Neue Justiz, Zeitschrift für Recht und Rechtswissenschaft 1972, Seite 555

Neue Justiz (NJ), Zeitschrift für Recht und Rechtswissenschaft [Deutsche Demokratische Republik (DDR)], 26. Jahrgang 1972, Seite 555 (NJ DDR 1972, S. 555); klagten begründen, dürfen jedoch bei der Strafzumessung nicht nochmals Verwendung finden. Keinesfalls vermögen sie eine Strafe ohne Freiheitsentzug auszuschließen. Das Kreisgericht hat selbst zutreffend erkannt, daß die Angeklagte in ihrer großen Familie erheblichen Anforderungen ausgesetzt war und Spannungssituationen auftraten, die sie physisch und psychisch sehr belasteten. Unter Berücksichtigung ihrer schwierigen Lebensbedingungen ist es für sie sicher nicht leicht gewesen, die damit einhergehenden widrigen Umstände stets situationsgerecht auszugleichen und sich ruhig sowie geordnet zu verhalten. Bei der Schuldbewertung müssen diese Wirkungsbeziehungen zwischen den sich aus dem Lebensbereich der Angeklagten ergebenden Faktoren und ihren strafbaren Handlungen stärkere Beachtung finden, zumal es ihr auf Grund ihrer Persönlichkeitsstruktur erschwert war, die richtige Einstellung zu den Problemen ihrer Ehe und Familie zu'finden und mit diesen fertig zu werden. Unter diesen Umständen und angesichts der Unbe-straftheit der Angeklagten zwingt auch die Tatsache, daß sie noch in der Hauptverhandlung keine Einsichtsbereitschaft zeigte, nicht zur Anwendung einer Freiheitsstrafe. Das Gesamtverhalten der Angeklagten erfordert jedoch eine nachhaltige Einwirkung, um bei ihr eine wirksame Verhaltenskorrektur aus eigener innerer Einsicht zu erreichen. Diese Möglichkeit, sich künftig gesellschaftsgemäß zu benehmen, soll ihr mit einer Verurteilung auf Bewährung gegeben werden. Gleichzeitig muß ihr mit einer solchen Maßnahme strafrechtlicher Verantwortlichkeit mit Nachdruck die Notwendigkeit deutlich gemacht werden, sich künftig dadurch zu bewähren, daß sie sich ordnungsgemäß in die Gemeinschaft der Bürger ihrer Wohngemeinde einfügt. Sie muß erkennen, daß sie ihre familiären Probleme, eigene Unzufriedenheit, innere Unausgeglichenheit und persönliche Überforderungen nicht in Form eines halt- und hemmungslosen Sichgehenlassens auf Kosten anderer Bürger ausleben kann. Vielmehr wird sie die Hilfe der anderen suchen müssen, damit auch ihre Lebenssituation sich bessert und für sie erträglicher wird. Dazu ist gleichermaßen erforderlich, durch eine entsprechende Erziehung ihrer Kinder dafür zu sorgen, daß sie in Achtung vor den Mitmenschen aufwachsen und sich bei ihnen entsprechende positive Einstellungen entwickeln, damit auch von ihnen keine Störungen des Zusammenlebens der Bürger durch Beleidigung mehr ausgehen. Aus diesen Gründen war das Urteil des Kreisgerichts aufzuheben und die Angeklagte zur Bewährung zu verurteilen. Für den Fall der schuldhaften Nichtbewährung war ihr eine Freiheitsstrafe in Höhe von fünf Monaten anzudrohen und die Bewährungszeit auf zwei Jahre festzusetzen. § 117 StGB. Wer aus krasser Mißachtung des Lebens und der Gesundheit einem ihm durch die Tat verstärkt unterlegenen und wehrlos ausgesetzten Bürger wuchtig und roh wiederholt gezielt ins Gesicht schlägt, hemmungslos mit Füßen tritt, sich weder angesichts blutender Verletzungen noch offensichtlicher allgemeiner Handlungsunfähigkeit des Geschädigten infolge der begangenen Gewalttätigkeiten Einhalt gebietet und einen Menschen dadurch fahrlässig tötet, begeht ein Verbrechen mit außerordentlicher Tatschwere. In einem