Neue Justiz, Zeitschrift für Recht und Rechtswissenschaft 1972, Seite 542

Neue Justiz (NJ), Zeitschrift für Recht und Rechtswissenschaft [Deutsche Demokratische Republik (DDR)], 26. Jahrgang 1972, Seite 542 (NJ DDR 1972, S. 542); urteilen ist. Hier soll deshalb kurz der entscheidungspsychologische Ansatz skizziert werden. Wie anhand des ersten Beispiels zu sehen war, hat je nach der vom Sachverhalt her gegebenen Problemstellung die eine oder andere Bedingung des Entscheidungsprozesses vorrangige Bedeutung. War es hinsichtlich der Voraussehbarkeit des Todes beim Faustschlag gegen den Kopf die Eintrittswahrscheinlichkeit negativer Folgen, so ist es hier die Frage, welche Entscheidungsalternativen der Täter erkennt und wie er die Realisierung der unsprünglich angezielten kriminellen Handlungsalternative einschätzt. Die die Freiwilligkeit des Rücktritts vom Versuch charakterisierende Alternative besteht gerade darin, daß der Täter zwar die Tat erfolgreich vollenden kann, dies aber nicht will. Dabei sind die Motive seiner Entscheidung unbeachtlich. In Anwendung dieses Rechtsgrundsatzes muß der Täter mindestens zwei Alternativen gesehen und für realisierbar gehalten haben: nämlich die Vollendung der Vergewaltigung und den Abbruch der Handlung. Nur dann kann davon gesprochen werden, daß er sich zwischen zwei ihm als möglich erscheinenden Handlungsalternativen entschieden hat. Anders ist der Fall dagegen zu beurteilen, wenn der Täter wegen äußerer Tatumstände die Fortführung der Tat (also die Ziel- bzw. Nutzenverwirklichung) für nicht oder schwei-realisierbar gehalten und nur noch die Alternative des Abbruchs der Handlung gesehen hat. Die Information über die Schwangerschaft des Opfers ist nicht geeignet, die subjektive Realisierungseinschätzung des Täters (subjektive Wahrscheinlichkeit der Nutzenverwirklichung bzw. des Eintritts nicht erwünschter negativer Folgen) derart zu wandeln, daß ihm das Beibehalten des Zieles unmöglich erscheint und er nur den Abbruch der Handlung als einzige Verhaltensmöglichkeit sieht. Vielmehr ist die objektive Realisierungswahrscheinlichkeit der zunächst gewählten Entscheidungsalternative (Tatausführung) durch diese Information nicht verringert. Allerdings muß die objektive Möglichkeit der Verwirklichung der Straftat nicht mit der subjektiven Einschätzung des Täters übereinstimmen. In unserem Beispiel ergeben sich weder aus der Persönlichkeit des Täters noch aus den objektiven Tatumständen Hinweise dafür, daß die subjektive Realisierungseinschätzung von diesen objektiven Gegebenheiten abweicht. Der Täter hat dennoch und damit freiwillig die Handlung abgebrochen. Die Ursachen für diese Entscheidung liegen in der Dynamik der Einschätzung des Nutzens und der negativen Folgen. Dabei kann z. B. Furcht vor härterer Bestrafung bei Vergewaltigung einer Schwangeren, Mitleid, Befürchtung einer möglichen Schädigung der Leibesfrucht usw. bedeutsam gewesen sein. Die Entschuldigung des Täters bei der Geschädigten im Verlauf des Rücktritts läßt auch auf eine verfestigte positive Haltung gegenüber der schwangeren Frau schließen. Die Erwägung dieser Umstände tritt aber bei der Analyse der Entscheidung zum Rücktritt vom Versuch in den Hintergrund. Die Motive und damit die Nutzeneinschätzung und die Folgenbeurteilung haben auf die im Gesetz fixierten Kriterien der Freiwilligkeit und der Endgültigkeit des Rücktritts keinen Einfluß und können deshalb vernachlässigt werden. Aus dieser Analyse auf entscheidungspsychologischer Grundlage ergibt sich, daß in dem genannten Beispiel ein Rücktritt vom Versuch gemäß § 21 Abs. 5 StGB vorliegt. Der Angeklagte war deshalb lediglich wegen vorsätzlicher Körperverletzung zur Verantwortung zu ziehen, von Maßnahmen strafrechtlicher Verantwortlichkeit wegen versuchter Vergewaltigung war abzusehen. Die objektive Realisierungswahrscheinlichkeit beider Handlungsalternativen muß aber nicht in jedem Fall mit der subjektiven Beurteilung durch den Täter übereinstimmen. In derartigen Fällen ist es zwar objektiv möglich, die Tat zu vollenden, aber der Täter hat subjektiv diese Möglichkeit nicht gesehen oder nicht für erfolgreich durchführbar