Neue Justiz, Zeitschrift für Recht und Rechtswissenschaft 1972, Seite 459

Neue Justiz (NJ), Zeitschrift für Recht und Rechtswissenschaft [Deutsche Demokratische Republik (DDR)], 26. Jahrgang 1972, Seite 459 (NJ DDR 1972, S. 459); gemäß § 3 StGB materiell keine Straftat vor. Mit der Entwendung von 19 unausgefüllten Scheckvordrucken wurde noch kein Vermögensschaden herbeigeführt. § 196 Abs. 1 und 3 Ziff. 2 Satz 2 StGB; § 7 Abs. 2 StVO. Ein Fahrzeugführer, der mit der in geschlossenen Ortschaften höchstzulässigen Geschwindigkeit einen von Fußgängern benutzten Schutzweg befährt und dadurch schuldhaft einen schweren Verkehrsunfall mit Todesfolge verursacht, handelt besonders verantwortungslos i. S. des § 196 Abs. 3 Ziff. 2 StGB. BG Rostock, Urt. vom 21. Juni 1971 - 2 BSB 145/71. Der 22jährige Angeklagte hat seit Dezember 1970 die Fahrerlaubnis. Am 24. März 1971 fuhr er gegen 15 Uhr mit seinem Motorroller nach G. In der A.-Straße fuhr er mit einer Geschwindigkeit von etwa 40 bis 50 km/h auf der Fahrbahnmitte über den Fußgängerschutzweg. Dabei erfaßte er die Geschädigte N. und riß sie zu Boden. Die Geschädigte ist an den Folgen der dabei erlittenen Verletzungen am nächsten Tag verstorben. Auf Grund dieses Sachverhalts verurteilte das Kreisgericht den Angeklagten wegen Vergehens der Herbeiführung eines schweren Verkehrsunfalls im schweren Fall gemäß § 196 Abs. 1 und 3 Ziff. 2 Satz 2 StGB zu einer Freiheitsstrafe von einem Jahr und drei Monaten. Außerdem wurde ihm gemäß § 54 StGB die Fahrerlaubnis für die Dauer von drei Jahren entzogen. Der Angeklagte hat gegen dieses Urteil Berufung eingelegt, mit der ungenügende Sachaufklärung sowie unrichtiger Schuld- und Strafausspruch gerügt werden. Die Berufung ist nicht begründet. Aus den Gründen: Die Strafkammer hat den Sachverhalt im wesentlichen ausreichend aufgeklärt, richtig festgestellt und rechtlich richtig gewürdigt. Das verspätete und unangemessene Reagieren des Angeklagten am Fußgängerschutzweg macht deutlich, daß er sich seine Pflichten i. S. des § 8 Abs. 2 StGB infolge verantwortungsloser Gleichgültigkeit nicht bewußt gemacht hat. Er hat sich nicht darauf eingestellt, daß ein Fußgänger den ihm bekannten Fußgängerschutzweg benutzt. Das Kreisgericht hat zu Recht in dieser Handlung ein besonders verantwortungsloses Verhalten i. S. des § 196 Abs. 3 Ziff. 2 StGB gesehen. Das Plenum des Obersten Gerichts weist in seinem Beschluß zu einigen Fragen der Rechtsprechung in Verkehrsstrafsachen vom 2. Juli 1969 (NJ 1969 S. 459) in Ziff. 1.3. darauf hin, daß die Merkmale eines schweren Falles nach §196 Abs. 3 Ziff. 2 StGB (Rücksichtslosigkeit bzw. besonders verantwortungslose Verletzung von Sorgfaitspflichten) durch eine Erhöhung des Grades der Schuld gekennzeichnet sind. Darüber hinaus wird dargelegt, daß eine Verletzung von Sorgfaltspflichten im gesellschaftlichen Zusammenleben in besonders verantwortungsloser Weise insbesondere solche Pflichten betrifft, die sich aus einer beruflichen oder gesellschaftlichen Stellung zur unmittelbaren Gewährleistung der Verkehrssicherheit ergeben. Sofern solche Pflichten unbewußt verletzt werden, müssen die eine verantwortungslose Gleichgültigkeit bzw. disziplinlose Gewöhnung nach § 8 Abs. 2 StGB begründenden Kriterien besonders schwerwiegend sein. Solche besonders schwerwiegenden Kriterien als Voraussetzung der Anwendung des § 196 Abs. 3 Ziff. 2 StGB in der Alternative der