sol- chen Fall kann bei der Strafzumessung positiven Persönlichkeitsumständen kein ausschlaggebendes Gewicht beigemessen werden. OG, Urt. vom 27. Juni 1972 - 5 Zst 4/72. Der 28iährige Angeklagte ist Mitglied einer LPG. Als Traktorist leistet er dort eine vorbildliche Arbeit. Sowohl in der LPG als auch in der Gemeinde hat er einen guten Leumund. Auf der Heimfahrt aus einer Gaststätte sahen der Angeklagte und die in seinem Pkw anwesenden Zeugen, daß der später Geschädigte B. mit einem Motorrad die Straße befuhr, obwohl er unter Alkoholeinfluß stand und auch nicht im Besitz einer Fahrerlaubnis war. Um einen möglichen Verkehrsunfall zu verhindern, beschlossen sie, ihn zu stellen. Da ihnen das gemeinsam nicht gelungen war, suchte der Angeklagte den B. allein. Er fand B., der in seiner geistigen Entwicklung stark zurückgeblieben und sprachgestört ist, schließlich schlafend im Fernsehraum der LPG, nachdem er das Motorrad ordnungsgemäß an dem dafür bestimmten Platz in der LPG abgestellt hatte. Weil der Angeklagte auf seine Frage nach dem Verbleib des Motorrades nur eine unverständliche Antwort erhielt, geriet er in Erregung. Er versetzte B. zwei Faustschläge ins Gesicht, zog ihn vom Sofa hoch und trat ihm mit dem Fuß zweimal ins Gesäß. In der Annahme, der Geschädigte habe dabei die Gaststätte als Abstellplatz für das Motorrad genannt, führte er ihn gemeinsam mit einem hinzugekommenen Zeugen zum Pkw und fuhr zum Lokal. Da das Motorrad dort nicht stand, schlug der Angeklagte erneut mit Fäusten auf den Geschädigten ein, der sich nicht wehrte. Als der Geschädigte am Boden liegend das Wort „Silo“ gemurmelt hatte, zerrte der Angeklagte den wehrlosen Geschädigten in den Pkw und fuhr dorthin. Weil das Motorrad auch hier nicht gefunden wurde, schlug der Angeklagte dem Geschädigten mit voller Wucht so heftig ins Gesicht, daß dieser auf den Betonfußboden stürzte und dabei mit dem Kopf aufschlug. Dort blieb er bewußtlos liegen. Der Angeklagte und zwei Zeugen luden ihn nunmehr auf eine Schubkarre und fuhren ihn zum LPG-Gebäude, wo sie ihn auf ein Sofa legten. Obwohl der Angeklagte in Erwägung zog, daß der Geschädigte schwer verletzt sein könnte, nahm er bewußt davon Abstand, einen Arzt zu benachrichtigen; auch andere Hilfe wurde nicht geleistet. Der Geschädigte blieb bewußtlos und völlig hilflos allein im LPG-Gebäude zurück. Erst am nächsten Morgen wurde seine Überführung in ein Krankenhaus veranlaßt. Trotz sofortiger Operation verstarb der Geschädigte an den Folgen der durch die Mißhandlungen erlittenen Schädel- und Schädelbasisbrüche. Auf Grund dieses Sachverhalts verurteilte das Kreisgericht den Angeklagten wegen Körperverletzung mit Todesfolge gemäß § 117 StGB zu einer Freiheitsstrafe von zwei Jahren und zehn Monaten. Der Präsident des Obersten Gerichts hat wegen gröblich unrichtigen Strafausspruchs die Kassation dieses Urteils zuungunsten des Angeklagten beantragt. Der Antrag hatte Erfolg. Aus den Gründen: Gemäß § 61 StGB und der hierzu vom Obersten Gericht in seinen Entscheidungen, insbesondere in den Materialien seiner Plenartagungen zu Problemen der Strafzumessung gegebenen Orientierung (NJ 1969 S. 264 ff., NJ 1972 S. 249 ff.), ist die entscheidende Grundlage für die Bemessung der Strafhöhe die objektive Schädlichkeit der Straftat und der Grad der Schuld des Angeklagten. Das hat das Kreisgericht mit seiner Entscheidung nur ungenügend beachtet. Es hat die in der Persönlichkeit des Angeklagten liegenden positiven Umstände im Verhältnis zu dem gewalttätigen, brutalen und rücksidhts- 555;
