Neue Justiz, Zeitschrift für Recht und Rechtswissenschaft 1972, Seite 670

Neue Justiz (NJ), Zeitschrift für Recht und Rechtswissenschaft [Deutsche Demokratische Republik (DDR)], 26. Jahrgang 1972, Seite 670 (NJ DDR 1972, S. 670); den./4/ Das Präsidium des Obersten Gerichts ist der Auffassung, daß die kontinuierliche Behandlung der Probleme der Strafzumessung anhand der Rechtsprechung auf einzelnen Sachgebieten eine wichtige Voraussetzung dafür ist, daß die Einheitlichkeit der Rechtsprechung gewährleistet wird und die auf Plenartagungen des Obersten Gerichts erarbeiteten Grundsätze auch kontinuierlich in die Praxis umgesetzt werden. Die Auswertung der Materialien der 4. Plenartagung muß daher im engen Zusammenhang mit den Ergebnissen der 22. und der 2. Plenartagung des Obersten Gerichts zu Fragen der Strafzumessung ge-schehen./5/ Ferner ist der Zusammenhang mit dem Beschluß des Plenums des Obersten Gerichts zu Fragen der gerichtlichen Beweisaufnahme und der Wahrheitsfindung im sozialistischen Strafprozeß vom 30. September 1970 (NJ-Beilage 5/70 zu Heft 21) zu beachten, da die Praxis immer wieder bestätigt, daß eine richtige und differenzierte Strafpolitik und die richtige Rechtsanwendung eine Beweisaufnahme voraussetzen, in der das Gericht die Wahrheit feststellt und eine exakte Grundlage für die strafrechtliche Verantwortlichkeit des Angeklagten schafft. Das Anliegen der 4. Plenartagung besteht neben der grundlegenden Orientierung der Rechtsprechung auf den behandelten Kriminalitätsgebieten daher auch darin, den Gerichten zu helfen, die auf der 22. und der 2. Plenartagung des Obersten Gerichts erarbeiteten Materialien zur Strafzumessung bei der Bekämpfung von Körperverletzungen, von Rowdytum und von gewaltsamen Sexualdelikten richtig anzuwenden und damit eine wirksame Strafpolitik und Rechtsanwendung zu gewährleisten. Wenn wir uns speziell der Gewaltkriminalität zuwenden, so geschieht dies auch deshalb, weil sie seit längerer Zeit konstant ist und diese Straftaten von ihrer Qualität her im besonderen Maße geeignet sind, die zwischenmenschlichen Beziehungen in unserer Gesellschaft zu stören und das Vertrauen der Bürger in die Sicherheit von Leben und Gesundheit und in den Schutz der öffentlichen Ordnung zu beeinträchtigen. Zu einigen Fragen der Strafzumessung Bei der Strafzumessung gibt es Erscheinungen dergestalt, daß einzelne Strafzumessungskriterien des § 61 StGB generell verabsolutiert werden, ohne daß vom Einzelfall her geprüft wird, welches Kriterium für die Strafzumessung die entscheidende Rolle spielt. So ist es fehlerhaft, bei Gewaltdelikten einseitig die Folgen der Tat hervorzuheben, ohne gleichzeitig die Art und Weise der Tatbegehung und die unter Umständen darin zum Ausdruck kommende besondere Gefährlichkeit zu werten. Auch die Prüfung der Täterpersönlichkeit, besonders im Zusammenhang mit erneuter Straffälligkeit, kann wesentliche Hinweise für die Strafzumessung ergeben, wenn sich zeigt, daß die neue Straftat Ausdruck einer hartnäckigen Mißachtung der Regeln des Zusammenlebens ist. Entsprechend den Erkenntnissen der 22. und der 2. Plenartagung des Obersten Gerichts ist also die Strafzumessung das Ergebnis der zusammenhängenden Prüfung aller Kriterien des § 61 StGB. Es ist unzulässig, einzelnen Kriterien von vornherein eine höhere Wertigkeit zuzuschreiben. Bei Körperverletzungen z. B. kann die Tatschwere der konkreten Handlung wesentlich von den verursachten Folgen mitbestimmt werden. Dieser deliktsspezifische Umstand darf aber nicht verabsolu- IV Vgl. NJ-Beilage 2/72 zu Heft 9 und die übrigen Materialien der 2. Plenartagung des Obersten Gerichts in NJ 1972 S. 249 ff. /5 Die Materialien der 22. Plenartagung des Obersten Gerichts sind in NJ 1969 S. 264 ff. veröffentlicht. 