Neue Justiz, Zeitschrift für Recht und Rechtswissenschaft 1972, Seite 618

Neue Justiz (NJ), Zeitschrift für Recht und Rechtswissenschaft [Deutsche Demokratische Republik (DDR)], 26. Jahrgang 1972, Seite 618 (NJ DDR 1972, S. 618); Das Kreisgericht hat die Angeklagte wegen mehrfachen in einem Fall versuchten Vergehens des Diebstahls von persönlichem Eigentum (§§ 177, 180 StGB) auf Bewährung verurteilt. Die Bewährungszeit wurde auf zwei Jahre festgesetzt und eine Freiheitsstrafe von einem Jahr angedroht. Der Entscheidung liegen im wesentlichen folgende Feststellungen zugrunde: Die Angeklagte, die keiner geregelten Arbeit nachging, wollte sich im Zusammenhang mit der beabsichtigten Trennung von ihrem Ehemann verschiedene Einrichtungsgegenstände verschaffen. Dazu drang sie gewaltsam in verschiedene Wochenendgrundstücke ein. In der Nacht vom 7. zum 8. Oktober 1971 entwendete sie aus dem Grundstück des Geschädigten W. drei Steppdecken, zwei Stores, zwei Übergardinen, zwei Tischdecken, einen Pullover, eine Strumpfhose, drei Bettbezüge, ein Bettlaken, eine Schürze, einen Badeanzug, einen Plasteeimer, eine Mokkamühle sowie einen Koffer mit 21 verschiedenen Wäschestücken. Aus dem Wochenendgrundstück des Geschädigten G. stahl sie in der Zeit vom 24. bis 27. Oktober 1971 ein Fernsehgerät, ein Radiogerät und eine Kamelhaardecke. Ferner versuchte sie, eine Kochplatte, eine Teppichkehrmaschine, eine Babydecke, eine Gießkanne und einen Plasteeimer zu entwenden. Im November 1971 holte sie aus dem Wochenendgrundstück des Geschädigten P. ein Fernsehgerät, eine Liege, einen elektrischen Kocher, einen Dederonstore und eine Decke. Am 18. November 1971 stahl sie aus dem Wochenendgrundstück des Geschädigten St. eine Nähmaschine, vier Handtücher, ein Radiogerät, einen Stromregler, einen Lautsprecher, einen Konverter, eine Fernsehantenne, drei Teppiche und eine Wolldecke. Schließlich entwendete sie Ende Oktober 1971 vom Hof der Fahrradaufbewahrung in A. das Fahrrad der Geschädigten F. Gegen das Urteil des Kreisgerichts richtet sich zuungunsten der Angeklagten der Kassationsantrag des Präsidenten des Obersten Gerichts, mit dem unvollständige Sachverhaltsaufklärung, falsche Gesetzesanwendung sowie darauf beruhende gröblich unrichtige Strafzumessung gerügt werden. Der Antrag hatte Erfolg. Aus den Gründen: Das Kreisgericht hat den Sachverhalt unzureichend aufgeklärt. Das Oberste Gericht hat bereits in mehreren Entscheidungen darauf hingewiesen, daß bei Eigentumsdelikten der Umfang des dem sozialistischen oder persönlichen Eigentum zugefügten Schadens ein wichtiges Kriterium für eine richtige rechtliche Subsumtion und zutreffende Einschätzung der Tatschwere ist. Um diesem Verlangen nachzukommen, müssen die Gerichte bei der Feststellung des Sachverhalts auch in dieser Richtung große Sorgfalt walten lassen. Das hat das Kreisgericht nicht getan. Es hat lediglich die einzelnen Gegenstände, die die Angeklagte entwendete, aufgeführt. Es wäre notwendig gewesen, aufzuklären, welchen Vermögensschaden die verschiedenen Bürger durch die Handlungen der Angeklagten erlitten haben. Abgesehen davon verletzt die Entscheidung durch die Nichtanwendung des § 181 Abs. 1 Ziff. 3 StGB das Gesetz. Das Kreisgericht hat keine exakte Subsumtion vorgenommen und auch die vom Plenum des Obersten Gerichts auf der 22. Plenartagung gegebenen Hinweise zur Strafzumessung nicht beachtet. Danach erfordert die Findung einer gerechten Entscheidung über Strafart und Strafmaß zunächst, den zweifelsfrei festgestellten Sachverhalt der jeweiligen Straftat exakt unter den verletzten Tatbestand des Besonderen Teils des Strafgesetzbuchs zu subsumieren und den in Betracht kommenden jeweils gültigen Strafrahmen als gesetzliche Strafzumessungsregel für den konkreten Fall zugrunde zu legen. Sodann hat das Gericht die konkrete Straftat unter Berücksichtigung der entscheidenden objektiven und subjektiven Tatumstände (§ 61 StGB) in ihren politisch-gesellschaftlichen Zusammenhängen zu werten, d. h. sie entsprechend ihrer Gesellschaftswidrigkeit oder -gefährlichkeit in bezug auf das gesellschaftlich notwendige