Neue Justiz, Zeitschrift für Recht und Rechtswissenschaft 1972, Seite 651

Neue Justiz (NJ), Zeitschrift für Recht und Rechtswissenschaft [Deutsche Demokratische Republik (DDR)], 26. Jahrgang 1972, Seite 651 (NJ DDR 1972, S. 651); dort geschilderten Fall um die Abhebung mittels gefälschten Auszahlungsscheins von einem Gehalts- bzw. Girokonto handelte. Das Bezirksgericht erkannte nicht, daß die Sparkasse immer mit schuldbefreiender Wirkung leistet, wenn sie an denjenigen auszahlt, der ein zum Freizügigkeitsverkehr zugelassenes Sparbuch vorweist, und zwar unabhängig davon, ob es sich um den zur Abhebung Berechtigten handelt oder nicht (§ 808 Abs. 1 BGB; vgl. dazu auch § 15 des Statuts der volkseigenen Sparkassen der DDR, für verbindlich erklärt durch VO vom 15. März 1956 [GBl. I S. 281], i. d. F. der 2. VO vom 29. Juli 1963 [GBl. II S. 567]). Es handelt sich bei einem solchen Sparkassenbuch um eine Urkunde i. S. von § 808 Abs. 1 BGB, die mit der Bestimmung ausgestellt wurde, die darin versprochene Leistung vom Schuldner an jeden Inhaber mit der Rechtsfolge der Schuldbefreiung bewirken zu können. Damit tritt in Höhe des abgebuchten Betrages eine rechtswirksame Schmälerung des Anspruchs des Gläubigers ein. Somit wurde im vorliegenden Fall nicht, wie vom Bezirksgericht irrtümlich angenommen, sozialistisches, sondern, wie das Kreisgericht zutreffend erkannte, persönliches Eigentum geschädigt. Die strafrechtlich relevante Handlung vollzieht sich aber nicht erst mit der Vorlage des Sparkassenbuchs zum Zwecke der Abhebung, sondern bereits mit dessen Wegnahme aus der Wohnung der Geschädigten. Dies hat das Kreisgericht im Prinzip auch richtig bei der Darstellung des Sachverhalts erkannt, führte dies aber bei der rechtlichen Beurteilung nicht konsequent fort, sondern begründete fehlerhaft die Diebstahlshandlung mit der Abhebung der 140 M. Der Tatbestand des Diebstahls persönlichen Eigentums (§ 177 StGB) ist bereits mit der Wegnahme des Sparkassenbuchs durch die Angeklagte, um sich dasselbe rechtswidrig zuzueignen, erfüllt, und zwar im Umfange des darin verkörperten Geldwertes und nicht lediglich um den Papierwert des Sparkassenbuchs. Die spätere Realisierung des Geldes durch Vorlage des Sparkassenbuchs durch die Angeklagte stellt keine strafrechtlich relevante Handlung gegenüber der Sparkasse dar. Diese wurde weder getäuscht noch geschädigt. Die mit der Abhebung des Geldes bewirkte Schmälerung des Anspruchs des Berechtigten ist keine weitere Straftat, weil es sich dabei lediglich um die Verwertung der gestohlenen Sache handelt. Das Urteil des Bezirksgerichts war daher aufzuheben und die Berufung der Angeklagten gegen das Urteil des Kreisgerichts im Wege der Selbstentscheidung (§ 322 StPO) zurückzuweisen. §1 VerfehlungsVO; §§61 Abs. 3, 160, 161, 162, 179, 180, 181, 62 Abs. 3 StGB. 1. Die gleichen Umstände, die die strafrechtliche Verantwortlichkeit als Vergehen begründen, können nicht noch einmal für die Begründung eines Verbrechens herangezogen werden. 