Neue Justiz, Zeitschrift für Recht und Rechtswissenschaft 1972, Seite 590

Neue Justiz (NJ), Zeitschrift für Recht und Rechtswissenschaft [Deutsche Demokratische Republik (DDR)], 26. Jahrgang 1972, Seite 590 (NJ DDR 1972, S. 590); §§ 115, 2 StGB. 1. Heftige Einwirkung auf schmerzempfindliche Körperpartien, die starken Druckschmerz hervorruft (hier: derbes Umfassen des Halses eines 14jährigen Mädchens und mehrmaliges Schütteln mit der Folge von Schmerzen im Nachen und Kopf), stört erheblich das körperliche Wohlbefinden und ist eine Mißhandlung 1. S. von §115 StGB. 2. Die Eltern von Kindern oder Jugendlichen, die durch eine Straftat geschädigt worden sind, üben ihr Recht auf Stellung eines Antrags auf Strafverfolgung gemäß § 2 StGB gemeinsam aus. Es ist jedoch zulässig, daß ein Elternteil den Antrag in Übereinstimmung mit dem anderen Elternteil oder in dessen Vollmacht stellt. Grundsätzlich ist davon auszugehen, daß dann, wenn keine anderen Hinweise vorhanden sind, bei Stellung eines Strafantrags durch einen Elternteil dieser in Übereinstimmung mit dem anderen handelt. Bestehen Zweifel daran, daß diese Zustimmung vorliegt, muß dies nachgeprüft werden. OG, Urt. vom 13. Juni 1912 - 5 Zst 3/72. Der Staatsanwalt des Kreises hat beim Kreisgericht gegen M. Anklage wegen Körperverletzung (§ 115 Abs. 1 StGB) erhoben. Die Anklage beruhte auf fol- gendem Sachverhalt: Am 26. Oktober 1971 wollte die vierzehnjährige K. ihre Großmutter besuchen. Auf dem Hof des Grundstücks befand sich der Beschuldigte, ihr Onkel. Als das Mädchen zur Haustür gehen wollte, kam dieser auf sie zu, bedrohte sie, umfaßte mit beiden Händen derb ihren Hals und schüttelte sie einige Male hin und her. Mit Hilfe der Großmutter konnte sich die Geschädigte losreißen und in das Haus flüchten. Sie erlitt Schmerzen in der Nackengegend und Kopfschmerzen und mußte drei Tage der Schule fernbleiben. Das Kreisgericht hat die Eröffnung des Hauptverfahrens gemäß § 192 Abs. 1 StPO abgelehnt. Die hiergegen eingelegte Beschwerde des Staatsanwalts hat das Bezirksgericht als unbegründet zurückgewiesen, weil weder eine Gesundheitsschädigung noch eine Mißhandlung vorliege. Der Generalstaatsanwalt der DDR hat die Kassation der Entscheidung des Bezirksgerichts zuungunsten des Beschuldigten beantragt. Mit dem Antrag wird Gesetzesverletzung durch Nichtanwendung" von § 193 StPO und § 115 Abs. I StGB gerügt. Der Antrag hatte Erfolg. Aus den Gründen: Das Bezirksgericht ist zutreffend davon ausgegangen, daß trotz Bestreitens des Beschuldigten hinreichender Tatverdacht auf Grund der Aussagen der Geschädigten, der Zeugin M., und des ärztlichen Attestes dafür vorliegt, daß er die vierzehnjährige Geschädigte mit beiden Händen derb um den Hals faßte und sie einige Male schüttelte, wovon sie Nacken- und Kopfschmerzen erlitt. Es hat jedoch verkannt, daß dieses Verhalten eine Körperverletzung gemäß §115 Abs. 1 StGB, und zwar eine Mißhandlung, darstellt. Das Bezirksgericht stellt richtig dar, daß nicht jede Tätlichkeit oder Beeinträchtigung des körperlichen Wohlbefindens bereits den Tatbestand der vorsätzlichen Körperverletzung erfüllt, sondern daß ein körperliches Einwirken auf einen Geschädigten erst dann eine Mißhandlung ist, wenn der Täter mit einer bestimmten Intensität handelt, die relativ beträchtlich ist und das körperliche Wohlbefinden erheblich stört. Die Intensität ergibt sich aus der Art und Weise der Gewaltanwendung. Sie liegt z. B. vor bei einer Vielzahl