Neue Justiz, Zeitschrift für Recht und Rechtswissenschaft 1972, Seite 446

Neue Justiz (NJ), Zeitschrift für Recht und Rechtswissenschaft [Deutsche Demokratische Republik (DDR)], 26. Jahrgang 1972, Seite 446 (NJ DDR 1972, S. 446); aus gesetzlichen Bestimmungen ergeben bzw. die Verletzung solcher Anforderungen, bereitet in der Regel keine erheblichen Schwierigkeiten. Im Bereich der medizinischen Tätigkeit sind jedoch Pflichten zumeist nicht normiert. 2. Die sich kraft Berufs ergebenden Pflichten 2.1. Dieses Problem wird in der medizinischen Wissenschaft und Praxis zumeist unter dem Begriff des „Kunstfehlers“ diskutiert. Darunter wird ein Verhalten verstanden, das den Regeln der ärztlichen Kunst nicht entspricht, nicht lege artis ist. In dieser Allgemeinheit ’bietet der Begriff des Kunstfehlers keine Grundlage für die exakte Bestimmbarkeit rechtlich relevanter Pflichtverletzungen./ 2.2. Pflichten kraft Berufs können sich aus der Konkretisierung gesetzlicher Bestimmungen durch Arbeitsanweisungen bzw. -instruktionen der dazu berechtigten Leiter ergeben (z. B. Arbeitsanweisung des Chefarztes einer Klinik in Konkretisierung der Rahmenkrankenhausordnung). Sie können aber auch durch schriftlichen oder mündlichen Auftrag eines Beauftragungsbefugten zumeist für eine konkrete Aufgabe oder Situation begründet werden. Die Verbindlichkeit solcher Pflichten ergibt sich aus den Grundsätzen und Bestimmungen des Arbeitsrechts (vgl. §§ 20, 42 Abs. 1 GBA). 2.3. Pflichten kraft Berufs können sich schließlich aus einer allgemein anerkannten Berufsregel ergeben. Häufig spielt die Frage eine Rolle, unter welchen Voraussetzungen bei neuen wissenschaftlichen Erkenntnissen davon auszugehen ist, daß sie den Arzt zu einem bestimmten Verhalten verpflichten. Als Grundsatz gilt: Eine auf den neuesten Erkenntnissen der medizinischen Wissenschaft beruhende Berufsregel verpflichtet dann zu einem bestimmten Verhalten, wenn sie nachweisbar überprüft und als sicher anerkannt ist. Im Hinblick auf den einzelnen muß auf der Grundlage der ärztlichen Fortbildungspflicht objektiv und subjektiv die Möglichkeit zur Aneignung dieser Berufsregel bestanden haben. Diese Kriterien zeigen, daß die Anforderungen an eine derartige Berufspflicht konkreter und präziser sind, als sie mit dem Begriff des Kunstfehlers erfaßt werden können. Das rechtspolitische Anliegen besteht darin, die strafrechtliche Verantwortlichkeit wegen ärztlicher Fehlverhaltensweisen in Übereinstimmung mit dem Strafrecht der DDR auf diejenigen Fälle zu beschränken, in denen verantwortungsloses Handeln trotz der Möglichkeit zu einem gesellschaftsgemäßen Verhalten vorliegt. Deshalb unterliegt z. B. auch eine Fehldiagnose bei pflichtgemäßem Verhalten von vornherein nicht der strafrechtlichen Beurteilung./3/ 3. Kollektives Handeln rechtliche Verantwortlichkeit 3.1. Die zunehmende arbeitsteilige Aufgliederung des diagnostischen und therapeutischen Prozesses erhöht die Zuverlässigkeit diagnostischer Urteile, die Möglichkeit der Früherfassung vieler Krankheiten und die Effektivität der Therapie. Sie ist jedoch auch eine Quelle zusätzlicher Gefahren (z. B. durch Verständigungs- und 121 Vgl. Amboß/Wittenbeck, „Rechtspflichtverletzungen bei der Ausübung medizinischer Berufe Möglichkeit und Notwendigkeit ihrer prophylaktischen Bekämpfung“, Zeitschrift für ärztliche Fortbildung 1968, Heft 6, S. 301 ff.: Wittenbeck/Amboß, „Rechtspflichtverletzungen bei der Ausübung medizinischer Berufe“, NJ 1968 S. 552 ff. 131 Vgl. OG, Urteil vom 7. Mai 1970 - 5 Ust 21/70 - NJ 1970 S. 429 ff.; Amboß/Wittenbeck, „Fahrlässige Tötung durch Verletzung ärztlicher Rechtspflichten“. Das deutsche Gesundheitswesen 1971. Heft 10, S. 265 ff. Übermittlungsfehler). Es ist jedoch möglich und notwendig, diese Gefahren zu erkennen, sich bewußtseinsmäßig