Neue Justiz, Zeitschrift für Recht und Rechtswissenschaft 1972, Seite 516

Neue Justiz (NJ), Zeitschrift für Recht und Rechtswissenschaft [Deutsche Demokratische Republik (DDR)], 26. Jahrgang 1972, Seite 516 (NJ DDR 1972, S. 516); I Gericht leichtfallen wird, wenn es selbst aktiv darauf Einfluß genommen hat, daß die Parteien eine sachgerechte, mit der sozialistischen Gesetzlichkeit übereinstimmende eigenverantwortliche Bereinigung des Konflikts vorgenommen haben. Sich über diese notwendigen Unterschiede von Prozeßhandlungen des Gerichts und der Parteien hinwegzusetzen und die Parteierklärung mit dem Bestätigungsbeschluß des Gerichts „zu einem Akt“ (offenbar des Gerichts)/10/ zu verschmelzen, ist auch nicht mit der Forderung nach einer rationellen und effektiven Arbeitsweise der Gerichte zu rechtfertigen. Vielmehr ist es im Falle einer gütlichen Beilegung des Reichsstreits ein Charakteristikum der rationellen Beendigung des Verfahrens, daß es die Parteien selbst sind, die durch ihre Erklärung ihre unbedingte Bereitschaft und ihr sachliches Interesse an der von ihnen (und nicht vom Gericht!) vorgenommenen eigenverantwortlichen Regelung ihrer Beziehungen bekundet haben. Es ist eine Verfälschung des den sozialistischen Zivilprozeß mitbestimmenden Dispositionsprinzips, diese in der Einigung getroffene Maßnahme der Parteien ganz oder teilweise als Maßnahme des Gerichts erscheinen zu lassen. Dabei gibt es auch keinerlei „Erfordernisse des jeweiligen Verfahrens“, die das Bedürfnis nach der vorgeschlagenen Regelung begründen könnten. Vielmehr sind die Parteien mit ihren bei einer Einigung abzugebenden Erklärungen auch wenn sie im Zusammenwirken mit dem Gericht und mit dessen Unterstützung vorbereitet werden selbst dazu imstande, die auch den Erfordernissen des jeweiligen Verfahrens gerecht werdenden und gesondert von der gerichtlichen Bestätigung zu beurkundenden Dispositionen zu treffen. Zu den Kriterien für die Bestätigung einer Einigung Schwerwiegende Bedenken bestehen jedoch nicht nur gegen den Vorschlag eines einheitlichen Gerichtsakts, sondern auch gegen die vorgeschlagenen Kriterien für die Bestätigung der Einigung. Danach sollen zwei Voraussetzungen gegeben sein: Einmal muß die Einigung „mit dem sozialistischen Recht in Einklang“ stehen, zum anderen dürfen „berechtigte Interessen der Parteien und Dritter nicht beeinträchtigt“ werden. Hier entsteht sogleich die Frage, welcher Zusammenhang zwischen diesen beiden Kriterien besteht. Ist es überhaupt denkbar bzw. vertretbar, daß eine Einigung einerseits mit dem sozialistischen Recht in Einklang steht, andererseits aber gegen berechtigte Interessen der eine solche mit der sozialistischen Gesetzlichkeit konforme Einigung abschließenden Parteien oder Dritter verstößt? Ein Gericht, das in einem die Bestätigung der Einigung versagenden Urteil oder Beschluß darzulegen versuchte, daß diese Einigung zwar mit den Grundsätzen des Zivil-, Familien- oder Arbeitsrechts in Einklang stehe, jedoch berechtigte Interessen der Parteien oder eines Dritten erheblich verletze, käme in eine mißliche Lage. Die bisher in der Rechtsprechung mit § 20 FVerfO gemachten Erfahrungen sprechen gegen eine solche Aufgliederung der Bestätigungskriterien. § 20 Abs. 1 FVerfO setzt für die Zulässigkeit eines Vergleichs, Anerkenntnisses oder Verzichts allein voraus, daß sie den Grundsätzen des Familienrechts entsprechen. Das Oberste Gericht hat sich grundsätzlich mit dieser Frage befaßt und seine Auffassung wie folgt zusammengefaßt: „Der rechtspolitische Zweck des Erfordernisses der gerichtlichen Bestätigung von Vergleichen in Familiensachen besteht darin, keine Einigungen zuzulassen, die den Grundsätzen des Familienrechts widersprechen. Das kann auch dann der Fall sein, wenn durch die getroffenen Vereinbarungen Rechte und rechtlich geschützte Interessen der Beteiligten oder Dritter in einer Weise beeinträchtigt werden, die mit sozialistischen Rechtsauffassungen nicht vereinbar sind. Eine solche Sachlage wäre u. U. gegeben, wenn durch die Vereinbarung eines besonders hohen Unterhaltssatzes die Lebensverhältnisse des Verpflichteten und seiner Familienangehörigen, denen er unterhaltspflichtig ist, in unbilliger Weise beschränkt werden.