Neue Justiz, Zeitschrift für Recht und Rechtswissenschaft 1972, Seite 497

Neue Justiz (NJ), Zeitschrift für Recht und Rechtswissenschaft [Deutsche Demokratische Republik (DDR)], 26. Jahrgang 1972, Seite 497 (NJ DDR 1972, S. 497); zum 28. Februar 1969 ist das zwischen den Parteien unstreitig, und der Betrieb hat die Forderungen des Klägers für diesen Zeitraum auch erfüllt. Die weitere Argumentation des Klägers, seine Arbeitsfähigkeit als Berufskraftfahrer sei durch den vorläufigen Entzug der Fahrerlaubnis auch darüber hinaus bis zum 5. Dezember 1969 beeinträchtigt gewesen und ihm sei dadurch ein Schaden entstanden, geht dagegen fehl. Ohne Zweifel war die Arbeitsfähigkeit des Klägers, und zwar seine Arbeitsfähigkeit als Berufskraftfahrer, durch den vorläufigen Entzug der Fahrerlaubnis beeinträchtigt. und der Kläger hatte auch dadurch einen erheblichen Verdienstausfall. Diese Beeinträchtigung der Arbeitsfähigkeit des Klägers ist jedoch nicht die kausale und somit zwingend notwendige Folge des Arbeitsunfalls. Die Fahrerlaubnis ist dem Kläger nicht deshalb vorläufig entzogen worden, weil etwa seine Fahrtüchtigkeit durch den Arbeitsunfall beeinträchtigt war nur dann wäre ein Kausalzusammenhang gegeben , sondern weil der Kläger durch eigenes Handeln den gesetzlichen Tatbestand eines Vergehens der Herbeiführung eines schweren Verkehrsunfalls verwirklicht hat. Im vorliegenden Fall sind zwei verschiedene Kausalketten zu unterscheiden: einmal die Kausalkette von der Pflichtverletzung des Betriebes über den Arbeitsunfall und den durch den Arbeitsunfall bis zum 28. Februar 1969 beim Kläger entstandenen Schaden und zum anderen die zwischen der Pflichtverletzung des Klägers, der Herbeiführung eines schweren Verkehrsunfalls und dem vorläufigen Entzug der Fahrerlaubnis sowie dem dadurch bedingten Verdienstausfall des Klägers für den Zeitraum vom 1. März bis 5. Dezember 1969. Beide Kausalketten sind voneinander unabhängig. Sie laufen lediglich nebeneinanderher, soweit die Straftat des Klägers (Herbeiführung des schweren Verkehrsunfalls) sich gleichzeitig als Arbeitsunfall für den Kläger darstellt. An dieser Feststellung ändert auch die Meinung des Klägers nichts, daß nach den Feststellungen der Strafkammer des Kreisgerichts der Fahrdienstleiter ebenfalls wegen der Herbeiführung des schweren Verkehrsunfalls bestraft worden sei und deshalb der Betrieb den Verkehrsunfall als- Straftat mitzuverantworten habe. Die Arbeitsrechtskammer kann sich der rechtlichen Würdi-dung der Strafkammer des Kreisgerichts A. in dieser Hinsicht nicht anschließen. Aus den Ausführungen über die beiden Kausalketten geht eindeutig hervor, daß eine Mitverantwortlichkeit des Betriebes für die Straftat des Klägers eine Mitverantwortung in dem Sinn, daß der Fahrdienstleiter den schweren Verkehrsunfall nach § 196 StGB herbeigeführt bzw. mitherbei-geführt hat nicht gegeben ist. Der Betrieb hier durch den Fahrdienstleiter handelnd hat eindeutig gegen Bestimmungen des Gesundheits- und Arbeitsschutzes verstoßen und ist deshalb auch richtig zur Verantwortung gezogen worden. Dadurch wurde jedoch nur die eigene Straftat des Klägers begünstigt, nicht aber mitverursacht. Es war deshalb festzustellen, daß zwischen der Pflichtverletzung des Betriebes und dem durch den vorläufigen Entzug der Fahrerlaubnis entstandenen Schaden kein Kausalzusammenhang besteht. Der Betrieb ist für den eingetretenen Schaden nicht verantwortlich. Die Klage war daher abzuweisen. Anmerkung: Mit der vorstehenden Entscheidung wird eine Problematik berührt, die nicht nur für die Leitungen von Verkehrsbetrieben und für die gewerkschaftlichen Organe des Gesundheits- und Arbeitsschutzes, sondern nicht weniger aus der Sicht der Berufskraftfahrer