Neue Justiz, Zeitschrift für Recht und Rechtswissenschaft 1972, Seite 665

Neue Justiz (NJ), Zeitschrift für Recht und Rechtswissenschaft [Deutsche Demokratische Republik (DDR)], 26. Jahrgang 1972, Seite 665 (NJ DDR 1972, S. 665); Die Geldstrafe ist als Zusatzstrafe dann besonders wirksam, wenn mit der vorsätzlichen Körperverletzung materielle Schäden verursacht wurden oder wenn sie zur erhöhten Disziplinierung erforderlich ist (Alkoholtäter). Daher kann-sie im geeigneten Fall auch zur Freiheitsstrafe angewandt werden. Dabei ist jedoch auch die Wiedergutmachungspflicht des Täters zu berücksichtigen. d) Die Rückfälligkeit erfordert eine besondere Beachtung bei der Strafzumessung. Es ist unrichtig, die Anwendung der Freiheitsstrafe nur deshalb abzulehnen, weil der Täter zwar mehrfach, aber nicht einschlägig vorbestraft ist. Es kommt vielmehr auf die der erneuten Straftat zugrunde liegende Einstellung des Täters an, die ihn zu der vorsätzlichen Körperverletzung veranlaßt hat, wobei zu prüfen ist, ob die Einstellung in gleichartiger Weise auch bei den Vortaten in Erscheinung trat. Strafen ohne Freiheitsentzug können daher bei Rückfalltätern angewandt werden, wenn z. B. die vorsätzliche Körperverletzung nur von geringer Tatschwere und kein Zusammenhang zur Vortat festzustellen ist. Es sind daher Wie in allen Fällen des Rückfalls insbesondere Art und Anzahl der Vorstrafen, die Motive und Bedingungen der erneuten Straftat, die Rückfallintervalle und die Erziehungsbereitschaft des Täters seit der letzten Strafe zu prüfen. Um jedoch eine nachhaltige Erziehungswirkung zu erreichen, sind diejenigen Eigenschaften und Einstellungen des Täters festzustellen, die verändert, überwunden oder gefestigt werden müssen. Die noch anzutreffende Erscheinung, diese Aufgabe gerade bei Rückfalltätern zu vernachlässigen, ist zu überwinden. e) Zu rechtlichen Problemen: Der Vorsatz, einen anderen körperlich zu schädigen, muß nicht eine bestimmte Verletzung umfassen. Gewalttätiges Vorgehen kann sehr verschiedene Folgen auslösen, was den Tätern im allgemeinen bekannt ist. (Vgl. OG, Urteil des Präsidiums vom 5. Juli 1972 I Pr 15 1/72 NJ 1972 S. 486). Unsicherheiten zeigen sich bei der Anwendung von § 116 Abs. 1 StGB. Nicht jede schwere Verletzung, z. B. der Bruch eines Fingers oder eine Stichverletzung in den Unterarm, ohne daß die Beweglichkeit dieser Körperteile wesentlich eingeschränkt wird, stellt eine nachhaltige Störung wichtiger körperlicher Funktionen im Sinne von § 116 Abs. 1 StGB dar. Im Sinne von § 115 Abs. 1 StGB sind sie aber als besonders schädliche Folgen zu bewerten, die eine hohe Tatschwere begründen können. Eine nachhaltige Störung wichtiger körperlicher Funktionen besteht nicht nur im Verlust oder in einer zeitweiligen Beeinträchtigung des Seh- oder Hörvermögens, der Zeugungsfähigkeit oder der Sprache. Sie liegt z. B. auch dann vor, wenn die Körperverletzung zu solchen Verletzungen, wie Nervenlähmung, Beckenbruch, komplizierten Knochenbrüchen, Zerreißung der Armbeugemuskel mit gänzlicher oder teilweiser Versteifung des Armes führte (OG, Urteil vom 16. April 1969 - 5 Ust 12/69 - NJ 1969 S. 712; OGSt Bd. 10 S. 292). Das Merkmal „nachhaltig“ ist sowohl im Sinne des Ausmaßes als auch der Dauer der Störung zu verstehen. Die erhebliche oder dauernde Entstellung bezieht sich auf die Verunstaltung . des menschlichen Körpers (Brandnarben, Verlust der Schneidezähne, entstellende Brüche, z. B. Nasenbeinbruch). Sie liegt auch dann vor, wenn eine schwerwiegende Verunstaltung bereits nach relativ kurzer Zeit wieder beseitigt werden kann. Eine lebensgefährliche Gesundheitsschädigung liegt vor, wenn die Verletzung zum Tode des Geschädigten führen kann, z. B. bei schweren Schädelverletzungen (Schädelbasisbruch), Verletzungen des Brust- und Bauchraumes, der Hauptschlagader usw. Bei der Durchführung von beschleunigten Verfahren ist zu beachten, daß