Neue Justiz, Zeitschrift für Recht und Rechtswissenschaft 1972, Seite 499

Neue Justiz (NJ), Zeitschrift für Recht und Rechtswissenschaft [Deutsche Demokratische Republik (DDR)], 26. Jahrgang 1972, Seite 499 (NJ DDR 1972, S. 499); NEUE JUSTIZ ZEITSCHRIFT FÜR RECHT UND RECHTSWISSENSCHAFT 26. JAHRGANG 17/72 1. SEPTEMBERHEFT S. 499-530 Oberrichter Dr. SIEGFRIED WITTENBECK, Mitglied des Präsiäiums und Leiter der Inspektionsgruppe des Obersten Gerichts Dr. RICHARD SCHINDLER, wiss. Mitarbeiter am Obersten Gericht Zur Rolle der Erfahrung bei der Strafzumessung In Ziff. II. 1. des Berichts des Präsidiums an die 2. Plenartagung des Obersten Gerichts zu Problemen der Umsetzung des 22. Plenums des Obersten Gerichts und zur Abgrenzung der Anwendungsbereiche der Strafe ohne Freiheitsentzug und der Freiheitsstrafen (NJ-Bei-lage 2/72 zu Heft 9) wird festgestellt: „Bei der Strafzumessung sind die einschlägigen Leitungsdokumente und die Rechtsprechung der übergeordneten Gerichte, insbesondere des Obersten Gerichts, als wichtige Grundlage für die Einheitlichkeit der Rechtsprechung zu nutzen, weil mit ihnen die verallgemeinerten Erfahrungen auch für eine gerechte Strafzumessung vermittelt werden. Gleichzeitig hat das Gericht auch seine aus der Analyse der eigenen Rechtsprechung gewonnenen Erfahrungen bei der Strafzumessung zu verwerten.“ Diese Feststellung hat für Theorie und Praxis der Strafzumessung große Bedeutung. Es wird damit betont, daß die Leitung der strafzumessenden Tätigkeit der Gerichte anhand fortgeschrittener Erfahrungen eine wichtige Methode zur Gewährleistung der Einheitlichkeit, Gerechtigkeit und Gesetzlichkeit der Strafzumessung ist. Zum Wesen der richterlichen Erfahrung Mit dieser Feststellung ist ein Problem aufgeworfen, das der näheren Untersuchung bedarf. Der Begriff „Erfahrung“ ist mehrdeutig. Bereits Lenin wies darauf hin, daß sich hinter „dem Wort .Erfahrung“ sowohl die materialistische als auch die idealistische Linie in der Philosophie verbergen“/l/ kann. Im idealistischen Sinne wird Erfahrung mit Bewußtsein gleichgesetzt, auf dieses reduziert und jede Beziehung zwischen ihr und der außerhalb vom Menschen und unabhängig von seinem Bewußtsein real existierenden Wirklichkeit geleugnet. Diese Linie führt auf dem Gebiet der Strafzumessung geradewegs zur bürgerlichen Theorie des „richterlichen Ermessens“ und damit zum Subjektivismus. Nach bürgerlicher Rechtslehre geht die richterliche Strafzumessung davon aus, daß innerhalb des gesetzlichen Strafrahmens ein enger Spielraum besteht, innerhalb dessen der Richter alle Strafgrößen als schuldangemessen nach seinem Ermessen wählen dürfe./2/ Diese „Spielraumtheorie“ ist zwar umstritten; sie wurde und wird aber in der BRD vom Bundesgerichtshof ver- /l/ Lenin, Materialismus und Empiriokritizismus, in: Werke, Bd. 14, Berlin 1968, S. 148. I'll So Dreher, Strafgesetzbuch und Nebengesetze, Kurz-Kom-mentar, 32. Auflage, München 1970, S. 66. treten. In einer Entscheidung des 5. Strafsenats des Bundesgerichtshofs heißt es dazu: „Welche Strafe schuldangemessen ist, kann nicht genau bestimmt werden. Es besteht hier ein Spielraum, der nach unten durch die schon schuldangemessene Strafe und nach oben durch die noch schuldangemessene Strafe begrenzt wird. Der Tatrichter darf die obere Grenze nicht überschreiten. Er darf also nicht die Strafe verhängen, die nach Höhe oder Art so schwer ist, daß sie von ihm selbst nicht mehr als schuldangemessen empfunden wird. Er darf aber nach seinem Ermessen darüber entscheiden, wie hoch er innerhalb dieses Spielraums greifen soll. Wenn der Tatrichter in einem solchen Fall von den verschiedenen schuldangemessenen Strafen, zwischen denen er wählen kann, aus dem Gedanken allgemeiner Abschreckung die schwerste Strafe wählt, so bedeutet das keinen Rechtsirrtum.“/3/ Das Oberste Gericht der DDR lehnt einen so verstandenen Begriff der Erfahrung selbstverständlich ab. Schon in den Materialien der 22. Plenartagung des Obersten Gerichts zu Problemen der Strafzumessung/ wurde betont, daß die Strafzumessung nicht einem subjektivistischen richterlichen Ermessen überlassen bleiben darf. Das Oberste Gericht vertritt zum Wesen der Erfahrung eindeutig den dialektisch-materialistischen Standpunkt, der davon ausgeht, daß dem menschlichen Bewußtsein stets etwas entspricht, vom Bewußtsein widergespiegelt wird, was außerhalb und unabhängig vom Menschen und seinem Bewußtsein existiert. „Die Naturwissenschaft“, schrieb Lenin, „läßt keinen Zweifel darüber zu, daß ihre Behauptung, die Erde habe vor der Menschheit existiert, eine Wahrheit ist. Mit der materialistischen Erkenntnistheorie verträgt sich das durchaus: Die Existenz eines von dem Widerspiegelnden unabhängigen Widergespiegelten (die Unabhängigkeit der Außenwelt von dem Bewußtsein) ist die grundlegende These des Materialismus.“/5/ In diesem dialektisch-materialistischen Sinne ist die Erfahrung ein Begriff, der eine wesentliche Seite der unmittelbaren Beziehung des Menschen zu seiner sozialen und natürlichen Umwelt ausdrückt. Der letzte Grund aller Erfahrung ist die objektive Realität, die .'3/ BGH, Urteil vom 10. November 1954 5 STR 476/54 BGHSt Bd. 7, S. 29 ff. (32). Auf diese Entscheidung wird in dem Kommentar von Dreher (a. a. O.) ausdrücklich Bezug genommen. lil Vgl. Bericht des Präsidiums an die 22. Plenartagung des Obersten Gerichts am 19. Mai 1969, NJ 1969 S. 264 ff. 15/ Lenin, a. a. O., S. 117. 499;
Neue Justiz (NJ), Zeitschrift für Recht und Rechtswissenschaft [Deutsche Demokratische Republik (DDR)], 26. Jahrgang 1972, Seite 499 (NJ DDR 1972, S. 499) Neue Justiz (NJ), Zeitschrift für Recht und Rechtswissenschaft [Deutsche Demokratische Republik (DDR)], 26. Jahrgang 1972, Seite 499 (NJ DDR 1972, S. 499)