gehalten. Hier ist die Freiwilligkeit des Rücktritts ausgeschlossen. Auch dafür ein Beispiel aus der Rechtsprechung/8/: Der Angeklagte hat nach heftigen Auseinandersetzungen seine geschiedene Frau mit einem Schal kräftig gewürgt und dabei zum Ausdruck gebracht, daß er sie umbringen werde. Er brach diese Handlung ab, weil sich die Geschädigte mit aller Kraft zur Wehr setzte; sie schob ihre rechte Hand zwischen Schal und Hals, so daß dann, als der Angeklagte den Schal zusammenzog, ihre Hand gegen das Kinn gepreßt und damit das Gesicht nach unten an den Hals gedrückt war. Der Angeklagte gab sein Vorhaben auf, weil er durch mehrere Hausbewohner, die an der Wohnungstür rüttelten, gestört wurde. Diese Bürger versuchten auch, die Tür zu öffnen, und verständigten die Volkspolizei. Das teilten sie dem Angeklagten mit. Objektiv war der Angeklagte in der Lage, die Geschädigte zu töten. Jedoch hatten sich die objektiven Entscheidungsbedingungen (speziell die Bedingungen der Tatverwirklichung) verändert. Der Aufwand zur Fortführung der Tat (Kraftaufwand und Tempo) hätte erhöht werden müssen, die Wahrscheinlichkeit negativer Folgen (Entdeckung, Bestrafung) war sehr hoch geworden. Diese Umstände hat der Täter erkannt. Er bemerkte, daß die heftige Gegenwehr der Geschädigten den angestrebten Erfolg erschwerte, daß Hausbewohner vor der Wohnungstür den Tatablauf störten und sofort zur Aufdeckung der Tat beitragen konnten. Unter diesen äußeren Umständen hielt er die Verwirklichung des angestrebten Handlungszieles zu den urspünglichen Entscheidungsvoraussetzungen nicht mehr für möglich. Stark verringerte Wahrscheinlichkeit der erfolgreichen Zielverwirklichung bzw. Nutzenverwirklichung, stark erhöhte Wahrscheinlichkeit bzw. Sicherheit unmittelbar folgender unerwünschter negativer Folgen kennzeichneten die subjektive Entscheidungslage und waren bestimmend für den Abbruch der Handlung, nicht aber die freiwillige Entscheidung des Täters zur Verhinderung der ursprünglich angestrebten kriminellen Nutzenerwartung, nämlich des Todes der Frau. Anwendung der Entscheidungsanalyse am Beispiel einer bewußten Leichtfertigkeit gemäß § 7 StGB Besonders bei Verkehrsunfällen bereitet die Feststellung der Schuldform häufig Schwierigkeiten. Dies soll an folgendem Beispiel verdeutlicht werden/9/: Der Angeklagte befuhr mit einem Pkw eine Fernverkehrsstraße. Er näherte sich einem vor ihm fahrenden Pkw „Wartburg“ und einem vor diesem fahrenden Autobus. Weitere davor fahrende Fahrzeuge bemerkte er nicht. Da die Straße in einer leichten Rechtskrümmung verlief, überzeugte sich der Angeklagte durch einen Blick nach rechts vom Gegenverkehr. Er erkannte in weiter Entfernung nur einen Lkw. Daraufhin setzte er zum Überholen an, indem er die linke Blinkleuchte betätigte, auf die linke Straßenseite wechselte und die Geschwindigkeit auf 70 km/h erhöhte. Nachdem er den Pkw „Wartburg“ überholt hatte und mit dem Überholen des Autobusses beginnen wollte, erkannte der Angeklagte in etwa 70 m Entfernung einen entgegen- /8/ Vgl. OG. Urteil vom 11. November 1970 5 Ust 61/70 -(NJ 1971 S. 146). /9/ Vgl. OG, Urteil vom 14. Oktober 1969 - 3 Zst 2269 - (NJ 1969 S. 743; OGSt Bd. 11 S. 97). 542;
Neue Justiz (NJ), Zeitschrift für Recht und Rechtswissenschaft [Deutsche Demokratische Republik (DDR)], 26. Jahrgang 1972, Seite 542 (NJ DDR 1972, S. 542) Neue Justiz (NJ), Zeitschrift für Recht und Rechtswissenschaft [Deutsche Demokratische Republik (DDR)], 26. Jahrgang 1972, Seite 542 (NJ DDR 1972, S. 542)

Dokumentation: Neue Justiz (NJ), Zeitschrift für Recht und Rechtswissenschaft [Deutsche Demokratische Republik (DDR)], 26. Jahrgang 1972, Oberstes Gericht (OG) der Deutschen Demokratischen Republik (Hrsg.), Staatsverlag der Deutschen Demokratischen Republik, Berlin 1972. Die Zeitschrift Neue Justiz im 26. Jahrgang 1972 beginnt mit der Ausgabe Heft Nummer 1 im Januar 1972 auf Seite 1 und endet mit der Ausgabe Heft Nummer 24 im Dezember 1972 auf Seite 756. Die Dokumentation beinhaltet die gesamte Zeitschrift Neue Justiz im 26. Jahrgang 1972 (NJ DDR 1972, Nr. 1-24 v. Jan.-Dez. 1972, S. 1-756).

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