2. Führt der Umstand der mehrmaligen Straffälligkeit im konkreten Fall dazu, eine an sich im Verfehlungsbereich liegende Handlung als Vergehen zu beurteilen, dann kann dieser Umstand der Rückfälligkeit nicht noch einmal zur Begründung eines verbrecherischen Diebstahls herangezogen werden. Wird jedoch eine von der Schadenshöhe her an sich als Verfehlung zu beurteilende Handlung infolge großer Intensität, grober Mißachtung der Vertrauensstellung oder anderer erschwerender Umstände (§§ 161, 180 StGB) zum Vergehen qualifiziert, dann sind bei Vor-iiegen der anderen Voraussetzungen entweder die Rückfallbestimmungen der §§ 162, 181 (jeweils Abs. 1 Ziff. 4) StGB oder die außergewöhnliche Strafmilderung gemäß § 62 Abs. 3 StGB anzuwenden. (Damit wird die im Urteil des 2. Strafsenats vom 16. Januar 1969 2 Zst 14/68 NJ 1969 S. 285 vertretene Rechtsauffassung aufgegeben.) OG, Urt. vom 26. Juli 1972 - 2 Zst 32/72. Der Angeklagte ist insgesamt zehnmal vorbestraft, davon fünfmal wegen Eigentumsdelikten. Die letzte Verurteilung erfolgte am 12. August 1970 wegen Diebstahls zum Nachteil sozialistischen Eigentums zu einer Freiheitsstrafe von einem Jahr. Am 26. August 1971 wurde er aus dem Strafvollzug entlassen. Am 24. November 1971 begab sich der Angeklagte nach Arbeitssehluß in eine Gaststätte, wo er sich bis gegen 23.30 Uhr äufhielt. Er trank etwa 30 Glas helles Bier und 20 Glas Schnaps. Kurz bevor er die Gaststätte verließ, nahm er von dem Tisch, an dem er gesessen hatte, ein Paar schwarze Herrenlederhandschuhe weg. Infolge der Wirkung des Alkohols konnte sich der Angeklagte nicht mehr an alle Einzelheiten erinnern. Er wußte jedoch, daß ein Gast die Handschuhe liegengelassen hatte. In der Folgezeit benutzte er die Handschuhe, die einen Zeitwert von etwa 30 M hatten. Auf Grund dieses Sachverhalts wurde der Angeklagte wegen verbrecherischen Diebstahls zum Nachteil persönlichen Eigentums (§§ 177 Abs. 1, 181 Abs. 1 Ziff. 4 StGB) zu einer Freiheitsstrafe von zwei Jahren verurteilt. Die gegen dieses Urteil des Kreisgerichts eingelegte Berufung des Angeklagten hat das Bezirksgericht nach Durchführung einer eigenen Beweisaufnahme als unbegründet zurückgewiesen. Gegen das Urteil des Bezirksgerichts richtet sich der zugunsten des Angeklagten gestellte Kassationsantrag des Präsidenten des Obersten Gerichts, mit dem die rechtliche Beurteilung und die Strafhöhe angegriffen werden. Der Antrag hatte Erfolg. Aus den Gründen: Das Bezirksgericht hat den Sachverhalt ausreichend aufgeklärt und ist auch zu richtigen Feststellungen gekommen. Die rechtliche Beurteilung als verbrecherischer Diebstahl i. S. von § 181 Abs. 1 Ziff. 4 StGB ist jedoch in vorliegendem Falle unrichtig. Der Diebstahl der Handschuhe im Werte von etwa 30 M würde sich von der Schadenshöhe her objektiv zunächst als Verfehlung darstellen. Unter Berücksichtigung des Umstandes, daß der Angeklagte bereits zehnmal, darunter fünfmal einschlägig, vorbestraft ist, gingen das Kreisgericht und das Bezirksgericht zutreffend davon aus, daß die erneute Handlung keine Verfehlung, sondern ein Vergehen ist. Diese Umstände, auf Grund derer die Handlung sich als ein Vergehen darstellt, können jedoch nicht noch einmal zur Begründung des verbrecherischen Diebstahls herangezogen werden. Eine derartige Subsumtion verstößt gegen § 61 Abs. 3 StGB. Der in dieser Bestimmung enthaltene Grundsatz der sozialistischen Gerechtigkeit dient dazu, objektive Kriterien für die Anwendung der Tatbestände des Strafgesetzbuchs zu schaffen. Deshalb dürfen solche Umstände, die die strafrechtliche Verantwortlichkeit als Vergehen begründen, nicht noch einmal für die Begründung des Tatbestands eines Verbrechens herangezogen werden. Ansonsten würde eine gesetzlich nicht zulässige doppelte Erschwerung eintreten (vgl. OG, Urteil des Präsidiums vom 24. September 1969 I Pr 15 6/69 NJ 1969 S. 710). Dieser Grundsatz ist bei den Entscheidungen von den Instanzgerichten nicht beachtet worden. Diese Rechtsauffassung gilt jedoch nur für die Fälle, in denen allein der Umstand der Rückfälligkeit i. S. der 651;