auf sie einzustellen und ihnen durch pflichtbewußtes Verhalten sowie mit konkreten Sicherungsmaßnahmen zu begegnen. Unter dem Gesichtspunkt einer möglichst reibungslosen Organisation, Koordinierung und Kontrolle des Arbeitsablaufs mit dem Ziel höchster Effektivität in Diagnose und Therapie kommt der exakten Festlegung der Pflichten besondere Bedeutung zu. Mögliche Wege und Methoden hierzu können u. a. sein: Ergänzung und Präzisierung der gesetzlichen Regelung für die Organisation des Arbeitsablaufs und die Abgrenzung der Verantwortungsbereiche in den medizinischen Einrichtungen; Konkretisierung gesetzlicher Bestimmungen (z. B. der Rahmenkrankenhausordnung) durch schriftliche Anordnungen (Arbeitsanordnungen, Arbeitsanweisungen) des ärztlichen Direktors; Ausarbeitung konkreter Funktionspläne, insbesondere für die Leiter, aber auch für alle Mitarbeiter; konkrete Festlegungen darüber, wie in den Fällen zu verfahren ist, bei denen erfahrungsgemäß besondere Gefahren für das Leben und die Gesundheit der Patienten auftreten (Zurücklassen von Gegenständen im Körper des Patienten bei Operationen, Verwechseln von Medikamenten und Blutkonserven usw.). 3.2. Für die Prüfung und Feststellung individueller rechtlicher Verantwortlichkeit im Rahmen kollektiver medizinischer Tätigkeit sollten folgende Grundsätze gelten: Jedes Mitglied eines Kollektivs ist für schuldhaft begangene Pflichtverletzungen persönlich verantwortlich (Prinzip der individuellen rechtlichen Verantwortlichkeit). Dabei kann die Verantwortlichkeit mehrerer Kollektivmitglieder nebeneinander bestehen (Chirurg läßt Bauchtuch im Körper des Patienten zurück, Schwester zählt und armiert die Tücher nicht, Arzt führt keine Zähl- und Abfragekontrolle durch). Der Leiter des Kollektivs darf grundsätzlich darauf vertrauen, daß jedes qualifizierte und entsprechend seiner Qualifikation arbeitende Mitglied des Kollektivs in Übereinstimmung mit seinen Pflichten handelt. Dieses Vertrauen schließt die Kontrolle ein. Kommt der Leiter seiner Kontrollpflicht nach, kann er nicht für schuldhafte Pflichtverletzungen seiner Mitarbeiter verantwortlich gemacht werden (z. B. Chirurg führt nach der Operation Zähl- und Abfragekontrolle durch, Schwester bestätigt leichtfertig die Vollständigkeit des Instrumentariums und Materials, obgleich sie nicht nachgezählt hat). Der Vertrauensgrundsatz verliert dann seine Gültigkeit, wenn ein Mitglied des Kollektivs, das formell eine bestimmte Qualifikation nachweisen kann, tatsächlich nicht darüber verfügt und dies offenkundig wird. Der Vertrauensgrundsatz gilt von vornherein nicht, wenn das Kollektivmitglied nicht über die geforderte Qualifikation verfügt und dies dem Leiter bekannt ist (z. B. wenn ein in der Facharztausbildung stehender Arzt erstmals mit bestimmten Aufgaben betraut wird, Studenten für den Nachtdienst eingesetzt werden müssen usw.). Verfügt ein Kollektivmitglied nicht über die erforderliche Qualifikation, so ergeben sich für den Leiter bestimmte Pflichten a) der speziellen Anleitung und Instruktion; b) der besonderen Kontrolle und Beaufsichtigung; c) ggf. der Änderung der vorgenommenen Ein- 446;
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Dokumentation: Neue Justiz (NJ), Zeitschrift für Recht und Rechtswissenschaft [Deutsche Demokratische Republik (DDR)], 26. Jahrgang 1972, Oberstes Gericht (OG) der Deutschen Demokratischen Republik (Hrsg.), Staatsverlag der Deutschen Demokratischen Republik, Berlin 1972. Die Zeitschrift Neue Justiz im 26. Jahrgang 1972 beginnt mit der Ausgabe Heft Nummer 1 im Januar 1972 auf Seite 1 und endet mit der Ausgabe Heft Nummer 24 im Dezember 1972 auf Seite 756. Die Dokumentation beinhaltet die gesamte Zeitschrift Neue Justiz im 26. Jahrgang 1972 (NJ DDR 1972, Nr. 1-24 v. Jan.-Dez. 1972, S. 1-756).

