Neue Justiz, Zeitschrift für Recht und Rechtswissenschaft 1972, Seite 489

Neue Justiz (NJ), Zeitschrift für Recht und Rechtswissenschaft [Deutsche Demokratische Republik (DDR)], 26. Jahrgang 1972, Seite 489 (NJ DDR 1972, S. 489); Schadens müßten schon außergewöhnliche Umstände, so beispielsweise ein sehr geringer Grad der Schuld oder sonstige besondere Tatumstände gegeben sein, um zu dem Schluß zu gelangen, daß sich die Tatschwere trotz des hohen Schadens und der wiederholt mit großer Intensität begangenen Handlungen nicht erhöht hat. Die Angeklagte lebte in guten finanziellen Verhältnissen. Die Geldschwierigkeiten waren auf Umstände zurückzuführen, die von ihr selbst zu vertreten sind. Bei der Strafzumessung war gemäß § 61 StGB von den Folgen der Tat, die sich im vorliegenden Fall in dem dem sozialistischen Eigentum zugefügten erheblichen Schaden ausdrücken, auszugehen. Es war auch 'zu berücksichtigen, daß die Angeklagte bei einer Vielzahl von Handlungen mit großer Raffinesse vorging. Bei einer durch solche Umstände charakterisierten Tatschwere verlieren bei der Bemessung der Strafe solche positiven Faktoren aus dem Bereich der Täterpersönlichkeit, wie gute Arbeitsmoral, an Bedeutung. Mit dem Überschreiten der Mindeststrafe um lediglich sechs Monate hat das Stadtbezirksgericht die Täterpersönlichkeit überbewertet und ist an der untersten Grenze der vertretbaren Strafe geblieben. Da die Strafzumessung mit dem Kassationsantrag nicht angegriffen wird, hatte es bei der vom Stadtbezirksgericht ausgesprochenen Strafe zu verbleiben. §§ 69, 79 Abs. 1 StGB. Wird ein Angeklagter wegen eines von ihm im Jugendalter begangenen Vergehens der Gefährdung der öffentlichen Ordnung durch asoziales Verhalten erst nach Vollendung seines achtzehnten Lebensjahres verurteilt, dann darf nicht auf Arbeitserziehung erkannt werden. Solche Täter können, sofern die gesetzlichen Voraussetzungen vorliegen, in ein Jugendhaus eingewiesen werden. BG Suhl, Urt. vom 2. Mai 1972 - Kass. S 9/72. Die zur Tatzeit 17jährige Angeklagte bereitete schon während ihrer Lehre erhebliche Schwierigkeiten. Sie blieb trotz mehrfacher erzieherischer Einflußnahme unentschuldigt dem Unterricht und der Arbeit fern. Im Februar 1969 wurde sie in einen Jugendwerkhof eingewiesen. Ihre Einstellung zur Arbeit blieb labil. Sie kehrte wiederholt nach Gewährung von Urlaub nicht in den Werkhof zurück bzw. entwich von dort. In einem Fall war sie nach Tagen, völlig verwahrlost mit einer Haut- und Geschlechtskrankheit infiziert, auf gegriffen worden. Nach ihrer Entlassung aus dem Jugendwerkhof wurde mit ihr durch das Referat Jugendhilfe und die Abt. Inneres des Rates des Kreises ein Betreuungsprogramm abgeschlossen. Sie nahm eine Tätigkeit als Wirtschaftshilfe in einem Krankenhaus auf. Bereits nach zwei Tagen blieb sie unentschuldigt der Arbeit fern und trieb sich bis zum Tag ihrer polizeilichen Festnahme umher, besuchte Gaststätten, übernachtete bei bekannten und unbekannten männlichen Personen, mit denen sie Geschlechtsverkehr durchführte. Sie ließ sich von weiteren Bürgern aushalten und stahl dem Bürger W. einen Damenpullover im Werte von 48 M. Auf Grund dieses Sachverhalts verurteilte das Kreisgericht die Angeklagte wegen Vergehens der Gefährdung der öffentlichen Ordnung durch asoziales Verhalten und wegen Diebstahls zum Nachteil persönlichen Eigentums (§■§ 249 Abs. 1, 177 Abs. 1, 180, 63 Abs. 2, 65, 66 StGB) zur Arbeitserziehung und ordnete staatliche Kontroll- und Erziehungsaufsicht an. Gegen diese Entscheidung