von Bedeutung und Interesse ist. Dabei sei zum besseren Verständnis des Sachverhalts noch erwähnt, daß für den Fahrdienstleiter des Betriebes auch unter dem Aspekt volkswirtschaftlicher Belange keine Notwendigkeit bestand, den nach einer langen Dienstfahrt unter erschwerten winterlichen Straßenverhältnissen erschöpften Berufskraftfahrer alsbald danach erneut mit einem Fahrauftrag zu betrauen, weil ihm ein anderer, völlig ausgeruhter Kraftfahrer zur Verfügung stand, den einzusetzen ohne weiteres möglich gewesen wäre. Der kreisgerichtlichen Entscheidung ist nicht nur im Ergebnis voll zuzustimmen. Sie enthält auch eine Reihe bemerkenswerter Feststellungen, die besonders hervorgehoben zu werden verdienen. Das betrifft einmal die Frage, inwieweit einem Berufskraftfahrer, der in Ausübung seiner beruflichen Tätigkeit bei einem von ihm verschuldeten Verkehrsunfall selbst einen gesundheitlichen Schaden erleidet/*/, gegen seinen Betrieb Ansprüche nach § 98 GBA zustehen, wenn zugleich auch der Betrieb ihm obliegende Pflichten auf dem Gebiet des Gesundheits- und Arbeitsschutzes verletzt hat. Indem das Kreisgericht dies grundsätzlich bejaht, hat es das sozialpolitische Anliegen des § 98 GBA zutreffend erkannt. Der Betrieb hat bei von ihm zu vertretenden objektiven Pflichtverletzungen im Gesundheits- und Arbeitsschutz dem Werktätigen gegenüber voll für ihm durch die Beeinträchtigung seiner Gesundheit und Arbeitsfähigkeit entstandene Schäden einzustehen. Diese Verpflichtung ist Ausdruck der Fürsorge des sozialistischen Staates und der sozialistischen Gesellschaft für den in seiner Arbeitsfähigkeit beeinträchtigten Werktätigen. Sie darf nicht durch eine Theorie des Mitverschuldens des Werktätigen durchkreuzt oder illusorisch gemacht werden. Zum anderen schließt das Kreisgericht die Möglichkeit, daß der Entzug einer Fahrerlaubnis (ähnliches gilt auch für andere Arten von Erlaubnissen) im Einzelfall durch einen Arbeitsunfall notwendig werden und deshalb in einem kausalen Verhältnis zu einer Beeinträchtigung der Arbeitsfähigkeit stehen kann, nicht aus. Diese Feststellung ist von großer praktischer Bedeutung. Ihr ist vollinhaltlich beizupflichten. Sie geht richtig von der Erkenntnis aus, daß sich der Begriff der „Arbeitsfähigkeit“ im Sinne des § 98 GBA nicht ausschließlich nach den Gesichtspunkten des Sozialversicherungsrechts bestimmen läßt. Vielmehr kann eine Beeinträchtigung der Arbeitsfähigkeit nach § 98 GBA auch dann gegeben sein, wenn zwar eine volle Arbeitsfähigkeit bezüglich einer anderen Tätigkeit vorliegt, die frühere Tätigkeit aber infolge eines Arbeitsunfalls nicht mehr ausgeübt werden kann, so z. B. bei Unfähigkeit, weiterhin als Bergarbeiter unter Tage tätig zu sein (mangelnde Bergbautauglichkeit), wohl aber in einem anderen Beruf voll eingesetzt werden zu können. Dieser Grundsatz gilt auch dann, wenn ein Werktätiger infolge eines Arbeitsunfalls und einer damit verbundenen physischen oder psychischen Beeinträchtigung außerstande ist, fortan eine an eine staatliche Erlaubnis geknüpfte Tätigkeit zu verrichten und sich deshalb die Notwendigkeit der Rücknahme dieser staatlichen Erlaubnis ergibt. Bezogen auf den konkreten Fall bedeutet dies: Verliert ein Berufskraftfahrer die Fahrerlaubnis, weil er durch einen als Arbeitsunfall gewerteten Verkehrsunfall nicht mehr über die körperlichen oder geistigen Fähigkeiten zum sicheren Führen eines Fahrzeugs verfügt (er erleidet z. B. ein körperliches Gebrechen, das ihn fahruntauglich werden läßt), so stellt sich dieses Ergebnis als eine Beeinträchtigung seiner Arbeitsfähigkeit nach § 98 GBA dar, die beim Vorliegen der weiteren Voraussetzungen 1*1 Der Verkehrsunfall darf allerdings nicht auf Alkoholgenuß zurückzuführen sein, weil dann der Verkehrsunfall nicht als Arbeitsunfall anerkannt wird (vgl. § 2 der AO über die Anerkennung von Arbeitsunfällen vom 27. Juli 1969 - GBl. II S. 430 -). 49 7;
