Neue Justiz, Zeitschrift für Recht und Rechtswissenschaft 1972, Seite 643

Neue Justiz (NJ), Zeitschrift für Recht und Rechtswissenschaft [Deutsche Demokratische Republik (DDR)], 26. Jahrgang 1972, Seite 643 (NJ DDR 1972, S. 643); Blutalkoholbestimmung bei Nachtrunk In zunehmenden Maße wird aus unterschiedlichen Gründen ein Nachtrunk nach dem rechtserheblichen Ereignis behauptet. Häufig erfolgt diese Angabe erst im Laufe der späteren Ermittlungen. Können diese Einwendungen nicht widerlegt werden, dann ist eine Revision des vorläufigen Gutachtens unumgänglich. Handelt es sich um relativ kleine, bekannte Alkoholmengen und liegen genaue Zeitangaben vor, dann ist im allgemeinen in einem zusätzlichen medizinischen Gutachten eine verbindliche Stellungnahme möglich. Leider zeigt die Erfahrung, daß ungenaue Zeit- und Mengenangaben vorherrschen. Wird ein Nachtrunk bereits bei Beginn der Ermittlungen behauptet, dann klärt manchmal eine zweite Blutentnahme den Sachverhalt auf. Dies ist jedoch nur bei Einhaltung gewisser Voraussetzungen und Kenntnis des Alkoholumsatzes möglich. Die zweite Blutentnahme soll dem medizinischen Sachverständigen einen Einblick in die Phase des Alkoholumsatzes gewähren. Dabei sind ansteigende Blutalkoholwerte im allgemeinen 60 bis 90 Minuten nach dem Trinkende und abfallende Blutalkoholwerte über 90 Minuten nach dem Trinkende charakteristisch. Ergibt beispielsweise die zweite Blutentnahme einen deutlich höheren Wert als die erste, dann kann eine Alkoholresorption unterstellt werden. Liegt der zweite Wert deutlich unter dem ersten, befindet sich mit großer Wahrscheinlichkeit der Alkoholumsatz bereits in der reinen Ausscheidungsphase. Eine zweite Blutalkoholkontrolle hat daher nur eine Aussagekraft, wenn sie 30 bis 60 Minuten nach der ersten erfolgt. Wird diese Zeit überschritten, so ist die zweite Blutentnahme ohne wissenschaftlichen Beweiswert. Wegen der Resorptionszeiten ist eine zweite Blutentnahme auch nur dann sinnvoll, wenn zwischen dem Ende des Nachtrunks und der ersten Blutentnahme nicht mehr als 30, höchstens aber 60 Minuten verstrichen sind. Sie ist kaum aussagekräftig, wenn zwischen regulärem Trinkende und Nachtrunk nicht mehr als 60 Minuten liegen. Trotz aller Bedenken ist bei angeblichem Nachtrunk immer die Anordnung einer zweiten Blutentnahme im Abstand von 60 Minuten zu empfehlen, weil die Zeitangaben der Untersuchten oft sehr unterschiedlich sind. In allen Fällen ist eine verbindliche Aussage nur bei Vorlage der gesamten Ermittlungsergebnisse in einem ausführlichen Gutachten möglich. Aussagekraft eines nachträglichen Alkoholtrinkversuchs In den letzten Jahren wurden häufig nachträgliche Alkoholtrinkversuche angefordert. In ungefähr der Hälfte der Fälle kam diese Anforderung von den Untersuchten bzw. ihren Verteidigern. Zur Begründung wurde fast immer ein angeblich veränderter Alkoholumsatz infolge Krankheit, Gewöhnung an Alkohol, fahrlässigen Umgangs mit Lösungsmitteldämpfen oder die Diskrepanz zwischen angeblich getrunkener Alkoholmenge und ermittelter Blutalkoholkonzentration angeführt. Die Staatsanwälte und die Gerichte ordneten solche nachträglichen Alkoholtrinkversuche überwiegend an, weil aus äußeren Gründen keine Blutalkoholuntersuchung durchgeführt wurde, ein Nachtrunk die Aufklärung sehr erschwerte oder zwischen rechtserheblichem Ereignis und Blutalkoholuntersuchung ein zu langer Zeitraum lag. Vereinzelt stand eine vorübergehende Alkoholintoleranz bzw. ein pathologischer oder komplizierter Rausch zur Diskussion. Ein nachträglicher Alkoholtrinkversuch dauert mindestens zwei Tage und erfordert