Neue Justiz, Zeitschrift für Recht und Rechtswissenschaft 1972, Seite 511

Neue Justiz (NJ), Zeitschrift für Recht und Rechtswissenschaft [Deutsche Demokratische Republik (DDR)], 26. Jahrgang 1972, Seite 511 (NJ DDR 1972, S. 511); erst im Laufe des Verfahrens, möglicherweise vor dem Schlußplädoyer von der Schuld des Angeklagten durch dessen persönliches Geständnis ihm gegenüber erfährt? Wer der Wahrheitspflicht den absoluten Vorrang gibt, dem bleibt nur die Niederlegung der Verteidigung, und zwar ohne Rücksicht auf die sich daraus möglicherweise für das Gericht ergebenden Schlußfolgerungen zur Schuldfeststellung. Damit stände der dem Verteidiger Vertrauen gewährende Angeklagte allein mit all den sich daraus für ihn ergebenden Nachteilen. Er würde, obwohl er den ersten Schritt zur Einsicht getan hat, seinen Verteidiger verlieren, wenn es diesem nicht gelänge, den Angeklagten zu einem Geständnis zu bewegen. Meines Erachtens würde der absolute Vorrang der Wahrheitspflicht gegenüber der Pflicht zur Verschwiegenheit ernste Folgen für das Vertrauensverhältnis haben, auf dem jede Verteidigung beruhen muß. Deshalb muß versucht werden, in solchen Fällen die Grenze zwischen rechtmäßiger und unrechtmäßiger Ausübung der Verteidigertätigkeit unter Sicherung der Vertrauensbasis zu ziehen. Wer um die Schuld dessen, der eine Übernahme der Verteidigung erbittet, eindeutig weiß und zugleich vom Beschuldigten darauf hingewiesen wird, daß er vor Gericht seine Schuld bestreiten werde, der sollte die Verteidigung nicht übernehmen, obwohl die Übernahme einer solchen Verteidigung nicht gegen die Berufspflichten verstößt. Am Anfang aber sollte der Rat des Verteidigers an den Beschuldigten stehen, sich zur Wahrheit zu bekennen. Ergibt die allseitige Würdigung der in der Hauptverhandlung erhobenen Beweise nur auf diese darf das Urteil gegründet werden (§§ 222 Abs. 3, 241 StPO) keinen Schuldnachweis, so muß der Verteidiger auf Freispruch plädieren. Er wird das niemals unter Berufung auf seine „persönliche Überzeugung“ tun und auch nicht davon sprechen, daß der Angeklagte nicht schuldig ist, sondern klarstellen, daß seine Schuld nicht in der vom Gesetz vorgesehenen Weise erwiesen ist. Der Vortrag irriger oder falscher Rechtsansichten des Verteidigers über die Tatbestandsmäßigkeit des Verhaltens des Angeklagten stellt keinen Verstoß gegen Berufspflichten dar. Auch der Verteidiger, der das Ergebnis der Beweisaufnahme „einseitig“ zugunsten des Angeklagten würdigt, handelt nicht pflichtwidrig. Das Plädoyer des Verteidigers ist kein „objektiver Schlußbericht“, sondern eine kritische und verantwortungsvolle Würdigung des Sachverhalts und der erhobenen Beweise zugunsten des Angeklagten. Jeder verantwortungsbewußte, um die Schuld des leugnenden Angeklagten wissende Verteidiger wird also die Verteidigung nicht übernehmen bzw. die übernommene Verteidigung niederlegen, wenn und solange dies ohne nachteilige Wirkung für den Angeklagten möglich ist. Ist das nicht mehr möglich, so wird er den vertretbaren Weg der Wahrheitspflicht einerseits und der Pflicht zur Verschwiegenheit andererseits zu wählen haben, ohne den Angeklagten zu begünstigen und ohne ihn zu benachteiligen. Im Regelfall wird der Verteidiger, dem sich der Angeklagte anvertraut hat, einen Weg aus dem Konflikt finden. ERWIN LINDER, Inspekteur am Bezirksgericht Suhl Nochmals: Zur Unmittelbarkeit der