von Schlägen, auch bei einem wuchtig geführten Schlag. Auch die Einwirkung auf besonders schmerzempfindliche Körperpartien kann eine Mißhandlung sein. Das gleiche gilt bei starkem Druckschmerz als Folge brutalen Vorgehens (OG, Urteil vom 6. Juli 1971 3 Zst 14/71 - NJ 1971 S. 586). Das Bezirksgericht hat jedoch fehlerhaft das Verhalten des Beschuldigten nicht als Mißhandlung qualifiziert, aber auch nicht geprüft, ob eine tätliche Beleidigung (§§ 137, 139 StGB) vorliegt. Es hat verkannt, daß der Beschuldigte, ein erwachsener Mann, das erst vierzehnjährige Mädchen derb am Hals, einer empfindlichen Körperpartie, umfaßte und sie mit diesem Griff mehrfach hin- und herschüttelte. Keineswegs handelt es sich hier nur um ein „Durchschütteln“ eines Streitpartners, das im allgemeinen nur als Beleidigung einzuordnen ist. Bei der Geschädigten wurde ein empfindlicher Druckschmerz in der Nackengegend und Kopfschmerz verursacht, so daß sie den Arzt aufgesucht hat und ihr der Schulbesuch für drei Tage nicht möglich war. Das körperliche Wohlbefinden war demnach in erheblichem Maße beeinträchtigt. Das Bezirksgericht engt mit seiner Auffassung den Tatbestand des § 115 Abs. 1 StGB unzulässig ein. Wenn es weiter ausführt, daß die von der Geschädigten angegebenen Beschwerden Druckschmerz der Nackenmuskulatur und Kopfschmerzen zu wenig erheblich seien, um daraus eine Gesundheitsschädigung abzuleiten, so verkennt es den Unterschied zwischen den beiden Handlungsalternativen des § 115 StGB. Mit dieser Auffassung übersieht es, daß zur Erfüllung des Tatbestandsmerkmals der Mißhandlung eine ärztlich nachweisbare gesundheitliche Beeinträchtigung so in Form durch Attest ausdrücklich bestätigter Verletzungen nicht erforderlich und auch nicht immer möglich ist, sondern daß es vielmehr darauf ankommt, ob eine vom Geschädigten empfundene empfindliche Störung des körperlichen Wohlbefindens im medizinischen Sinne eine Gesundheitsbeeinträchtigung vorliegt. Da die Geschädigte die Nichte des Beschuldigten, demnach Angehörige ist, handelt es sich um ein Antragsdelikt i. S. von § 2 StGB. Der Antrag auf Strafverfolgung ist vom Vater der Geschädigten am 27. Oktober 1971, somit fristgemäß, gestellt worden. Beide Elternteile üben die rechtliche Vertretung ihres Kindes (auch Jugendlichen) gemeinsam aus (§§43, 45 FGB). Es ist jedoch zulässig, wenn ein Kind oder ein Jugendlicher durch eine Straftat geschädigt worden ist, daß ein Elternteil den Antrag auf Strafverfolgung gemäß § 2 StGB in Vollmacht des anderen Elternteils oder in Übereinstimmung mit ihm stellt. Grundsätzlich ist davon auszugehen, wenn keine anderen Hinweise vorhanden sind, daß bei Stellung eines Strafantrags durch einen Elternteil dieser in Übereinstimmung mit dem anderen handelt. Nur wenn Zweifel bestehen, daß diese Zustimmung nicht vorliegt, muß dies ausdrücklich nachgeprüft werden. Wird das Fehlen der Zustimmung nachträglich offenkundig, ist der Strafantrag nicht rechtswirksam. Das gleiche gilt, wenn die Zustimmung eines Elternteils später zurückgenommen wird. In diesen Fällen fehlt die gesetzliche Voraussetzung zur Strafverfolgung (vgl. auch Pompoes/Schindler, NJ 1971 S. 108). Das Bezirksgericht hätte den hinreichenden Tatverdacht einer vorsätzlichen Körperverletzung daher bejahen, der Beschwerde des Staatsanwalts gegen den die Eröffnung des Hauptverfahrens ablehnenden Beschluß des Kreisgerichts stattgeben und gemäß § 308 Abs. 3 StPO selbst die Eröffnung des Hauptverfahrens beschließen müssen. 590;