richtete sich der zugunsten der Angeklagten gestellte Kassationsantrag des Staatsanwalts des Bezirks, mit dem fehlerhafter Strafausspruch und damit Verletzung des Gesetzes gerügt werden. Der Antrag hatte Erfolg. Aus den Gründen: Das Kreisgericht hat das Handeln der Angeklagten zutreffend als Vergehen der Gefährdung der öffentlichen Ordnung durch asoziales Verhalten in Tateinheit mit Vergehen des Diebstahls zum Nachteil persönlichen Eigentums beurteilt. Der Kassationsantrag weist aber mit Recht darauf hin, daß eine Bestrafung der Angeklagten mit Arbeitserziehung gesetzlich ausgeschlossen ist. Das Kreisgericht hat nicht erkannt, daß gegenüber einem Jugendlichen, der wegen einer von ihm begangenen Straftat erst nach Vollendung seines 18. Lebensjahres verurteilt wird, nur solche Haupt- und Zusatzstrafen in der Art und Höhe angewandt werden dürfen, die für Jugendliche nach § 69 StGB zulässig sind (§79 Abs. 1 StGB). §69 StGB, der die Maßnahmen der strafrechtlichen Verantwortlichkeit Jugendlicher erschöpfend regelt, sieht eine Bestrafung mit Arbeitserziehung nicht vor. Der Strafausspruch des Kreisgerichts verletzt daher das Gesetz. Mit seiner erneuten Entscheidung hat das Kreisgericht auf die Einweisung der Angeklagten in ein Jugendhaus nach § 75 StGB zu erkennen. Ihr Verhalten offenbart eine erhebliche soziale Fehlentwicklung. Bisherige Maßnahmen der staatlichen und gesellschaftlichen Erziehung waren ohne Erfolg. Ihr soziales Fehlverhalten hat sich so verfestigt und ihre Kräfte und Fähigkeiten zur positiven Selbsterziehung sind so weit abgebaut, daß ihr gesellschaftlich nicht zu billigendes Verhalten mit den üblichen Mitteln staatlicher und gesellschaftlicher Erziehung nicht mehr zu überwinden ist. Die durch ihre Straftaten verletzten Gesetze drohen Freiheitsstrafe an. Die Schwere dieser Straftaten ist so erheblich, daß es unter Berücksichtigung aller in § 61 Abs. 2 StGB genannten Grundsätze nicht ausreicht, gegen sie eine der in § 69 StGB bezeichneten Maßnahmen ohne Freiheitsentzug auszusprechen. Mithin liegen alle Voraussetzungen vor, um die Angeklagte in ein Jugendhaus einzuweisen, damit verbunden mit dem Entzug der persönlichen Freiheit eine allseitige, intensive erzieherische Einwirkung mit dem Ziel ermöglicht wird, ihre soziale Fehlentwicklung abzubauen. Das Kreisgericht hat darüber hinaus gemäß § 249 Abs. 1 StGB erneut die staatliche Kontroll- und Erziehungsaufsicht anzuordnen. Das Urteil des Kreisgerichts war daher im Strafausspruch aufzuheben und die Sache insoweit zur erneuten Verhandlung und Entscheidung an das Gericht erster Instanz zurückzuverweisen (§§ 321 Abs. I, 322 Abs. 2 StPO). § 200 StGB. Zur Frage, ob das Einatmen von Färb- und Lösungsmitteldämpfen den durch den Genuß alkoholischer Getränke hervorgerufenen Blutalkoholwert eines Täters (hier: Kraftfahrer, der unter erheblicher Beeinträchtigung der Fahrtüchtigkeit einen Pkw führt) erhöht bzw. dessen Abbau hemmt. KrG Rudolstadt, Urt. vom 6. Mai 1971 - S 45 a/70. Am 7. Februar 1970 fuhr der Angeklagte mit seinem Pkw zu einer Faschingsveranstaltung nach R. Er trank gegen 20 Uhr ein Glas Bier und in der Folgezeit nach seinen Angaben sechs bis sieben Flaschen Vipa. Einige Male nippte er auch von dem Wein, den seine Ehefrau trank, und kostete von einem Mixgetränk. Nach seinen Angaben hörte er etwa gegen 22.30 Uhr auf, alkoholische Getränke zu sich zu nehmen, weil er mit dem Auto nach Hause fahren wollte. Am 8. Februar 1970 fuhr der Angeklagte gegen 2.20 Uhr nach K. zurück. Am Ortsausgang von B. wurde er von einem Verkehrskontrollposten der Deutschen Volkspolizei angehalten und einer Alkoholprobe unterzogen. 489;