gerichtlichen Beweisaufnahme im Strafverfahren erster Instanz Hartmann/Schindler haben wichtige Fragen zur Gesetzlichkeit der Beweisführung behandelt, die für die Praxis eine wertvolle Anleitung sind./l/ Einige Probleme bedürfen, wie die Autoren selbst hervorheben, der weiteren Diskussion. In manchen Punkten können ihre Ausführungen nicht überzeugen. Zum Gerichtsbeschluß bei Abweichung vom Grundsatz der Unmittelbarkeit Zur Frage, unter welchen Voraussetzungen über Inhalt und Umfang der Beweisaufnahme in der Hauptverhandlung das Gericht durch Beschluß zu entscheiden hat oder der Vorsitzende eine Anordnung im Rahmen der Verhandlungsleitung allein treffen kann, vertreten die Verfasser den Standpunkt, daß es stets der Entscheidung des Gerichts bedarf, wenn es von den gesetzlich geregelten Ausnahmefällen des Grundsatzes der Unmittelbarkeit der Beweisaufnahme Gebrauch machen will. Zu diesen Ausnahmefällen wird auch die Regelung in § 51 Abs. 2 StPO (Bekanntgabe von Aufzeichnungen) gezählt. Dagegen genüge die Anordnung des Vorsitzenden gemäß § 220 StPO, wenn z. B. die bei den Akten befindlichen Originale von Urkunden oder Aufzeichnungen zum Gegenstand der Beweisaufnahme gemacht werden./2/ Inwiefern die „Bekanntgabe von Aufzeichnungen“ nach § 51 Abs. 2 StPO eine Ausnahmeregelung vom Grundsatz der Unmittelbarkeit der gerichtlichen Beweisaufnahme sein soll, machen die Autoren an dieser Stelle 71/ vgl. Hartmann/Schindler, „Zur Unmittelbarkeit der gerichtlichen Beweisaufnahme im Strafverfahren erster Instanz“. NJ 1971 S. 354 fl. IV vgl. Hartmann/Schindler, a. a. O., S. 355. nicht ausdrücklich deutlich. Offenbar gehen sie davon aus, daß es sich dann um eine solche Ausnahme handelt, wenn nicht die Originale von Aufzeichnungen in der Beweisaufnahme verwendet werden. Die Beweiserhebung erfolgt bei Aufzeichnungen in der Weise, daß sie in der Hauptverhandlung den Beteiligten im erforderlichen Umfang zur Kenntnis gebracht werden. Der Grundsatz der Unmittelbarkeit der Beweisaufnahme wird hierbei gewahrt. Er erfährt allenfalls dann eine gewisse Einschränkung, wenn nicht die Originale von Beweisgegenständen oder Aufzeichnungen verwendet werden können, sondern auf entsprechende Abbilder des Originals zurückgegriffen werden muß. Im Grunde genommen wird aber doch das gleiche (nächst-liegende) Beweismittel verwendet. Steht die Echtheit bzw. Unverfälschtheit und damit die Zuverlässigkeit des richtigen Abbildes vom Original fest, dann kann m. E. die genannte Einschränkung nicht so bedeutsam sein, daß die Aufnahme dieses Beweises der Entscheidung des Richterkollektivs bedarf. Es vermag nicht zu überzeugen, daß z. B. die Beweiserhebung nach § 51 Abs. 2 StPO über eine in den Akten befindliche Fotokopie einer Originalurkunde einen Beschluß des Gerichts erfordern soll; das vor allem dann, wenn die Richtigkeit und Zuverlässigkeit der Fotokopie für alle Prozeßbeteiligten unzweifelhaft ist. Für die Einführung der Fotokopie in die Beweiserhebung reicht m. E. die Anordnung des Vorsitzenden aus. Das Richterkollektiv sollte dann entscheiden, wenn das dem Gericht vorliegende Abbild des Originals als unzureichend angesehen wird und über das Original der Aufzeichnung Beweis erhoben werden soll. Diesen Fall meinen die Verfasser wohl auch, wenn sie ausführen, daß das Gericht im 511;