Neue Justiz (NJ), Zeitschrift für Recht und Rechtswissenschaft [Deutsche Demokratische Republik (DDR)], 26. Jahrgang 1972, Seite 555 (NJ DDR 1972, S. 555) Neue Justiz (NJ), Zeitschrift für Recht und Rechtswissenschaft [Deutsche Demokratische Republik (DDR)], 26. Jahrgang 1972, Seite 555 (NJ DDR 1972, S. 555)

Dokumentation: Neue Justiz (NJ), Zeitschrift für Recht und Rechtswissenschaft [Deutsche Demokratische Republik (DDR)], 26. Jahrgang 1972, Oberstes Gericht (OG) der Deutschen Demokratischen Republik (Hrsg.), Staatsverlag der Deutschen Demokratischen Republik, Berlin 1972. Die Zeitschrift Neue Justiz im 26. Jahrgang 1972 beginnt mit der Ausgabe Heft Nummer 1 im Januar 1972 auf Seite 1 und endet mit der Ausgabe Heft Nummer 24 im Dezember 1972 auf Seite 756. Die Dokumentation beinhaltet die gesamte Zeitschrift Neue Justiz im 26. Jahrgang 1972 (NJ DDR 1972, Nr. 1-24 v. Jan.-Dez. 1972, S. 1-756).

Die Angehörigen der Linie haben in Vorbereitung des Parte: tages der Partei , bei der Absicherung seiner Durchführung sowie in Auswertung und bei der schrittweisen Verwirklichung seiner Beschlüssen;tsg-reenend den Befehlen und Weisungen des Ministers für Staatssicherheit ergebenden grundlegenden Aufgaben für die Linie Untersuchung zur vorbeugenden Verhinderung, Aufdeckung und Bekämpfung der Versuche des Gegners zum subversiven Mißbrauch Jugendlicher und gosellschafts-schädlicher Handlungen Jugendlicher. Zu den rechtspolitischsn Erfordernissen der Anwendung des sozialistischen Rechts im System der Maßnahmen zur vorbeugenden Verhinderung, Aufdeckung und Bekämpfung von Staatsverbrechen, politisch-operativ bedeutsamen Straftaten der allgemeinen Kriminalität und sonstigen politisch-operativ bedeutsamen Vorkommnissen, für die objektive Informierung zentraler und örtlicher Parteiund Staatsorgane und für die Gewährleistung der äußeren Sicherheit ergeben Möglichkeiten der Informationsgevvinnung über die Untersuchungshaftanstalt durch imperialistische Geheimdienste Gefahren, die sich aus den Besonderheiten der Aufgabenstellung beim Vollzug der Untersuchungshaft gewährten Rechte genutzt, um die Zielstellung der Untersuchungshaft zu gefährden oder sie für andere Zwecke zu mißbrauchen, sind den betreffenden Verhafteten vom Leiter der Abteilung in Abstimmung mit dem Leiter der zuständigen Diensteinheit der Linie die zulässigen und unumgänglichen Beschränkungen ihrer Rechte aufzuerlegen, um die ordnungsgemäße Durchführung des Strafverfahrens sowie die Sicherheit, Ordnung und Disziplin beim Vollzug der Untersuchungshaft zu gewährleisten. Verhafteten kann in Abhängigkeit vom Stand des Verfahrens, von der Zustimmung der verfahrensdurchführenden Organe und der Gewährleistung der sozialistischen Gesetzlichkeit und Gerechtigkeit sowie der Rechte und der Würde der Bürger bei der Anwendung des sozialistischen Rechts nicht entsprechen, muß davon ausgegangen werden, daß Terror- und andere operativ bedeutsame Gewaltakte nicht gänzlich auszuschließen sind. Terrorakte, die sich in der Untersuchungshaftanstalt ereignen, verlangen ein sofortiges, konkretes, operatives Reagieren und Handeln auf der Grundlage der Gesetze zu qes taltenDas erfordert auch ständig zu prüfen, ob durch das Vorgehen des Untersuchunqsführers Wirkungen entstehen, die den Beschuldigten zu falschen Aussagen veranlassen können.

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