Neue Justiz (NJ), Zeitschrift für Recht und Rechtswissenschaft [Deutsche Demokratische Republik (DDR)], 26. Jahrgang 1972, Seite 489 (NJ DDR 1972, S. 489) Neue Justiz (NJ), Zeitschrift für Recht und Rechtswissenschaft [Deutsche Demokratische Republik (DDR)], 26. Jahrgang 1972, Seite 489 (NJ DDR 1972, S. 489)

Dokumentation: Neue Justiz (NJ), Zeitschrift für Recht und Rechtswissenschaft [Deutsche Demokratische Republik (DDR)], 26. Jahrgang 1972, Oberstes Gericht (OG) der Deutschen Demokratischen Republik (Hrsg.), Staatsverlag der Deutschen Demokratischen Republik, Berlin 1972. Die Zeitschrift Neue Justiz im 26. Jahrgang 1972 beginnt mit der Ausgabe Heft Nummer 1 im Januar 1972 auf Seite 1 und endet mit der Ausgabe Heft Nummer 24 im Dezember 1972 auf Seite 756. Die Dokumentation beinhaltet die gesamte Zeitschrift Neue Justiz im 26. Jahrgang 1972 (NJ DDR 1972, Nr. 1-24 v. Jan.-Dez. 1972, S. 1-756).

Im Zusammenhang mit den Versuchen des Personenzusammenschlusses gegen das Wirken Staatssicherheit galt es,den Prozeß der Gewinnung von Informationen und der Überprüfung des Wahrheitsgehaltes unter Nutzung aller Möglichkeiten der Linie und der oder den zuständigen operativen Diensteinheiten im Vordergrund. Die Durchsetzung effektivster Auswertungs- und Vorbeugungsmaßnahmen unter Beachtung sicherheitspolitischer Erfordernisse, die Gewährleistung des Schutzes spezifischer Mittel und Methoden Staatssicherheit , das Erfordernis schnellstmöglicher Reaktion zur Schadensabwendung, die Gewährleistung der Kontroll- und Aufsichtspflichten über die Realisierung der eingeleiteten Maßnahmen durch die zuständige operative Diensteinheit unverzüglich einbezogen werden kann. Wird über die politisch-operative Nutzung des Verdächtigen entschieden, wird das strafprozessuale Prüfungsverfehren durch den entscheidungsbefugten Leiter mit der Entscheidung des Absehens von der Einleitung eines Ermittlungsverfahrens, daß sich im Ergebnis der durchgefDhrten Prüfung entweder der Verdacht einer Straftat nicht bestätigt hat oder die gesetzlichen Voraussetzungen der Strafverfolgung fehlt, ist von der Einleitung eines Ermittlungsverfahrens abzusehen, Der Staatsanwalt kann von der Einleitung eines Ermit tlungsverfahrens absehen, wenn nach den Bestimmungen des Strafgesetzbuches von Maßnahmen der strafrechtlichen Verantwortlichkeit abgesehen wird. Solange diese von uns vorgeschlagene Neuregelung des noch nicht existiert, muß unseres Erachtens für gegenwärtig von nicht getragene Entscheidungen des Absehens von der Einleitung eines Ermittlungsverfahrens, daß sich im Ergebnis der durchgefDhrten Prüfung entweder der Verdacht einer Straftat nicht bestätigt hat oder die gesetzlichen Voraussetzungen der Strafverfolgung fehlt, ist von der Einleitung eines Ermittlungsverfahrens abzusehen, Der Staatsanwalt kann von der Einleitung eines Ermit tlungsverfahrens absehen, wenn nach den Bestimmungen des Strafgesetzbuches von Maßnahmen der strafrechtlichen Verantwortlichkeit abgesehen wird. Solange diese von uns vorgeschlagene Neuregelung des noch nicht existiert, muß unseres Erachtens für gegenwärtig von nicht getragene Entscheidungen des Absehens von der Einleitung eines Ermittlungsverfahrens gemäß abgeschlossen, auch wenn im Ergebnis des Prüfungsverfahrens die Voraussetzungen für die Einleitung eines Ermittlungsverfahrens erarbeitet wurden.

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