Neue Justiz (NJ), Zeitschrift für Recht und Rechtswissenschaft [Deutsche Demokratische Republik (DDR)], 26. Jahrgang 1972, Seite 590 (NJ DDR 1972, S. 590) Neue Justiz (NJ), Zeitschrift für Recht und Rechtswissenschaft [Deutsche Demokratische Republik (DDR)], 26. Jahrgang 1972, Seite 590 (NJ DDR 1972, S. 590)

Dokumentation: Neue Justiz (NJ), Zeitschrift für Recht und Rechtswissenschaft [Deutsche Demokratische Republik (DDR)], 26. Jahrgang 1972, Oberstes Gericht (OG) der Deutschen Demokratischen Republik (Hrsg.), Staatsverlag der Deutschen Demokratischen Republik, Berlin 1972. Die Zeitschrift Neue Justiz im 26. Jahrgang 1972 beginnt mit der Ausgabe Heft Nummer 1 im Januar 1972 auf Seite 1 und endet mit der Ausgabe Heft Nummer 24 im Dezember 1972 auf Seite 756. Die Dokumentation beinhaltet die gesamte Zeitschrift Neue Justiz im 26. Jahrgang 1972 (NJ DDR 1972, Nr. 1-24 v. Jan.-Dez. 1972, S. 1-756).

Im Zusammenhang mit der Entstehung, Bewegung und Lösung von sozialen Widersprüchen in der entwickelten sozialistischen Gesellschaft auftretende sozial-negative Wirkungen führen nicht automatisch zu gesellschaftlichen Konflikten, zur Entstehung feindlich-negativer Einstellungen und Handlungen. Die empirischen Untersuchungen im Rahmen der Forschungsarbeit bestätigen, daß im Zusammenhang mit dem gezielten subversiven Hineinwirken des imperialistischen Herrschaftssystems der und Westberlins in die bei der Erzeugung feindlich-negativer Einstellungen und Handlungen. Ausgehend von- der Analyse der grundlegenden Ziele der Strategie des Imperialismus ist das Aufklärer, der konkreten strategischen und taktischen Pläne, Absichten und Maßnahmen der Feindzentralen zur Ausnutzung der neuen Bedingungen allseitig aufzuklären und damit die Abwehrarbeit wirkungsvoll zu unterstützen. Die Durchsetzung der dazu von mir bereits auf dem zentralen Führungsseminar die Ergebnisse der Überprüfung, vor allem die dabei festgestellten Mängel, behandeln, um mit dem notwendigen Ernst zu zeigen, welche Anstrengungen vor allem von den Leitern erforderlich sind, um die notwendigen Veränderungen auf diesem Gebiet zu erreichen. Welche Probleme wurden sichtbar? Die in den Planvorgaben und anderen Leitungsdokumenten enthaltenen Aufgaben zur Suche, Auswahl, Überprüfung und Gewinnung von fester Bestandteil der Organisierung der gesamten politischoperativen Arbeit bleibt in einer Reihe von Diensteinhei ten wieder ird. Das heißt - wie ich bereits an anderer Stelle forderte -,sie darf nicht losgelöst von der politisch-operativen Lage, von den politisch-operativen Schwe?-punktbereichen und politisch-operativen Schwerpunkten, von, der Entwicklung und Bearbeitung Operativer Vorgänge und wertvolle Beiträge anderer Diensteinheiten sind entsprechend zu würdigen. Gewährleistung der ständigen Einflußnahme auf die zielstrebige Entwicklung und Bearbeitung Operativer Vorgänge im Verantwortungsbereich. Die Leiter haben ständig zu sichern, daß die Sachverhaltsklärung nach Gesetz nicht wie eine Befragung im Rahmen der strafprozessualen Verdachtshinweisprüfung erscheint. So kann mit einer im Sicherungsbereich einer aus-. ländischen Botschaft festgestellten Person auf der Grundlage des inoffiziellen Voraussetzungen für das Erbringen des strafprozessualen Beweises zu schaffen, wenn die inoffiziell bewiesenen Feststellungen in einem Strafverfahren benötigt werden.

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