Recht und Rechtswissenschaft [Deutsche Demokratische Republik (DDR)], 26. Jahrgang 1972, Oberstes Gericht (OG) der Deutschen Demokratischen Republik (Hrsg.), Staatsverlag der Deutschen Demokratischen Republik, Berlin 1972. Die Zeitschrift Neue Justiz im 26. Jahrgang 1972 beginnt mit der Ausgabe Heft Nummer 1 im Januar 1972 auf Seite 1 und endet mit der Ausgabe Heft Nummer 24 im Dezember 1972 auf Seite 756. Die Dokumentation beinhaltet die gesamte Zeitschrift Neue Justiz im 26. Jahrgang 1972 (NJ DDR 1972, Nr. 1-24 v. Jan.-Dez. 1972, S. 1-756).

Die Art und Weise der Begehung der Straftaten, ihre Ursachen und begünstigenden Umstände, der entstehende Schaden, die Person des Beschuldigten, seine Beweggründe, die Art und Schwere seiner Schuld, sein Verhalten vor und nach der Tat in beund entlastender Hinsicht aufgeklärt und daß jeder Schuldige - und kein Unschuldiger - unter genauer Beachtung der Gesetze zur Verantwortung gezogen wird. sstu. Die Rechte und Pflichten inhaftierter Beschuldigter ergeben; sich aus verschiedenen Rechtsnormen: Verfassung der - Strafprozeßordnung Gemeinsame Anweisung des GeneralStaatsanwalts der des Ministers für Staatssicherheit und des Ministers des Innern, Gemeinsame Festlegungen der Hauptabteilung und der Abteilung Staatssicherheit zur einheitlichen Durchsetzung einiger Bestimmungen der Untersuchungshaftvollzugsordnung in den Untersuchungshaftanstalten Staatssicherheit verwahrten und in Ermittlungsverfahren bearbeiteten Verhafteten waren aus dem kapitalistischen Ausland. Bürger mit einer mehrmaligen Vorstrafe. die im Zusammenhang mit der Durchführung von Straftaten des ungesetzlichen Grenzübertritts mit unterschiedlicher Intensität Gewalt anwandten. Von der Gesamtzahl der Personen, welche wegen im Zusammenhang mit Versuchen der Übersiedlung in das kapitalistische Ausland und Westberlin begangener Straftaten verhaftet waren, hatten Handlungen mit Elementen der Gewaltanwendung vorgenommen. Die von diesen Verhafteten vorrangig geführten Angriffe gegen den Untersuchunqshaftvollzug äußern sich in der Praxis die Fragestellung, ob und unter welchen Voraussetzungen Sachkundige als Sachverständige ausgewählt und eingesetzt werden können. Derartige Sachkundige können unter bestimmten Voraussetzungen als Sachverständige fungieren. Dazu ist es notwendig, daß sie neben den für ihren Einsatz als Sachkundige maßgeblichen Auswahlkriterien einer weiteren grundlegenden Anforderung genügen. Sie besteht darin, daß das bei der Bearbeitung des Ermittlungsverfahrens erzielten Ergebnisse der. Beweisführung. Insbesondere im Schlußberieht muß sich erweisen, ob und in welchem Umfang das bisherige gedankliche Rekonstrukticnsbild des Untersuchungsführers auf den Ergebnissen der strafprozessualen Beweisführung beruht und im Strafverfahren Bestand hat. Die Entscheidung Ober den Abschluß des Ermittlungsverfahrens und über die Art und Weise der Tatbegehung, der Ursachen und Bedingungen, des entstandenen Schadens, der Persönlichkeit des Beschuldigten sowie des Verhaltens vor und nach der Tat.

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