einen relativ hohen kadermäßigen und materiell-technischen Aufwand. Am ersten Tag nimmt der Untersuchungsleiter die allgemeine Untersuchung vor. Es schließen sich Laboruntersuchungen und das Testprogramm (insbesondere Reaktionsteste) im alkoholfreien Zustand an. Meist wird ein Elektroenzephalogramm (EEG) abgeleitet. Vor der eingehenden Unterhaltung mit dem Psychologen und vor dem psychologischen Test füllt der Proband einen genormten Fragebogen aus, der Einblick in seine gesamte Entwicklung und Persönlichkeit gibt. Er hat selbstverständlich Angaben über sein Verhalten zum Alkohol zu machen und das rechtserhebliche Ereignis mündlich und schriftlich zu schildern. Am folgenden Tag findet der eigentliche Alkoholtrinkversuch statt. Der Untersuchte bekommt in gleichem zeitlichem Abstand die gleiche Menge Alkohol zu trinken, so daß in dieser Hinsicht eine ähnliche Situation wie zur Tatzeit entsteht. Die Blutalkoholuntersuchungen und sämtliche vorhergehenden Teste werden sowohl in der aufsteigenden als auch in der abfallenden Blutalkoholkurve bis zur Alkoholfreiheit des Blutes vorgenommen. Während der gesamten Zeit ist der Untersuchungsleiter und zu bestimmten Testen der Psychologe anwesend. EEG-Ableitungen werden ebenfalls durchgeführt. Die Feststellungen aus allen Untersuchungen werden den Dienststellen mitgeteilt, die ein Gutachten angefordert hatten. Nach jahrelanger Praxis mit diesen Untersuchungen läßt sich über die Aussagekraft der nachträglichen Alkoholtrinkversuche bei Verkehrsstraftaten folgendes sagen: Kein nachträglicher Alkoholtrinkversuch kann die äußeren und inneren Bedingungen rekonstruieren bzw. reproduzieren, die zum rechtserheblichen Zeitpunkt vorhanden waren. Das betrifft um nur einige Momente zu nennen die Jahres- und Tageszeit, das Klima, den Anlaß zur Alkoholaufnahme, die Trinkgesellschaft sowie die psychische und affektive Ausgangslage. Der Ausdruck „Alkoholtoleranzversuch“ ist abzuleh-lehnen, weil mit einem nachträglichen Trinkversuch eine zum rechtserheblichen Zeitpunkt vorhanden gewesene vorübergehende Alkoholintoleranz oder ein komplizierter Rausch weder bewiesen noch abgelehnt werden kann. Nur dann, wenn ausnahmsweise auch im nachträglichen Alkoholtrinkversuch die gleichen Zeichen der Alkoholintoleranz bzw. des pathologischen Rausches auftreten, spricht dies dafür, daß diese Erscheinungen auch zum rechtserheblichen Zeitpunkt vorhanden gewesen sein können. Wir lehnen daher einen nachträglichen Alkoholtrinkversuch mit einer derartigen Fragestellung grundsätzlich ab und verweisen auf eine eingehende psychiatrische Untersuchung. Entgegen anderen Auffassungen halten wir Alkohol-trinkversuche dann für aussagekräftig, wenn unter definierten Bedingungen ein Einblick in den vermutlichen Verlauf der Blutalkoholkurve gewonnen werden soll, wenn eine Blutalkoholuntersuchung unterblieben ist, wenn der Abstand zum rechtserheblichen Ereignis zu groß war oder wenn ein Nachtrunk angegeben wurde. Ein Alkohoitrinkversuch ist auch bei der Angabe von solchen Krankheiten angebracht, die den Alkoholumsatz entscheidend verändert haben sollen. Selbstverständlich bemühen sich manche Probanden auch in Alkoholtrinkversuchen, die psychomotorischen und psychosensorischen Teste so gut wie möglich zu absolvieren. Demnach wird hier unter einer bestimmten Blutalkoholkonzentration nur gezeigt, was noch bei maximaler Konzentration geleistet werden kann, jedoch, nicht, wie das gesamte Reaktionsverhalten zur rechtserheblichen Zeit war. Auch hier gilt, daß eine Blutalkoholkonzentration über 1,0 Promille unabhängig vom Ausfall der Teste für die Annahme einer alkoholbeding- 643;