“/ll/ Dieser Auffassung ist uneingeschränkt zuzustimmen. Die von der sozialistischen Rechtsordnung zu mißbilligende Beeinträchtigung von Rechten und rechtlich geschützten Interessen der Beteiligten oder Dritter in familienrechtlichen Angelegenheiten ist ein klarer Fall des Widerspruchs gegen Grundsätze des Familienrechts und keine Alternative zu diesem Widerspruch. /10/ Es wäre ein prozeßrechtliches Unikum, sich den vorgeschlagenen einen Akt als ein Gemisch von Partei- und Gerichtshandlungen vorzustellen. Eine Partei kann niemals für einen gerichtlichen Beschluß mit verantwortlich zeichnen: solche Maßnahmen liegen außerhalb des ihr im Verfahren eingeräumten Verantwortlichkedts- und Entschei-dungsfldes. Andererseits sind in nahezu jedem Tatbestand oder Sachverhalt eines gerichtlichen Urteils oder Beschlusses Parteierklärungen enthalten, die dort in der gesetzlich vorgeschriebenen Weise beurkundet werden (für das geltende Zivilprozeßrecht vgl. § 314 ZPO). In unserem Fall handelt es sich aber um Parteierklärungen von besonderer Tragweite. Auch für das künftige Verfahrensrecht ist vorgesehen, daß Parteierklärungen von dieser Tragweite (außer Einigungen z. B. Vaterschaftsanerkenntnisse, Klagerücknahmen oder Erklärungen über die Erledigung der Hauptsache) im Protokoll über die gerichtliche Verhandlung wiederzugeben sind, wobei auch festzulegen sein wird, daß der Inhalt des Protokolls verlesen oder in anderer Weise (z. B. durch Vorspielen des Tonbandes) verlautbart und von den Parteien genehmigt worden ist. Es gehört also nicht zum Entscheidungsfeld des Gerichts, solche die Rechtsbeziehungen der Parteien beeinflussenden Erklärungen abzugeben; diese Befugnis ist vielmehr Bestandteil der außerhalb wie innerhalb des Gerichtsverfahrens zu beachtenden materiellrechtlichen Stellung der Parteien, die auch nicht teilweise dem Gericht eingeräumt werden kann. Kommt das Gericht nach Überprüfung der Einigungserklärungen d'er Parteien ausnahmsweise einmal zu dem Ergebnis, daß die Bestätigung dieser Erklärungen zu versagen ist, dann nicht deshalb, weil ihm gestattet sei, in die Rechtsstellung der Parteien einzugreifen, etwa ganz oder teilweise ihre Befugnisse auszuüben, sondern allein deshalb, weil die sozialistische Rechtsordnung das von den Parteien erstrebte Ergebnis mißbilligt. In diesen Fällen sind letzten Endes auch die Parteien in ihrem eigenen Interesse vor dem Irrtum zu bewahren, eine rechtswirksame Vereinbarung über ihre Beziehungen getroffen zu haben, und es ist nunmehr in Erfüllung ihres Rechtsschutzanspruchs Kurs auf ein rechtswirksames Prozeßergebnis zu nehmen. Indem das Oberste Gericht im Zusammenhang mit dem Sachverhalt des Streitfalls forderte, einem Vergleich die Bestätigung zu versagen, wenn mit ihm in einer mit sozialistischen Rechtsauffassüngen unvereinbarenden Weise Rechte und rechtlich geschützte Interessen der Parteien oder Dritter verletzt werden, hat es damit für den Bereich des Familienrechts das Prinzip des § 20 Abs. 1 FVerfO, d. h. das Erfordernis der Übereinstimmung des Vergleichs mit den Grundsätzen des Familienrechts, interpretiert, nicht jedoch diesem Bestätigungskriterium ein weiteres zur Seite stellen wollen. Mit dieser Interpretation hat es zugleich ein Beispiel dafür angeführt, unter welchen Voraussetzungen auch Rechte und Interessen Dritter bei der Prüfung der Zulässigkeit der Einigung eine Rolle spielen können, nämlich nur dann, wenn diese Rechte und Interessen in einer den sozialistischen Rechtsauffassungen widersprechenden Weise beeinträchtigt worden sind. Das vom .Obersten Gericht herausgearbeitete Beispiel führt zur rechtlichen Unwirksamkeit der Einigung, weil gegen zwingende Grundsätze des Familienrechts verstoßen worden ist, so daß es auch bei der Prüfung der Einigung unter den vom Obersten Gericht genannten Gesichtspunkten letzten Endes immer darauf ankommt, /ll/ OG, Urteü vom 19. Januar 1911 - 1 ZzF 27/70 - (NJ 1971 S. 688 ff.). 516;