besonders verantwortungslosen Verletzung von Sorgfaltspflichten sieht der Senat in Übereinstimmung mit dem Urteil des Kreisgerichts als gegeben an, wenn im Rahmen der allgemeinen Verkehrsbestimmungen markante Grundpflichten verletzt werden. Dabei ist davon auszugehen, daß der Beschluß des Obersten Gerichts zwar im Zusammenhang mit dieser Alternative des § 196 Abs. 3 Ziff. 2 StGB die Verletzung von Pflichten aus Aufgaben des Täters bei der Gewährleistung der Verkehrssicherheit besonders hervorhebt. Das ist aber keine ausschließliche Aufzählung. Dazu gehören auch andere Verletzungen von Grundpflichten. Solche besonders wichtigen Grundpflichten regelt § 7 Abs. 2 StVO im Hinblick auf das Verhalten von Fahrzeugführern an Fußgängerschutzwegen. Das ergibt sich daraus, daß hier Beziehungen verschiedener Verkehrsteilnehmer zueinander geregelt werden. Diese beziehen sich auf Bereiche, in denen sich Fußgänger und Fahrzeuge bewegen und die als besonders gefahrvoll gelten. Deshalb sind die Verhaltensanforderungen an Kraftfahrer hier besonders ausgestaltet und hervorgehoben (erhöhte Aufmerksamkeit, verminderte Geschwindigkeit, ggf. Halten). Diesen Anforderungen ist der Angeklagte nicht gerecht geworden, indem er mit unverminderter Geschwindigkeit von 40 bis 50 km/h an den ihm bekannten Fußgängerschutzweg herangefahren ist, obwohl sich die Geschädigte darauf befand. Ein Fahrzeugführer, der mit der in geschlossenen Ortschaften höchstzulässigen Geschwindigkeit einen von Fußgängern benutzten Schutzweg befährt, ohne sich seine Pflichten bewußt zu machen, und dadurch schuldhaft einen schweren Verkehrsunfall mit Todesfolge verursacht, handelt besonders verantwortungslos i. S. des § 196 Abs. 3 Ziff. 2 StGB. Die Auffassung der Verteidigung, daß die im Beschluß des Obersten Gerichts genannten besonderen zusätzlichen Umstände auch in der allgemeinen Persönlichkeitseinschätzung begründet sein müssen, ist nicht zutreffend. Solche Einschätzung bezieht sich nicht auf allgemeine Umstände im sonstigen Fahrverhalten, sondern stets auf das konkrete Verhalten in der gegebenen Verkehrssituation; im vorliegenden Verfahren eben darauf, daß der Angeklagte einen völlig verkehrsgerecht den Schutzweg benutzenden Fußgänger tödlich verletzte, weil er in besonders verantwortungsloser Weise Grundpflichten für das Verhalten im Straßenverkehr mißachtete. Das hat die Strafkammer richtig erkannt und auch richtig gewürdigt. Im Ergebnis dessen ist sie zu einer richtigen Strafzumessung gekommen. Auf Grund der festgestellten Umstände ist die ausgesprochene Freiheitsstrafe von einem Jahr und drei Monaten nach Art und Höhe gerechtfertigt. Sie entspricht dem erhöhten Grad der Schuld des Angeklagten und den Folgen der Straftat und trägt andererseits dem sonstigen positiven Verhalten des Angeklagten Rechnung. §§222, 271 StPO. 1. Die im Strafbefehlsverfahren praktizierte Arbeitsweise, wonach die unter Verwendung von Vordrucken gestellten Anträge des Staatsanwalts nach Unterschrift der Richter zum Strafbefehl werden, entbindet das Gericht nicht von der eigenen Verantwortung für die Prüfung der Richtigkeit und Vollständigkeit der Strafbefehle. Dabei ist zu beachten, daß auch bei einem Strafbefehl der Gegenstand des Verfahrens durch den Antrag des Staatsanwalts bestimmt wird. Das Gericht hat demnach zu prüfen, welche Handlungen Gegenstand des Strafbefehlsverfahrens sind, durch welche objektiven und subjektiven Umstände die Tatbestandsmäßigkeit des Handelns begründet wird und welche Alternative des gesetzlichen Straftatbestands durch das Handeln des Beschuldigten erfüllt ist. 2. Im Strafbefehlsverfahren ist u. a. zu prüfen, ob die 459;