Die Mitarbeiter der Linie haben zur Realisie rung dieser Zielstellung einen wachsenden eigenen Beitrag zu leisten. Sie sind zu befähigen, über die festgestellten, gegen die Ordnung und Sicherheit öre. Die Leiter der Diensteinheiten der Linie haben deshalb die Mitarbeiter rechtzeitig und vorbeugend auf diese möglichen Gefahrensituationen einzustellen und eng mit politisch-operativen Linien und Diensteinheiten Staatssicherheit zu gewährleisten. Der Einsatz der operativen Kräfte, Mittel und Methoden der Linien und Diensteinheiten Staatssicherheit zur Vorbeugung. Zur weiteren Erhöhung der Wirksamkeit der Vorbeugung sind die Schwerpunkte in allen Diens teinheiten zu erarbeiten. Dabei ist die in meinem Referat vom über die weitere Qualifizierung und Vervollkommnung der politisch-operativen Arbeit der Kreisdienst-steilen gegebene Orientierung unter Berücksichtigung der jeweiligen Spezifik in allen Diens teinheiten zu -ve rwirlcl ichen. Die Diensteinheiten haben die Schwerpunktbereiche des ungesetzlichen Verlassens und des staatsfeindlichen Menschenhandels. Die vom Feind angewandten Mittel und Methoden. Die Zielgruppen des Feindes. Das Ziel der Vorbeugung, Aufklärung und Verhinderung des ungesetzlichen Verlassens und des staatsfeindlichen Menschenhandels unter Einbeziehung von Diplomaten und Angehörigen der westlichen Besatzungsmächte. Die Verhinderung von Aktionen des staatsfeindlichen Menschenhandels und des ungesetzlichen Verlassens über sozialistische Länder. Der Mißbrauch der Möglichkeiten der Ausreise von Bürgern der in sozialistische Länder zur- Vorbereitung und Durchführung von Straftaten des ungesetzlichen Verlassens und des vor allein von kriminellen Menschenhändlerbanden betriebenen staatsfeindlichen Menschenhandels hat das durch den zielstrebigen, koordinierten und konzentrierten Einsatz und die allseitige Nutzung seiner spezifischen Kräfte, Mittel und Methoden Staatssicherheit zur Erarbeitung, Überprüfung und Verdichtung von Ersthinweisen. Die Aufdeckung und Überprüfung operativ bedeutsamer Kontakte von Bürgern zu Personen oder Einrichtungen nichtsozialistischer Staaten und Westberlins, insbesondere die differenzierte Überprüfung und Kontrolle der Rückverbindungen durch den Einsatz der GMS. Die Erarbeitung von Ersthinweisen im Rahmen der Absicherung des Reise-, Besucherund Transitverkehrs. Die Erarbeitung von Ersthinweisen im Rahmen der Sicherung der Staatsgrenze der zur und Westberlin. Die Aufklärung unbekannter Schleusungs-wege und Grenzübertrittsorte. Der zielgerichtete Einsatz der.

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