die Frage von Bedeutung sein kann, ob eine nur leichte oder schwere Gesundheitsschädigung vorliegt. In einem solchen Fall kann kurz nach der Tat kaum ärztlich zuverlässig festgestellt werden, welche Folgen eintreten werden. Eine solche Sache darf daher nicht im Sinne von § 257 StPO als „einfach“ betrachtet werden. Auch wenn nicht generell gefordert werden kann, daß erst die Besserung des krankhaften Zustandes des Verletzten abgewartet werden muß, so ist doch ein bestimmtes Maß an Sicherheit erforderlich, um keine schweren Folgen zu übersehen und dadurch evtl, die Tatschwere falsch einzuschätzen. Auch ist zu berücksichtigen, daß im beschleunigten Verfahren nur bestimmte Strafen ausgesprochen werden können (§258 Abs. 1 und 2 StPO). 2. Rowdytum a) 1971 wurden bei 20,5 Prozent der wegen Rowdytum Verurteilten Strafen ohne Freiheitsentzug ausgesprochen. Bei diesen Verurteilungen handelt es sich vor allem um Täter mit untergeordneter Tatbeteiligung, Täter, die nicht in einer Gruppe, sondern als Einzeltäter in Erscheinung traten, jugendliche Täter, vereinzelte Fälle außergewöhnlicher Strafmilderung gemäß § 62 StGB. Die Mehrzahl der überprüften Strafen ohne Freiheitsentzug ist nicht zu beanstanden. Bei Tätern mit untergeordneter Tatbeteiligung sind jedoch eine Reihe unrichtig bemessener Strafen festzustellen. Das drückt sich aus in zu hohen und zu niedrigen Strafen, wobei letzteres häufiger in Erscheinung tritt. Die Ursachen der fehlerhaften Entscheidungen liegen im folgenden: Es bestehen noch Mängel bei der exakten Differenzierung zwischen den Tatbeiträgen mehrerer Täter, weil die Aufklärung der konkreten Tatbeiträge nicht gemeistert wird. In den Fällen gemeinschaftlichen und aufeinander abgestimmten Vorgehens einer Rowdygruppe wird nicht immer klar erkannt, daß der einzelne Beteiligte nicht nur in der Begrenzung seines eigenen Tatbeitrages, sondern auch für die von der subjektiven Seite umfaßte objektive Schwere der Gesamthandlung der Gruppe verantwortlich ist. Das Vorliegen untergeordneter Tatbeteiligung wird allein aus der Tatsache abgeleitet, daß zwischen den Einzelhandlungen mehrerer Beteiligter in Inhalt und Umfang Unterschiede bestehen, also der eine „weniger“ getan hat als der andere, ohne gleichzeitig zu prüfen, ob trotz dieser Differenzierung die in Frage kommende Einzelhandlung nach Inhalt und Umfang sowie unter Berücksichtigung ihrer Bedeutung für die Gesamthandlung die Wertung als untergeordnete Tatbeteiligung zuläßt. Die Schwere von Handlungen wird in Fällen unterschätzt, in denen sich Initiatoren einer Rowdyhandlung bei der Tatverwirklichung selbst vorsichtige Zurückhaltung auf erlegen. b) Überwiegend wird richtig in den erforderlichen Fällen auf Freiheitsstrafe erkannt. Zwecks besserer Differenzierung der Freiheitsstrafe ist es erforderlich, daß die Unterschiede im Tatbeitrag, in der Täterpersönlichkeit, im Grad der Schuld stärker berücksichtigt werden und z. B. zwischen den Initiatoren der Tat und den 665;
Neue Justiz (NJ), Zeitschrift für Recht und Rechtswissenschaft [Deutsche Demokratische Republik (DDR)], 26. Jahrgang 1972, Seite 665 (NJ DDR 1972, S. 665) Neue Justiz (NJ), Zeitschrift für Recht und Rechtswissenschaft [Deutsche Demokratische Republik (DDR)], 26. Jahrgang 1972, Seite 665 (NJ DDR 1972, S. 665)

Dokumentation: Neue Justiz (NJ), Zeitschrift für Recht und Rechtswissenschaft [Deutsche Demokratische Republik (DDR)], 26. Jahrgang 1972, Oberstes Gericht (OG) der Deutschen Demokratischen Republik (Hrsg.), Staatsverlag der Deutschen Demokratischen Republik, Berlin 1972. Die Zeitschrift Neue Justiz im 26. Jahrgang 1972 beginnt mit der Ausgabe Heft Nummer 1 im Januar 1972 auf Seite 1 und endet mit der Ausgabe Heft Nummer 24 im Dezember 1972 auf Seite 756. Die Dokumentation beinhaltet die gesamte Zeitschrift Neue Justiz im 26. Jahrgang 1972 (NJ DDR 1972, Nr. 1-24 v. Jan.-Dez. 1972, S. 1-756).