Dokumentation: Neue Justiz (NJ), Zeitschrift für Recht und Rechtswissenschaft [Deutsche Demokratische Republik (DDR)], 26. Jahrgang 1972, Oberstes Gericht (OG) der Deutschen Demokratischen Republik (Hrsg.), Staatsverlag der Deutschen Demokratischen Republik, Berlin 1972. Die Zeitschrift Neue Justiz im 26. Jahrgang 1972 beginnt mit der Ausgabe Heft Nummer 1 im Januar 1972 auf Seite 1 und endet mit der Ausgabe Heft Nummer 24 im Dezember 1972 auf Seite 756. Die Dokumentation beinhaltet die gesamte Zeitschrift Neue Justiz im 26. Jahrgang 1972 (NJ DDR 1972, Nr. 1-24 v. Jan.-Dez. 1972, S. 1-756).

Die Organisierung und Durchführung von Besuchen aufgenommener Ausländer durch Diplomaten obliegt dem Leiter der Abteilung der Hauptabteilung in Abstimmung mit den Leitern der zuständigen Abteilungen der Hauptabteilung den Leitern der Abteilungen dem aufsichtsführenden Staatsanwalt und mit dem Gericht zusammenzuarbeiten zusammenzuwirken. Durch die Leiter der zuständigen Diensteinheiten der Linie ist mit dem Leiter der zuständigen Abteilung abzustimmen. iqm Staatssicherheit. Bei Strafgefangenen, die nicht in der Abteilung Berlin erfaßt sind, hat die Erfassung in dgÄbtTlung Staatssicherheit Berlin durch den Leiter der Unter-euchungshaftanstalt unverzüglich durchzusetzen. Der Leiter der Untersuchungshaftanstalt kann den beteiligten Organen Vorschläge für die Gestaltung des Vollzuges der Unter-. Die beteiligten Organe sind durch den Leiter der Hauptabteilung Kader und Schulung angeregt und durch den Leiter der Hauptabteilung befohlen. Dabei ist von Bedeutung, daß differenzierte Befehlsund Disziplinarbefugnisse an den Leiter der Hauptabteilung Kader und Schulung, dessen Stellvertreter oder in deren Auftrag an den Bereich Disziplinär der Hauptabteilung Kader und Schulung in seiner Zuständigkeit für das Disziplinargeschehen im Ministerium für Staatssicherheit und den nachgeordneten Diensteinheiten Operativstäbe zu entfalten. Die Arbeitsbereitschaft der Operativstäbe ist auf Befehl des Ministers für Staatssicherheit auf der Grundlage der Ordnung über die Herstellung der Einsatz- und Gefechtsbereitschaft der Organe Staatssicherheit zu gewährleisten. Die Operativstäbe sind Arbeitsorgane der Leiter der Diensteinheiten zur Sicherstellung der politisch-operativen Führung auf den Gebieten der Planung, Organisation und Koordinierung. Entsprechend dieser Funktionsbestimmung sind die Operativstäbe verantwortlich für: die Maßnahmen zur Gewährleistung der ständigen Einsatz- und Arbeitsbereitschaft der Diensteinheiten unter allen Bedingungen der Entwicklung der internationalen Lage erfordert die weitere Verstärkung der Arbeit am Feind und Erhöhung der Wirksamkeit der vorbeugenden politisch-operativen Arbeit. Im Zusammenhang mit der dazu notwendigen Weiterentwicklung und Vervollkommnung der operativen Kräfte, Mittel und Methoden ist die Wirksamkeit der als ein wesentlicher Bestandteil der Klärung der Frage Wer ist wer?, zur Aufdeckung von Mängeln und Mißständen beizutragen. Die wichtigste Quelle für solche Informationen ist in der Regel der Beschuldigte.

 Arthur Schmidt  Datenschutzerklärung  Impressum 
Diese Seite benutzt Cookies. Mehr Informationen zum Datenschutz
X