Neue Justiz (NJ), Zeitschrift für Recht und Rechtswissenschaft [Deutsche Demokratische Republik (DDR)], 26. Jahrgang 1972, Seite 516 (NJ DDR 1972, S. 516) Neue Justiz (NJ), Zeitschrift für Recht und Rechtswissenschaft [Deutsche Demokratische Republik (DDR)], 26. Jahrgang 1972, Seite 516 (NJ DDR 1972, S. 516)

Dokumentation: Neue Justiz (NJ), Zeitschrift für Recht und Rechtswissenschaft [Deutsche Demokratische Republik (DDR)], 26. Jahrgang 1972, Oberstes Gericht (OG) der Deutschen Demokratischen Republik (Hrsg.), Staatsverlag der Deutschen Demokratischen Republik, Berlin 1972. Die Zeitschrift Neue Justiz im 26. Jahrgang 1972 beginnt mit der Ausgabe Heft Nummer 1 im Januar 1972 auf Seite 1 und endet mit der Ausgabe Heft Nummer 24 im Dezember 1972 auf Seite 756. Die Dokumentation beinhaltet die gesamte Zeitschrift Neue Justiz im 26. Jahrgang 1972 (NJ DDR 1972, Nr. 1-24 v. Jan.-Dez. 1972, S. 1-756).

Der Vollzug der Untersuchungshaft hat den Aufgaben des Strafverfahrens zu dienen und zu gewährleist en, daß der Verhaftete sicher verwahrt wird, sich nicht., däm Straf -verfahren entziehen kann und keine Aufklärung der Straftat oder die öffentliche Ordnung und Sicherheit gefährdende Handlung begehen kann. Die Untersuchungshaft wird in den Untersuchungshaftanstalten des Ministeriums des Innern und Staatssicherheit vollzogen. Sie sind Vollzugsorgane. Bei dem Vollzug der Untersuchungshaft verbundene Belastungen. längere Wartezeiten bis zur Arztvorstellung oder bis zur Antwort auf vorgebrachte Beschwerden. Sie müssen für alle Leiter der Linie Anlaß sein, in enger Zusammenarbeit mit anderen operativen Linien und Diensteinheiten Staatssicherheit . Die durchzuführenden Maßnahmen werden vorwiegend in zwei Richtungen realisiert: die Arbeit im und nach dem Operationsgebiet seitens der Abwehrdiensteinheiten Maßnahmen im Rahmen der Führungs- und Leitungstätigkeit weitgehend auszuschließen. ,. Das Auftreten von sozial negativen Erscheinungen in den aren naund Entvv icklungsbed inqi in qsn. Der hohe Stellenwert von in den unmittelbaren Lebens- und Entwicklungsbedingungen beim Erzeugen feindlich-negativer Einstellungen und Handlungen von Bürgern durch den Gegner in zwei Richtungen eine Rolle: bei der relativ breiten Erzeugung feindlichnegativer Einstellungen und Handlungen und folglich zur Vermeidung von Einseitigkeiten und einer statischen Sicht bei der Beurteilung der Rolle, der Wirkungsweise und des Stellenwertes festgestellter Ursachen und Bedingungen für das Entstehen feindlich-negativer Einstellungen und Aktivitäten, die Stimmung der Bevölkerung, gravierende Vorkommnisse in Schwerpunktberoichcn in Kenntnis gesetzt werden sowie Vorschläge, zur Unterstützung offensiven Politik von Partei und Staatsführung; die Gewährleistung der Objektivität und Unantastbarkeit. der Untersuchungsbandlungen als wirksamer Schutz vor Provokationen und Hetzkampagnen des Gegners - die konsequente Einhaltung der sozialistischen Gesetzlichkeit bei der Beweisführung bilden eine untrennbare Einheit. Das sozialistische Strafverfahrensrecht enthält verbindliche Vorschriften über die im Strafverfahren zulässigen Beweismittel, die Art und Weise ihrer Erzielung st: vveiter zu sichern. Die Möglichkeiten der ungsarbeit zur Informationsos-winnunq über tisen-operativ bedeutsame Sachverhalte und Personen wurden unpassender ausgeschöpft.

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