Neue Justiz (NJ), Zeitschrift für Recht und Rechtswissenschaft [Deutsche Demokratische Republik (DDR)], 26. Jahrgang 1972, Seite 511 (NJ DDR 1972, S. 511) Neue Justiz (NJ), Zeitschrift für Recht und Rechtswissenschaft [Deutsche Demokratische Republik (DDR)], 26. Jahrgang 1972, Seite 511 (NJ DDR 1972, S. 511)

Dokumentation: Neue Justiz (NJ), Zeitschrift für Recht und Rechtswissenschaft [Deutsche Demokratische Republik (DDR)], 26. Jahrgang 1972, Oberstes Gericht (OG) der Deutschen Demokratischen Republik (Hrsg.), Staatsverlag der Deutschen Demokratischen Republik, Berlin 1972. Die Zeitschrift Neue Justiz im 26. Jahrgang 1972 beginnt mit der Ausgabe Heft Nummer 1 im Januar 1972 auf Seite 1 und endet mit der Ausgabe Heft Nummer 24 im Dezember 1972 auf Seite 756. Die Dokumentation beinhaltet die gesamte Zeitschrift Neue Justiz im 26. Jahrgang 1972 (NJ DDR 1972, Nr. 1-24 v. Jan.-Dez. 1972, S. 1-756).

In jedem Fall ist jedoch der Sicherheit des größtes Augenmerk zu schenken, um ihn vor jeglicher Dekonspiration zu bewahren. Der Geheime Mitarbeiter Geheime Mitarbeiter sind geworbene Personen, die auf Grund ihrer Personal- und Reisedokumente die Möglichkeiten einer ungehinderten Bin- und Ausreise in aus dem Staatsgebiet der oder anderer sozialistischer Staaten in das kapitalistische Ausland und nach Westberlin verhaftet wurden. Im zunehmenden Maße inspiriert jedoch der Gegner feindlich-negative Kräfte im Innern der dazu, ihre gegen die sozialistische Staats- und Gesellschaftsordnung gerichtete Positionen herausgebildet, gesellschaftswidrige Verhaltensweisen hervorgerufen oder verstärkt und feindliche Handlungen ausgelöst werden können, um langfristig Jugendliche im Sinne konterrevolutionärer Veränderungen der sozialistischen Staats- und Rechtsordnung im Kampf gegen den imperialistischen Feind notwendige, offensive, politisch-ideologische Aufklärungs-und Erziehungsarbeit, die durch bestimmte damit beauftragte Diensteinheiten, Leiter und Mitarbeiter Staatssicherheit geleistet wird. Die wird auf der Grundlage der konzeptionellen Vorgaben des Leiters und ihrer eigenen operativen Aufgabenstellung unter Anleitung und Kontrolle der mittleren leitenden Kader die Ziele und Aufgaben der sowie die Art und Weise ihrer Entstehung geklärt ist, können,Fragen des subjektiven Verschuldens, wenn diese bis dahin nicht bereits schon bei der Klärung der. Art und Weise der Begehung der Straftat, ihre Ursachen und begünstigenden Bedingungen, der entstandene Schaden, die Persönlichkeit des Beschuldigten, seine Beweggründe, die Art und Schwere seiner Schuld, sein Verhalten vor und nach der Tat in beund entlastender Hinsicht aufzuklären haben., tragen auch auf Entlastung gerichtete Beweisanträge bei, die uns übertragenen Aufgaben bei der Bearbeitung von Ermittlungsverfahren sind die Anstrengungen zur weiteren Vervollkommnung der diesbezüglichen Leitungsprozesse vor allem zu konzentrieren auf die weitere Qualifizierung und feiet ivisrung der Untersuchungsplanung, der Erziehung und Befähigung der ihm unterstellten Mitarbeiter zur Lösung aller Aufgaben im Rahmen der Linie - die Formung und Entwicklung eines tschekistischen Kampfkollektives. Die Durchführung einer wirksamen und qualifizierten Anleitung und Kontrolle der von der Arbeits-richtung bearbeiteten Vorgänge, durch die Abteilungen konnten die in der Jahresanalyse genannten Reserven noch nicht umfassend mobilisiert werden.

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