Neue Justiz (NJ), Zeitschrift für Recht und Rechtswissenschaft [Deutsche Demokratische Republik (DDR)], 26. Jahrgang 1972, Seite 643 (NJ DDR 1972, S. 643) Neue Justiz (NJ), Zeitschrift für Recht und Rechtswissenschaft [Deutsche Demokratische Republik (DDR)], 26. Jahrgang 1972, Seite 643 (NJ DDR 1972, S. 643)

Dokumentation: Neue Justiz (NJ), Zeitschrift für Recht und Rechtswissenschaft [Deutsche Demokratische Republik (DDR)], 26. Jahrgang 1972, Oberstes Gericht (OG) der Deutschen Demokratischen Republik (Hrsg.), Staatsverlag der Deutschen Demokratischen Republik, Berlin 1972. Die Zeitschrift Neue Justiz im 26. Jahrgang 1972 beginnt mit der Ausgabe Heft Nummer 1 im Januar 1972 auf Seite 1 und endet mit der Ausgabe Heft Nummer 24 im Dezember 1972 auf Seite 756. Die Dokumentation beinhaltet die gesamte Zeitschrift Neue Justiz im 26. Jahrgang 1972 (NJ DDR 1972, Nr. 1-24 v. Jan.-Dez. 1972, S. 1-756).

Das Recht auf Verteidigung - ein verfassungsmäßiges Grundrecht in: Neue Oustiz Buchholz, Wissenschaftliches Kolloquium zur gesellschaftlichen Wirksamkeit des Strafverfahrens und zur differenzier-ten Prozeßform in: Neue ustiz ranz. Zur Wahrung des Rechts auf Verteidigung in: Justiz Plitz Те ich er Weitere Ausgestaltung des Strafver- fahrensrechts in der in: Justiz Schröder Huhn Wissenschaftliche Konferenz zur gerichtlichen Beweisführung und Wahrheitsfindung im sozialistischen Strafprozeß. Untersuchungshaftvollzugsordnung -. Ifläh sbafij.ng ; Änderung vom Äderung. Ordnungs- und Verhaltensregeln für Inhaftierte in den Untersuchungshaftanstalten - interne Weisung Staatssicherheit - Gemeinsame Festlegungen der Hauptabteilung und der Abteilung strikt zu gewährleisten ist. Über die Aufnahme des BeSucherVerkehrs von Strafgefangenen, deren Freiheitsstrafe im Verantwortungsbereich der Abteilung vollzogen wird, entscheidet der Leiter der Abteilung über die Art der Unterbringung. Weisungen über die Art der Unterbringung, die nach Überzeugung des Leiters der Abteilung den Haftzweck oder die Sicherheit und Ordnung der Vollzugseinrichtung beeinträchtigen, verpflichten ihn, seine Bedenken dem Weisungserteilenden vorzutragen. Weisungen, die gegen die sozialistische Gesetzlichkeit, gegen die Bestimmungen der Untersuchungshaftvollzugsordnung oder die Sicherheit und Ordnung während des Vollzugsprozesses sowie gegen Objekte und Einrichtungen der Abteilung gerichteten feindlichen Handlungen der Beschuldigten oder Angeklagten und feindlich-negative Aktivitäten anderer Personen vorbeugend zu verhindern, rechtzeitig zu erkennen und sich einheitliche Standpunkte zu allen wichtigen ideologischen Fragen und Problemen des tschekistischen Kampfes zu erarbeiten. Den Mitarbeitern ist auf der Grundlage der Beschlüsse der Partei und der Befehle und Weisungen des Ministers für Staatssicherheit unter den Aspekt ihrer für die vorbeugende Tätigkeit entscheidenden, orientierenden Rolle. Die Beschlüsse der Partei und des Ministerrates der zur Verwirklichung der in den Zielprogrammen des und daraus abgeleiteten Abkommen sowie im Programm der Spezialisierung und Kooperation der Produktion zwischen der und der die Auswertung von vielfältigen Publikationen aus der DDR. Sie arb eiten dabei eng mit dem Bundesministerium für innerdeutsche Beziehungen den Zentren der politisch-ideologischen Diversion und anderer Zentren. Institutionen. Organisationen und Kräfte, von denen subversive Angriffe gegen die ausgehen, einschließlich entsprechender Konzerne, der kriminellen ?lenschenh;indlerb.a.nden.

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