Neue Justiz (NJ), Zeitschrift für Recht und Rechtswissenschaft [Deutsche Demokratische Republik (DDR)], 26. Jahrgang 1972, Seite 651 (NJ DDR 1972, S. 651) Neue Justiz (NJ), Zeitschrift für Recht und Rechtswissenschaft [Deutsche Demokratische Republik (DDR)], 26. Jahrgang 1972, Seite 651 (NJ DDR 1972, S. 651)

Dokumentation: Neue Justiz (NJ), Zeitschrift für Recht und Rechtswissenschaft [Deutsche Demokratische Republik (DDR)], 26. Jahrgang 1972, Oberstes Gericht (OG) der Deutschen Demokratischen Republik (Hrsg.), Staatsverlag der Deutschen Demokratischen Republik, Berlin 1972. Die Zeitschrift Neue Justiz im 26. Jahrgang 1972 beginnt mit der Ausgabe Heft Nummer 1 im Januar 1972 auf Seite 1 und endet mit der Ausgabe Heft Nummer 24 im Dezember 1972 auf Seite 756. Die Dokumentation beinhaltet die gesamte Zeitschrift Neue Justiz im 26. Jahrgang 1972 (NJ DDR 1972, Nr. 1-24 v. Jan.-Dez. 1972, S. 1-756).

Von besonderer Bedeutung ist in jeden Ermittlungsverfahren, die Beschuldigtenvernehmung optimal zur Aufdeckung der gesellschaftlichen Beziehungen, Hintergründe und Bedingungen der Straftat sowie ihrer politisch-operativ bedeutungsvollen Zusammenhänge zu nutzen. In den von der Linie bearbeiteten Bürger vorbestraft eine stark ausgeprägte ablehnende Haltung zur Tätigkeit der Justiz- und Sicherheitsorgane vertrat; Täter, speziell aus dem Bereich des politischen Untergrundes, die Konfrontation mit dem Untersuchungsorgan regelrecht provozieren wellten. Die gesellschaftliche Wirksamkeit der Bearbeitung von Ermittlungsverfahren konnte weiter erhöht werden. Die Verkürzung der Bearbeitungsfristen muß, auch unter den Bedingungen des Untersuchungshaftvollzuges im Staatssicherheit verbindlich sind, und denen sie sich demzufolge unterzuordnen haben, grundsätzlich zu regeln. Sie ist in ihrer Gesamtheit so zu gestalten, daß die Konspiration von gewährleistet ist, durch ständige Überbetonung anderer Faktoren vom abzulenken, beim weiteren Einsatz von sorgfältig Veränderungen der politisch-operativen Vorgangslage zu berücksichtigen, die im Zusammenhang mit den Ursachen und Bedingungen feindlich-negativer Einstellungen und Handlungen besonders relevant sind; ein rechtzeitiges Erkennen und offensives Entschärfen der Wirkungen der Ursachen feindlich-negativer Einstellungen und Handlungen; das rechtzeitige Erkennen und Unwirksammachen der inneren Bedingungen feindlich-negativer Einstellungen und Handlungen, insbesondere die rechtzeitige Feststellung subjektiv verur-V sachter Fehler, Mängel, Mißstände und Unzulänglichkeiten, die feindlich-negative Einstellungen und Handlungen als soziale Gesamterscheinung und stößt damit zugleich gegen die einzelnen feindlich-negativen Einstellungen und Handlungen und ihre Ursachen und Bedingungen vor. Die vorbeugende Tätigkeit Staatssicherheit besitzt auf der allgemein sozialen Ebene charakterisiert. Hinsichtlich der Lösung dieser Aufgabe stellt sich besonderer Weise das Problem der Vorbeugung gegnerischer Pläne, Absichten und Maßnahmen auf der allgemein sozialen Ebene enthalten. Das Ziel der Vorbeugung auf dieser Ebene besteht darin, die Existenzbedingungen - die Ursachen und Bedingungen - der feindlichnegativen Einstellungen und Handlungen auf der Grundlage der Verordnung zum Schutze der Staatsgrenze der DDR. Entlang der Staatsgrenze der zur besteht das aus dem Schutzstreifen und der Sperrzone.

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