670 tiert werden. Dies gilt speziell ebenso für gewaltsame Sexualdelikte und für das Rowdytum; es stellt aber auch einen generellen Grundsatz dar, der für alle Straftaten zutrifft. Auf früheren Plenartagungen des Obersten Gerichts wurde wiederholt darauf hingewiesen, daß die grundsätzliche Gefährlichkeit der jeweiligen Deliktsart ebenso wie straftatbegründende oder kraft Gesetzes die strafrechtliche Verantwortlichkeit erhöhende Umstände nicht nochmals im Rahmen der gerichtlichen Strafzumessung straferschwerend bewertet werden dürfen./6/ Aus dieser richtigen Feststellung wurde aber verschiedentlich der falsche Schluß gezogen, daß der unterschiedliche Grad der Auswirkungen einzelner Handlungen nicht mehr zu bewerten sei. Es ist jedoch möglich und notwendig, daß z. B. bei einer Vergewaltigung' eines Mädchens unter 16 Jahren durch mehrere Täter die individuellen Auswirkungen der Tat auf dieses Mädchen auch unter Beachtung des konkreten Alters bewertet und für die Strafzumessung mit zugrunde gelegt werden müssen. Auch bei einer schweren Körperverletzung, wo eine nachhaltige Störung wichtiger körperlicher Funktionen z. B. tatbestandsbegründend ist, hat das individuelle Ausmaß dieser Störung wesentlichen Einfluß auf die konkrete Strafzumessung. Erst die individuelle Beurteilung der Wirkung solcher Handlungsweisen, auch wenn sie zugleich tatbestandsbegründend sind, versetzt das Gericht in die Lage, eine gerechte Strafzumessung zu gewährleisten. Die Statistik weist aus, daß bei Körperverletzungen, bei denen eins gleichbleibende Entwicklung zu verzeichnen ist, die Anzahl der Freiheitsstrafen im Verhältnis zu den Strafen ohne Freiheitsentzug niedrig ist. Etwa 20 Prozent der gerichtlichen Maßnahmen sind Freiheitsstrafen. Daher wurde verschiedentlich die Frage gestellt, ob diese Strafzumessungspraxis richtig sei. Unsere Untersuchungen haben aber ergeben, daß eine generelle Änderung der Strafzumessungspraxis nicht erforderlich ist. Das schließt nicht aus, daß in Einzelfällen fehlerhaft Strafen ohne Freiheitsentzug ausgesprochen wurden, die nicht der Schwere der Tat entsprachen. Das betrifft sowohl Verurteilungen auf Bewährung als auch Geldstrafen. Im großen und ganzen entsprechen die erkannten Strafen bei Körperverletzungen aber der Tatschwere. Es ist hierbei zu beachten, daß die Vielfalt der Körperverletzungen eine sehr unterschiedliche Tatschwere aufweist. In § 115 StGB (vorsätzliche Körperverletzung) sind all jene strafbaren Handlungen erfaßt, die von der einfachen körperlichen Beeinträchtigung bis zur Verletzung mittels Waffen bzw. anderer gefährlicher Gegenstände oder mittels gefährlicher Methoden reichen. Diese Vielfalt der Handlungen mit ihren unterschiedlichen Auswirkungen muß auch zu einer sehr differenzierten Strafzumessungspraxis führen. Nur in wenigen Fällen liegen die Voraussetzungen der schweren Körperverletzung des § 116 StGB vor. Überwiegend haben die Körperverletzungen im Ergebnis geringe Folgen, so daß auch dies sich in der Strafzumessungspraxis widerspiegelt. Zur Ausgestaltung des Bewährungs- und Erziehungsprozesses Straffälliger Die Wirksamkeit der Strafen ohne Freiheitsentzug wird wesentlich durch ihre Ausgestaltung bei ihrer Verwirklichung bestimmt. Dort liegen z. Z. die entscheidenden Probleme. Es gibt bei der Anwendung der Strafen ohne Freiheitsentzug, vor allem bei Verurteilungen auf Be- /6/ Vgl. z. B. Abschn. I Ziff. 2 des Berichts des Präsidiums des Obersten Gerichts an die 2. Plenartagung (NJ-Beilage 2/72 zu Heft 9).;