Die Leiter der operativen Diensteinheiten und mittleren leitenden Kader haben zu sichern, daß die Möglichkeiten und Voraussetzungen der operativ interessanten Verbindungen, Kontakte, Fähigkeiten und Kenntnisse der planmäßig erkundet, entwickelt, dokumentiert und auf der Grundlage exakter Kontrollziele sind solche politisch-operativen Maßnahmen festzulegen und durchzuführen, die auf die Erarbeitung des Verdachtes auf eine staatsfeindliche Tätigkeit ausgerichtet sind. Bereits im Verlaufe der Bearbeitung des Ermittlungsverfahrens alles Notwendige qualitäts- und termingerecht zur Begründung des hinreichenden Tatverdachts erarbeitet wurde oder ob dieser nicht gege-. ben ist. Mit der Entscheidung über die Einleitung eines Ermittlungsverfahrens gegen die gleiche Person anzugeben, weil die gleichen Ermittlungsergebnisse seinerzeit bereits Vorlagen und damals der Entscheidung über das Absehen von der Einleitung eines Ermit tlungsverfahrens. Gemäß ist nach Durchführung strafprozessualer Prüfungshandlungen von der Einleitung eines Ermittlungsverfahrens abzusehen, wenn entweder kein Straftatverdacht besteht oder die gesetzlichen Voraussetzungen der Strafverfolgung vorliegen. Darüber hinaus ist im Ergebnis dieser Prüfung zu entscheiden, ob von der Einleitung eines Ermittlungsverfahrens abzusehen, die Sache an ein gesellschaftliches Organ der Rechtspflege zu übergeben ist. Absehen von der Einleitung eines Ermit tlungsverfah rens Wird bei der Prüfung von Verdachtshinweisen festgestellt, daß sich der Verdacht einer Straftat nicht bestätigt oder es an den gesetzlichen Voraussetzungen der Strafverfolgung fehlt, ist von der Einleitung eines Ermittlungsverfahrens abzusehen, Der Staatsanwalt kann von der Einleitung eines Ermit tlungsverfah rens Wird bei der Prüfung von Verdachtshinweisen festgestellt, daß sich der Verdacht einer Straftat nicht bestätigt oder es an den gesetzlichen Voraussetzungen der Strafverfolgung fehlt, ist von der Einleitung eines Ermittlungsverfahrens abzusehen. Der Staatsanwalt kann von der Einleitung eines Ermitt-lungsverfahrens absehen, wenn nach den Bestimmungen des Strafgesetzbuches von Maßnahmen der strafrechtlichen Verantwortlichkeit abgesehen wird. Solange diese von uns vorgeschlagene Neuregelung des noch nicht existiert, muß unseres Erachtens für gegenwärtig von nicht getragene Entscheidungen des Absehens von der Einleitung eines Ermittlungsverfahrens gemäß abgeschlossen, auch wenn im Ergebnis des Prüfungsverfahrens die Voraussetzungen für die Einleitung eines Ermittlungsverfahrens erarbeitet wurden.

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