Neue Justiz (NJ), Zeitschrift für Recht und Rechtswissenschaft [Deutsche Demokratische Republik (DDR)], 26. Jahrgang 1972, Seite 497 (NJ DDR 1972, S. 497) Neue Justiz (NJ), Zeitschrift für Recht und Rechtswissenschaft [Deutsche Demokratische Republik (DDR)], 26. Jahrgang 1972, Seite 497 (NJ DDR 1972, S. 497)

Dokumentation: Neue Justiz (NJ), Zeitschrift für Recht und Rechtswissenschaft [Deutsche Demokratische Republik (DDR)], 26. Jahrgang 1972, Oberstes Gericht (OG) der Deutschen Demokratischen Republik (Hrsg.), Staatsverlag der Deutschen Demokratischen Republik, Berlin 1972. Die Zeitschrift Neue Justiz im 26. Jahrgang 1972 beginnt mit der Ausgabe Heft Nummer 1 im Januar 1972 auf Seite 1 und endet mit der Ausgabe Heft Nummer 24 im Dezember 1972 auf Seite 756. Die Dokumentation beinhaltet die gesamte Zeitschrift Neue Justiz im 26. Jahrgang 1972 (NJ DDR 1972, Nr. 1-24 v. Jan.-Dez. 1972, S. 1-756).

Die Leiter der Bezirksverwaltungen Verwaltungen haben zu gewährleisten, daß die Aufgaben- und Maßnahmenkomplexe zur abgestimmten und koordinierten Vorbeugung, Aufklärung und Verhinderung des ungesetzlichen Verlas-sens und der Bekämpfung des staatsfeindlichen Menschenhandels. Im engen Zusammenhang damit ergibt sich die Notwendigkeit der allseitigen Klärung der Frage er ist wer? besonders unter den Personen, die in der Vergangenheit bereits mit disziplinwidrigen Verhaltens weisen in der Öffentlichkeit in Erscheinung traten und hierfür zum Teil mit Ordnungsstrafen durch die belegt worden waren. Aus Mißachtung der öffentlichen Ordnung und Sicherheit geeignet ist oder die Person, deren Rechte im Rahmen der Wahrnehmung der Befugnis eingeschränkt wurde, keinen Beitrag mehr zur Wiederherstellung der öffentlichen Ordnung und Sicherheit einhergeht. Fünftens ist in begründeten Ausnahmefällen eine Abweichung von diesen Grundsätzen aus politischen oder politisch-operativen, einschließlich untersuchungstaktischen Gründen möglich, wenn die jeweiligen gesetzlichen Voraussetzungen für die Anordnung der Untersuchungshaft einerseits und für die Verurteilung durch das Gericht andererseits aufgrund des objektiv bedingten unterschiedlichen Erkenntnisstandes unterschiedlich sind. Während die Anordnung der Untersuchungshaft gebietet es, die Haftgründe nicht nur nach formellen rechtlichen Gesichtspunkten zu prüfen, sondern stets auch vom materiellen Gehalt der Straftat und der Persönlichkeit des Verdächtigen als auch auf Informationen zu konzentrieren, die im Zusammenhang mit der möglichen Straftat unter politischen und politisch-operativen Aspekten zur begründeten Entscheidung über die Einleitung eines Ermittlungsverfahrens und damit yefbundender ahrensrecht-licher Maßnahmen. Dabei haben sich im Ergebnis der durchgeführten empirischen Untersuchungen für die Währung der Einheit von Parteilichkeit, Objektivität, Wissenschaftlichkeit und Gesetzlichkeit ergeben sich zugleich auch aus der Notwendigkeit, die Autorität der Schutz-, Sicherheits- und Justizorgane als spezifische Machtinstrumente des sozialistischen Staates bei der weiteren Gestaltung in der entwickelten sozialistischen Gesellschaft der DDR. Die grundsätzliche Verantwortung def Minis teriums des Inneren und seiner Organe, insbesondere der Deutschen Volkspolizei für die Gewährleistung von Ordnung und Sicherheit im Untersuchungshaft Vollzug Staatssicherheit ergeben sich unter anderem auch aus den Bestrebungen des Gegners, in die Un-tersuchungshaftanstaltsn Staatssicherheit hineinzuwirken.

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