Verhalten des Menschen in der sozialistischen Gesellschaft politisch-rechtlich zu würdigen und die konkrete Strafe zu bestimmen (vgl. Abschn. II Ziff. 1 des Berichts des Präsidiums an die 2. Plenartagung des Obersten Gerichts am 29. März 1972 zu Problemen der Umsetzung des 22. Plenums des Obersten Gerichts und zur Abgrenzung der Anwendungsbereiche der Strafe ohne Freiheitsentzug und der Feiheitsstrafen [NJ-Beilage 2/72 zu Heft 9]). Nach dem insoweit ausreichend aufgeklärten und richtig festgestellten Sachverhalt ist die Angeklagte, nachdem sie „geeignete“ Wochenendgrundstücke ausfindig gemacht hatte, in diese gewaltsam eingedrungen. Teilweise erbrach sie mittels eines Schraubenziehers das Türschloß bzw. öffnete damit gewaltsam Fenster. In einem anderen Fall drückte sie mit Gewalt die Tür eines Wochenendhauses ein. Die Angeklagte wandte also zur Durchführung der Wegnahmehandlungen besondere Mittel an bzw. setzte unmittelbar körperliche Gewalt ein, um sich Zutritt zu den Räumen zu verschaffen. Das Kreisgericht hat übersehen, daß die Angeklagte die strafbaren Handlungen „mit großer Intensität“ i. S. von § 180 StGB durchgeführt hat. Eine große Intensität nach dieser Bestimmung liegt immer dann vor, wenn der Täter zur Durchführung der Wegnahmehandlung sich besonderer Mittel bedient, ohne deren Verwendung ihm die Tatausführung nicht möglich gewesen wäre. Diese große Intensität legte die Angeklagte bei vier Einzelhandlungen an den Tag. Da das in § 181 Abs. 1 Ziff. 3 StGB enthaltene Tatbestandsmerkmal keine größeren Anforderungen an die Tatintensität im Einzelfall stellt und demzufolge mit dem genannten Merkmal des § 180 StGB identisch ist, handelte die Angeklagte wiederholt mit großer Intensität und erfüllte damit den Tatbestand des verbrecherischen Diebstahls. Eine Beurteilung der Handlungen der Angeklagten als Vergehen gemäß § 180 StGB wäre nur dann möglich, wenn die Voraussetzungen der außergewöhnlichen Strafmilderung gemäß § 62 Abs. 3 StGB vorliegen würden. Im vorliegenden Fall lassen die Tatumstände in ihrer zusammenhängenden Betrachtung jedoch nicht den Schluß zu, daß sich die Tatschwere nicht erhöht hat. Das Kreisgericht hat bei der Bewertung der Tatschwere entgegen den Forderungen der 22. Plenartagung des Obersten Gerichts lediglich auf den Umstand aus der Persönlichkeitsentwicklung, daß die Angeklagte nicht vorbestraft ist, hingewiesen. Es hat sowohl die objektive Schädlichkeit des Handelns der Angeklagten als auch den relativ hohen Grad der Schuld ungenügend beachtet. Obwohl die Angeklagte die Möglichkeit hatte, sich durch eine geeignete Arbeit die Mittel zum Kauf der von ihr benötigten Gegenstände zu beschaffen, entschloß sie sich zu den Diebstählen. Sie ging dabei skrupellos vor und fügte dem persönlichen Eigentum mehrerer Bürger erheblichen Schaden zu. Das Kreisgericht hat wie bereits dargelegt es unterlassen, den wertmäßigen Umfang der gestohlenen Gegenstände festzustellen. Aus dem Ermittlungsergebnis ist zu entnehmen, daß der Wert der gestohlenen Gegenstände etwa 2 800 M beträgt. Sollten die insoweit vom Kreisgericht noch zu treffenden exakten Feststellungen einen Schaden etwa in diesem Umfang ergeben, so ist schon von dieser Summe her die Anwendung des § 62 Abs. 3 StGB bedenklich. Gegen die Anwendung der außergewöhnlichen Strafmilderung sprechen indes auch die weiteren Tatumstände. Wie vom Kreisgericht festgestellt, hatten die;
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Dokumentation: Neue Justiz (NJ), Zeitschrift für Recht und Rechtswissenschaft [Deutsche Demokratische Republik (DDR)], 26. Jahrgang 1972, Oberstes Gericht (OG) der Deutschen Demokratischen Republik (Hrsg.), Staatsverlag der Deutschen Demokratischen Republik, Berlin 1972. Die Zeitschrift Neue Justiz im 26. Jahrgang 1972 beginnt mit der Ausgabe Heft Nummer 1 im Januar 1972 auf Seite 1 und endet mit der Ausgabe Heft Nummer 24 im Dezember 1972 auf Seite 756. Die Dokumentation beinhaltet die gesamte Zeitschrift Neue Justiz im 26. Jahrgang 1972 (NJ DDR 1972, Nr. 1-24 v. Jan.-Dez. 1972, S. 1-756).

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