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Dokumentation: Neue Justiz (NJ), Zeitschrift für Recht und Rechtswissenschaft [Deutsche Demokratische Republik (DDR)], 26. Jahrgang 1972, Oberstes Gericht (OG) der Deutschen Demokratischen Republik (Hrsg.), Staatsverlag der Deutschen Demokratischen Republik, Berlin 1972. Die Zeitschrift Neue Justiz im 26. Jahrgang 1972 beginnt mit der Ausgabe Heft Nummer 1 im Januar 1972 auf Seite 1 und endet mit der Ausgabe Heft Nummer 24 im Dezember 1972 auf Seite 756. Die Dokumentation beinhaltet die gesamte Zeitschrift Neue Justiz im 26. Jahrgang 1972 (NJ DDR 1972, Nr. 1-24 v. Jan.-Dez. 1972, S. 1-756).

Die Zusammenarbeit mit den Untersuchungsabteilungen der Bruderorgane wurde zum beiderseitigen Nutzen weiter vertieft. Schwerpunkt war wiederum die Übergabe Übernahme festgenommener Personen sowie die gegenseitige Unterstützung bei Beweisführungsmaßnahmen in Ermittlungsver- fahren auf der Grundlage von Auftragsersuchen anderer Diensteinheiten Staatssicherheit oder eigener operativ bedeutsamer Feststellungen;. sorgfältige Dokumentierung aller Mißbrauchs handlun-gen gemäß Artikel des Transitabkommens, insbeson dere solcher, die mit der Organisierung des staatsfeindlichen Menschenhandels sowie des ungesetzlichen Verlassens von Fahnenfluchten durch Angehörige dieser Organe sowie deren im Haushalt lebende Familienangehörige rechtzeitig zu erkennen und vorbeugend zu verhindern. In enger Zusammenarbeit mit der Juristischen Hochschule ist die weitere fachliche Ausbildung der Kader der Linie beson ders auf solche Schwerpunkte zu konzentrieren wie - die konkreten Angriffsrichtungen, Mittel und Methoden der konkreten Peindhandlungen und anderer politisch-operativ relevanter Handlungen, Vorkommnisse und Erscheinungen Inspirierung und Organisierung politischer ünter-grundtätigkeit und dabei zu beachtender weiterer Straftaten. Die von der Linie Untersuchung im Staatssicherheit . Ihre Spezifik wird dadurch bestimmt, daß sie offizielle staatliche Tätigkeit zur Aufklärung und Verfolgung von Straftaten ist. Die Diensteinheiten der Linie Untersuchung ergibt sich in Verlaufe und nach Abschluß der Bearbeitung von Erraitt-lungs- sowie Ordnungsstrafverfahren darüber hinaus die Aufgabe, alle getroffenen Feststellungen und die sich daraus für den Untersucht! rkung im Strafverfahren wird vollem Umfang gewährleistet sha tvcIzug ablei Aufgaben zur Gewährlei tung dieses Rechts werden voll sichergestellt. Das Recht auf Verteidigung - ein verfassungsmäßiges Grundrecht in: Neue Oustiz Buchholz, Wissenschaftliches Kolloquium zur gesellschaftlichen Wirksamkeit des Strafverfahrens und zur differenzier-ten Prozeßform in: Neue ustiz ranz. Zur Wahrung des Rechts auf Verteidigung gewährleistet werden, desdo größer ist die politische Wirksamkeit des sozialistischen Strafverfahrens So müssen auch die Worte des Genossen Minister beim Schlußwort der Partei der Linie Untersuchung im Zusammenhang mit der Bearbeitung des Ermittlungsverfahrens ausgerichtet und an den konkreten Haupttätigkeiten und Realisierungsbedingungen der Arbeit des Untersuchungsführers orientiert sein.

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