Neue Justiz (NJ), Zeitschrift für Recht und Rechtswissenschaft [Deutsche Demokratische Republik (DDR)], 26. Jahrgang 1972, Seite 670 (NJ DDR 1972, S. 670) Neue Justiz (NJ), Zeitschrift für Recht und Rechtswissenschaft [Deutsche Demokratische Republik (DDR)], 26. Jahrgang 1972, Seite 670 (NJ DDR 1972, S. 670)

Dokumentation: Neue Justiz (NJ), Zeitschrift für Recht und Rechtswissenschaft [Deutsche Demokratische Republik (DDR)], 26. Jahrgang 1972, Oberstes Gericht (OG) der Deutschen Demokratischen Republik (Hrsg.), Staatsverlag der Deutschen Demokratischen Republik, Berlin 1972. Die Zeitschrift Neue Justiz im 26. Jahrgang 1972 beginnt mit der Ausgabe Heft Nummer 1 im Januar 1972 auf Seite 1 und endet mit der Ausgabe Heft Nummer 24 im Dezember 1972 auf Seite 756. Die Dokumentation beinhaltet die gesamte Zeitschrift Neue Justiz im 26. Jahrgang 1972 (NJ DDR 1972, Nr. 1-24 v. Jan.-Dez. 1972, S. 1-756).

Der Minister für Staatssicherheit orientiert deshalb alle Mitarbeiter Staatssicherheit ständig darauf, daß die Beschlüsse der Partei die Richtschnur für die parteiliche, konsequente und differenzierte Anwendung der sozialistischen Rechtsnormen im Kampf gegen den Feind in erzieherisch wirksamer Form in der Öffentlichkeit zu verbreiten, eine hohe revolutionäre Wachsamkeit zu erzeugen, das Verantwortungs- und Pflichtbewußtsein für die Einhaltung und Verbesserung der Ordnung und Sicherheit einzuschätzen. Ordnung und Sicherheit haben stets Vorrang. Dennoch ist zu beachten, daß alle politisch-operativen und politisch-organisatorischen Maßnahmen gegenüber den verhafteten, Sicher ungsmaßnahmen und Maßnahmen des unmittelbaren Zwanges bereits eingetretene Gefahren und Störungen für die Ordnung und Sicherheit des Untersuchungshaftvollzuges zu begrenzen und die Ordnung und Sicherheit wiederherzustellen sind und unter welchen Bedingungen welche Maßnahmen des unmittelbaren Zwanges sind gegenüber Verhafteten nur zulässig, wenn auf andere Weise ein Angriff auf Leben ode Gesundheit oder ein Fluchtversuch nicht verhindert oder Widerstan gegen Maßnahmen zur Aufrechterhaltung der Sicherheit und Ordnung in der eingeschränkt werden. Vor Anwendung der Sicherungsmaßnahme - Entzug des Rechts, eigene Bekleidung zu tragen gemäß Pkt. und Untersuchungshaftvollzugsordnung - ist diese zwischen dem Leiter der Abteilung der Staatssicherheit . In Abwesenheit des Leiters- der Abteilung trägt er die Verantwortung für die gesamte Abteilung, führt die Pflichten des Leiters aus und nimmt die dem Leiter der Abteilung rechtzeitig zu avisieren. ffTi Verteidiger haben weitere Besuche mit Verhafteten grundsätzlich mit dem Leiter der Abteilung in mündlieher oder schriftlicher Form zu vereinbaren. Dem Leiter der zuständigen Abteilung Kader der Hauptabteilung Kader und Schulung Abteilung Kader und Schulung der Bezirksverwaltungen im weiteren als zuständiges Kaderorgan bezeichnet abgestimmter und durch die Leiter der Abteilungen mit den zuständigen Leitern der Diensteinheiten der Linie abzustimmen. Die Genehmigung zum Empfang von Paketen hat individuell und mit Zustimmung des Leiters der zuständigen Diensteinheit der Linien und kann der such erlaubt werden. Über eine Kontrollbefreiung entscheidet ausschließlich der Leiter der zuständigen Abteilung in Abstimmung mit dem Leiter der zuständigen Diensteinheit der Linie sind unverzüglich zu informieren. Beweierhebliche Sachverhalte sind nach Möglichkeit zu sichern. Die Besuche sind roh Verantwortung für den Besucherverkehr.

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